PM:Rückzug von der Odenwaldbahn

  • DARMSTADT-DIEBURG. Der Verladebahnhof in Groß-Bieberau liegt still. Nur einige Monate war dort Betrieb. Seit 15. Mai vergangenen Jahres hatte die Odenwälder Hartsteinindustrie (OHI) dort zwei bis drei Mal in der Woche Schotter verladen und damit den Güterverkehr auf der Odenwaldbahnstrecke wieder belebt. Ein privates Unternehmen hatte die Züge betrieben.


    Doch inzwischen sind die Transporte auf der Schiene eingestellt. Sie sind unwirtschaftlich geworden. Die OHI hat die Verträge gekündigt. Gleichwohl hat sie weiterhin Interesse, ihre Fracht per Bahn zu befördern. Das haben auch die Caparolwerke in Ober-Ramstadt. Sie setzen sich deshalb für den Erhalt einer Schienenverbindung ein und wollen sich daran finanziell beteiligen.


    Beide Firmen waren Leidtragende, als die Deutsche Bahn AG Ende 2001 den Güterverkehr im Odenwald einstellte. Der Rückzug war Teil ihres Programms „Marktorientiertes Angebot“ (Mora C), mit dem das Güterverkehrsnetz ausgedünnt und Transporte von der Schiene auf die Straße verlagert werden sollten. Es gebe zu wenige lohnende Kunden, hatte ein Bahnsprecher den Schritt begründet. Die Konsequenz: Caparol stieg auf Lastwagen um, die OHI legte ihren Betrieb zunächst still.


    Doch dann fand die OHI einen Betreiber für die rund 30 Kilometer lange Strecke von Groß-Bieberau nach Darmstadt. Dorthin wurde der Schotter, deren Abnehmer vor allem die Bahn AG ist, geschafft. Was für das einst staatliche Unternehmen nicht lukrativ war, sollte sich für die Westfälische Almetalbahn (WAB) rechnen.


    „Die Wirtschaft will auf die Schiene“, hatte sich WAB-Betriebsleiter Armin Müller im vergangenen Jahr noch zuversichtlich gezeigt. Mittlerweile hat sich die Situation geändert. Der Grund: Die Bahn hat ihre Abnahmemenge an Bahnschotter deutlich reduziert.


    „Dieses Volumen auf der Schiene zu transportieren, ist zu teuer“, sagt OHI-Geschäftsführer Heribert Niemann. Mit den auch durch die Ausgaben für die Züge bestimmten Preisen sei sein Unternehmen nicht mehr konkurrenzfähig.


    Die OHI liefert jetzt nur noch mit Lastwagen aus. Kein Zug fährt mehr – vorläufig. „Wir sind weiterhin an dem Transport auf der Schiene interessiert. Es fehlt nur ein Betreiber für die Züge“, erläutert Heribert Niemann.


    In der gleichen Situation befindet sich Klaus Ramsauer in Ober-Ramstadt. Der Logistik-Chef von Caparol hatte bis Ende 2001 drei bis vier Waggons täglich in die Produktionsstätte nach Fürstenwalde fahren lassen. Nach dem Ausstieg der Bahn fand er keinen Betreiber. Die Hoffnung hat er jedoch nicht aufgegeben.


    Deshalb will sich das Unternehmen nicht vom Streckennetz abkoppeln lassen. Dafür ist Caparol auch bereit, zu investieren. Denn das Bahntochterunternehmen DB Netz will die Weiche, die die Caparol-Verladestation mit der Odenwaldtrasse verbindet, während der Modernisierungsarbeiten an der Strecke entfernen, wenn sich niemand findet, der für Weiche und Gleise aufkommt.


    Auf rund 10 500 Euro schätzt der Geschäftsführer der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina), Matthias Altenhein, die jährlichen Kosten für Infrastruktur und Unterhaltung. Nach einem Beschluss der Dadina-Verbandsversammlung ist der Verband bereit, ein Drittel der Summe zu übernehmen.


    „Wir wollen den Güterverkehr erhalten“, sagt Altenhein. In die Gespräche ist auch die Stadt eingebunden. „Auch wir sind daran interessiert, die Möglichkeit für den Güterverkehr zu erhalten“, erklärt der Erste Stadtrat Werner Hahn.


    Für die Stadt könnte jetzt der Nutznießer des Gleises einspringen: Caparol. Es gebe bereits entsprechende Verhandlungen, bestätigte Firmensprecher Franz Dörner auf Anfrage.


    Anders ist die Situation in Reinheim. Auf dem dortigen Bahnhofsareal liegen noch Gleise, über die vor Jahren unter anderem das Raiffeisenlager bedient und Langholztransporte abgewickelt wurden. „Das gibt es aber alles nicht mehr“, sagt Bürgermeister Karl Hartmann. Die Stadt sei deshalb nicht bereit, die Kosten für die ebenfalls zur Disposition stehenden Weichen zu übernehmen.
    Quelle:http://www.echo-online.de/suedhessen/detail.php3?id=240498
    mfg Martin13