Bad Homburg: Verlängerung der U2

  • Wollte sagen, das politische Parteien aus Gemeinden entlang der B8 sich gegen Tempo 30 (AS A66 - Dalbergkreisel) ausgesprochen haben, den Verkehrsfluss auf der Königsteiner Straße künstlich zu bremsen, weil das Pendlern und weiteren Autofahrer zu längeren Fahrzeiten verhelfen würde).
    Auch der jetzige Abschnitt war ja umstritten.


  • Seit Jahren ist die Rede von dem Projekt, seit Jahren bestand die Möglichkeit, grundsätzlich gegen eine Verlängerung zu optieren und das in den Gremien zur Abstimmung zu stellen. Tatsächlich hat sich die Stadt Bad Homburg für das Vorhaben entschieden und als Vorhabenträgerin die Planfeststellung beantragt. Welchen Sinn sollte es machen, die früheren Entscheidungen der Gremien wieder in Frage zu stellen. Es ist doch keineswegs so, dass das Projekt den Homburgern aufgezwungen wurde. Den früheren Entscheidungen fehlt es auch nicht an demokratischer Legitimation, ich kann deshalb nicht nachvollziehen, was ein Bürgerentscheid eigentlich liefern soll. Völliger Irrsinn das.


    Da hat jemand mal wieder rein gar nichts verstanden. Es ist leider so, dass in den letzten Jahren vermehrt Parteien Dinge im Wahlkampf versprechen und anschließend an der Macht fundamental andere Politik machen. Nur weil Politiker und Parteien gewählt wurden, heißt dies nicht, dass sie einen Freibrief hätten alles mögliche tun zu dürfen. Repräsentative Demokratie kann nur dann funktionieren, wenn die handelnden Personen auch wirklich die Bürger repräsentieren. Wenn man sich weiter auf das technokratische „Der Bürger hat das legitimiert weil er einmal in vier bzw. fünf Jahren ein Kreuzchen gemacht hat.“ zurückzieht, dann braucht man sich über ein weiteres Ansteigen der Politikverdrossenheit nicht zu wundern. Der Bürger ist kein unmündiges Kind, und man sollte endlich aufhören ihn so zu behandeln. Leider ist aus Deinem Worten genau diese technokratische Einstellung heraus zu hören.


    Gegen das konkrete Projekt gab es von Anfang an in Bad Homburg massiven Widerstand, d.h. man weiß eben nicht, ob es eine Legitimation für dieses Projekt gibt. Persönlich sehe ich es auch als Problem an, dass man sich wieder für eine Murkslösung entschlossen hat. Es wird keine durchgehende zweigleisige Strecke mit zweigleisiger Wendeanlage geplant. Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass die fehlende Legitimation eingeholt werden soll und man sollte nicht aus Angst der Bürger könnte das Projekt ablehnen hier weiter der Politikverdrossenheit Vorschub leisten in dem man die Bürgerbeteiligung ablehnt.

  • John2:

    Zitat

    Da hat jemand mal wieder rein gar nichts verstanden. Es ist leider so, dass in den letzten Jahren vermehrt Parteien Dinge im Wahlkampf versprechen und anschließend an der Macht fundamental andere Politik machen.


    Wo siehst Du dies im vorliegenden Fall? Bitte nicht verallgemeinern.


    John2:

    Zitat

    Der Bürger ist kein unmündiges Kind, und man sollte endlich aufhören ihn so zu behandeln.


    Dies nicht unbedingt, oft genug endet aber des Bürgers Welt am eigenen Gartenzaun.


    John2:

    Zitat

    Gegen das konkrete Projekt gab es von Anfang an in Bad Homburg massiven Widerstand, d.h. man weiß eben nicht, ob es eine Legitimation für dieses Projekt gibt.


    Die gibt es auch für den oben erwähnten Bürger, denn diese Maßnahme ist regional bedeutsam und verbessert auch die Luft hinter dem Gartenzaun.
    Was der Politik vorzuwerfen ist, ist vielleicht, dass sie es nicht schafft die Bürger zum Umdenken zu bewegen, was Mobilität anbelangt.
    Das eine gute ÖPNV Anbindung den Wert eines Grundstücks steigert ist manchem auch nicht bewusst.
    Die Jahre der Bauzeit gehen auch vorbei.

  • Ich kann ein gewisses Unwohlsein mit den Ergebnissen repräsentativ legitimierter Politik im Einzelfall nachvollziehen. Aber bei allen netzgebundenen Projekten ist es zweifelhaft, ob per Bürgerentscheid aus lokalem Partikularinteresse heraus ein Teil aus dem Netz herausgeschnitten werden kann. So wie man Höchstspannungsleitungen und Abwasserkanäle nicht per Bürgerentscheid trassieren kann, so kann man Schienenprojekte nicht in einem lokalen Bürgerentscheid zur Disposition stellen. Was soll dabei herauskommen?


    Man kann über Projektdetails diskutieren und vielleicht ist eine Kritik an der geplanten 1-Gleisigkeit nachvollziehbar, aber diese Kritik an Projektdetails rechtfertigt es nicht, ein Schienenprojekt mit regionaler Bedeutung zur Entscheidung zu stellen. Denn die Entscheidung soll ja wohl die Frage U2-Verlängerung oder keine U2-Verlängerung entscheiden und nicht U2-Verlängerung 1-gleisig oder U2-Verlängerung 2-gleisig.


    Und was ist mit der Politikverdrossenheit derer, die dringend auf den Ausbau der ÖPNV-Netze warten und die zu Recht erwarten, dass ein unter verkehrlichen und Netz-Aspekten für wünschenswert, sinnvoll und notwendig gehaltenes Projekt endlich auch umgesetzt wird? Man kann mit Fug und recht ebenso gut sagen, dass dieser Bürgerentscheid bei entsprechendem Ausgang nicht zur Stärkung direkter Demokratie beiträgt, wenn sich das lokale Einzelinteresse durchsetzt.

  • Was wäre, wenn nicht die Stadt Bad Homburg, sondern die VGF oder irgendeine Projektgesellschaft Vorhabenträger wäre? Die hätte seit 2 Jahren Baurecht und einen Rechtsanspruch, das Projekt auszuführen. Schon diese Überlegung zeigt, dass ein Bürgerentscheid hier eigentlich nicht zulässig ist. So wie ein Bürgerentscheid gegen eine Baugenehmigung nicht zulässig ist, weil ein Anspruch auf Baugenehmigung besteht, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, so verhält es sich hier. Die Planfeststellungsbehörde handelt kraft gesetzlichen Auftrages und ihre Genehmigung kann nicht durch einen Bürgerentscheid ersetzt werden. Das Gesetz hat zweifellos Vorrang vor lokalen Einzelentscheidungen.


  • Dies nicht unbedingt, oft genug endet aber des Bürgers Welt am eigenen Gartenzaun.


    Auch damit muss man leben. Es ist aber nicht so, dass in Bad Homburg nur direkt Betroffene leben, so dass bei guten Argumenten eine Zustimmung grundsätzlich erzielbar ist. Gutes Beispiel ist die Schweiz in der der zum Teil deutlich teurere Varianten öffentlicher Bauprojekte vom Volk gewählt wurden, weil diese nachhaltiger sind. Ich halte das konkrete Projekt auf Grund der fehlenden Nachhaltigkeit für schlecht, sprich man baut wegen der Eingleisigkeit eine Kapazitätsbeschränkung ein, die bei einem zentralen Knotenpunkt in Bad Homburg auf lange Sicht totaler Unsinn ist, weil das für den aktuellen Fahrplan ausreicht, aber jede weitere Takterhöhung Probleme bereiten wird. Solche Projekte werden aber für einen Zeithorizont >50 Jahre gebaut und nicht für die nächsten fünf Jahre. Solche Dummheit (mir fallen dafür einfach keine Euphemismen mehr ein) ist kaum noch zu ertragen.



    Die gibt es auch für den oben erwähnten Bürger, denn diese Maßnahme ist regional bedeutsam und verbessert auch die Luft hinter dem Gartenzaun.


    Das ist eine faule Ausrede, denn wenn man das regional macht, ändert sich nichts am grundlegenden Problem, aber es fehlen die demokratischen Strukturen für die Entscheidungsprojekte. Es gibt nun einmal kein Regionalparlament und eine dazu gehörende Bürgerschaft. Wer sollte dann über das Projekt abstimmen dürfen? Nur die Betroffenen Bürger? Wer ist das denn bitte? Wenn man die Finanzierung betrachtet, dann würde das alle hessischen Bürger betreffen, weil das Land >80% der Summe tragen will. Wenn man die vom Verkehr Betroffenen betrachtet, sind es nur die Anlieger. Wenn man die potentiellen Nutznießer betrachtet ist die Personengruppe schon nicht mehr scharf abgrenzbar. Wem willst Du dann in der Regional das Stimmrecht geben?


    Die Stadt Bad Homburg ist eine Gebietskörperschaft die im wesentlichen von dieser Maßnahme betroffen ist, insofern ist diese Abstimmung auch so korrekt angesetzt, und die Nicht-Anlieger überwiegen in dieser Gebietskörperschaft eindeutig. Es gibt daher keinen Grund schon im Vorfeld mit dem Jammern anzufangen, weil man sich demokratischen Prozessen stellen soll.



    Was der Politik vorzuwerfen ist, ist vielleicht, dass sie es nicht schafft die Bürger zum Umdenken zu bewegen, was Mobilität anbelangt.


    Das grundsätzliche Problem ist, dass es die Politik nicht schafft aus ihrem miesen Kirchturmdenken herauszukommen. Man wird die Bürger nicht zum Verzicht auf den PKW bewegen können, wenn er nicht endlich brauchbare Alternativen bekommt. Das PKW-Fahren zu verteuern oder zu verbieten, löst nämlich nicht die Problematik wie der Bürger an seinen Arbeitsplatz kommt. Ein Beispiel massenweise Pendler nutzen die A5 von Norden um nach Frankfurt und die umliegenden Gemeinden (Eschborn etc.) zu kommen. Die Alternative ÖPNV ist keine, weil die Bahnstrecke komplett am Limit ist. Aber anstatt über den viergleisigen Ausbau von Friedberg nach Giessen zu reden und auch die zwingend notwendige zweite Stammstrecke in Frankfurt oder einem anderem gleichwertigen Projekt, wird nur über den PKW-Verkehr in Frankfurt geschimpft. So wird das nie etwas, denn die P+R-Parkplätze am Frankfurter Stadtrand gibt es ebenfalls in nicht ausreichender Zahl.

  • Schon diese Überlegung zeigt, dass ein Bürgerentscheid hier eigentlich nicht zulässig ist.


    Da hast Du das Thema komplett verfehlt. Es geht nicht um Legalität sondern um die Legitimität des Projektes. Willst Du Dich ernsthaft bei einer Diskussion über Politikverdrossenheit auf Rechtspositivmus zurückziehen?

  • Nein, es geht nicht um die Legitimität. Es steht völlig außer Frage, dass es legitim ist, eine Schienenbahn in Bad Homburg zu bauen. Es geht einfach nur darum, dass einige Leute das nicht wollen. Sie verfolgen damit bestimmte Interessen, Einzel- oder Gruppeninteressen, mehr nicht. Ich würde jetzt an diesem Thema nicht die Demokratiefrage aufhängen und auch nicht das Gerechtigkeitsthema, das führt zu nichts.


    Es ist ebenso erlaubt - von mir aus auch legitim -, gegen das Projekt zu sein, es ist auch erlaubt, diese Meinung öffentlich kund zu tun, aber es ist m.E. nicht rechtmäßig, sein Interesse in dieser Konstalltion mit dem Instrument des Bürgerentscheids zu verfolgen.


    Die Frage der - um in Deiner Terminologie zu bleiben - Legitimität wird ja im PFV immanent geprüft im Rahmen der Planrechtfertigung. Und da der Planfeststellungsbeschlus bekanntlich beklagt wurde, wird diese Frage derzeit auch noch gerichtlich überprüft. Vor diesem Hintergrund und einer ggf. erfolgten rechtslräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein Bürgerentscheid dann nicht nur nicht legal, sondern auch nicht mehr legitim.

  • John2: Bei allem Verständnis für deine Kritik an der repräsentativen Demokratie - für mich erscheint es, als endete deine Demokratie an der Stadtgrenze von Bad Homburg. Wenn hier tatsächlich alle Betroffenen direkt abstimmen sollen, dann ist es absurd (wie Tunnelklick schrieb), die Mehrheit der Betroffenen auszuschließen!


    Und was die "Murkslösung" betrifft - man wird schon damit klarkommen werden. Besser so als gar keine Lösung...

  • Persönlich sehe ich es auch als Problem an, dass man sich wieder für eine Murkslösung entschlossen hat. Es wird keine durchgehende zweigleisige Strecke mit zweigleisiger Wendeanlage geplant.

    Du weißt bestimmt, dass mit dieser Kompromißlösung die Konflikte mit dem Umweltschutz wegen weitergehender Verlegung des Dornbachs und mehrerer Eingriffe in bestehende Bausubstanz umgangen wurden. Solange keine Alternative zu dieser Trassenführung existiert, kann ich Deine Kritik nicht teilen. Da die anfängliche Planung nach Klagen dagegen vor Gericht sehr wahrscheinlich keinen Bestand gehabt hätte, bin ich mit MdE gleicher Meinung. Nämlich besser so eine als gar keine Lösung.


    Abgesehen davon ist das Argument mit der verhinderten Taktverdichtung kein wirkliches, weil die Planung für die Züge Rtg. Frankfurt eine um 1 Minute längere Fahrzeit vorsieht. Sprich selbst wenn man in 25 Jahren den Takt auf 5 Minuten verdichten müsste, könnten die Züge Rtg. Frankfurt pünktlich rausfahren, da sie in jdem Falle Vorrang genießen. Was wäre also so schlimm daran, wenn ein stadtauswärts fahrender Zug tatsächlich mal 45 Sekunden am Signal warten müsste und dadurch evtl. nicht die geplanten 3 Minuten, sondern 3:25 Min. unterwegs wäre? Wie hätte man ergo Deiner Meinung nach verfahren sollen, um "solchen Murks" zu vermeiden?

  • Und dass die Wendeanlage nicht zweigleisig ist, kann man ja so auch nicht sagen, mit scheint diese Aussage unpräzise. Was verstehst du unter Wendeanlage? Es gibt 2 Bahnsteigkanten, eine zum Aussteigen, eine zum Einsteigen; wie im Europaviertel, dort soll es auch eine Bahnsteigkante zum Aussteigen, eine zum Einsteigen geben; nur dass die Bahnsteigkanten dort parallel nebeneinander an einem Mittelbahnsteig liegen, hier hintereinander an zwei Seitenbahnsteigen.


    Hier wie dort fährt der Zug nach dem Fahrgastausstieg in ein Ausziehgleis und von dort zurück stadteinwärts. Der Unterschied zur Wendeanlage Europaviertel besteht hier darin, dass das Ausziehgleis zugleich mit einer Bahnsteigkante zum Einsteigen versehen ist und nach der Ausfahrt nicht nocheinmal (zum Einsteigen) gehalten werden muss, die Leute sind ja schon drin. Dass hier die Bahnsteige zum Aus- und Einstieg hintereinander angeordnet sind und nicht nebeneinander, ist den Platzverhältnissen im Homburger Bhf geschuldet. Im Übrigen werden die Gleisverbindungen so eingerichtet, dass man auch vom Ausstiegsbahnsteig unmittelbar stadteinwärts zurückfahren kann, ohne zuvor in das Ausziehgleis einrücken zu müssen. Es könnten also bei Bedarf zwei Züge gleichzeitig abgefertigt werden, wie an allen anderen Endstellen auch.


    Warum soll das Murks sein?

    3 Mal editiert, zuletzt von tunnelklick ()

  • Es steht völlig außer Frage, dass es legitim ist, eine Schienenbahn in Bad Homburg zu bauen.


    Die Forderung ist legitim, die Entscheidung es zu tun nicht unbedingt. Hnter den Entscheidungen des Staates muss auf Dauer eine Mehrheit der Bürger stehen. Wir haben im Staat zunehmend Probleme, dass immer größer werdende Anteile der Bevölkerung die Entscheidungen des Staates eben nicht mehr mittragen. Noch haben die Bürger aus den Entscheidungen des Staates keine direkten erheblichen finanziellen Nachteile, sobald sich das ändert sieht die Sache fundamental anders aus.



    Es geht einfach nur darum, dass einige Leute das nicht wollen.


    Und einige wollen den Bau – d.h. hier stehen Partikularinteressen verschiedener Gruppen gegeneinander, und alle hessischen Bürger müssen es finanzieren. Ein nicht unwesentlicher Punkt ist, die Nachteile werden privatisiert und die Vorteile sozialisiert, d.h. der Wertverlust wird durch die Gemeinschaft eben nicht ausgeglichen, obwohl viele davon Vorteile haben. Da braucht man sich nicht zu wundern, weshalb Anwohner immer häufiger aufbegehren. Betrachten wir einen ganz simplen Aspekt, man will als Anlieger sein Haus verkaufen und an anderer Stelle einen gleichwertigen Ersatz bekommen, dann geht das wegen des Wertverlustes der Baumaßnahme nun aber nicht mehr. Solche Probleme treten immer wieder auf, und die Nachteile können existenzbedrohende Ausmaße annehmen.



    Die Frage der - um in Deiner Terminologie zu bleiben - Legitimität wird ja im PFV immanent geprüft im Rahmen der Planrechtfertigung.


    Nein, das ganze PFV ist ein einziges formales Rechtskonstrukt, d.h. in diesem kann nur die Legalität des ganzen Vorgangs geprüft werden, aber niemals dessen Legitimität. Die Legitimität erhält die Verwaltung in jeder freien Wahl durch den einzigen Souverän den es gibt – dem deutschen Volk. (Das steht auch so im Grundgesetz, das sollte man wissen.) Hier in diesem konkreten Fall wählen die Bürger der Stadt Bad Homburg den Oberbürgermeister und die Stadtverordnetenversammlung. Nur durch diese Wahl erhält die politische Führung der Verwaltung vom Souverän den Auftrag repräsentativ für die Legislaturperiode die Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Wesentlich für die Legitimität der Verwaltung ist, dass sie nicht die Unterstützung der Bevölkerung verliert, weil sie dann nämlich ein Legitimationsproblem hätte. In einer Demokratie sollte es in diesem Fall selbstverständlich sein, dass die betreffenden politischen Handelnden ihren Rücktritt erklären und Neuwahlen ansetzen.


    Wir haben hier bei diesem Thema aber kein generelles Problem mit der politischen Ebene, sondern nur im Kontext eines konkreten größeren Projekts. Deshalb ist die Ankündigung der Abstimmung der Versuch durch ein positives Abstimmungsergebnis die notwendige Legitimation für dieses Projekt vom Souverän einzuholen. Die konstitutionelle Verfasstheit des Staates sieht eine bestimmte Aufteilung der Verwaltungsaufgaben vor, so dass nur eine bestimmte Auswahl an Bürger über dieses Projekt entscheiden darf. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob man dies in Zukunft ändern will, wofür es sicherlich gute Gründe gibt.



    Vor diesem Hintergrund und einer ggf. erfolgten rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein Bürgerentscheid dann nicht nur nicht legal, sondern auch nicht mehr legitim.


    Die Bürger sind der Souverän und nicht der Verwaltungsgerichtshof. Die Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es zu prüfen, ob der formale Verwaltungsakt die Gesetze einhält – d.h. er legal ist. Ich habe ja schon geschrieben, dass Du mit Rechtspositivismus argumentierst. Das bringt an dieser Stelle rein gar nichts. Eine demokratische Entscheidung des Souveräns kann niemals illegitim sein (sofern keine Menschenrechte verletzt werden), weil er der Souverän ist. Ganz im Gegenteil der komplette Staat hängt davon ab, dass der Souverän ihn immer wieder aufs neue legitimiert. Unterbleibt das, ist das Existenzrecht des Staates verwirkt. Die Folge ist eine fundamentale Staatskrise und wahrscheinlich Revolution.

  • John2: Bei allem Verständnis für deine Kritik an der repräsentativen Demokratie - für mich erscheint es, als endete deine Demokratie an der Stadtgrenze von Bad Homburg. Wenn hier tatsächlich alle Betroffenen direkt abstimmen sollen, dann ist es absurd (wie Tunnelklick schrieb), die Mehrheit der Betroffenen auszuschließen!


    Die Verfassung des Landes sieht keine andere Abstimmung vor. Das ist so, aber natürlich kann man das ändern. Aber dann sollte man schon konkret sagen, wer dann das Recht hätte über diese Entscheidung abzustimmen. Wie ich schon schrieb, ganz Hessen muss das finanzieren. Man könnte also fordern, dass alle Hessen darüber abstimmen dürfen.

  • Wie ich schon schrieb, ganz Hessen muss das finanzieren. Man könnte also fordern, dass alle Hessen darüber abstimmen dürfen.

    Im ersten Moment gar nicht abwegig. Nur hat der Hessisch Lichtenauer von der U2 wahrscheinlich genau so wenig Ahnung wie ich von der A 44.


    Ein nicht unwesentlicher Punkt ist, die Nachteile werden privatisiert und die Vorteile sozialisiert, d.h. der Wertverlust wird durch die Gemeinschaft eben nicht ausgeglichen, obwohl viele davon Vorteile haben. Da braucht man sich nicht zu wundern, weshalb Anwohner immer häufiger aufbegehren. Betrachten wir einen ganz simplen Aspekt, man will als Anlieger sein Haus verkaufen und an anderer Stelle einen gleichwertigen Ersatz bekommen, dann geht das wegen des Wertverlustes der Baumaßnahme nun aber nicht mehr. Solche Probleme treten immer wieder auf, und die Nachteile können existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

    Welche Werteverluste eigentlich? Wo kommen die denn her? Von der günstigeren Verkehrsanbindung? ?(
    Klar, die Bauarbeiten werden Lärm bringen, aber wenn das ganze fertig ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass die ja teils unterirdisch verlaufende U-Bahn hier mehr Lärm machen sollte als die S-Bahn und die RB nach Friedberg*, die ja konstant auf dem Damm mit 70 km/h um die Kurve fahren.


    *:Zukunftsvision unter der Voraussetzung, dass die Taunusbahn die Oberleitung bekommt und die Friedberger wie geplant verlängert wird.

  • John 2 meint, die Bürger seien der Souverän und nicht der Verwaltungsgerichtshof.


    Der Satz ist einfach Unsinn, man muss schon irgendwie in verfassungsmäßigen Strukturen denken, sonst wirds abstrus. Verwaltung arbeitet grundsätzlich auf gesetzlicher Grundlage und ist im Gesetzesvollzug an Recht und Gesetz gebunden; überdies steht sie im Einzelfall unter der Kontrolle der Justiz. Solange die Verwaltung Gesetze vollzieht, die in dem förmlich vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren vom Parlament verabschiedet wurde, gibt es kein Legitimitätsproblem.


    Du magst die Bad Homburger Bevölkerung als den örtlichen Souverän bezeichnen, gut. Aber auch er kann nur im Rahmen der Gesetze operieren und ist seinerseits an Recht und Gesetz gebunden. Daraus folgt, dass er an die Rechtskraft von Urteilen gebunden ist; wäre das anders, wäre ein essentielles Prinzip der rechtstaatlichen Ordnung, nämlich die Unabhängigkeit der Justiz, im Eimer. Deshalb stehen Gerichtsentscheidungen grundsätzlich nicht zur Disposition des „Souveräns“, wie umgekehrt Gesetze nicht zur Disposition der Gerichte stehen, d.h. die Gerichte haben, mit Ausnahme des BVerfG, keine Verwerfungskompetenz, sie können nur den Gesetzesvollzug im Einzelfall für rechtswidrig erklären; bei untergesetzlichem Recht können die Oberverwaltungsgerichte indessen Satzungen und teils auch Rechtsverordnungen verwerfen. Und das bedeutet auch, dass der Homburger Souverän nicht über Dinge entscheiden darf, die nicht Dinge der örtlichen Gemeinschaft sind; wenn der Homburger Souverän über etwas entscheidet, das nicht allein seine sache ist, fehlt es seiner Entscheidung an der erforderlichen Legitimität.


    Du sagst

    Zitat

    Wesentlich für die Legitimität der Verwaltung ist, dass sie nicht die Unterstützung der Bevölkerung verliert, weil sie dann nämlich ein Legitimationsproblem hätte.


    Das Unverständnis Betroffener gegenüber bestimmten rechtlichen Regelungen löst indessen kein Legitimitätsproblem aus, auch dann nicht, wenn die Zahl der Betroffenen groß ist. Die Verhängung von Geschwindigkeitsbeschränkungen ist demnach illegitim, sofern nur die meisten sie missachten? Niemand will Steuern bezahlen – und deshalb sind sie illegitim? Na dann gute Nacht!


    Zitat

    Eine demokratische Entscheidung des Souveräns kann niemals illegitim sein (sofern keine Menschenrechte verletzt werden)


    Diesem Satz möchte ich nachdrücklich widersprechen, er drückt nichts anderes aus als die Diktatur der Mehrheit. Die Dinge sind vielleicht etwas komplizierter, als dieser Satz es glauben macht. Außer den Menschenrechten gibt es das eine oder andere Verfassungsprinzip, dessen Verletzung auch eine Mehrheitsentscheidung illegitim machen.


    Ich würde aber gern zum Thema zurückkommen.

  • Im ersten Moment gar nicht abwegig. Nur hat der Hessisch Lichtenauer von der U2 wahrscheinlich genau so wenig Ahnung wie ich von der A 44.


    Mir fehlt hier in der Diskussion einfach konkrete Aussagen, wer denn darüber abstimmen soll, wenn es nicht die Bad Homburger sind, und dazu eine sinnvolle Begründung. Alle Hessen wäre wegen der Finanzierung eine sinnvolle Gruppe, wenn man schon nicht mit den Bewohner der Gebietskörperschaft zufrieden ist.



    Welche Werteverluste eigentlich? Wo kommen die denn her? Von der günstigeren Verkehrsanbindung? ?(


    Die Stadtbahn direkt vor der Haustür mindert den Wert des Hauses - Lärm, Erschütterungen etc. sind keine Vorteile und die bessere Anbindung wird durch die Nachteile nicht aufgewogen. Anders sieht es aus, wenn die Strecke die nächste Querstraße verläuft, dann hat man keine Nachteile mehr aber den Vorteil der besseren Anbindung. Und es sind eben diesen direkt Betroffenen, die gegen die Projekte zu Felde ziehen, weil sie nun einmal zum Teil drastische Nachteile haben.




    Der Satz ist einfach Unsinn, man muss schon irgendwie in verfassungsmäßigen Strukturen denken, sonst wirds abstrus.


    Irgend wie bist du nicht in der Lage anders als in rechtspositivistischen Kategorien zu denken – das ist bedauerlich. Die Verfassung selbst erhält ihre Legitimität normalerweise aus einem souveränen Akt der Selbstbestimmung des Volkes, in dem dies sich selbst eine Verfassung gibt. In Hessen war das der Fall. In der Bundesrepublik Deutschland war dies wegen des alliierten Vorbehalts nicht so.



    Ich würde aber gern zum Thema zurückkommen.


    Das würde ich auch gerne. Nur bist Du derjenige, der noch nicht einmal ansatzweise zu erkennen vermag, weshalb es sinnvoll ist einen Bürgerentscheid über den Bau der U2 in Bad Homburg abzuhalten. So wie Du hier im Forum argumentierst gehörst Du zu den Bürgern im Land, die die Politikverdrossenheit massiv befördern – auch wenn das nicht Deine Intention ist. Denn vielen Bürger ist die vier- bis fünfjährliche Zettelfaltaktion auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene zu wenig bürgerliche Partizipation an demokratischer Willensbildung.

  • Na denn...
    Wie verdrossen wären "die Bürger" wohl, wenn die Eschborner dann beschlössen, keine RTW auf Eschborner Boden. Dir müsste doch irgendwie klar sein, dass das keine Bad Homburger Sache sein kann. Das war doch der Ausgangspunkt.

  • John2:

    Zitat

    Das grundsätzliche Problem ist, dass es die Politik nicht schafft aus ihrem miesen Kirchturmdenken herauszukommen. Man wird die Bürger nicht zum Verzicht auf den PKW bewegen können, wenn er nicht endlich brauchbare Alternativen bekommt.


    ?( Hier widersprichst Du dir aber selbst. Genau das spiegelt der geplante Bürgerentscheid wieder ,- Kirchturmdenken. Die Maßnahme soll in dem möglichen Rahmen genau dazu dienen, eine brauchbare, attraktive Alternative zum SUV zu bieten.

  • Ich finde es eine steile These, dass Politikverdrossenheit daher kommt, dass nicht jeder Bürger über jeden Verwaltungsakt, der ihn theoretisch betreffen könnte, abstimmen kann. Denn auf nichts anderes läuft John2s Argumentation heraus.


    Andererseits kann durch den Beschluss des RP, dass gebaut werden darf, ja wohl kaum die Stadt Bad Homburg gezwungen werden, die nötigen Mittel bereitzustellen; ist das vielleicht der legale Ansatzpunkt für die Abstimmung? Bei der S21-Abstimmung war das ja auch der Trick. Würde Bad Homburg sich selbst auferlegen, kein Geld zu geben, wäre das Projekt wsl de jure nicht tot, weil andere das übernehmen können sollten, aber de facto wäre es dann tatsächlich sehr bedenklich, wenn das Land, der Umlandverband oder andere Gebietskörperschaften in Bad Homburg bauen würden.


    Aber zurück zur Politikverdrossenheit. Wir sind ja grade gesellschaftlich in einer Phase, in der einfache Lösungen gerne als heilsbringend dargestellt werden, hier eben Volksabstimmungen gegen Politikverdrossenheit, und einfache Begründungen gegeben werden, hier das fehlen von Volksabstimmungen als Grundübel.


    Dabei werden dann aber andere Probleme ausgeblendet, wie zum Beispiel das Gefühl bei den Profiteuren-in-spe, dass sich nie was verbessert, weil Menschen, die gut genug aufgestellt sind, um Projekte durch Klagen lange verzögern zu können, nun, nach all den Niederlagen, auch noch einen Bürgerentscheid bekommen, an denen eine bestimmte Untermenge der Betroffenen mit einer bestimmten Untermenge der nicht-betroffenen zusammen über das Projekt abstimmen können. Um es ganz klar zu machen: Diejenigen, die diesen Bürgerentscheid herbeiführen und die davon am meisten profitieren können, wurden vorher nicht marginalisiert, sie wurden nicht übergangen, sie wurden gehört und ihre Einwände wurden politisch, gesellschaftlich und juristisch abgewogen.


    John2 konstruiert aus der Schwierigkeit, einen sinnvollen Kreis von betroffenen und abstimmungsberechtigten (oder abstimmungslegitimierten, was auch immer das bedeuten würde) Personen zu bilden, das Recht, einfach irgendeinem Personenkreis dieses Recht zu geben. Das ist immerhin konsistent – ich erinnere mich an eine Diskussion mit, glaube ich, ähnlichen Protagonisten, in der postuliert wurde, dass die Insassen eines Zuges den relevanten Souverän bilden, wenn es um die Anwendung allgemeiner Gesetze (Aussteigen auf freier Strecke) geht. Wenn man als einziges Entscheidungsmittel die direkte und unmittelbare Abstimmung kennt, ist das alles folgerichtig, aber wenn man selbst die Unzulänglichkeit dieser Methode anerkennt – „Wenn man die potentiellen Nutznießer betrachtet ist die Personengruppe schon nicht mehr scharf abgrenzbar. Wem willst Du dann in der Regional das Stimmrecht geben?“ – sollte man doch vielleicht die Prämisse in Zweifel ziehen. Auf diese Situation angewendet hieße das: Wenn es schwierig ist, festzulegen, wer genau entscheiden dürfen soll, könnte es vollkommen legitim sein, die Entscheidung an eine andere Stelle zu legen, die die einzelnen Partikularinteressen abwägt und die auch ähnlich gelagerte Entscheidungen an anderer Stelle trifft. So eine Stelle könnte man dann „Regierungspräsidium“ nennen.


  • Mir fehlt hier in der Diskussion einfach konkrete Aussagen, wer denn darüber abstimmen soll, wenn es nicht die Bad Homburger sind, und dazu eine sinnvolle Begründung. Alle Hessen wäre wegen der Finanzierung eine sinnvolle Gruppe, wenn man schon nicht mit den Bewohner der Gebietskörperschaft zufrieden ist.

    Zukünftig wäre es für (potentielle) Pendler aus dem Norden Frankfurts möglich umsteigefrei, die nicht ganz unerhebliche Anzahl an Arbeitsplätzen in fußläufiger Entfernung vom Bahnhof zu erreichen. Stadteinwärts sind für die meisten Bad Homburger die allermeisten Arbeitsplätze immer noch schneller mit der S-Bahn erreichbar. Ein nicht unerheblicher Teil der potentiellen Nutznießer kann also nicht mit abstimmen, während sicherlich der größte Teil der Abstimmungsberechtigten durch die Maßnahme keinen direkten Nutzen für ihre alltäglichen Wege erfahren würde.


    Auch sollte man immer beachten, dass es gesellschaftliche Gruppen gibt, die für die Sicherung ihres Lebensunterhalt auf die vom ÖPNV bereitgestellte Mobilität angewiesen sind: Die 56-Jährige ghanaische Gebäudereinigungsfachkraft vom Frankfurter Berg ist sicherlich froh drüber, wenn sie zu Tagesrandzeiten einmal weniger umsteigen muss um nachts in Bad Homburg für €1,200 netto zu putzen. Ein nicht unerheblicher Anteil dieser captive rider können bei Bürgerbescheiden, egal ob in Bad Homburg oder Frankfurt gemeldet, sowieso nicht teilnehmen, da sie als Nicht-EU-Ausländer von Bürgerbegehren von vornherein ausgeschlossen sind.


    Gewählte Repräsentanten können von Vertretern (z.B. Ausländerbeirat) dieser Gruppen immer noch gezielt auf deren Belange aufmerksam gemacht werden um Diese in ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

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