Bad Homburg: Verlängerung der U2

  • Zitat

    Original von Uvier


    Es geht nicht darum was heute jemand will, sondern darum die Optionen für die Zukunft offen zu halten.


    Wer weiß heute schon was in 40 Jahren gewollt wird. Vor 40 Jahren fand man es wohl ausreichend, dass die U-Bahn in Gonzenheim endet. Heute sieht man das anders.


    So simpel (Endstation Gonzenheim wird als ausreichend erachtet) war die Sache in den 60er Jahren nun doch nicht.


    Zur Geschichte des "Rückzugs" der Bahn bis Gonzenheim


    Die Entwicklungen der beiden Anschlusstrecken A2 nach Bad Homburg und A3 nach Oberursel müssen als stark pfadabhängig betrachtet werden:


    Beide Strecken hatten Straßenbahnstrecken als Vorläufer, die quer durch die Stadt verliefen. Der meiner Meinung nach entscheidende Unterschied ist, dass die Straßenbahn in Oberursel eigentlich an der Innenstadt vorbei und in Bad Homburg mitten hindurch fuhr. Die Hauptgeschäftstraßen in Oberursel (Adenauerallee, Vorstadt, Holzweg) und auch die Altstadt waren immer schienenfrei; in Bad Homburg verlief die Strab 25 durch die gesamte Louisenstraße und ein paar Altstadtstraßen. In Bad Homburg gab es folglich wesentlich mehr Konflikte um einen Ausbau der Strecke auf Stadtbahnstandard.


    Ein spezifisch Homburger Problem war der Zustand der Strab-Strecke in den 60er Jahren: Der Betrieb war aufgrund des maroden Streckenzustands von der Aufsichtsbehörde nur noch mit viel Wohlwollen gedulded, 1962 wurde deswegen der Betrieb auf dem Abschnitt zwischen Altem Bahnhof (heute Rathaus am unteren Ende der Louisenstraße) und Markt eingestellt. Das sollte eigentlich nur vorübergehend sein, da man die Strecke ja von grundauf erneuern wollte. Nur hatte man zum Zeitpunkt der Stillegung noch keine Lösung für den Ausbaustandard gefunden. Straßenbahnmäßig kam aufgrund der Frankfurter Stadtbahnentwicklungen nicht mehr in Frage, stadtbahnmäßig oberirdisch war kurz angedacht, nämlich bis 1964, wurde dann aber durch einen Beschluss der Bad Homburger StVV verworfen, die eine schienenfreie Innenstadt wollten. Kommt uns doch von irgendwoher bekannt vor. Stattdessen wurde eine unterirdische Strecke in der Innenstadt favorisiert, wofür schon damals "vorerst" kein Geld da war. Und dann kam der stadtbahnmäßige Ausbau der A2 bis Gonzenheim, dahinter (bis Alter Bahnhof) war es aus Platzgründen schwierig. Und außerdem hatte man schon eine neue Trassenführung im Auge: eine Verlängerung ab der Eisenbahnunterquerung über dem kanalisierten Dornbach und nördlich des Hessenrings bis zum Marienbader Platz. Meiner meinung nach eine blöde Idee, weil diese Strecke sowohl am Bahnhof als auch an der Innenstadt vorbeigeführt hätte und damit die wesentlichsten Fahrgastpotentiale nicht gescheit abdecken könnte. Daran ist diese Strecke aber nicht gescheitert, sondern - wie so oft - an Anwohnerprotesten. Der Planfeststellungsbeschluss von 1971 wurde wegen Klagen niemals rechtskräftig.


    Zusammenfassung der Ursachen


    1. Lage der Straßenbahntrasse in der Innenstadt in der Hauptgeschäftsstraße
    2. Teilweise unklare, teilweise widersprüchliche und teilweise verbissene Vorstellung von Ausbauzuständen durch zwei beteiligte Kommunen in einer Zeit konzeptioneller Umbrüche (Straßenbahn vs. Stadtbahn, schienenfreie Innenstadt)
    3. Nicht mehr betriebssicherer Zustand der Strab-Strecke zu diesem, d.h. dem denkbar ungünstigsten, Zeitpunkt.


    Schlussfolgerungen für städtische Bahnprojekte


    - Keine provisorischen Streckenstillegungen!
    Der Betrieb auf einer Strecke darf erst aufgegeben werden, wenn der Neubau beschlossen ist und am nächsten Tag die Bagger rollen können. Sonst dauert es Jahrzehnte.


    - Mehr Flexibilität und Kompromissfähigkeit bei Ausbaustandards!
    Eine eingleisige Strecke oder eine im Straßenraum ist zwar nicht toll, kann aber eine gute Bahnverbindung retten.

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

  • Zwei Super-Forderungen, denen nichts hinzuzufügen ist:

    Zitat

    Original von multi
    Schlussfolgerungen für städtische Bahnprojekte
    - Keine provisorischen Streckenstillegungen!
    Der Betrieb auf einer Strecke darf erst aufgegeben werden, wenn der Neubau beschlossen ist und am nächsten Tag die Bagger rollen können. Sonst dauert es Jahrzehnte.
    - Mehr Flexibilität und Kompromissfähigkeit bei Ausbaustandards!
    Eine eingleisige Strecke oder eine im Straßenraum ist zwar nicht toll, kann aber eine gute Bahnverbindung retten.

  • Zitat

    Original von multi
    Das sollte eigentlich nur vorübergehend sein, da man die Strecke ja von grundauf erneuern wollte.


    Tat man ja sogar! Nur kam dann eben in Frankfurt die Stadtbahn...

  • Trotzdem wäre in Bad Homburg eine Straßenbahn-Insellösung möglich gewesen bzw. immer noch möglich. Das heißt, eine Straßenbahn in Bad Homburg mit Umsteigemöglichkeit auf die U2 am Bahnhof oder in Gonzenheim. Leider hat man das nicht getan.


    Das Grundproblem in vielen Fällen ist immer, dass man "alles oder nichts" möchte. Da "alles" zu teuer ist, bleibt dann nur noch "nichts". Schade. (Dasselbe gilt z. B. für die Eschersheimer. Manche hoffen immer noch auf die "Alleslösung" mit Tunnel, also wird an der bestehenden Strecke kaum etwas verbessert. Sie müsste nicht so hässlich sein wie sie ist, auch oberirdisch nicht.)

  • Zitat

    Original von V44020001
    Trotzdem wäre in Bad Homburg eine Straßenbahn-Insellösung möglich gewesen bzw. immer noch möglich. Das heißt, eine Straßenbahn in Bad Homburg mit Umsteigemöglichkeit auf die U2 am Bahnhof oder in Gonzenheim. Leider hat man das nicht getan.


    Die Insellösung hatte Bad Homburg mit seiner eigenen Straßenbahn, die sogar die Saalburg bediente, vor dem Bau der 25 nach Frankfurt. Rentabel war jene recht bald schon nicht mehr (keine adligen Kurgäste mehr nach 1918), weshalb nach und nach alles bis auf die 25 eingestellt wurde. Zeittafel zur Homburger Bahngeschichte
    So kann man gerade in den autoverrückten 1960er und -70er Jahren davon ausgehen, dass die Insellösung sich nicht gerechnet hätte, zumal die Infrastruktur eher für einen Neubau gesprochen hat. Aus obigen Gründen kam der aber nie.


    Zitat

    Original von V44020001
    Das Grundproblem in vielen Fällen ist immer, dass man "alles oder nichts" möchte. Da "alles" zu teuer ist, bleibt dann nur noch "nichts". Schade. (Dasselbe gilt z. B. für die Eschersheimer. Manche hoffen immer noch auf die "Alleslösung" mit Tunnel, also wird an der bestehenden Strecke kaum etwas verbessert. Sie müsste nicht so hässlich sein wie sie ist, auch oberirdisch nicht.)


    Ob eine vierspurige Straße mit Parkplätzen und einem "Feigenblatt-Baumstreifen" so viel zur Verschönerung und vor allem zu weniger Trennwirkung beiträgt, überlasse ich mal der Phantasie des Betrachters - mit über 300 Mios für mich immer noch eine suboptimale Lösung, da hilft alles Tunnelgeschrei der FDP nichts.

  • Zitat

    Original von Florian93
    Die Pläne der U2 Verlängerung sind nun auch auf der Internetseite der Stadt Bad Homburg einsehbar.


    Sehr geil, danke für den Link! Schade, dass ich immernoch keine offizielle Antwort auf meine E-Mail-Anfrage bekommen hatte, aber was soll's.


    Edit wollte "keine Antwort auf meine Anfrage" spezifizieren.

    Einmal editiert, zuletzt von baeuchle ()

  • Wie die FAZ in ihrer heutigen Rhein-Main-Zeitung berichtet (S. 47) haben die Bad Homburger Stadtverordneten in ihrer letzten Sitzung eine Magistratsvorlage zur Finanzierung der U2-Verlängerung beschlossen.
    Nach dem sog. Frankfurter Weg wird die Stadt Bad Homburg die unterirdische Station Gonzenheim und den anschließenden Tunnel finanzieren, für die übrige Infrastruktur (Gleise, Bahndamm, Brücken) wird die VGF zuständig sein, was im Ergebnis auf eine Kostenteilung hinauslaufe. Die Fahrzeuge finanziert die VGF, die auch Eigentümerin der gesamten Infrastruktur werden wird. Die Fahrgeldeinnahmen fließen der VGF zu. Die Förderanträge nach GVFG und FAG würden von beiden gemeinsam gestellt.


    Die Vorlage sei mit großer Mehrheit beschlossen worden, nur die FDP-Fraktion stehe der U2-Verlängerung grundsätzlich ablehnend gegenüber


    Zum Stand des Planfeststellungsverfahrens wird berichtet, es lägen 100 Stellungnahmen von privaten Einwendern vor, die derzeit vom RP Darmstadt ausgewertet würden. Nach Durchführung des Erörterungstermins soll der Planfeststellungsbeschluss im Frühjahr vorliegen. Die Ausführungsplanung soll ein Jahr später vorliegen. Bei zwei Jahren Bauzeit könne die Verlängerung Anfang 2016 in Betrieb gehen.

  • Die gesamte Verlängerung ist rd. 1.590 m lang, wovon nur rd. 355 m (incl. Station Gonzenheim) unterirdisch verlaufen, der Tunnelanteil wird mit 22% angegeben und soll bis auf den Durchstich des Bahndamms in offner Bauweise errichtet werden. ...Is doch'n Klacks, oder?

  • Zum Vergleich: der Theatertunnel von der Gutleutstraße zur Berliner Straße ist rd. 400 m lang und der B-Tunnel von der Konstablerwache (Bahnsteigende) zur Rampe Scheffeleck etwas mehr als 400 m.

  • Zitat

    Original von Jörg L
    Ich verstehe immernoch nicht, warum Gonzenheim in den Tunnel verlegt werden muss. Weiß das jemand?


    Da würde ich die Lektüre des Erläuterungsberichts in den Planunterlagen empfehlen; irgendwo weiter oben gibts einen Link.

  • Zitat

    Original von Jörg L
    Ich verstehe immernoch nicht, warum Gonzenheim in den Tunnel verlegt werden muss. Weiß das jemand?


    Hinter der heutigen Station ist kein Platz für die Rampe. Daher muss offentichtlich die Rampe dahin, wo heute die Station ist (oder weiter nach Ober-Eschbach verlagert, was aber keinen Nutzen in deinem Sinne bringt). Die neue Station Gonzenheim ist dann entweder am Tunnelanfang, also unterirdisch, oder 100-150 Meter in Richtung Ober-Eschbach gerückt, was niemandem helfen würde.

  • Zitat

    Original von tunnelklick
    Die gesamte Verlängerung ist rd. 1.590 m lang, wovon nur rd. 355 m (incl. Station Gonzenheim) unterirdisch verlaufen, der Tunnelanteil wird mit 22% angegeben und soll bis auf den Durchstich des Bahndamms in offner Bauweise errichtet werden. ...Is doch'n Klacks, oder?

    Nen Klacks ist es nur bis der erste Feldhamster oder sonst was "entdeckt" wird...

  • Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist natürlich auch die Fauna untersucht worden (vgl. Ziffer 1.5.2.4 des Erläuterungsbereichts).


    "Im Untersuchungsgebiet konnten nur wenige bemerkenswerte Arten nachgewiesen werden. Hervorzuheben ist das Vorkommen der nach FFH – Richtlinie geschützten Arten Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) sowie das Vorkommen der Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens). Der nach Artikel 1 Vogelschutzrichtlinie und § 10 BNatSchG geschützte Eisvogel (Alcedoatthis) wurde nicht im Gebiet angetroffen, es sind jedoch Vorkommen am Dornbach bekannt. ...Für die potentiell vorkommende Blindschleiche (Anguis fragilis) sind mit der Neuschaffung von Ersatzlebensräumen nach Beendigung der Baumaßnahme durch Begrünung der Böschungsflächen Voraussetzungen für die Wiederbesiedlung der Lebensräume gegeben. Die Baufeldfreimachung erfolgt außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit der Avifauna. Individuenverluste werden vermieden."

  • Schwer zu sagen, wenn man die Einwendungen im Einzelnen nicht kennt. Der reinen Zahl nach dürfte damit praktisch jeder unmittelbare Anlieger eine Stellungnahme abgegeben haben. Aber wenn einer fordert, die Lärmschutzwand dürfe nicht rot, sondern müsse grün sein, oder ein alter Baum drohe abzusterben, hat das eine andere Relevanz als wenn jemand ein unbedingt benötigtes Grundstück nicht abgeben will oder eine Fundamentalopposition gegen das Projekt insgesamt formuliert.


    In den Planunterlagen sind die Konflikte schon en Detail räumlich eingegrenzt, da könnte man ungefähr abschätzen, worum's gehen könnte. Das muss halt erörtert und abgewogen werden. Die meisten Einwendungen dürften auf dem Verhandlungswege zu regeln sein, so ist es jedenfalls meistens.

  • Zitat

    Original von tunnelklick
    Der reinen Zahl nach dürfte damit praktisch jeder unmittelbare Anlieger eine Stellungnahme abgegeben haben.


    Das "dagegen sein" scheint ja mittlerweile ein richtiger Volkssport zu sein. :rolleyes:

    Einmal editiert, zuletzt von GP4Flo ()