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Printausgabe vom 30.03.2004
Frankfurt will weitere U-Bahn-Tunnel graben
Frankfurt. In Frankfurt werden derzeit die Weichen für die künftige Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs gestellt. 40 neue Strecken für U- und Straßenbahn enthält der bisher unveröffentlichte Entwurf für den neuen Generalverkehrsplan (GVP) Schiene. Der Schwerpunkt liegt bei Tunnel-Projekten – weshalb die Liste auch als "Maulwurf-Plan" bezeichnet wird. Unsere Zeitung veröffentlicht erstmals alle Vorhaben des Entwurfs (siehe unten).
Keinesfalls werden alle Ideen in der Endfassung des GVP enthalten sein: Im Darmstädter Planungsbüro R+T wird derzeit geprüft, was machbar und sinnvoll ist. Bei einzelnen Projekten hat Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) bereits Skepsis erkennen lassen. So könne er sich eine Straßenbahn auf der Alten Brücke nicht vorstellen.
Die meisten der im aktuellen Entwurf enthaltenen Tunnel-Ideen sind bereits mehr als 40 Jahre alt. Sie wurden bereits im GVP von 1962 vorgeschlagen. Einigen Projekten wie der U-Bahn von Seckbach nach Bergen wurde bereits im derzeit noch gültigen GVP von 1996 mangelnde Rentabilität bescheinigt. Dennoch sollen alle bisher diskutierten Projekte noch einmal geprüft werden. Die Planer halten es für möglich, dass sich durch die Siedlungsentwicklung bessere Werte ergeben. Gerade bei der U-Bahn ist es aber schwierig, ein positives Verhältnis von Nutzen zu Kosten zu erreichen. Legt man die Preise für die jüngste U-Bahn vom Hauptbahnhof zur Bockenheimer Warte zu Grunde, kostet ein Kilometer Tunnel im Durchschnitt 130 Millionen Euro.
Straßenbahnstrecken wie die neue Linie zum Rebstockbad sind mit durchschnittlich 14 Millionen Euro pro Kilometer vergleichsweise günstig. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Verkehrsplaner Hartmut Topp einen für Frankfurt völlig neuen Vorschlag entwickelt: eine Ringstraßenbahn einmal um die Stadt herum (siehe Abbildung). Sie würde überwiegend vorhandene Gleise nutzen und schätzungsweise rund 70 Millionen Euro kosten. Erstmals würde dadurch das derzeit ausschließlich auf die Innenstadt ausgerichtete Schienennetz um eine Verbindung der Stadtteile ergänzt. Ob sich eine derartige Straßenbahnlinie lohnt, wird noch untersucht.
Ein anderes Straßenbahnprojekt wurde dagegen bereits im letzten GVP positiv bewertet: die Verbindung von der Mörfelder Landstraße über die Stresemannallee zur Gartenstraße. Sie wurde dennoch bisher nicht in Angriff genommen; sowohl bei CDU als auch bei SPD gibt es kritische Stimmen. Das Beispiel zeigt, dass längst nicht alle Projekte verwirklicht werden, die im GVP stehen. Aus dem Papier von 1996 wurde bisher lediglich die Straßenbahn zum Rebstockbad gebaut.
Kritiker des GVP-Entwurfs haben sich bereits zu Wort gemeldet. Klaus Gietinger, Sprecher der Initiative "Frankfurt 22", sieht ein eklatantes Ungleichgewicht: U-Bahn-Projekten mit Gesamtkosten von fünf Milliarden Euro stünden neue Straßenbahn-Strecken für nur 192 Millionen Euro gegenüber. Er hält die Tunnel-Pläne für überzogen, zumal damit wie in der Mainzer Landstraße funktionierende Straßenbahnen zerstört würden. Gietinger vermutet, dass damit vor allem Platz für den Autoverkehr gemacht werden soll. Er verweist darauf, dass Tunnelstrecken auch beim Unterhalt wesentlich teurer seien und das Defizit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) weiter erhöhen werde.
Wie die Endfassung des GVP aussehen wird, vermag derzeit niemand zu sagen. Zumal Stadtverordnete noch zusätzliche Wünsche haben. Helmut Heuser (CDU) etwa will die Straßenbahn bis nach Neu-Isenburg verlängern; Lutz Sikorski (Grüne) kann sich eine Nutzung der Hafenbahn für den Personenverkehr vorstellen. Dem Büro R+T steht viel Arbeit bevor. Noch in diesem Jahr soll der GVP fertig sein. (mu)
Quelle: Onlineausgabe der Frankfurter Neuen Presse unter rhein-main.net
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Printausgabe vom 30.03.2004
Diese 40 Schienen-Projekte werden geprüft
Neue Straßenbahntrasse in der Stresemannallee zwischen Gartenstraße und Mörfelder Landstraße.
Verlängerung der U-Bahn zur Sachsenhäuser Warte . . .
. . . und weiter bis Neu-Isenburg.
Verlängerung der U 4 bis Seckbach-Atzelberg . . .
. . . und weiter bis Bergen.
Verlängerung der U 4 über den Betriebshof Ost bis zum Riederwald.
Wendeschleife für die U-Bahn am Hauptbahnhof.
Verlängerung der U-Bahn vom Hauptbahnhof über Niederrad bis Oberforsthaus und Schwanheim.
Verknüpfung der U-Bahn ins Europaviertel mit der bestehenden Eisenbahntrasse im Westen.
U-Bahn unter der Mainzer Landstraße bis zur Friedrich-Ebert-Siedlung.
Verlängerung der Straßenbahn in die Bolongarostraße in Höchst.
Verlängerung der U 6 bis Steinbach.
U-Bahn unter der Theodor-Heuss-Allee bis zum Rebstock.
Verlängerung der U 7 bis zur Riedschule in Enkheim.
Weiterbau der U-Bahn vom Oberforsthaus (Maßnahme über das Stadion bis zum Flughafen.
Verlegung der oberirdischen Stadtbahntrasse in der Eschersheimer Landstraße unter die Erde.
Verlegung der S-Bahn-Station Nied an die Mainzer Landstraße.
Ringstraßenbahn (zum Teil auf vorhandenen Gleisen) vom Südbahnhof über Ostbahnhof, Bornheim, Nordend, Eckenheim, Marbachweg, Ginnheim, Bockenheim und Hauptbahnhof nach Sachsenhausen.
Verlängerung der U-Bahn aus dem Europaviertel bis zum Rebstock.
Verlegung der U 5 zwischen Konstablerwache und Marbachweg unter die Erde.
Regionaltangente West (Bad Homburg/Nordwestzentrum – Höchst – Flughafen – Neu-Isenburg).
Verlängerung der S-Bahn vom Neu-Isenburger Bahnhof bis ins Zentrum.
Nordmainische S-Bahn nach Hanau.
Verknüpfung von S-Bahn und U-Bahn in Oberursel.
Stadtbahn von der Konstablerwache über die Eckenheimer Landstraße bis nach Bornheim (Im Prüfling).
Straßenbahnverbindung von der Konstablerwache über die Alte Brücke zur Gartenstraße . . .
. . . oder zum Lokalbahnhof.
Straßenbahnlinie vom Hauptbahnhof über die Schloßstraße nach Hausen (U 7 würde dann am Industriehof enden).
Neuer Endpunkt für Straßenbahn 14: Im Prüfling statt Ernst-May-Platz.
Zusätzlicher S-Bahn-Halt im Industriegebiet Griesheim.
Bessere Umsteigemöglichkeiten zwischen S- und U-Bahn in Eschersheim.
Verlängerung der U-Bahn vom Ostbahnhof bis Fechenheim.
Neue U-Bahn vom Fischstein über Rödelheim und Sossenheim nach Höchst.
Neue Straßenbahnhaltestelle in der Bürostadt Niederrad.
Verlängerung der Straßenbahn 12 ins Zentrum von Fechenheim.
Verlängerung der Straßenbahn 14 bis zum Panoramabad.
Verlegung der Straßenbahn aus der Mainzer Landstraße in die Gutleutstraße, falls eine U-Bahn zur Friedrich-Ebert-Siedlung kommt.
Verlängerung der U-Bahn von Bergen bis Niederdorfelden und Verknüpfung mit der Eisenbahnstrecke.
Verlängerung der Straßenbahn bis zum Bahnhof Höchst.
Verlängerung der Straßenbahn 12 von Schwanheim bis zum Industriepark Höchst und Verknüpfung mit Regionaltangente. (mu)
Quelle: Onlineausgabe der Frankfurter Neuen Presse unter rhein-main.net
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Printausgabe vom 30.03.2004
ANSICHTSSACHE
Utopische Liste
Denkverbote darf es bei Überlegungen für die Zukunft nicht geben. Doch durch wiederholtes Nachdenken werden die Überlegungen nicht unbedingt besser. Es ist deshalb schon verwunderlich, warum im Entwurf für den neuen Generalverkehrsplan (GVP) Projekte auftauchen, die bei früheren Prüfungen längst ausgeschieden sind und deren Realisierungschancen gleich null sind. So ist es illusorisch anzunehmen, es könnte irgendwann einmal – parallel zur vorhandenen S-Bahn – eine U-Bahn zum Flughafen gebaut werden. Dieses Vorhaben ist ebenso utopisch wie eine U-Bahn von Rödelheim über Sossenheim nach Höchst, bei der die Planer noch nicht einmal eine Vorstellung von der Streckenführung haben.
Hilfreicher sind deshalb die Ansätze, bei denen auf teure Tunnel verzichtet wird. Dabei lässt sich mit relativ geringem Aufwand unter Umständen ein großer Nutzen erzielen. Die Verknüpfung der bisher strikt getrennten System S-Bahn und U-Bahn gehört ebenso dazu wie neue Straßenbahnstrecken.
Der GVP wird die Richtung für die Verkehrspolitik der nächsten 20 Jahren vorgeben. Auch wenn viele U-Bahnen enthalten sind, wird Frankfurt keinesfalls wie ein Schweizer Käse durchlöchert. Die Lage der öffentlichen Haushalte wird die Planer zu mehr Realitätssinn zwingen.
Quelle: Onlineausgabe der Frankfurter Neuen Presse unter rhein-main.net