Dies ist der Anschluss an die Goetheplatz-Diskussion aus dem Typenchronik-Thread.
In gemeinschaftlicher Arbeit haben Charly und ich das Thema Rossmarkt/Goetheplatz/Rathenauplatz nochmals recherchiert. Unter Zuhilfenahme sämtlicher uns zur Verfügung stehender Unterlagen und Erinnerungen sind wir nunmehr in der Lage, alle entstandenen Fragen und Spekulationen zu klären. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, in diesem neuen Thema die einzelnen Punkte abschließend zu erörtern.
Anlass der Diskussion war folgendes von ffmcowboy eingestelltes Bild:
Bildquelle: Dezernat Bau und Stadtwerke Frankfurt/Main
Die zunächst aufgeworfenen Fragen des Fotostandortes und des Aufnahmejahres konnten zweifelsfrei geklärt werden, sodass hier nicht mehr näher darauf eingegangen werden muss. Strittig blieb allerdings das zu sehende Fahrtziel des P-Wagens – Linie 9 nach Griesheim. Dieses kann nun aufgeklärt werden.
Zum Aufnahmezeitpunkt fuhr die Linie 9 von Schwanheim zum Goetheplatz, im Berufsverkehr nach Praunheim/Brücke. Aufgrund des Sonnenstandes kann man von Vormittagsstunden ausgehen. Somit fällt die HVZ-Fahrbeziehung nach Praunheim weg. Und damit haben wir auch schon die Erklärung. Der Zug kommt von seiner Fahrt von Schwanheim gerade am Goetheplatz an und wechselt das Fahrtziel wieder auf Schwanheim. Das ist zum einen am Blick des Fahrers, welcher das Zielband-Zählwerk beobachtet, und zum anderen an der Tatsache erkennbar, dass alle Fahrgäste am aussteigen sind. Es befinden sich weder Fahrgäste im Zug, noch sieht man welche die einsteigen wollen. Zufälligerweise wurde genau dieser Moment vom Fotografen festgehalten.
Nun stellt sich die Frage, wie und vor allem wo, hat die Linie 9 am Goetheplatz gewendet? Hierzu haben wir folgende Erklärung:
Da der Zug auf dem zum Opernplatz führenden Richtungsgleis steht, kann er unmöglich nur einen Fahrerstandswechsel gemacht haben. Auch eine Dreispitzfahrt (wäre theoretisch möglich gewesen, dazu später mehr) kann aus betrieblichen Gründen ausgeschlossen werden. Es war ganz einfach. Der Zug ist geradeaus über den Rathenauplatz nach rechts in die Biebergasse und dort über einen Gleiswechsel gefahren. Diese Gleise waren zu der Zeit nicht in Betrieb.
Nun war zu klären, warum diese Gleise zu dieser Zeit nicht in Betrieb waren und warum die Dreiplatzanlage Rossmarkt/Goetheplatz/Rathenauplatz innerhalb weniger Jahre gleich zweimal umgebaut wurde. Hierzu konnten wir folgendes nachzeichnen.
Bis zum Jahre 1966 sah der Platz so aus:
Bildquelle: Rücker
Die östliche Zufahrt von der Zeil kommend war über die Biebergasse. Von 1966 bis zum Frühjahr 1967 wurde der Platz grundlegend umgebaut und mit dem dritten Gleis versehen. Das nächste Bild, welches aus den 1970er Jahren stammt, zeigt diesen Zustand:
Bildquelle: Klaus Rahmel Verlag/Pulheim
Bereits 1973, mit der Sperrung der Zeil für den Fahrzeugverkehr, ergab sich ein neuerlicher Umbau. Die östliche Straßenbahnzufahrt der drei Plätze, die bislang über die Biebergasse erfolgte, wurde nun über die Straße „An der Hauptwache“ und Rossmarkt verlegt. Hierzu wurde am Rossmarkt ein Gleisdreieck eingebaut und das dritte Gleis auf dem Goetheplatz wurde wieder außer Betrieb genommen. Stattdessen wurde ein weiteres Gleis eingebaut, und zwar das, auf dem der P-Wagen auf dem ersten Bild steht. Es ersetzte das alte Streckengleis in Richtung Opernplatz. Somit waren beide östliche Gleise, die erst wenige Jahre vorher gebaut wurden, wieder außer Betrieb.
Das folgende Bild zeigt die Situation am Rossmarkt:
Bildquelle: Wolfgang Klötzer/ Frankfurt ehemals, gestern und heute
Und hier nochmals die beiden später stillgelegten Gleise:
Auf dem etwa 1985 gefertigten Foto des Rossmarkt ist die Haltestelle „Hauptwache“ allerdings schon keine Durchgangshaltestelle mehr. Die Gleise wurden im Mai 1978, als der Straßenbahnbetrieb auf der Zeil eingestellt wurde, gekappt. Durch die Verlegung der östlichen Dreiplatz-Zufahrt war die Biebergasse ohne Straßenbahnbetrieb und es konnte zum Wenden von Zweirichtungs-Fahrzeugen ein Gleiswechsel eingebaut werden. Das nächste, leider sehr schlechte Foto, zeigt die ungefähre Lage des Gleiswechsels.
Dieser wurde dann von der Linie 9 genutzt. Erst als ab Mai 1978 die Strecke in der Schillerstraße durch die Linie 12 wieder reaktiviert wurde, ist die Biebergasse wieder Linienmäßig befahren worden. Ab da stand allerdings die alte Haltestelle Hauptwache als Stumpfendstelle zum Wenden zur Verfügung. Der weiter hinten zu sehende Zug befindet sich bereits in dem 1973 aufgegebenen Streckenabschnitt, der durch die Gleise "An der Hauptwache" ersetzt wurde.
Wir hoffen, dieses Thema einigermaßen verständlich erklärt zu haben. Sollten sich noch weitere Fragen ergeben, so stehen wir selbstverständlich zur Verfügung.
Charly & BEKU
Hinweis: Die Veröffentlichungsrechte der Aufnahmen von Geoff Bannister liegen der F-A-G/BEKU-Bildarchiv vor.