Frage zu Dieselkraftstoff im Eisenbahnbereich

  • Moin :) ...


    Ist vielleicht eine etwas ungewöhnliche Frage: Ist eigentlich der Dieselkraftstoff, der für Verbrennungstriebfahrzeuge verwendet wird, vom Qualitätsgrad her mit Pkw- oder Lkw-Diesel gleichwertig? Bzw. anders gefragt, wie sind die Parameter des im Bahnbereich verwendeten Diesels (Cetanzahl usw.)?


    Danke schon einmal, wenn sich hier jemand auskennt :) .

    Fág an Bealach!

  • Ich kenne mich zwar nicht aus, denke aber, dass es keinen speziellen Eisenbahn-Diesel gibt. Für langsam drehende Schiffsmotoren gibt es allerdings sog. Marine-Diesel, der einen höheren Flammpunkt hat und deshalb eine höhere Verdichtung benötigt und nur in sehr langsam drehenden Dieselmotoren verwendet werden kann. Ansonsten darf ab dem 1.1.2009 nur noch schwefelarmer Diesel verkauft werden, zumindest an Verbraucher (vgl. 10. BImschV - Kraftstoff).


    Da vom gesamten Dieselverbrauch in Deutschland auf die Bahn und die Baumaschinen zusammen nur 7% entfallen, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Bahn einen besonderen Diesel verwendet, der wäre vermutlich deutlich teuerer als der handelsübliche.


    Von Interesse in diesem Zusammenhang ist vielleicht ein Versuch bei der Rheinbahn AG in Düsseldorf mit sog. Wasserdiesel zur Minderung der Feinstaubemissionen; hat sich aber anscheinend nicht als tauglich oder konkurrenzfähig erweisen

  • Nein, der Diesel, der in den Loks und VT's verfeuert wird ist für Pkw oder andere Fahrzeuge dieser Art nicht brauchbar, um nicht zu sagen das Todesurteil. Zum einen ist der Bio-Anteil höher als im Automobilbereich, zum anderen ist der Diesel nicht so sauber, der mehr "Teilchen" enthält. Deswegen müssen die VTs und Loks regelmäßig getankt werden - fährt man die Tanks leer, zieht das Einspritzsystem den abgelagerten Schlamm vom Boden des Tank an. Nichts desto trotz handelt es um einen umweltfreundlichen, schwefelarmen Diesel, den die Bahn nutzt. In den großen Motoren gehen die kleinen Teilchen, die im Spritstrom mitschwimmen, quasi unter und werden komplett verbrannt.


    Nur eben der Schlamm am Tankboden...


    Der Diesel für Pkw und Nutzfahrzeuge ist wesentlich reiner was Festanteile betrifft, der Bio-Anteil ist auch geringer. Die Heizungsanlagen der VTs und Loks werden mit Heizöl betrieben.


    Im übrigen gibt es auch für Lkw spezielle Tankstellen, an der Diesel billiger, aber eben mit mehr Feststoffen versetzt ist. Den großen Maschinen tut das nicht ganz so weh, wie einem 4 Zylinder TDI in nem Golf.

    Nahverkehrsforum Südwest

    Die Community zum Thema Bus & Bahn im Saarland, Rheinland-Pfalz sowie den angrenzenden Regionen von BaWü, Frankreich und Luxemburg

  • Verehrter Tobi,


    interessant!


    > Nur eben der Schlamm am Tankboden...


    Das ist banal und unterscheidet einen Unimog nicht von einem Itino.
    Haben Sie für Ihre anderen Aussagen Belege?


    Grüße


    Stationsvorsteher

  • Zitat

    Original von tobi
    Im übrigen gibt es auch für Lkw spezielle Tankstellen, an der Diesel billiger, aber eben mit mehr Feststoffen versetzt ist. Den großen Maschinen tut das nicht ganz so weh, wie einem 4 Zylinder TDI in nem Golf.


    Bei meiner Stammtanke kann man die Dieselsäulen umschalten zwischen "LKW" und "PKW", laut Aussage der Mitarbeiter dort stellt man damit aber nur die Fördergeschwindigkeit der Pumpe um. (Klar, son LKW-Tank faßt ja mehr als ein Golf TDI). Der um 0,5 Cent je Liter günstigere Preis wird ausschließlich mit dem Verkauf der größeren Menge begründet. Einen separaten Tank für "LKW-Diesel" unter der Erde gibt es dort nicht.
    Mag sein, daß es an anderen Tankstellen anders ist, aber das höre ich gerade zum ersten mal.

    Tja, jetzt machste dir extra die Arbeit, das hier unten zu lesen - und dann steht da nichts sinnvolles. Pech gehabt.

  • Ich bin weiterhin der Meinung, dass es keinen Unterschied zwischen Diesel, LKW-Diesel, Eisenbahndiesel gibt. Es gibt Additive, die manchen Diesel zu sog. Superdiesel für schnell drehende Motoren machen; den Marine-Diesel hatten wir schon. Die Additive verändern das Zünd- und Flammverhalten des Diesels.
    Rein begrifflich gibt’s noch den Agrardiesel und das Heizöl. Deren Unterscheidung vom üblichen Diesel hat ihren Grund im Energiesteuergesetz (früher Mineralölsteuergesetz), der geringere Steuersatz auf Agrardiesel und Heizöl basiert auf einem Subventionsgedanken. Um Steuerbetrug vorzubeugen, sind letztere speziell eingefärbt, um Missbrauch nachweisen zu können. Chemisch gesehen handelt es sich aber, abgesehen von den Additven, um ein und dieselbe Flüssigkeit.


    Die Bahn genießt bei den Betriebsstoffen für Busse und Bahnen kein Steuerprivileg und verwendet deshalb denselben Diesel wie alle anderen auch; vielleicht kriegt sie einen höheren Mengenrabatt.


    Das alles hat seinen Grund in den Rechtsakten der EU zur Luftreinhaltung, einem guten Dutzend von Richtlinien. Seit Mitte der 90er Jahre wurde der Schwefelgehalt in mehreren Stufen gesenkt. Seit dem 1.1.2009 darf EU-weit nur noch ein genau spezifizierter schwefelarmer Diesel in Verkehr gebracht werden; in Deutschlanbd wird diese Kategorie schon seit 2006 vertrieben. Diese Regelungen wirken bereits bei der Herstellung, d.h. aus den Raffinerien kommen überhaupt nur noch richtlinienkonforme, d.h. schwefelarme Kraftstoffe (und vielleicht noch eine besonders schwefelarme Sorte). Angesichts dessen wäre es gar nicht zu erklären, woher denn spezieller "Eisenbahndiesel" noch kommen soll.


    Und da der gesamte Diesel in Deutschland aus drei oder vier, virlleicht fünf Raffinerien stammt, also aus ein und denselben Produktionslinien, ist eigentlich auch wirtschaftlich nicht erklärbar, warum der "Reinheitsgrad", also der Gehalt an Schwebstoffen unterschiedlich sein soll.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick ()

  • Ich bin zwar nie einen Diesel gefahren, aber ich habe mal bei meiner ARAL-Tankstelle nachgefragt:
    Wenn man ziwschen PKW-Diesel und LKW-Diesel umschaltet, wird ein (anderes) Additiv verwendet.
    Reine LKW-Säulen habe AFAIK auch einen dickeren Stutzen, da fließt mehr Diesel durch in der gleichen Zeit. Der passt nicht in einen PKW-Tank.

    Capri-Sonne heisst jetzt "Capri Sun". :( Sonst ändert sich nix. Der "alte" Name muss wieder her ! ;(

  • Bei den erwähnten Schwebstoffen im Diesel bzw. Ablagerungen handelt es sich m.W. primär um auskristallisierendes Paraffin. Zum einen ist dessen Vorkommen je nach verwendeter Rohölsorte (stark) unterschiedlich. Zum anderen setzen Raffinerien zur Verbesserung der Filtrierfähigkeit verschiedene Additive zu, oft erst dem Mitteldestillat, aus dem dann Heizöl und Diesel entwickelt werden.


    Ein etwas minderwertigerer (billiger) Dieselkraftstoff, bei dem an genau diesen Additiven gespart wurde, "fällt aus" und produziert mit der Zeit selbständig Schwebstoffe, die sich dann ablagern - im Tank, an Einspritzdüsen, Leitungen und Filtern. Darum gehts. Das Paraffin-Problem ist speziell ein Problem von Diesel.


    Das Ausfällen tritt erst nach etwas Lagerzeit auf, wäre daher also eher für PKW ein Problem - da hier sowohl die Leitungen dünner dimensioniert, und daher schneller verstopft sind, als auch ein PKW jetzt nicht unbedingt immer innerhalb von einer Woche oder zwei den Tank leerfährt. Bei LKW- oder Eisenbahn-Dieselmotoren dürfte das rein technisch gesehen weniger ein Problem sein.

    Einmal editiert, zuletzt von kato ()

  • Zitat

    Original von tunnelklick
    Ich bin weiterhin der Meinung, dass es keinen Unterschied zwischen Diesel, LKW-Diesel, Eisenbahndiesel gibt. Es gibt Additive, die manchen Diesel zu sog. Superdiesel für schnell drehende Motoren machen; den Marine-Diesel hatten wir schon. Die Additive verändern das Zünd- und Flammverhalten des Diesels.
    Rein begrifflich gibt’s noch den Agrardiesel und das Heizöl. Deren Unterscheidung vom üblichen Diesel hat ihren Grund im Energiesteuergesetz (früher Mineralölsteuergesetz), der geringere Steuersatz auf Agrardiesel und Heizöl basiert auf einem Subventionsgedanken. Um Steuerbetrug vorzubeugen, sind letztere speziell eingefärbt, um Missbrauch nachweisen zu können. Chemisch gesehen handelt es sich aber, abgesehen von den Additven, um ein und dieselbe Flüssigkeit.


    Die Bahn genießt bei den Betriebsstoffen für Busse und Bahnen kein Steuerprivileg und verwendet deshalb denselben Diesel wie alle anderen auch; vielleicht kriegt sie einen höheren Mengenrabatt.


    Das mit dem Mengenrabatt könnte stimmen, aber den Rest kann ich so nicht stehen lassen.


    Vor gut 10 Jahren habe ich einen Tankzug im Auftrag der DEA gefahren und musste feststellen das es wirklich Kraftsoff der Klasse A und B gibt.
    Vor der Beladung müssen sogenannte "Ladestammnummern" eingegeben werden, Tankstellendiesel, egal ob für PKW oder LKW hatten da ein und die selbe Nummer. Also kein Unterschied, Additive usw waren immer dasselbe.
    Fuhren wir aber eine Baufirma an die für ihre Betriebstankstelle an der nur Radlader, Bagger oder Walzen betankt wurden konnte der Kunde sogennante B Ware bestellen. Der Reinheitsgrad ist nicht derselbe und die Additive wurden geringer bzw. gar nicht bei emischt. Ergo warendie Preisunterschiede nicht gerade unerheblich

  • Verehrter Kato,


    mit Verlaub: Der letzte Absatz Ihres Beitrags ist schlicht falsch.
    Paraffin-Ausscheidung ist ein Temperatur-Problem!


    Wenn Sie mal ein wenig Tante Gurgel nach "Diesel Paraffin" befragt
    hätten, hätten Sie allerlei bessere Erklärungen gefunden.
    Kleine Auswahl:
    http://www.team-ag.eu/team-mineraloele/produkte/diesel.html
    http://www.esso-schumacher.de/…haus/im_winter/index.html


    Grüße aus dem kalten Odenwald
    Stationsvorsteher

  • Mein letzter Absatz bezog sich auf den direkt drüber, also auf einen minderwertigen Diesel, bei dem gespart wurde (u.a. an Fließverbesserer-Additiven).


    Diesel, den man an der Tankstelle kaufen kann, hat im Sommer typischerweise einen Cloud Point (die Grenztemperatur unter der die Ausfällung beginnt) von +7°C, im Winter von 0°C. Bei höherem Cloud Point ist im Regelfall auch gleich der Paraffinanteil höher.


    Gehen wir also von einem minderwertigen Zuschnitt aus, in den in der Raffinerie quasi alles gekippt wird was übrig ist, um damit noch Geld zu machen. Gehen wir davon aus daß es sich hauptsächlich um paraffinhaltige Zuschnitte mit hohen Cetanzahlen handelt (dasselbe Zeug, was sonst im wesentlichen als billiger Marinediesel verkauft werden muß, weil mans sonst nicht loskriegt), dann erhalten wir ein Produkt mit deutlich höherem Cloud Point. Der Cloud Point von Diesel kann je nach Zuschnitt im Regelfall bei bis zu +48°C liegen.


    Nehmen wir was harmloseres, sagen wir +14°C ? Das wäre der Unterschied zwischen Sommer- und Winterdiesel noch mal draufgeschlagen. Dann hat man Ausfällung garantiert in mindestens 10 Monaten pro Jahr jede Nacht. Wenn wir nicht anfangen, den Tank zu heizen. Und sobald man Ausfällung in dem zeitlichen Umfang hat, ist es kein Temperaturproblem mehr, sondern ein Lagerproblem - nämlich daß die Ausfällung in einem gewissen (durchaus entfernt berechenbaren) Zeitraum so stark wird, daß zum einen der Diesel nicht mehr verbrennt, und zum anderen die Ventile verstopfen und sich eine Sedimentschicht im Tank festsetzt.

    Einmal editiert, zuletzt von kato ()

  • Der Paraffin-Anteil ist meines Wissens ein Qualitätsmerkmal: viel Paraffin = höhere Cetanzahl = besser Zünd- und verbrennungseigenschaften. Nachteil: höhere Neigung zur Ausflockung bei niedrigen Temperaturen, deshalb Notwendigkeit der Beimnischung von Additiven (Winterdiesel).


    Bezogen aufs Thema - gibts Eisenbahndiesel? - würde ich nach wie vor sagen: nein.


    Und letztlich begründe ich es rechtlich mit § 38 BImschG, wonach ausdrücklich auch Schienenfahrzeuge so zu betreiben sind, dass schädliche Emissionen zu verhindern sind und wo sie nicht vermeidbar sind, nach Kräften zu reduzieren sind. Daraus folgt m.E., dass die Bahn keinen "schlechten" Diesel verwenden darf, wenn sie auch den "besseren" Normaldiesel fahren kann.

  • Zitat

    Original von Stationsvorsteher


    Haben Sie für Ihre anderen Aussagen Belege?


    Ja, ich hab ne Zeit lang Triebwagen (612, 628, 643 & SNCF VT's) betankt und mich auch mit Lieferanten und den entsprechenden Stellen darüber unterhalten. Aber hab bitte Verständnis dafür, diese mir kein Rezept für Bahndiesel überlassen wollten.


    Aber ich muss erst mal entwirren, ich habe mich wohl etwas unglücklich ausgedrückt: ich habe doch nie geschrieben, dass der Diesel der Bahn schlechter ist. Er hat einen höheren Bio-Anteil als normaler Diesel, ist also wesentlich agressiver als normaler Diesel. Außerdem hat er eben mehr Schwebstoffe (das Wort fehlte mir), diese Interessieren aber die Fahrzeuge nicht, weil Tank und Motor ja vorgeheizt werden. Die Maschinen verbrennen das bisschen eben einfach mit. Und die Maschinen müssen übrigens immer vergeheizt werden, ein sogenannter Kaltstart darf nur auf besondere Anordnung erfolgen. Und einen eben solchen Kaltstart hat auch mal einen 218er außer Gefecht gesetzt - Motorschaden.


    Was Lkw Diesel angeht: es kommt an, wo man tankt. Mengenrabatt ist an größeren Tankstellen normal, wenn ich in meinen R 420 mal eben 1000 Liter Diesel reinschütte, hat der Pächter eh Dollarzeichen in den Augen. Korrekt ist, dass man die Zapfsäulen beschleunigen kann, weil man ewig rumsteht. Richtige Lkw Zapfsäulen haben dieckere Zapfhähne, die nur in Tanks großer Nutzfahrzeuge passen.

    Nahverkehrsforum Südwest

    Die Community zum Thema Bus & Bahn im Saarland, Rheinland-Pfalz sowie den angrenzenden Regionen von BaWü, Frankreich und Luxemburg