Bad Homburg: Verlängerung der U2

  • Na denn...
    Wie verdrossen wären "die Bürger" wohl, wenn die Eschborner dann beschlössen, keine RTW auf Eschborner Boden. Dir müsste doch irgendwie klar sein, dass das keine Bad Homburger Sache sein kann. Das war doch der Ausgangspunkt.


    Es gibt laut Landesverfassung auf Ebene der Kommunen, Landkreise/kreisfreie Städte und dem Land demokratische Vertretungen, deshalb können Bürgerentscheide bisher auch nur auf diesem Ebene durchgeführt werden. Ja, das könnte man ändern. Allerdings sind es auch diese Gebietskörperschaften, die die bisherigen Planungen und Genehmigungen durchführen. Trotz der überregionalen Bedeutung ist es Aufgabe der jeweils beteiligten Kommunen und nicht irgend einer höheren Instanz. Natürlich kann man darüber diskutieren dies zu ändern, aber man kann es nicht als valides Argument benutzen den Bürger die Mitbestimmung zu verweigern.



    ?( Hier widersprichst Du dir aber selbst. Genau das spiegelt der geplante Bürgerentscheid wieder ,- Kirchturmdenken. Die Maßnahme soll in dem möglichen Rahmen genau dazu dienen, eine brauchbare, attraktive Alternative zum SUV zu bieten.


    Die Landesverfassung sieht vor, dass Planungen für öffentliche Baumaßnahmen auf dem Gemarkung der Stadt Bad Homburg von der Stadt Bad Homburg durchzuführen sind, auch die Bauanträge sind von der Stadt Bad Homburg zu genehmigen – Stichwort Sonderstatusstadt. Das komplette Projekt muss auch noch vom RP genehmigt werden. Weil Bad Homburg eine Sonderstatusstadt ist, ist nicht der Landkreis zuständig. Man kann mit der so gegeben Landesverfassung schwerlich eine Abstimmung in den Nachbargemeinden durchführen, denn das wäre zwar legitim (Wie ermittelt man die Abstimmungsberechtigten?), aber es ist ohne Änderung der Verfassung schlichtweg illegal.


    Frau Petra Roth hatte schon in diversen öffentlichen Auftritten Vorschläge unterbreitet, wie man die Zusammenarbeit im Rhein-Main-Gebiet verbessern könnte. Gerade Städte wie Bad Homburg wollten nichts davon wissen. Solange man also nichts ändert muss man akzeptieren, dass die Entscheidung in Bad Homburg gefällt wird, ob das nun einem gefällt oder nicht.



    Zukünftig wäre es für (potentielle) Pendler …


    Ich ziehe den Sinn und Zweck des Projektes nicht in Frage, wenn ich auch die geplante Ausführung als suboptimal betrachte.

  • Ein nicht unerheblicher Teil der potentiellen Nutznießer kann also nicht mit abstimmen

    Das hat aber noch einen anderen Aspekt, selbst wenn man wie John2 den Bürgerentscheid für legitim hält. Bad Homburg hat einen überdurchschnittlichen Motorisierungsgrad mehr als 633 Pkw auf 1000 Einwohner, während der Bundesdurchschnitt bei 533 liegt. Daraus lässt sich schließen, dass die Zahl der ÖPNV-Nutzer in HG eher unter dem Durchschnitt liegt. Unter den Pkw-Haltern sind überdurchschnittlich viele Besitzer großer Limousinen, die allein aufgrund ihres Einkommens sich im Leben in kein öffentliches Verkehrsmittel setzen würden, selbst bei Nulltarif nicht.


    Was für ein Interesse sollte nun speziell ein solcher Personenkreis, als auch die Mehrzahl der Einwohner Bad Homburgs, die einen Pkw besitzen und permanent nutzen, daran haben für eine solche, ihres Erachtens völlig unnötige Investition öffentlicher Mittel zu stimmen, die sie lieber in den Straßenausbau investiert sähen? Meiner Meinung nach tut man dem Projekt damit keinen Gefallen, es würde mich sehr wundern wenn die Abstimmung zu dessen Gunsten ausfiele. Zumindest wird damit ein großes Risiko eingegangen, was nicht zwingend sein müsste.

  • Vielleicht mal ganz grundsätzlich:


    Die Genehmigung der U2-Verlängerung (also der Planfeststellungsbeschluss) ist durch ein Planfeststellungsverfahren zustande gekommen, das von gewählten Volksvertretern initiiert wurde, in dem sich jeder Bürger beteiligen konnte und das dann von einer staatlichen Behörde durchgeführt wurde. All dies entspricht der geltenden Rechtslage. Das Verfahren ist also auf jeden Fall legal. Und es ist mithin auch das, was Politikwissenschaftler "demokratisch legitimiert" nennen.


    Die Tatsache aber, dass es immer wieder und bei verschiedensten Projekten Menschen gibt, die sich so sehr an der demokratischen Legitimität dieser Vorgehensweise stoßen, sollte uns überlegen lassen, ob es in der heutigen Zeit noch angemessen ist, das ein Vorhaben bis zur baureifen Planung geplant werden muss und dann auch nur noch eine Variante zur Diskussion steht, bis die zentrale Beteiligung der Öffentlichkeit stattfindet.


    Eigentlich müsste die Öffentlichkeit viel früher mitreden. Dann, wenn es um das grundsätzliche geht. Die Öffentlichkeit muss sich doch nicht mit ingenieurtechnischen Details auseinander setzen. Im Falle der U2: Da braucht die Öffentlichkeit Informationen über die grundsätzlichen Varianten und deren Kosten und Umweltwirkungen. Zu dem Zeitpunkt kann sie gehört werden. Ggf. auch in Form einer Volksabstimmung. Dann könnten die Bürger sagen: Wir wollen das Projekt gar nicht. Oder auch: Wir wollen die teurere 2-gleisige Variante, weil sie nachhaltiger ist. Usw.

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

  • Ich sehe die mangelnde Nachhaltigkeit der U2-Verlängrung übrigens darin, dass ein eingleisiger Tunnel und die spezielle Konstruktion der Station "Bad Homburg Bahnhof" es schwieriger machen, andere Bahnen zusätzlich dort entlang zu führen. Namentlich die RTW. Es geht mir also nicht nur um einen dichteren Takt, sondern um andere Linienführungen, bei denen der Bad Homburger Bahnhof nicht die Endstation ist.

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

  • Zitat

    , ob es in der heutigen Zeit noch angemessen ist, das ein Vorhaben bis zur baureifen Planung geplant werden muss und dann auch nur noch eine Variante zur Diskussion steht, bis die zentrale Beteiligung der Öffentlichkeit stattfindet.


    Eigentlich müsste die Öffentlichkeit viel früher mitreden. Dann, wenn es um das grundsätzliche geht.


    Da hast du grundsätzlich recht, was ich heute morgen in meinem post zu erwähnen vergaß ist aber folgendes: Im Gegensatz zu Stuttgart 21, wo niemals eine Öffentlichkeitsbeteiligung zur grundsätzlichen Frage des „ob“ stattfand, und in der grundlegende Alternativen wie K21 oder die Kombilösung (NV oben, FV unten) erst viel zu spät durch Laien forciert im Schlichtungsprozess aufkamen, wurde in Bad Homburg sehr lange und sehr ausführlich über das „ob“ diskutiert — wesentlich ergebnisoffener (politisch, nicht juristisch) als bei der S6, zum Beispiel.


  • Die Landesverfassung sieht vor, dass Planungen für öffentliche Baumaßnahmen auf dem Gemarkung der Stadt Bad Homburg von der Stadt Bad Homburg durchzuführen sind, auch die Bauanträge sind von der Stadt Bad Homburg zu genehmigen – Stichwort Sonderstatusstadt. Das komplette Projekt muss auch noch vom RP genehmigt werden. Weil Bad Homburg eine Sonderstatusstadt ist, ist nicht der Landkreis zuständig.


    Die Landesverfassung hat damit gar nichts zu tun und in der Landesverfassung steht darüber auch nichts drin. Es ist auch nicht so, dass öffentliche Baumaßnahmen in Bad Homburg von der Stadt Bad Homburg durchzuführen sind, das ist Unsinn. Nur wenn Bauherr die Stadt Bad Homburg ist, führt sie auch die Baumaßnahme durch. Es gibt aber auch öffentliche Baumaßnahmen, deren Bauherr nicht die Stadt HG ist, z.B. DB Netz AG, Hessen Mobil, die Bundeswehr, Bundesagentur für Arbeit, das Hessische Immobilienmanagement, HessenWasser und wer sonst noch alles. Wahrscheinlich meinst Du Art. 137 HVerf ("Die Gemeinden sind in ihrem Gebiet unter eigener Verantwortung die ausschließlichen Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung. Sie können jede öffentliche Aufgabe übernehmen, soweit sie nicht durch ausdrückliche gesetzliche Vorschrift anderen Stellen im dringenden öffentlichen Interesse ausschließlich zugewiesen sind. ...")


    Richtig ist, das HG als Sonderstatusstadt eine eigene Bauaufsichtsbehörde hat, nur hat die mit der U2-Verlängerung nichts, aber auch gar nichts zu tun. Schienenbahnen werden nach PBerfG genehmigt und Genehmigungsbehörde dafür ist in Hessen das Regierungspräsidium (das ist eine der in Art. 137 erwähnten ausdrücklichen Aufgabenzuweisungen). Es wird dafür demgemäß auch kein Bauantrag gestellt, sondern ein Antrag auf Planfeststellung. Der PFB hat Konzentrationswirkung, d.h. er umfasst alle erforderlichen Genehmigungen (Baugenehmigung für Gebäude jeder Art, wasserrechtl., immissinschutzechtl., bergrechtliche, Genehmigungen und was noch alles). Es ist also nicht so, dass erst die Stadt HG genehmigt und dann auch noch das RP, nein, es wird nur vom RP genehmigt und von der Stadt HG gar nicht. Die Stadt HG ist hier als Antragstellerin verfahrensbeteiligt und ihre Behörden geben Stellungnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeit ab, wenn sie betroffen sind, das Liegenschaftsamt als Grundeigentümer, das Schulamt als Verantwortliches für die Schulgebäude, das Tiefbauamt für die Abwasseranlagen und und und.

  • eure Diskussion mutet etwas merkwürdig an.


    Es gab doch zwischendurch per Wahl einen OB-Wechsel (grün -> schwarz) und eine neue Regierung/Verwaltung in der Stadt.
    Ich finde es in der politischen Sphäre gut verständlich, daß der Nachfolger versucht, das Projekt seines Vorgängers noch mal in Frage zu stellen.
    ggfs. wurde er doch deshalb auch gewählt.


    berühmte Frankfurter Beispiele dafür gibt es doch genug.

    Grüße ins Forum :saint:

  • Mir fehlt hier in der Diskussion einfach konkrete Aussagen, wer denn darüber abstimmen soll, wenn es nicht die Bad Homburger sind, und dazu eine sinnvolle Begründung. Alle Hessen wäre wegen der Finanzierung eine sinnvolle Gruppe, wenn man schon nicht mit den Bewohner der Gebietskörperschaft zufrieden ist.

    Im Zweifelsfall wären es eben alle Hessen? Ich meinte nur, dass da allein das Interesse nicht groß wäre. Oh Schreck, und das, obwohl es direkte Demokratie wäre!



    Die Stadtbahn direkt vor der Haustür mindert den Wert des Hauses - Lärm, Erschütterungen etc. sind keine Vorteile und die bessere Anbindung wird durch die Nachteile nicht aufgewogen.

    Kennst du dich denn in Gonzenheim/Homburg überhaupt aus? Wo verläuft die Stadtbahn denn da direkt vor der Haustür, wo nicht jetzt schon andere Verkehrswege einen gravierend höheren Lärm verursachen? Wo sollen da bei einer nach heutigen Gesichtspunkten gebauten, kurzen Strecke merkbare Erschütterungen herkommen?


    Das ist meines Erachtens bloß irrationale Panikmache und beliebte Ausrede der "Dagegen-Fraktion".



    Denn vielen Bürger ist die vier- bis fünfjährliche Zettelfaltaktion auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene zu wenig bürgerliche Partizipation an demokratischer Willensbildung.

    Für mich zum Beispiel nicht. Mich stört dagegen, dass nur selten absolute Position zu Projekten bezogen wird und vor allem, dass oft genug vorher gegebene Versprechen nicht erfüllt werden. Das ist ein Problem der Haltung und der Verstrickungen, nicht der Skala der Demokratie.

  • Kennst du dich denn in Gonzenheim/Homburg überhaupt aus? Wo verläuft die Stadtbahn denn da direkt vor der Haustür, wo nicht jetzt schon andere Verkehrswege einen gravierend höheren Lärm verursachen? Wo sollen da bei einer nach heutigen Gesichtspunkten gebauten, kurzen Strecke merkbare Erschütterungen herkommen?


    Ja, ich kenne mich in Bad Homburg recht gut aus.


    E gibt immer wieder an den Strecken Erschütterungen, solange nicht ein ganz spezieller Unterbau eingebaut wird, der das garantiert verhindert. Erst letztlich hatte ich einem Gebäude an der Strecke der U5 einen Termin, da wackelt jedes mal das Gebäude wenn eine Bahn vorbei fährt, was bei normalen Straßenverkehr nicht der Fall ist und dort hat man erst den Unterbau ausgetauscht.



    Das ist meines Erachtens bloß irrationale Panikmache und beliebte Ausrede der "Dagegen-Fraktion".


    Nein, es sind objektiv messbare Nachteile, die nicht immer auftreten, aber dennoch möglich sind und wenn sie auftreten hat man als Hausbesitzer die Nachteile und den Ärger.


    Für mich zum Beispiel nicht.


    Ich halte die Partizipation an wesentlichen Richtlinienentscheidungen durch die Bürger für absolut essentiell, denn im Rekordtempo nimmt die Politikverdrossenheit im Land zu. Hast Du die gestern veröffentlichten Zahlen zum Vertrauen in die Kompetenz der Parteien mitbekommen? Selbst die Wähler der Parteien trauen ihnen in der Masse keine Kompetenz mehr zu! Sehr rosige Aussichten


    Was wir für die öffentlichen Infrastrukturprojekte brauchen, ist im Vorfeld eine sehr viel stärkere Bürgerbeteiligung. Sprich erst eine Volksabstimmung, dass was gebaut werden soll, nachfolgend eine Planungsphase und dann eine Abstimmung welche Variante gebaut werden soll. Dazu müssen Entschädigungen gezahlt werden, wenn Bürger größere Nachteile durch öffentliche Projekte erleiden müssen. Das Gemeinwohl ist wichtig, aber es kann nicht sein, dass hier auf dem Rücken weniger die Projekte umgesetzt werden.


    Das Thema Umweltschutz muss auch neu überdacht werden. Es kann nicht sein, dass man mitten in einer großen Stadt Probleme bekommt, weil ein ohnehin schon verdolter Bach im Weg ist.


  • Was wir für die öffentlichen Infrastrukturprojekte brauchen, ist im Vorfeld eine sehr viel stärkere Bürgerbeteiligung. Sprich erst eine Volksabstimmung, dass was gebaut werden soll, nachfolgend eine Planungsphase und dann eine Abstimmung welche Variante gebaut werden soll. Dazu müssen Entschädigungen gezahlt werden, wenn Bürger größere Nachteile durch öffentliche Projekte erleiden müssen. Das Gemeinwohl ist wichtig, aber es kann nicht sein, dass hier auf dem Rücken weniger die Projekte umgesetzt werden.


    Du forderst, dass Entschädigungen gezahlt werden, wenn Bürger größere Nachteile durch öffentliche Projekte erleiden. Überflüssig diese Forderung, weil das natürlich längst gemacht wird (hat was mit Recht und Gesetz zu tun). Streitig ist im Einzelfall immer die Grenze der Zumutbarkeit und die Höhe der Entschädigung. Und ja, es kann sein, dass sich für Einzelne eine Situation dauerhaft verschlechert (ein Teil des Gartens fällt weg, eine hohe Lärmschutzwand verbaut den freien Blick in die Landschaft, man wird wider Willen Nachbar eines P&R-Platzes und was noch alles). Na und? Es gibt keinen Anspruch, vor Veränderungen geschützt oder ausgenommen zu werden.


    Zum Thema stärkere Bürgerbeteiligung gibt es ja vielversprechende Ansätze. Mit fällt spontan das Dialogforum zur Schnellfahrstrecke durchs Kinzigtal ein. In einem sehr mühsamen Prozess werden alle Trassenvarianten durchgekaut, jeder darf mitmachen, transparent wie nichts derartiges zuvor. In diesen Dialogforen kann jeder mitmachen, der sich dafür interessiert. Nur: was passiert denn, wenn diejenigen, die sich der Mühsal zeitaufwändiger Termine, der Lektüre tausender Seiten Gutachten usw. unterwerfen, das Thema durchdringen, ein Verständnis für die Schwierigkeiten von Planung eines Schienenweges aufbringen, schließlich einen Kompromiss mittragen, aber ein Anwohner der Kompromisstrasse das weiterhin schlecht findet und auch objektiv beeinträchtigt werden wird? Verleiht ein Mitbestimmungsprozess der genannten Art dem Projekt eine höhere, bessere Legitimität? Oder sollen Ende wieder Leute abstimmen, die sich eigentlich nicht fürs Thema interessieren und abseits aller rationalen Argumente aus dem Bauch oder in Verfolgung ihrer wohlverstandenen Eigeninteessen heraus dagegen stimmen?


    Bei Menschen, deren Aufmerksamkeitsschwelle bei 3 Min. 50 liegt, die kaum mehr als eine DIN-A-4-Seite sinnerfassend lesen und verstehen können, finde ich bestimmte Entscheidungen schlecht aufgehoben; und leider kann man komplexe Sachverhalte nicht immer auf das Niveau und den Umfang eines Tweets oder Zeitungsartikels komprimieren.


    Und noch mal nach Bad Homburg: was wird denn auf wessen Rücken umgesetzt? Kennst du die Argumente der Kläger? Ich möchte mal in Erinnerung rufen, was dereinst gegen den Straßenbahnbau in der Stresemannallee ins Feld geführt wurde, fast schon der Untergang des Abendlandes drohte. Alles aus dem hohlen Bauch heraus, keine Ahnung von irgendwas, aber in einer peinlichen Nabelschau die eigene Befindlichkeit zum Maß der Dinge erklärt. Der Lärm der Bauzeit, das Chaos, das an irgendwelchen Kreuzung hereinbricht, und ja mein Gott, der Abenteuerspielplatz - was wurde da nicht alles eingewandt. Heute weiß kaum noch jemand, wann die Bauarbeiten überhaupt waren und an wievielen Tagen es vor seiner Tür laut war. Eine darauf fußende plebiszitäre Entscheidung hat für mich nicht zwingend eine höhere Legitimität. Ich kann mir vorstellen, dass eine Abstimmung unter den Anwohnern in der von einigen "Lautsprechern" aufgeheizten Situation das Projekt zu Fall gebracht hätte. Und das ist dann in Ordnung? Nicht wirklich, oder?

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  • Die Tatsache aber, dass es immer wieder und bei verschiedensten Projekten Menschen gibt, die sich so sehr an der demokratischen Legitimität dieser Vorgehensweise stoßen, sollte uns überlegen lassen, ob es in der heutigen Zeit noch angemessen ist, das ein Vorhaben bis zur baureifen Planung geplant werden muss und dann auch nur noch eine Variante zur Diskussion steht, bis die zentrale Beteiligung der Öffentlichkeit stattfindet.


    Ein schönes aktuelles Beispiel für eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit sind die Dialogforen zur Trassenfindung Hanau-Fulda(-Würzburg), wo die Vor- und Nachteile verschiedener Varianten ausführlich dargelegt werden, siehe Homepage des Bauprojekts

  • Selbst die Wähler der Parteien trauen ihnen in der Masse keine Kompetenz mehr zu! Sehr rosige Aussichten

    Das ist aber gar nicht die entscheidende Frage. Entscheidend ist für unsere Diskussion doch viel mehr, ob die Befragten denn dem direkten Willen des Volkes mehr Kompetenz zutrauen würden. Ich würde nicht davon ausgehen…

  • Eine ebenso interessante Frage wäre möglicherweise auch, ob nicht die Bürger aus dem gesamten Einzugsbereich der Neubaustrecke mit abstimmen sollten :D . Als Frankfurter Einwohner sehe ich für mich auch deutliche Vorteile einer direkten Umsteigemöglichkeit zwischen der U 2 und der S 5 bzw. Taunusbahn. Erstens, wenn ich auf besagtem Wege z.B. vom Dornbusch direkt in den Hochtaunuskreis oder auch nur nach Bad Homburg selbst fahren möchte. Und zweitens, dass die Vorteile dieser bequemen Umsteigeverbindung von mehr Bürgern aus - der Einfachheit halber - dem Hochtaunuskreis genutzt werden und diese statt ihrer Blechkisten die Kombi aus den beiden Bahnen nutzen - und ergo weniger die Luft im Frankfurter Stadtgebiet verpesten. Deshalb würde ich z.B. auch akzeptieren, wenn sich die Stadt Frankfurt an diesem Projekt finanziell beteiligen würden.


    Ergo: Nur die Bad Homburger Bürger abstimmen zu lassen, ist gegenüber einem wesentlich größeren Kreis von Nutznießern dieses Projekts unfair.

  • Eine ebenso interessante Frage wäre möglicherweise auch, ob nicht die Bürger aus dem gesamten Einzugsbereich der Neubaustrecke mit abstimmen sollten :D . Als Frankfurter Einwohner sehe ich für mich auch deutliche Vorteile einer direkten Umsteigemöglichkeit zwischen der U 2 und der S 5 bzw. Taunusbahn. Erstens, wenn ich auf besagtem Wege z.B. vom Dornbusch direkt in den Hochtaunuskreis oder auch nur nach Bad Homburg selbst fahren möchte. Und zweitens, dass die Vorteile dieser bequemen Umsteigeverbindung von mehr Bürgern aus - der Einfachheit halber - dem Hochtaunuskreis genutzt werden und diese statt ihrer Blechkisten die Kombi aus den beiden Bahnen nutzen - und ergo weniger die Luft im Frankfurter Stadtgebiet verpesten. Deshalb würde ich z.B. auch akzeptieren, wenn sich die Stadt Frankfurt an diesem Projekt finanziell beteiligen würden.


    Ergo: Nur die Bad Homburger Bürger abstimmen zu lassen, ist gegenüber einem wesentlich größeren Kreis von Nutznießern dieses Projekts unfair.


    Bad Homburg ist eine politisch und rechtlich eigenständige Kommune. Ergo kann denen es auch egal sein, welche Auswirkungen das städteübergreifend hat. In Frankfurt hat eine Bürgerinitiative den Lückenschluss Bockenheimer Warte - Ginnheim mit - zum Teil fadenscheinigen Argumenten wie z. B. Störung der Totenruhe unter dem Bockenheimer Friedhof bei Unterquerung durch eine U-Bahn - zu Fall gebracht. Die kannten auch nur den Kartenausschnitt Bockenheim und Ginnheim des Frankfurter Stadtplanes. Die Rettung der 16 war ihnen wichtiger als ein funktionierendes Gesamtverkehrskonzept.


    Also warum sollen die Bad Homburger hier eine Ausnahme machen?

  • In Frankfurt hat eine Bürgerinitiative den Lückenschluss Bockenheimer Warte - Ginnheim mit - zum Teil fadenscheinigen Argumenten wie z. B. Störung der Totenruhe unter dem Bockenheimer Friedhof bei Unterquerung durch eine U-Bahn - zu Fall gebracht. […]
    Also warum sollen die Bad Homburger hier eine Ausnahme machen?


    Nun, die BI hat die U-Bahn nicht wirklich zu Fall gebracht, sondern hat sich Verbündete in der Politik gesucht, die dann aber auch den Arsch in der Hose hatten, sich dafür einzusetzen, damit Wahlwerbung zu machen und das am Ende umzusetzen. Eine Partei, die (auch) dafür gewählt wurde, hat die U-Bahn am Ende zu Fall gebracht. (Man kann die Grünen dafür gerne kritisieren, diese Meinung vertreten zu haben, aber diese Meinung hatten sie vor der Wahl und nach der Wahl und sie haben sie immer offengelegt.)


    Die Kritik an Bad Homburg ist ja nicht (so sehr), dass die Stadtverwaltung das Projekt kippen will, sondern dass sie sich unter dem Deckmantel der Bürgerbeteiligung der Verantwortung für dieses Projekt entledigen will. Keiner sagt „ich will das nicht, wählt mich, und es kommt nicht“. Stattdessen wurde gesagt „Wählt mich und dann sehen wir mal“. Das macht die Situation in Bad Homburg zur Ausnahme.

  • Nein, es sind objektiv messbare Nachteile, die nicht immer auftreten, aber dennoch möglich sind und wenn sie auftreten hat man als Hausbesitzer die Nachteile und den Ärger.

    Ja und gerade dieses sie könnten auftreten ist für mich Panikmache.


    Nochmal: Zum Einen gibt es hier bereits eine Bahntrasse mit schwereren Fahrzeugen, zum Anderen reden wir hier nicht von einer engen Straße mit mehrstöckigen Gebäuden, unter denen die U-Bahn durchdonnert, sondern einem weitläufigeren Gelände mit niedrigen Häusern und ein paar Metern Abstand, durch das die U-Bahn dank Kurvenradien und stellenweiser Eingleisigkeit langsamer durchfährt.


    Die Einwände werden aber vorgetragen, als würde die U-Bahn künftig direkt durch's Wohnzimmer rumpeln.


    Achja, und nach Jahrzehnten des Provisoriums fast vergessenes Argument: Es war von Anfang an klar, dass die U-Bahn irgendwann und irgendwie weiter fahren wird.



    Ich halte die Partizipation an wesentlichen Richtlinienentscheidungen durch die Bürger für absolut essentiell, denn im Rekordtempo nimmt die Politikverdrossenheit im Land zu. Hast Du die gestern veröffentlichten Zahlen zum Vertrauen in die Kompetenz der Parteien mitbekommen? Selbst die Wähler der Parteien trauen ihnen in der Masse keine Kompetenz mehr zu! Sehr rosige Aussichten

    Klar, anstatt das Problem selbst zu beheben, bekämpft man lieber die Auswirkungen. Typisch. Also anstatt sich dafür einzusetzen, dass die mit der Entscheidungsgewalt beauftragten Menschen sich angemessen informieren und das umsetzen, was sie versprechen,also diese auch entsprechend wählt, sollen lieber alle mitreden, die nicht mal das mit dem Wählen sinnvoll (im Sinne der Demokratie) hinkriegen.


    Ganz ehrlich, das was die Homburger Politik da gerade macht, indem sie mich als möglicherweise Profitierenden ausgrenzt - das erzeugt in mir Politikverdrossenheit! Erklär mir doch mal, was du da dagegen tun möchtest...



    Das Thema Umweltschutz muss auch neu überdacht werden. Es kann nicht sein, dass man mitten in einer großen Stadt Probleme bekommt, weil ein ohnehin schon verdolter Bach im Weg ist.

    Also geht es dir doch nicht um die unmittelbar Betroffenen...


  • Du forderst, dass Entschädigungen gezahlt werden, …


    Ich fordere angemessene Entschädigungen, die den tatsächlichen Schaden ausgleicht. Konkreter bedeutet dies, dass man mit dem Verkehrswert des Objektes nach dem öffentlichem Eingriff und der Entschädigung in der Lage sein sollte gleichwertigen Ersatz zu erwerben. Gleichwertig bezogen auf den Zustand vor dem öffentlichen Eingriff, und das ist aktuell nicht der Fall.



    … aber ein Anwohner der Kompromisstrasse das weiterhin schlecht findet und auch objektiv beeinträchtigt werden wird? Verleiht ein Mitbestimmungsprozess der genannten Art dem Projekt eine höhere, bessere Legitimität?


    Nein, ein Mitbestimmungsprozess erreicht das nicht. Deshalb sollte auch bei größeren Projekten eine direkte Beteiligung des Souveräns sprich Volksabstimmung stattfinden, dadurch hat man dann eine direkte Legitimierung durch den Souverän und keine indirekte mehr. Ein Vorteil eines solchen Vorgehens besteht dann darin, dass bei einem Regierungswechsel das Projekt nicht mehr eingestellt werden kann (z.B. Straßenbahn in Hamburg, D-II in Frankfurt) solange es keine Neuabstimmung gab.



    Oder sollen Ende wieder Leute abstimmen, die sich eigentlich nicht fürs Thema interessieren und abseits aller rationalen Argumente aus dem Bauch oder in Verfolgung ihrer wohlverstandenen Eigeninteessen heraus dagegen stimmen?


    Ach, die Abgeordneten in den diversen Parlamenten bringen allesamt eine höhere Kompetenz mit? Sie sind wohl auch nicht für Lobbyismus anfällig? Das übliche Procedere in Parlamenten ist es, dass die Fraktionsführung die Richtung vorgibt und der Rest der Abgeordneten schon brav so stimmt wie diese kleine Gruppe es festlegt. Das soll also besser sein? Wir wissen aus der Geschichte, dass eine Demokratie nur dann funktioniert, wenn die Funktionsträger immer durch das Volk kontrolliert werden. Geht diese Kontrolle verloren öffnet das Nepotismus und Kleptokratie den Weg. In der Schweiz ist die Demokratie sehr viel fester verankert.



    Bei Menschen, deren Aufmerksamkeitsschwelle bei 3 Min. 50 liegt, die kaum mehr als eine DIN-A-4-Seite sinnerfassend lesen und verstehen können, finde ich bestimmte Entscheidungen schlecht aufgehoben; und leider kann man komplexe Sachverhalte nicht immer auf das Niveau und den Umfang eines Tweets oder Zeitungsartikels komprimieren.


    Du solltest Dir einmal darüber bewusst werden, was Du da gerade schreibst. Du kategorisierst gerade Menschen in zwei Gruppen, die eine ist es wert Entscheidungen zu treffen und die andere darf es nach Deiner Darstellung nicht – ganz starker Tobak.



    Und noch mal nach Bad Homburg: was wird denn auf wessen Rücken umgesetzt? Kennst du die Argumente der Kläger?


    Es ist vollkommen unerheblich, ob die Kläger irrational argumentieren! Es ist ihr gutes Recht den Rechtsweg zu bestreiten, und niemand darf erwarten, dass sie jemals die Sache positiv sehen. Was für eine kranke Vorstellung von Gesellschaft hat sich bei Dir verfestigt, wenn Du auch noch erwartest, dass Bürger objektive Nachteile für sich auch noch als positiv empfinden sollen? Ja, sie haben auch das Recht subjektiv, irrational, … verärgert zu sein. Wenn man die Gräben in der Gesellschaft nicht vertiefen will, muss man akzeptieren, dass ein Teil der Bürger so empfindet. Demokratie heißt, dass man die mit demokratischen Mittel vorgetragenen Meinungen tolerieren muss. Das heißt bezogen auf die U2 in Bad Homburg, dass Du akzeptieren musst, dass Bürger der Meinung sind, dass das Projekt falsch ist und nie realisiert gehört. Niemand kann von Dir verlangen, dass Du Deine Meinung zum Projekt änderst, oder dass Du erfreut bist sollte das Projekt scheitern, bitte verlange so etwas nicht von der Gegenseite.


    Nur weil wenige dagegen sind und eine potentielle Mehrheit dagegen sein könnte, kann man doch nicht anfangen demokratischen Entscheidungen in Frage zustellen beziehungsweise im Vorfeld gleich ganz zu verhindern. Wer sagt denn, dass die wenigen Intellektuellen/Politiker/Experten überhaupt die richtigeren Entscheidungen treffen? Was ist in diesem Kontext überhaupt richtig und was ist falsch? Ich hoffe Du bist Dir bewusst, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Noch nicht einmal in der Mathematik, da kann man vortrefflich über die Axiome streiten.



    Ich möchte mal in Erinnerung rufen, was dereinst gegen den Straßenbahnbau in der Stresemannallee ins Feld geführt wurde, fast schon der Untergang des Abendlandes drohte. Alles aus dem hohlen Bauch heraus, keine Ahnung von irgendwas, aber in einer peinlichen Nabelschau die eigene Befindlichkeit zum Maß der Dinge erklärt. Der Lärm der Bauzeit, das Chaos, das an irgendwelchen Kreuzung hereinbricht, und ja mein Gott, der Abenteuerspielplatz - was wurde da nicht alles eingewandt.


    Die Bürger haben das Recht emotional und irrational darauf zu reagieren! Je mehr Du das verurteilst desto stärker wird die Verärgerung. Fang an die Menschen so zu akzeptieren wie sie sind.

  • Bei Menschen, deren Aufmerksamkeitsschwelle bei 3 Min. 50 liegt, die kaum mehr als eine DIN-A-4-Seite sinnerfassend lesen und verstehen können, finde ich bestimmte Entscheidungen schlecht aufgehoben; und leider kann man komplexe Sachverhalte nicht immer auf das Niveau und den Umfang eines Tweets oder Zeitungsartikels komprimieren.


    Interessant ist doch, dass zum Beispiel die Schweiz dennoch bislang nicht für Berge dämlicher Entscheidungen bekannt oder gar dem Untergang nahe wäre, obwohl dort viel mehr direkte Demokratie praktiziert wird, mithin die von dir genannte Personengruppe dort also mitbestimmen darf.


    Je mehr und häufiger die Leute in Sachfragen mitentscheiden dürfen - davon bin ich überzeugt -, desto überlegter tun sie das. Das heißt, man stimmt ggf. nicht mit ab, wo es einen nicht betrifft oder man nicht genug bescheid weiß. Da aber, wo es einem wichtig ist, stimmt man ab und macht sich auch entsprechend kundig. (Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zur Schweiz, die diese Schlüsse nahelegen.)

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

  • Danke, Multi.


    Ich bin im Grundsatz über zwei scheinbar - allerdings nur scheinbar - gegensätzliche Entwicklungen verfrossen:
    - Über die Köpfe der Bürger hinweg, also gefühlt über meinen auch, setzt die Politik riesige Prestige-Projekte durch, die irrsinnige Summen verschwenden, ewig in Bau und Planung dauern und mir persönlich wenig bringen oder sogar deutliche Nachteile bringen.
    Zum Beispiel Stuttgart21, dessen Finanzbedarf ich sinnvoller in der Behebung bundesweiter Netzengpässe und in neuen Güterstrecken investiert sähe. Ebenso BER, dessen Umfeld-Bewohner nach Fertigstellung ähnliche Erfahrungen sammeln werden wie die Anwohner von Fraport.


    - die massive Behinderung und Verzögerung von Projekten, die ich für sinnvoll halte und / oder mir nutzen. Hier z.B. den Ausbau der Main-Weser-Bahn oder auch erbitterte Proteste gegen jedwedes Wohnungsbau-Projekt. Mir sind neue Nachbarn im Stadtgebiet, die Fahrrad oder U-Bahn fahren, lieber als noch mehr Autos, weil die aufgrund von Bürgerprotesten Siedler dann 30 km weiter in der Region ohne gute ÖV-Anbindung wohnen.


    Das heisst, Multis Modell der Schweizer Bürger-Beteiligung ist eine gute Alternative. Und eine frühzeitige Beteiligung der Bürger bringt ja die Chance, dass diese - auch aufgrund der besseren Ortskenntnis - effektivere Alternativ-Lösungen einbringen können. Wir, bzw. mit dem Forum indirekt verbundene Bürger-Initiativen haben ja mit den Beiträgen zur U 5 und zur "Ginnheimer Kurve" entsprechend engagiert.


    Bezogen auf das Ausgangsthema hieße das, dass sich möglicherweise auch noch eine bessere Alternativ-Trasse finden ließe. Die Hinweise auf künftige Kapazitäts-Engpässe infolge eines eingleisigen Abschnitts und die fehlende Möglichkeit der Weiterführung deuten ja schon in die entsprechende Richtung.