Plötzlich und unerwartet...

  • ... ist es Winter geworden in Deutschland und damit auch in Berlin.
    Die Pessimisten unter den Fahrgästen hatten bereits im Juli davor gewarnt, daß es so gegen Ende des Jahres wieder Dezember werden könnte. Die Optimisten unter den Fahrgästen sprachen von einem eventuell kommenden Winter mit frühlingshaften Temperaturen.
    Die S-Bahn Berlin hingegen bereitete sich unverdrossen auf einen möglichen Wintereinbruch vor (wobei man das Jahr vorsichtshalber verschwieg). Leider hatte man die Rechnnung ohne die DB-Netz gemacht - die wiederum hatte eine Gleichung mit 50 unbekannten und daher festgefrorenen Weichen aufgemacht, was zur Folge hatte, daß die S-Bahn mit den Zügen ihre Werkstätten nicht mehr erreichen konnte.
    Lange Rede, kurzer Sinn: Das Chaos ist perfekt und der Fahrgast hat das Nachsehen:
    http://www.rbb-online.de/abend…dschau_20101206_bahn.html

  • Man kann wirklich nur noch staunen, wie sehr die Berliner S-Bahn heutzutage mit jeder Kleinigkeit derart überfordert ist, dass der Fahrplan eingeschränkt werden muss.

    fork handles

  • Update:
    Stand heute morgen beträgt der Einsatzbestand der S-Bahn 320 Doppelwagen. Für den Notfahrplan nötige Anzahl: 416. Für die bestellen Leistungen notwendige Anzahl: 550. Planmäßige Zugflotte: 630 Doppelwagen.

  • Zitat

    Original von Gregor
    Update:
    Stand heute morgen beträgt der Einsatzbestand der S-Bahn 320 Doppelwagen. Für den Notfahrplan nötige Anzahl: 416. Für die bestellen Leistungen notwendige Anzahl: 550. Planmäßige Zugflotte: 630 Doppelwagen.


    ...das klingt echt bitter. Wie man es geschafft hat in so kurzer Zeit ein so lange gewachsenes Massentransportmittel zu "schrotten" ist schon bemerkenswert. :rolleyes:

  • Freilich sehe auch ich die Verantwortung derzeit eher bei der DB Netz AG.


    Daß die Weichenheizungen eben nicht funktionieren und die Weichen festfrieren, ist doch jedes Jahr derselbe Sch..ß! X( Und das nicht nur in Berlin, sondern auch anderswo, auch hier in Rhein-Main. Diesen Winter gings bisher hier, aber letzten Winter... da gabs bei uns auch eingefrorene Weichen en masse und Weichenheizungen, die zwar funktionierten, aber mit kräftigen Schneefällen überfordert waren.


    Netz kann leider gegenüber den DB-EVUs ganz offensichtlich tun und lassen, was es gerade will X( War letztens bei uns auch Thema beim Dienstunterricht.


    Da hilft auch, das hat die Berliner Verkehrssenatorin richtig erkannt, das Schreien nach Ausschreibung und Privatbahnerei wenig - weil die sich mit genau denselben Netz-Bonzen auseinandersetzen müßten, die eben offensichtlich nicht mehr mit betrieblichem Sachverstand das Netz verwalten und instandhalten, sondern nur noch streng nach Gewinnorientierung.


    Einzige Lösung, aber da werd ich lange drauf warten können: weg vom Unternehmen-Profit-und-freie-Wirtschaft-Bahn-Konzern und zurück zur dem Gemeinwohl verpflichteten Staatsbahn! Solange dieses nicht passiert, geht das Elend weiter. Muß man leider ganz klar und deutlich so sagen - und das sage ich an die Adresse Berlins. (Nein, nicht der Fahrgäste oder Berliner Senat, sondern Verkehrsministerium, Parlament und Bundeskanzleramt.)

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Ich stimme Dir da weitgehend in Deinen Aussagen zu; aktuell ist zu lesen, daß die DB-Netz nun auch an den Trassenentgelten dreht. Nun soll die S-Bahn auch für Standzeiten zahlen und damit für eine Betriebssituation, die vom Empfänger der Gelder verursacht wurde! Damit hat die DB-Netz gar kein Interesse mehr, daß die Züge fahren!


    Bezüglich der Staatsbahn möchte ich auf der einen Seite die Daseinsvorsorge, wie Du si edargestellt hast, aber auch auf der anderen Seite keine Millardengrab, wie zu DB-/DR-Zeiten. Für deren Millardengräber könnte man locker neben einem Stuttart21 auch ein München21 und Frankfurt21 realisieren *lol*


    Den Vorschlag des Bundesverkehrsministers finde ich daher gar nicht mal so schlecht: Die Infrastruktur und Bahnhöfe (heutige DB-Netz und DB-Station&Service) in staatliche Hand, analog zum Bundesautobahn- oder Bundeswasserstraßennetz. Über die Transportleistung kann man dann ja mal reden.
    Ob sich Herr Ramsauer damit aber durchsetzen kann??? Die Verkehrsminister der letzten 20 Jahre gehörten ja alle nicht so zu den durchschlagkräftigsten Politstars... *grübel*


    Die derzeitge Netz-Situation würde selbst eine landeseigene Berliner S-Bahn vor ähnliche Probleme stellen, wie die DB S-Bahn.
    Und ne Aussage unseres Staatsbahnfreundes Wowereit "... die Politik kann eh nichts machen..." ist da auch alles andere als hilfreich :-(

  • Das klingt aber auch verdammt amtsmüde.
    Ich war und bin für die Trennung von Netz und Betrieb, mit staatlichem Netz. Aber selbst dann muss man aufpassen, dass man sich nicht ins Knie schießt mit Luxusvorschriften für Ausbaustandards.

    fork handles

  • Beim staatlichen "Nur-Netz" sehe ich zudem die Gefahr, daß da Betrieb nach Bundeskassenlage gemacht wird - d.h. das Finanzministerium je nach Regierung gerne mal der Ansicht sein dürfte, eine Behebung von Langsamfahrstellen und ein verläßlicher Betrieb sowie wenigstens Werterhaltung, von Ausbau ganz zu schweigen, seien doch nicht so wichtig, viel wichtiger wäre doch die Konsolidierung der Staatsfinanzen - und dann wäre die Summe der Investitionen, die ins Netz fließen, gleich Null, und wir hätten gar nichts gekonnt.


    Oder, noch extremer: Netz wird verpflichtet, irgendwelche Millionen- oder Milliardengewinne an den Staatshaushalt abzuführen, und wie sich die Lage dann entwickeln würde, kann man sich sehr leicht vorstellen.


    Unserer "lieben" Bundespolitik traue ich leider so ziemlich alles zu - nur nicht, daß sie zur Abwechslung mal was Sinnvolles vollbringen.


    Wenn staatliches Netz, dann nur unter strenger Aufsicht einer wirklich unabhängigen Eisenbahnbetriebs-Fachkommission (also nicht gerade das EBA, was sich ohnedies immer mehr zum reinen Eisenbahn-Verhinderungs-Amt entwickelt, weil es bar jeder fachlichen Kontrolle schalten und walten kann, wie es will), die den reinen Finanzpolitikern genau auf die Finger schauen und auch die politische Macht haben, nötigenfalls im Parlament entsprechende Anti-Netz-Haushaltspläne zu verhindern.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Ich fürchte, eine allgemeingültige Lösung werden wir nicht finden, da es sie nicht gibt.
    Zu Staatsbahnzeiten haben wir uns einmal pro Jahr darüber aufgeregt, wenn das Milliarden-Defizit der Bahn bekanntgegeben wurde. Nun haben wir eine Aktiengesellschaft im Besitz des Bundes, die Gewinne an den Bund abführt. Zufrieden sind wir mit der Lösung auch wieder nicht. Also muß ein Mittelweg her, der unterm Strich zu einer schwarzen Null führen soll. Irgendwie muß der Konzern also geteilt werden - da ist die "Netzlösung" in meinen Augen eine Lösungsmöglichkeit.


    Und weil die Damen und Herren Senatoren in Berlin immer so gerne auf der DB und der S-Bahn rumhacken. Es sei mal daran erinnert, daß die BVG als Anstalt öffentlichen Recht im Besitz des Landes Berlin ist. Und wie sieht dort aus? Monatlich ein abgefackelter Bus kommt halt auch nicht sooo besonders gut an bei den Leuten.

  • Ich raffs echt nicht. Warum muss die DB Netz denn nicht einfach horrende Strafen bei Nichtfunktionalität bezahlen? Bspw. den 10-fachen Trassenpreis jeder mehr als 5 Minuten verzögerten Bahn? Das müsste doch schon ziemlich weit reichen. Außerdem sämtliche Folgekosten, Taxifahrten, Überstunden, etc. etc. Jede ausgefallene Bahn nochmal entsprechend mehr. Dürfte doch nicht so schwer zu berechnen sein....


    Wenn wird schon kapitalistisch wollen, dann auch richtig :rolleyes: *polemisch auf den Tisch hau* :D

  • Bezüglich der Trasse müßte die DB-S-Bahn mit der DB-Netz Vertragsstrafen vereinbaren... da glaub ich nicht so wirklich dran...
    In der jetzigen Situation würde wohl nur eines helfen: S-Bahn-Betrieb wegen nicht Einhaltung der Verträge von heute auf morgen stoppen. Dafür auf Kosten der Bahn Busse nehmen. Damit würde das Unternehmen täglich soviel Miese einfahren, daß selbst die DBAG mal aufwacht! Aber besorg mal so eben fix von heute auf morgen 2000 Busse.

  • Die Idee, auch für die Standzeiten Gebühren einzufordern ist wirklich brilliant! Eigentlich müßte jede S-Bahn ein Taxameter eingebaut bekommen und da der Zug ja nicht mal eben vom Gleis auf den Parkplatz fahren kann ist die Lizenz zum Gelddrucken perfekt. Erinnert mich an die GEZ, wo ja auch zwangskassiert wird, egal ob du Leistungen in Anspruch nimmst oder nicht.

    feed your mind - read a book.

  • Soo, mal ein Update zur Situation.


    Lt. Tagesspiegelinformation waren Doppelwagen im Einsatz. Der Preis waren allerdings massenhaft Türstörungen und ausgefallene Heizungen.
    Aber immerhin: Die Bahn kann den Ärger der Fahrgäste nachvollziehen.

  • Da hatte sich doch in meinem Eintrag glatt die wichtige Zahl 359 im Berliner Schnee versteckt.
    Alsooo... Am Freitag konnte die Berliner S-Bahn wieder 359 Viertelzüge auf die Reise schicken.

  • In dem Artikel steht, daß die S-Bahn Berlin insgesamt 632 Triebwagen besitzt. (Natürlich sind auch im optimalen Fall nicht alle gleichzeitig einsetzbar. Einige müssen immer zur Wartung oder Reinigung, als Reserve oder einfach umlauftechnisch abgestellt).
    562 Triebwagen sind wohl vertraglich vereinbart, wobei ein Triebwagen = einem Viertelzug entspricht.


    Von der Baureihe 481 gibt es 500 Stück. Also eigentlich 494. Und 3 Stück die als Halbzüge gebaut wurden (das sind rechnerisch 6 Triebwagen).
    Von der Baureihe 480 gibt es 85 Stück. Macht zusammen 585.
    Und der Rest ? 485er ? Sind davon wirklich noch soviele (45 Stück) einsatzbereit ? (Laut Wiki sogar noch 58 Stück, Stand Herbst).


    Ich kann mich kaum erinnern dieses Jahr mal einen 485er gesehen zu haben, geschweige denn mitgefahren zu sein. Zumindest nicht im letzten halben Jahr.

    Capri-Sonne heisst jetzt "Capri Sun". :( Sonst ändert sich nix. Der "alte" Name muss wieder her ! ;(

    Einmal editiert, zuletzt von Alf_H ()

  • Ja, mit der Baureihe 485 ist das so eine Sache. Im Netz sieht man derzeit eher selten welche.
    Mein letzter Wissensstand ist, daß von den bereits abgestellten Zügen wieder welche in einen einsatzbereiten Zustand versetzt werden sollen.
    Für die BR 485 scheint es jedoch kaum noch Ersatzteile zu geben - da müssen wohl Teile von ausgeschlachteten Zügen hinzugenommen werden.


    Da die Fahrzeuge wohl auch einen höheren Wartungsaufwand unterliegen, werden derzeit wohl lieber die 481, bzw. 480 gewartet, bevor man sich einen 485er vornimmt - so mein Kenntnisstand, der jedoch nicht unbedingt korrekt sein muß.

  • Update


    Montag 267 Einheiten
    Dienstag 278 Einheiten
    Angaben lt. Tagesspiegel.


    Anmerkung meinerseits:
    Am Sonntag war ein Zug zu beobachten, der über Stunden eine komplett verschlossene Einheit mit sich geführt hat. Inwieweit diese als einsatzfähige Einheite geführt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

  • Zitat

    Original von Gregor
    Anmerkung meinerseits:
    Am Sonntag war ein Zug zu beobachten, der über Stunden eine komplett verschlossene Einheit mit sich geführt hat. Inwieweit diese als einsatzfähige Einheite geführt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.


    Na, das wär ja der Hit, diese als Einsatzfähig zu bezeichnen. 8o


    PS Wie viele Einheiten waren es nochmal im sommer 2009, wo der absolute Tiefstand zu sein schien?

    Vollkommen Großartiges Forum

  • Lt. Angabe in den "Berliner Verkehrsseiten" war dieser Tiefpunkt am 09.09.09 erreicht: 155 aktive Fahrzeuge. Im Winterchaos 2009 konnten am 28.12.09 nur 216 Fahrzeuge aufgeboten werden.


    Zwei positive Meldungen konnte das Unternehmen diese Woche entgegen nehmen: Die Betriebsgenehmigung wurde bis 2013 verlängert und die neuen Radsätze werden seit ein paar Tagen montiert.