Wendefahrt

  • Gestern durfte ich im ICE von Frankfurt nach Hamburg (via Kassel) einen neuen Begriff lernen: Direkt nach Ausfahrt aus dem Hauptbahnhof kündigte der Zugchef eine Wendefahrt an, da es einen Defekt am führenden Triebkopf gebe. Was bedeutet das, was passierte danach, und wieviel Verspätung wurde den Reisenden (bis Hamburg geschätzt) durch dieses ungewöhnliche Manöver erspart?

  • Mmh, ICE nach Hamburg wird von Gleisen 6-9 abgefahren sein. (Also nur von einem davon.) Sinnvoll wenden kann man eigentlich nur in Sportfeld, es sei denn, man stellt sich in Luisa auf Gleis 3, da hat der Tf aber keinen Bahnsteig und muss durch's Gleisbett, was den Verkehr auf den nebenliegenden Gleisen beeinträchtigen könnte. Von Sportfeld oder Luisa aus müsste die Fahrt dann Richtung Süd und Hanau fortgesetzt worden sein.


    Da der Zug ganz offensichtlich fahren konnte, auch von dem zunächst führenden Triebkopf, würde ich auf zwei Möglichkeiten tippen: PZB gestört oder LZB gestört. Ich weiß nicht, ob man die LZB schon im Stehen anschalten muss, auch wenn die LZB-Strecke erst hinter Hanau beginnt. Mit gestörter PZB ist die Höchstgeschwindigkeit, glaube ich, 100 km/h, was bei etwa 500 km wahrscheinlich 6 Stunden Fahrzeit (mit allem drum und dran) statt 3:37 h bedeutet hätte. Heißt, zweieinhalb Stunden, minus wahrscheinlich 10-15 Minuten für die Wendefahrt, sagen wir, 2 Stunden.


    Mit gestörter LZB wäre die HG auf 160 km/h, Wenn man mit HG 250 auf einen Schnitt von 140 km/h kommt (500 km in 7/2 h), dürfte man mit 160 allerhöchstens auf 120 km/h kommen (das könnte man einfach in alten Kursbüchern nachgucken, wie lange man 1965 gebraucht hat, aber damals war's auch noch nicht alles elektrifiziert). In jedem Fall würde das aber auch etwa eine halbe bis eine Stunde bringen.

  • Da der Zug ganz offensichtlich fahren konnte, auch von dem zunächst führenden Triebkopf, würde ich auf zwei Möglichkeiten tippen: PZB gestört oder LZB gestört. Ich weiß nicht, ob man die LZB schon im Stehen anschalten muss, auch wenn die LZB-Strecke erst hinter Hanau beginnt.

    Bei mit LZB ausgerüsteten Fahrzeugen gibt es ein gemeinsames Bordgerät für PZB und LZB, so dass vom Grundsatz her beide Systeme aktiv sind. Meines Wissens nach kann man beide Funktionen jedoch auch per Störschalter ausschalten; ich meine beispielsweise, einmal gelesen zu haben, dass Lokführer, die nicht auf die LZB eingewiesen sind, diese auf eben diesem Wege ausschalten müssen, sofern sie eine mit LZB ausgerüstete Strecke befahren. Auch dort sind ja PZB-Streckeneinrichtungen als Rückfallebene vorhanden.


    Einen LZB-Ausfall, wie von dir angesprochen, würde ich jedenfalls für einen plausiblen Grund für eine Wendefahrt (ich kenne auch "Kehrfahrt") eines ICE halten.

    Fág an Bealach!

  • Es ist eigentlich egal, wo der Tf dann den Führerstandswechsel macht, die Bahnsteige sind in F-Stadion genauso kurz wie im Bahnhof Louisa.
    Er wird wahrscheinlich innen durchgegangen sein oder eben durch's Schotterbett, ist eigentlich egal.

  • Es ist eigentlich egal, wo der Tf dann den Führerstandswechsel macht, die Bahnsteige sind in F-Stadion genauso kurz wie im Bahnhof Louisa.
    Er wird wahrscheinlich innen durchgegangen sein oder eben durch's Schotterbett, ist eigentlich egal.


    Du musst aber sehr sportlich die Gleise wechseln (ohne Weichen und so), damit du in Luisa an Bahnsteige rankommst.

  • Du musst aber sehr sportlich die Gleise wechseln (ohne Weichen und so), damit du in Luisa an Bahnsteige rankommst.

    Warum habe ich jetzt einen 401 bei der Fahrt durch eine Kletterweiche vor Augen? :D

    Fág an Bealach!

  • Das kann sehr viele Ursachen haben, eigentlich alles was den Tk zwar fahrfähig sein lässt, aber eben nur eingeschränkt, bzw. ihn in seiner Funktion als führender Führerstand beeinträchtig:


    Defekte(r) Sifa, PZB/LZB, Funk, EbuLa, Tf-Sitz, und und und.

  • Durch den Umbau Sportfeld haben nicht mehr alle Gleise eine Länge von 400 Metern.
    Die Bahnsteige jedenfalls nicht.
    Beim ICE1 kann man komplett durch den Zug gehen. Schwierig nur, wenn der Zug
    sehr voll ist.

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • Bei einer Drehfahrt muß nicht zwangsläufig durch den Schotter oder den Tz gelaufen werden. Sowas wird ganz einfach über die Route FF Südseite - Louisa - Abzw. Forsthaus -Niederrad - FF Südseite durchgeführt.

  • Ok,ok, Kein Argument gegen Luisa bleibt übrig, ich sehe es ein.


    Bei einer Drehfahrt muß nicht zwangsläufig durch den Schotter oder den Tz gelaufen werden. Sowas wird ganz einfach über die Route FF Südseite - Louisa - Abzw. Forsthaus -Niederrad - FF Südseite durchgeführt.


    Aber ob man das mit Fahrgästen auch machen würde? Ich würde schätzen, auf 'freier Strecke' oder an einem anderen Bahnhof zu halten und rückwärts weiterzufahren, wird sich den Fahrgästen besser verkaufen lassen. Warum sollte man auch - da man ja durch den Zug laufen kann, wie ich mich habe überzeugen lassen - so einen riesigen Weg zurücklegen (und Trassen belegen, und noch ein Bahnsteigsgleis im Hbf), statt möglichst bald eine Möglichkeit zum Wenden zu suchen?

  • @ baeuchle: Ich spendiere dir mal ein paar "O" für Louisa. ;)


    Raus muss man aus dem Tz so oder so, um Spuitzen / Schlusssignal zu überprüfen.


    Bei mir lief die Wendefahrt über Louisa einmal so ab: Ein zweiter Tf fuhr bis dorthin und empfahl sich dann zum Bahnsteig. So ging das Ganze sehr schnell.

  • Was tatsächlich geschah ...


    Der Zug fuhr bis Louisa, ein Gleis neben den Bahnsteig, und wendete dort. Ankunft in Hanau mit lediglich 5 Minuten Verspätung (bei pünktlicher Ein- und Ausfahrt in F Hbf).


    Ob der zweite Tf in Louisa oder Hanau abstieg, konnte ich nicht beobachten. Das Manöver hat der Zugführer unmittelbar nach Abfahrt vom Hbf angekündigt. Daher sollten Problem und Lösung schon vorher bekannt gewesen sein (Zuglauf: Stuttgart - Flughafen - F Hbf - Hamburg) und der zweite Tf somit "vorgebucht". Damit hätte Stuttgart einen Zug mit Störung am Triebkopf auf die Reise geschickt.


    Frage hierzu: Bei Kurzwenden übergibt der bringende Tf ja den Zug an den übernehmenden. Bleibt er dabei so lange in seinem Führerstand, bis der "neue" alles überprüft hat?

  • Soweit richtig, nur ist das Überprüfen des Schlusssignals durch den Tf bei den ICE-Baureihen im Teilarbeitsverzeichnis bei einer Wende nicht vorgesehen. Ein Defekt an einer Schlussleuchte läuft als Meldung auf dem maschinentechnischen Display (MTD) ein.