EU-Schildbürgerstreich in Ahrensburg

  • Der Schleswig-Holsteiner Verlag berichtet in diesem Artikel über die fertiggestellte Station Gartenholz des gleichnamigen Ahrensburger Stadtteils, die jedoch aufgrund einer EU-Verordnung nicht in Betrieb genommen werden kann und somit derzeit als Geisterbahnhof sogar von den Regionalbahnen ohne Halt durchfahren werden muss!


    ( Schilda lässt herzlich grüßen... :rolleyes: ).

  • Davon hatte ich schon bei der EBA gelesen, aber ich finde, der EU den schwarzen Peter zuzuschieben, ein wenig zu einfach.


    Offensichtlich hat die Kommune Ahrensburg Termindruck gemacht und sich nicht genügend um geltendes Recht gekümmert. Wenn nur 200 Meter lange Züge halten sollen und man nur 200 Meter Bahnsteig genügend beschallen will, warum ist der Bahnsteig dann länger?


    Das EBA pocht auf eine normgerecht behindertenfreundliche Ausführung, und damit hat es recht - egal, warum diese Norm für diesen Haltepunkt gilt. Und wenn ich dann lese


    Zitat

    "Wir wussten nicht, dass diese ganzen Zertifikate notwendig sein würden"


    dann braucht man eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Es wird aber schlimmer:


    Zitat

    Sie findet es übertrieben, "dass so ein kleiner Bahnhof die Anforderungen eines großen erfüllen muss".


    Dürfen denn Behinderte an kleinen Haltepunkten nicht einsteigen? Dürfen kleine Betriebe sich weigern, Homosexuelle einzustellen (aber hier schweife ich ab)?


    Es geht hier ja nicht darum, dass alles neu gebaut werden muss, sondern dass man bei einem Neubau verhindern will, auf 50 oder mehr Jahre genau einen schon beim Bau veralteten Zustand zu haben.


    Und bevor man mal wieder auf die EU haut, sollte man sich mal informieren, ob nicht auch diese Vorschrift von Deutschland vertreten und eingebracht worden ist (was ich hier nicht weiß, aber viele der "blöden EU-Dinge" sind eigentlich Deutsche Initiativen).

  • >"Wir wussten nicht, dass diese ganzen Zertifikate notwendig sein würden"


    Wie heißt es so schön bei der Polizei-/Zollkontrolle? "Unwissenheit schützt vor
    Strafe nicht". Wieso soll es Bund/Land/Stadt besser ergehen als dem gemeinen
    Bundesbürger? ;)

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • Zitat

    Tatsächlich darf sich Gartenholz offiziell nicht mal Bahnhof nennen, sondern nur "Haltepunkt".


    Das klingt in diesem Kontext so, als wäre daran auch die EU schuld...

  • Zitat

    Original von MainTower


    Das klingt in diesem Kontext so, als wäre daran auch die EU schuld...



    Ist mir auch aufgefallen. Sollte diese Formulierung originär aus der Redaktion stammen, hätte es da bei der Recherche gehapert.

    Fág an Bealach!

  • Einges wird die Kommune bestimmt selbst versemmelt haben....


    Aber es zeigt doch mal wieder, was Bürokratie alles blockieren kann.


    Ob es sinnvoll ist einen 200m langen Bahnsteig zu bauen, wenn fast alle Züge kürzer sind, ist die eine Frage. Aber muss es wirklich gesetzlich vorgeschrieben sein, dass alle Teile des Bahnsteiges gleichgut beschallt werden, wenn ein Teil des Bahnsteiges nur sehr selten benutzt wird?


    Es ging auch lange Zeit ohne Lautsprecher überhaupt gut. Lautsprecher sind ein Vorteil für den Kunden. Aber ist es wirklich Aufgabe der EU sich um solche Teilaspekte zu kümmern?


    Durch derartige Vorgaben erreicht man, dass nur noch so knapp wie unbedingt erforderlich gebaut wird. Schließlich müßte sonst jeder Extrameter voll ausgerüstet werden.


    Nordmainische S-Bahn schnell bauen ist auch gut für die Konjunktur.

    Mehr Mobilität für Hanau, Maintal und Frankfurt

  • Muß der Hp Lorchhausen jetzt geschlossen werden? Der liegt im Rheintal, also an der internationalen Strecke Niederlande - Schweiz, und ist garantiert nicht behindertengerecht. Wie etliche andere Stationen im Mittelrheintal auch. Und wenn ich an all diese Stationen ohne jede Lautsprecherausrüstung denke ... Und Züge ohne Behindertenlift. Ohne akustische Fahrtzielansage. Fahrpläne in Brailleschrift. Tarifinformationen nicht auf Türkisch (Diskriminierung! 8o). Und Zugbegleiter ohne Gebärdensprachenkenntnisse. Und und und ...


    Mit ein bißchen Phantasie läßt sich fast jede Strecke zur internationalen Anschlußstrecke erklären und so der Geltungsbereich der Richtlinie enorm erweitern. Kreative Juristen und Berater ans Werk, so zwingen wir die Eisenbahn (die ganze, nicht nur "Die" Bahn) in die Knie! X(

  • Zitat

    Original von Fabian
    Aber muss es wirklich gesetzlich vorgeschrieben sein, dass alle Teile des Bahnsteiges gleichgut beschallt werden, wenn ein Teil des Bahnsteiges nur sehr selten benutzt wird?


    Sobald ICEs die Strecke benutzen (keine Ahnung ob die Vogelfluglinie ICE Strecke ist), ist die Vorschrift auf jeden Fall sinnvoll, da hier bei schnellen Zugdurchfahrten eine Warn-Ansage gemacht werden MUSS! Deswegen sind Lautsprecheranlagen EBA-pflichtig und haben auch sehr strenge Auflagen was Ausfallzeiten etc. angeht.

  • Zitat

    Original von Udo
    Muß der Hp Lorchhausen jetzt geschlossen werden?


    Genau das nicht. Es geht um einen NEUBAU, es wird hier in keinster Weise in bestehende, in Betrieb befindliche Anlagen eingegriffen. Und das macht einen Riesenunterschied.


    Ansonsten thumbs up für @F--Fighter.


    Fabian: Ja, es ging früher auch ganz ohne Lautsprecher, aber es ging früher auch mit riesigen Stufen. Beides schließt bestimmte Personen aus, und beides waren (wenn auch technisch bedingt notwendige) Fehler, die man nicht bei Neubauten wiederholen sollte.

  • Zitat

    Es geht um einen NEUBAU


    Genau DAS ist die Ironie: Deutschlandweit sehen die meisten Bahnhöfe der Deutschen Bahn so aus, als seien sie aus der Zeit zwischen Bayernkönig Ludwig und Preußenkaiser Wilhelm unverändert geblieben. Gerade wenn man mit viel Gepäck unterwegs ist, merkt man es: Riesige Treppenanlagen oder Unterführungen ohne Aufzüge, auch in ICE-Bahnhöfen wie Ulm, niedrige Bahnsteige, von denen man sich nur mühsam in die Waggons hochwuchtet, Fahrplan-Aushänge im Dunkeln oder mit Sonnenblendung - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.


    Auch als gut Sehender habe ich durchaus häufiger Schwierigkeiten, Fahrkarten-Automaten zu bedienen oder Fahrpläne zu lesen. Da hängt dann der Fahrplan - so vorhanden - in der dunkelsten Ecke und ist abends nicht zu lesen, wohl aber die beleuchtete Werbetafel 2 m weiter. Oder die Sonne scheint voll auf das Display eines Berliner S-Bahn-Fahrkarten-Automaten, so dass nichts zu erkennen ist.


    Und wenn dann mal irgendwo ein neuer Haltepunkt für S-Bahn- oder Regionalzüge errichtet wird, gibt es ein Riesen-Theater, als ob es ein neuer Flughafen-Terminal wäre. Das Ergebnis wird nämlich im Endeffekt sein, dass niemand den gigantischen Wust an Vorschriften und Anforderungen erfüllen mag. Und so unterbleiben leicht machbare einfache Verbesserungen, und wir bleiben an der Jahrhundertwende stehen - der vorletzten wohlgemerkt ! :D


    Kafka lässt grüßen !

  • Zitat

    Original von F.-Fighter
    Sobald ICEs die Strecke benutzen (keine Ahnung ob die Vogelfluglinie ICE Strecke ist), ist die Vorschrift auf jeden Fall sinnvoll, da hier bei schnellen Zugdurchfahrten eine Warn-Ansage gemacht werden MUSS!


    Die Strecke nach Kopenhagen wird seit ein paar auch Jahren von ICE-TD der BR 605 befahren, während zuvor ausschließlich IC3 (Gumminasen) der DSB oder 218er mit Wagenzügen verkehrten. Ob durch die Elektrifizierung bis Lübeck auf diesem Abschnitt auch die Strecken-Geschwindigkeit angehoben wurde, ist mir jetzt nicht bekannt, jedenfalls verkehren nun eben auch einige der Züge als ICE.


    Wobei ich aufgrund der Fahrplanvorgaben, die mit denen der IC3 identisch sind, davon ausgehe, dass diese auch nicht schneller als mit 160 km/h gefahren werden, womit der ICE-Zuschlag wie schon so oft in solchen Fällen lediglich der Aufbesserung des Bilanzergebnisses der DB AG dient.


    Was macht es aber nun für einen Unterschied, ob nun ein IC/EC der DSB oder ein ICE der DB die Station durchfahren? Das erschließt sich mir nicht. Und ist es nicht Vorschrift, immer bei schnellen Zugdurchfahrten (wie war das, über 120 km/h?) zu warnen ?(

  • Zitat

    Original von Charly
    Was macht es aber nun für einen Unterschied, ob nun ein IC/EC der DSB oder ein ICE der DB die Station durchfahren? Das erschließt sich mir nicht. Und ist es nicht Vorschrift, immer bei schnellen Zugdurchfahrten (wie war das, über 120 km/h?) zu warnen ?(


    Kann sein das die Grenze bei 120km/h liegt. Bei ICEs ist die Warnung auf jeden Fall erforderlich, ob auch bei ICs weiß ich nicht, deswegen hatte ich mich auf ICEs beschränkt.
    Gehört habe ich Warnansagen auch schon bei Güterzügen und in Eppstein auch beim RE20, Pflicht sind sie da aber soweit ich weiß nicht.

  • Zitat

    Original von F.-Fighter
    Kann sein das die Grenze bei 120km/h liegt. Bei ICEs ist die Warnung auf jeden Fall erforderlich, ob auch bei ICs weiß ich nicht, deswegen hatte ich mich auf ICEs beschränkt.


    Ich weiß es halt auch nicht, da die Gefahr, die bei 120 oder 160 von einem ICE ausgeht jedoch kaum höher sein dürfte als bei einem gleich schnell fahrenden IC, wüsste ich es eben gerne etwas genauer.

  • Soweit mir bekannt ist, richtet es sich einzig und allein nach der Geschwindigkeit des Zuges, ob eine Durchsage gemacht wird. Die einzige Unterscheidung nach Zugtyp, die ich kenne, ist die zwischen Güterzug und Personenzug.

    Gruß, 420 281-8
    Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht ...

  • Ich verstehe im Moment das Problem nicht wirklich:


    Da wird ein Haltepunkt neu geplant und gebaut. Für einen solchen Bau gibt es Vorschriften, Normen usw. die beachtet werden müssen. Es macht daher Sinn, mit der Planung und dem Bau Fachleute zu beuftragen, die Kenntnisse dieser Vorschriften haben (in einem anderem Zusammenhang lief die Tage gerade ein interessanter Fernsehbeitrag zu dem Thema).
    Nach Abschluß der Bauarbeiten hat vor der Inebtriebnahme eine Abnahme zu erfolgen. Und was wird dabei geprüft? Der korrekte Sitz des Flatterbandes für die feierliche Eröffnung, oder doch eher, ob die vorhandenen Normen und Vorschriften eingehalten wurden?
    Wurden sie nicht eingehalten, dann ist das eben dumm gelaufen und die Station geht solange nicht in Betrieb, bis die Station den Vorschriften entspricht. Stellen sich Vorschriften als Nonsens heraus, müssen die geändert werden - aber das ist ein anderes Thema.

  • Zitat

    Original von Charly
    Wobei ich aufgrund der Fahrplanvorgaben, die mit denen der IC3 identisch sind, davon ausgehe, dass diese auch nicht schneller als mit 160 km/h gefahren werden, womit der ICE-Zuschlag wie schon so oft in solchen Fällen lediglich der Aufbesserung des Bilanzergebnisses der DB AG dient.


    Den Hinweis auf das Bilanzergebnis finde ich hier etwas zu kurz gegriffen. Das Preismodell stützt sich eben auch auf das verwendete Wagenmaterial, und da wird eben zwischen IC/EC und ICE unterschiedene in der Annahme, dass der ICE moderner und schicker sei und die Sitze zwar vielleicht nicht so dick gepolstert, aber dafür eben auch nicht durchgesessen.
    Über die Komplexität des Preissystems wird oft genug geschimpft, aber wenn jetzt ein ICE-Zuschlag manchmal angewendet wird und manchmal nicht (je nachdem, wo man fährt), dann wird das System dadurch auch nicht einfacher.


    Abgesehen davon ist die Hauptmotivation für den Ersatz der IC3 durch ICE-TD sicher nicht der ICE-Aufschlag gewesen. Die DSB benötigte die IC3 selber für den Inlandsverkehr und die DB ist froh, eine Einsatzmöglichkeit für ihre abgestellten und bsi dahin ungenutzten ICE-TD gefunden zu haben. Dafür mussten die Züge dann auch noch für die dänischen Strecken aufgerüstet werden, was die Mehreinnahmen durch ICE-Zuschläge wohl noch für einige Zeit auffressen dürfte.

  • Zitat

    Original von robi
    Dafür mussten die Züge dann auch noch für die dänischen Strecken aufgerüstet werden, was die Mehreinnahmen durch ICE-Zuschläge wohl noch für einige Zeit auffressen dürfte.


    Aus Interesse: Wie hoch waren eigentlich die Nachrüstungskosten pro Triebzug?

    Fág an Bealach!