Tarifkonflikt bei der DB [ursprünglich: Streikaufruf der GDL 1.9.2014 18-21 Uhr]

  • Mich würde ja nur mal interessieren wieviel Lokführer bei dem nun angesagten Streik mitmachen und welche sagen da mach ich nicht mit !


    Aber das wird leider nicht in Erfahrung zu bringen sein. Viele die keine Lust haben gehen zum Arzt und holen sich einen gelben Urlaubsschein, da stimmt wenigstens die Kasse :P


    Und die Bahn sollte nicht wie bei den vergangenen Streiks die GDL-Mitglieder grundsätzlich aus der Disposition heraushalten sondern die die arbeiten wollen für den Dienst einteilen. Hätte z.B. bei der S-Bahn den Vorteil daß mehr Züge fahren könnten.


    Aber warten wir mal ab was die nächsten Tage so passiert. Ich hab kein Problem damit daß nur jede Stunde ne Bahn fährt. Hauptsache sie fährt. :D

  • Am Wochenende dürfte es jedenfalls interessant werden:
    -Letztes Saison-Heimspiel der Eintracht in der Commerzbank-Arena, dazu noch bei der Strassenbahn und Bus das Problem mit dem Wäldchestag-Verkehr
    -Darmstadt hat ebenfalls das letzte Saison-Heimspiel. Mit den Mini-VTs von VIAS kann man da jedenfalls keine Menschenmengen bewegen
    -Schlossgrabenfest in Darmstadt kommt obendrein hinzu (angekündigte Zusatzverkehre der DB, u. a. RB 75 werden da wohl komplett ausfallen)


    Dadina, Traffiq und RMV sind nun gefordert. Man kann doch mal sicher davon ausgehen, dass die Streiks bis weit in die nächste Woche anhalten. Bei einer solchen Eskalation wie derzeit würde es mich nicht wundern, wenn die GDL bis weit in den Juni hinein streikt.

  • Was wir derzeit sehen, ist einfach mal nichts anderes als das wahre (häßliche) Gesicht des Kapitalismus. Nicht das der sozialen Marktwirtschaft der Bonner Republik, sondern das des globalisierten eiskalten Finanzkapitalismus, dem die Menschen komplett egal sind.


    Die ehemalige Staatsbahn MUSSTE doch mit aller Gewalt zu einem privatwirtschaftlichen, gewinn- und börsenorientierten Unternehmen "der freien Wirtschaft" werden... tja. Das jetzt gehört nun mal zu den möglichen Auswirkungen dazu; Rosinenpickerei gibts nun mal nicht.


    Und solange der Konzern Geld für absolut nutzlose Drohnen wie Pofalla samt Hofstaat hat, kann es ihm so schlecht nicht gehen.


    Weil (erwartungsgemäß) das Argument der Personalkosten kam: man betrachte sich dazu einfach mal die unzähligen diversen "Overheads" (der ganzen einzelnen Tochterunternehmen) samt deren üppiger "Boni" und vergleiche diese Situation mit den Privatbahnen. Mehr sage ich zum Thema "Personalkosten" mal nicht.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Ich möchte vorausschicken, dass ich reiner Bahnkunde bin. Mein Kontakt zur Bahn beschränkt sich also auf das Nutzen ihrer Verkehrsmittel. Ebenso sieht es bei allen anderen Verkehrsunternehmen aus. Über das, was ich im Moment beobachte, kann ich aber nur den Kopf schütteln. Nicht etwa, weil die GdL übertreiben würde. Ganz im Gegenteil. Im Moment sieht es mir so aus, als würde die GdL einen Überlebenskampf führen, der ihr von der Politik aufgezwungen wurde. Das Tarikeinheitsgesetz gefährdet die GdL - und übrigens meiner Ansicht nach auch jede andere Gewerkschaft.


    Kommen wir zur Streikplanung. Die GdL kann nur auf eine einzige Weise Macht auf den Arbeitgeber ausüben. Streik ist aber nur dann effektiv, wenn er den Arbeitgeber Geld kostet. Der Arbeitegeber verliert aber nur dann spürbar Geld, wenn ihm Kunden in größerem Umfang fehlen. Das bedeutet bei einem großen Unternehmen wie der DB aber auch, dass entsprechend viele Kunden an einem Geschäft mit dem Arbeitgeber gehindert werden müssen. Natürlich hat das dann große Auswirkung auf die Menschen. Das liegt aber im Wesentlichen an der fehlenden DB-Konkurrenz und damit fehlenden Ausweichmöglichkeiten. Ist das etwa ein Fehler der GdL?


    Kommen wir hier zu den immer wieder angeführten Vergleichen mit Busfahrern. Ich bin selbst kein Busfahrer, weiß aber wirklich nicht, wie diese Menschen an ihrem Job Spaß haben können. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass es Freude bereiten kann, Menschen zu transportieren. Aber wenn ich mit einem solchen Hungerlohn bei den Arbeitszeiten abgespeist würde, wäre meine Freude schnell vorbei. Jetzt anzuregen, die Lokführer ähnlich zu bezahlen, ist - meiner Meinung nach - ein Schlag ins Gesicht. Tatsächlich wäre es angemessener, die Busfahrer ebenfalls besser zu bezahlen.



    Die Politik hat den Markt geöffnet und die Menschen entscheiden sich Geiz ist geil für die günstigeren Angebote. Also entweder müssen die Gehälter im Fernverkehr sinken oder die der Busfahrer steigen.


    Die Politik hat den Markt völlig verzerrt. Ich werfe mal in den Raum: Trassengebühren vs. Befreiung von der Autobahn-Maut. Wenn dann noch dazukommt, dass Busfahrer regelmäßig zu Verstößen gegen die Arbeitszeitgesetze "animiert" werden...



    Hätte die GdL damals ihren Streik durchgezogen, bis alle 100% DB Niveau erreicht hatten (aber auch damals hätte nur bei den Privaten gestreikt werden dürfen, die DB hatte ihre Zustimmung zum Branchenvertrag längst gegeben, aber wurde mitbestreikt, um das Medienecho ho zu halten. So spielt die GdL aber immer, möglichst viel Schaden anrichten um Aufmerksamkeit zu bekommen. Warum schließt sie jetzt nicht einen Vertrag für die Lokführer ab und verhandelt dann weiter zu den Zugbegleitern und Rangierlokführeren? Klar, das wäre nur noch eine Randnotiz auf Seite 5.... Taktisch nachvollziehbar, moralisch nicht und gerade Gewerkschaften sprechen immer von Moral und gesellschaftlicher Verantwortung.)


    Das nennt man Solidarität. Ich kann mich an einen Streik der Busfahrer von Darmstadt erinnern, bei dem die Tram-Fahrer mitgemacht haben, obwohl sie selbst nicht betroffen waren. In meiner Sichtweise ist es besonders lobenswert, wenn man nicht etwa für sich selbst sondern für andere aufsteht und streikt. Aber das kann natürlich gerne jeder anders sehen - ein Privileg, das es in anderen Staaten teilweise nicht gibt.



    Was wir derzeit sehen, ist einfach mal nichts anderes als das wahre (häßliche) Gesicht des Kapitalismus. Nicht das der sozialen Marktwirtschaft der Bonner Republik, sondern das des globalisierten eiskalten Finanzkapitalismus, dem die Menschen komplett egal sind.


    Die ehemalige Staatsbahn MUSSTE doch mit aller Gewalt zu einem privatwirtschaftlichen, gewinn- und börsenorientierten Unternehmen "der freien Wirtschaft" werden... tja. Das jetzt gehört nun mal zu den möglichen Auswirkungen dazu; Rosinenpickerei gibts nun mal nicht.


    Sehe ich genauso.

  • Ich wurde kürzlich auf folgenden Artikel der "aktion ./. arbeitsunrecht e.V." aufmerksam: http://arbeitsunrecht.de/deuts…-sackgasse-herbeifuehren/ . Kurzes Abstract:


    Thema ist, dass der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (AGV-MoVe) zugleich zum Team des Schweizer Beratungsunternehmens SNI gehöre, das sich darauf spezialisiert habe, Klienten – hier die DB-Führung – dahingehend zu beraten, "schwierige Verhandlungspartner" gezielt in Sackgassen zu lenken und als irrational und unverantwortlich erscheinen zu lassen, während man sich selbst dezidiert als besonders verantwortungsbewusster Arbeitgeber darstelle. Das Unternehmen greife dabei auf Strategien zurück, die u.a. ursprünglich im Polizei- und Geheimdienstwesen entstanden seien, und zu denen auch die Option gehöre, die Gegenseite bewusst in einen Streik zu treiben.

    Fág an Bealach!

  • Zitat

    ....aber seit einer Woche sind Eltern von Kindern von Streik betroffen.....aber irgendwie sieht man in den
    Nachrichten keine jammernden Eltern.....einseitige Berichterstattung?!


    Ich denke, die Empörung der Presse ist durchaus verständlich, weil im Falle des GDL-Streiks die Forderungen der GDL diffus sind, und das nicht erst seit gestern.
    Der Kita-Streik ist in gewisserweise genauso problematisch wie der Bahnstreik, weil die Leidtragenden nicht direkt die Schuldigen sind, aber immerhin sind konkrete aus "Bürgersicht" machbare Forderungen auf dem Tisch. Das ganze Geschwafel mit "Wer will wen wann wie vertreten" geht demjenigen, der am Bahnsteig steht, einfach nur aufn Senkel.
    Ich denke für eine konkrete Lohnforderung wäre deutlich mehr Verständnis da.
    Dazu kommt, dass der Bahnstreik mehr Menschen betrifft, als der Kita-Streik und bereits länger dauert.


    Das Problem ist, dass ich die Position der GDL auch sehr gut nachvollziehen kann und keinen wirklichen Ausweg weiß. Allerdings macht die aktuelle Aktion den Eindruck einer Verzweiflungstat, und ihr Mißerfolg ist garantiert. Die Bahn sitzt einfach am längeren Hebel, und hat sich noch nie um ihren Ruf geschert.

  • Neues von der S2: Diesmal ist man auf den Trichter gekommen, den Pendel zwischen Dietzenbach und OF–Ost um 15 Minuten nach hinten zu verschieben. Damit ergibt sich der passende Anschluss in Richtung Frankfurt.
    Dietzenbach Bf ab: xx:34
    Offenbach Ost ab: xx:13

    Einmal editiert, zuletzt von jediefe ()

  • Die Bahn sitzt einfach am längeren Hebel, und hat sich noch nie um ihren Ruf geschert.


    Um ihre Kunden (Güter- und Personenverkehr) auch nicht.


    Einigen Presseberichten nach ist die EVG mit ihren Verhandlungen auch nicht viel glücklicher, nur das die nicht so einen Hitzkopf haben.


    Der Kita-Streik ist in gewisserweise genauso problematisch wie der Bahnstreik, weil die Leidtragenden nicht direkt die Schuldigen sind, aber immerhin sind konkrete aus "Bürgersicht" machbare Forderungen auf dem Tisch. Das ganze Geschwafel mit "Wer will wen wann wie vertreten" geht demjenigen, der am Bahnsteig steht, einfach nur aufn Senkel.


    Ich denke für eine konkrete Lohnforderung wäre deutlich mehr Verständnis da.


    Dazu kommt, dass der Bahnstreik mehr Menschen betrifft, als der Kita-Streik und bereits länger dauert.


    Und die Eltern hintern den Erziehern stehen und im Endeffekt davon profitieren könnten. Gerade auch im Hortbereich fehlen Erzieher, sodaß nicht die möglichen Kapazitäten ausgeschöpft werden können.
    Nebenher gibt es auch viele Nichtstaatliche Träger, die sind nicht am Streiken. Daher ist die Zahl der Betroffenen in der tat geringer.

  • >Aber es kann doch nicht im wirtschaftlichen Interesse Deutschlands sein Osteuropa oder Asien mit billigen Arbeitsplätzen zu bereichern.


    (um beim Thema zu bleiben)
    Soweit ich weiß steht eine Verlagerung des deutschen Eisenbahnnetzes nach Osteuropa oder Asien gegenwärtig nicht zu Debatte.


    >aber Angebotsverschlechterungen durch weniger Vielfalt am Anbietermarkt könnten die Folge sein, wenn die DBAG in Folge
    >von gestiegenen Personalkosten keine wirtschaftlichen Angebote mehr abgeben kann.


    Da wohl bei den konkurrierenden Privatbahnen für die nächsten 20 Jahren Lohnerhöhungen nicht vorgesehen sind, dann
    könnte das schon zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.


    >Damals streikte eine Sparte und niemanden hat es gekümmert, außer vielleicht den dort Beschäftigten.
    >Heute streikt wieder eine Sparte, aber jeder Kunde der DBAG ist potentiell davon betroffen.


    Ach so....Verlage waren ja nicht betroffen....die Druckmaschinen sind termingerecht bei denen aufgetaucht.
    (bei den Kitas/Kindergärten kümmerts grade ja auch keinen....oder liest man da was in der Zeitung?)


    >Ich denke, die Empörung der Presse ist durchaus verständlich, weil im Falle des GDL-Streiks die Forderungen
    >der GDL diffus sind, und das nicht erst seit gestern.


    Nicht richtig recherchiert werden?....oder nicht verstanden werden....?
    Jornalisten schreiben nicht ganz so neutral wie es manchmal zu wünschen wäre....
    (naja.....in dem Falle hätte da ein Blatt wohl nicht die ganz so hohen Auflagenzahlen wie sie es gerade haben...)


    >Dazu kommt, dass der Bahnstreik mehr Menschen betrifft, als der Kita-Streik und bereits länger dauert.


    Bei den Geburtszahlen....kein Wunder :rolleyes: (aber in einer Leistungsgesellschaft muß alles auf
    Termin funktionieren....da passt etwas unbestimmtes wie Schwangerschaft, kranke Kinder nicht
    richtig rein)

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  • Im Moment sieht es mir so aus, als würde die GdL einen Überlebenskampf führen, der ihr von der Politik aufgezwungen wurde. Das Tarikeinheitsgesetz gefährdet die GdL - und übrigens meiner Ansicht nach auch jede andere Gewerkschaft.


    Bei dem Gejammer der GdL zum Tarifeinheitsgesetz darf man aber nicht vergessen, dass sie es selbst war, die den Auslöser dafür gegeben hat. Es gibt seit Jahren keine Tarifrunde bei der Bahn mehr, die nicht zumindest einen Streik der GdL umfasst. In anderen Branchen geht dies seltsamerweise aber. Gerade bei den kleinen Spartengewerkschaften wirkt es immer, als würden sie eine Streik-Pflicht sehen, kein Streik-Recht. Gerade um für (potentielle) Mitglieder attraktiv zu wirken, meinen sie mehr Rabatz machen zu müssen, als die Etablierten.
    Anstatt in einem Jahr für eine massive Anhebung der Löhne als ausgleich für (angebliche) Verzichte der Vergangenheit, im nächsten einen Branchentarifvertrag und sofort danach für eine Ausweitung auf andere Berufsfelder zu streiken, könnte man diese Forderungen auch mal sammeln, im Paket dafür streiken. Dann wieder mehrere Jahre normale Tarifverhandlungen, in denen es nur um übliche Lohnsteigerungen und Arbeitszeiten geht, die ohne oder mit 1-2 Warnstreiks auskommen. Für die Beschäftigten läuft es aufs gleiche hinaus, die Wahrnehmung bei den von Auswirkungen betroffenen sind aber wesentlich angenehmer. Kein Wunder, dass immer mehr Stimmen aut werden, die dauernden Beeinträchtigungen zu beenden, was von der Politik als Tarifeinheitsgesetz in einer sehr diskussionswürden Weiße nun versucht wird.



    Kommen wir hier zu den immer wieder angeführten Vergleichen mit Busfahrern. Ich bin selbst kein Busfahrer, weiß aber wirklich nicht, wie diese Menschen an ihrem Job Spaß haben können. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass es Freude bereiten kann, Menschen zu transportieren. Aber wenn ich mit einem solchen Hungerlohn bei den Arbeitszeiten abgespeist würde, wäre meine Freude schnell vorbei. Jetzt anzuregen, die Lokführer ähnlich zu bezahlen, ist - meiner Meinung nach - ein Schlag ins Gesicht. Tatsächlich wäre es angemessener, die Busfahrer ebenfalls besser zu bezahlen.


    Falls du meine Beiträge aufmerksam gelesen hast, genau das ist meine Aussage: Eigentlich verdienen Bus- und LKW-Fahrer zu wenig. Den meisten Kunden sind die Gehälter des Personals aber schlicht egal, er entscheidet rein nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Verliert die Bahn Fahrgäste (Güter) an die Straße, wird es mittelfristig zu einer Ausdünnung der Verkehre und damit weniger Lokführer kommen. Will man die Gehälter der Lokführer auf dem aktuellen Niveau sichern, muss man bei den Dumpinglöhnen im restlichen Transportsektor anfangen. Diese auf ein im Verhältnis angemessenes Nievau heben und der Druck lässt nach. Das ist für eine Gewerkschaft aber natürlich viel mehr Arbeit.



    Die Politik hat den Markt völlig verzerrt. Ich werfe mal in den Raum: Trassengebühren vs. Befreiung von der Autobahn-Maut. Wenn dann noch dazukommt, dass Busfahrer regelmäßig zu Verstößen gegen die Arbeitszeitgesetze "animiert" werden...


    100% Zustimmung. Teilweise genauso auf LKWs übertragbar.


    Das nennt man Solidarität.


    Das nennt man eher Solidaritätsstreik und der ist verboten! Durch die geschickte Verflechtung, dass die GdL quasi für beide einen gemeinsamen Tarifvertrag will, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, da die Lokführer formal für ihre 5% mehr Lohn + 1 Stunde weniger streiken. Dies ist aber sehr offensichtlich nur Vordergründung und damit moralisch verwerflich. Bei der Solidarität der Öffentlichkeit mit Streikenden geht es weniger um juristische Recht als vielmehr um das Moralische.


    Was wir derzeit sehen, ist einfach mal nichts anderes als das wahre (häßliche) Gesicht des Kapitalismus. Nicht das der sozialen Marktwirtschaft der Bonner Republik, sondern das des globalisierten eiskalten Finanzkapitalismus, dem die Menschen komplett egal sind.
    Die ehemalige Staatsbahn MUSSTE doch mit aller Gewalt zu einem privatwirtschaftlichen, gewinn- und börsenorientierten Unternehmen "der freien Wirtschaft" werden... tja. Das jetzt gehört nun mal zu den möglichen Auswirkungen dazu; Rosinenpickerei gibts nun mal nicht.


    Wo bitte ist bei der DB etwas von eiskaltem Finanzkapitalismus zu spüren? Auf Siemens bezogen würde ich das gemäß aktuellen Pressemeldungen akzeptieren, auch bei der Post. Aber von Massenentlassungen oder der Umschichtung von Mitarbeitern in nicht tarifgebunden Tochterunternehmen habe ich bei der DB noch nichts gehört. Gerade deswegen habe ich auch so ein Unverständnis für die GdL. Einen solchen Streik kann nur machen, wer ein Beamtenverhältnis gewöhnt ist und seinen Job als sicher auf alle Zeit ansieht. Bei der DB ist dies aktuell auch noch so, je stärker der Wettbewersdruck wird, je größer aber auch die Gefahr, dass ähnliche Methoden hier einzug halten. Sowohl Mehdorn als auch Grube sind bis jetzt für einen weitestgehend integrierten Konzern, der nächste denkt vielleicht anders und folgt dem Beispiel Lufthansa und Post, was die Gründung günstiger, nicht dem Haustarifvertrag unterworfener Töchter angeht. Wie schwierig es dann mit Streiks wird, sieht man ja am Branchentarifvertrag, der bis heute nicht von allen Privatbahnen unterzeichnet ist und bei den meisten deutlich unter DB Niveau liegt.
    Anstatt sich aber mit dem Arbeitgeber an einen Tisch zu setzen und zu eruieren, wie man langfristig ein vertrauensvolles Verhältnis bewahren kann, rekord-streikt man über Schwachsinn, wie wer für wen verhandelt.

  • >Aber es kann doch nicht im wirtschaftlichen Interesse Deutschlands sein Osteuropa oder Asien mit billigen Arbeitsplätzen zu bereichern.


    (um beim Thema zu bleiben)
    Soweit ich weiß steht eine Verlagerung des deutschen Eisenbahnnetzes nach Osteuropa oder Asien gegenwärtig nicht zu Debatte.

    Das hat auch niemand behauptet. Behauptet wurde, dass die Arbeitsplätze von Nokia nicht weg seien, sondern heute nur wo anders seien und darauf habe ich entgegnet, dass dies zwar so sein kann, dies aber Deutschland nichts nutze. Mit der Bahn hatte dies gar nichts zu tun, das Nokia-Beispiel kam von F.-Fighter.

    Wo bitte ist bei der DB etwas von eiskaltem Finanzkapitalismus zu spüren?

    Das hatte ich mich auch gefragt, wollte mir aber die Frage verkneifen, was die Boni der Vorstände eigentlich mit den Streiks der GDL zu tun haben sollen. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass Herr Grube, oder die anderen Vorstandsmitglieder, sich über eine zu hohe oder zu niedrige Vergütung des Vorstands ausgelassen hätten. Offenbar ist das heute aber so ein Reflex: Jeder, der viel verdient, muss sich irgendwie schuldig gemacht haben oder soll sich zumindest schlecht fühlen nur weil er einen besser bezahlten Job besitzt.

  • Immerhin scheint es etwas voran zugehen. Die Gespräche zwischen GDL und DB heute in FFM mit dem Areitsrechtler sind unterbrochen worden und sollen morgen fortgesetzt werden (Quelle: ZDF heute).


    Mal kein schneller Abbruch ......

    Einmal editiert, zuletzt von Hajü ()

  • Wo bitte ist bei der DB etwas von eiskaltem Finanzkapitalismus zu spüren?
    Das hatte ich mich auch gefragt, wollte mir aber die Frage verkneifen, was die Boni der Vorstände eigentlich mit den Streiks der GDL zu tun haben sollen. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass Herr Grube, oder die anderen Vorstandsmitglieder, sich über eine zu hohe oder zu niedrige Vergütung des Vorstands ausgelassen hätten. Offenbar ist das heute aber so ein Reflex: Jeder, der viel verdient, muss sich irgendwie schuldig gemacht haben oder soll sich zumindest schlecht fühlen nur weil er einen besser bezahlten Job besitzt.

    Ich denke, die Frage dabei ist, ob nicht nach zwei Maßstäben gemessen wird? Es hätte eine gewisse ethische Qualität, wenn die Spitze eines Unternehmens mit gutem Vorbild voran geht. Sprich, wenn ich vom anderen etwas abverlange, dann selbst kleinere Brötchen zu backen (oder zu essen).
    Klar, von so einem Verhalten kann sich am Ende des (Berichts-)Jahres weder der Aktionär noch der Manager etwas kaufen.


    Und nein, natürlich nicht hat jeder, der viel (bei Millionen würde ich von extrem viel sprechen) verdient, sich schuldig gemacht oder sollte sich schlecht fühlen. Aber er muss seine Leistung natürlich an diesem Verdienst messen lassen. Sowohl extern (sprich in seiner Beurteilung durch die Öffentlichkeit) als auch vor sich selbst, sprich wenn er morgens in den Spiegel schaut.


    Ich finde, dafür was Herr Grube und Herr Weber derzeit leisten, kommen sie von der Tendenz her in der Öffentlichkeit zu gut weg und Herr Weselsky zu schlecht.
    Aber das ist natürlich nur meine bescheidene Meinung dazu.


    Sicher ist nur, dass letzterer keine Millionen-Boni erhält, selbst wenn er sich durch setzen sollte. Und fast sicher bin ich mir, dass der Vorstand der Deutschen Bahn selbst für so ein Katastrophen-Jahr wie 2015 sich darum keine Sorgen machen muss.
    Spannend wäre die Frage natürlich, wie genau die Ziel-Vereinbarung des Managements der Deutsche Bahn in Bezug auf den Tarif-Konflikt aussieht? Ob sich die Journalisten mal trauen, solche Fragen an die DB zu stellen? Vermutlich leider nein... :S

    2 Mal editiert, zuletzt von stefan.frey ()

  • Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es bei diesem 9. Streik gar nicht mehr um Gehaltserhöhung, sondern um die Frage, ob die Bahn mit der GdL einen Tarifvertrag für GdL-Mitglieder in Berufsgruppen abschließen muss (z.B. Zugbegeleiter), für die bereits ein mit der EVG geschlossener Tarifvertrag existiert. Dahinter steht das Problem, dass Angehörige ein und derselben Berufsgruppe unterschiedlich eingruppiert und bezahlt werden. Diese Frage hats in der Tat in sich. Die GdL stellt die Machtfrage nicht nur gegenüber der Bahn AG, sondern vor allem gegenüber der EVG.


    Dass die GdL in der Öffentlichkeit schlecht weg kommt, ist ja kein Wunder, so lange sie nicht vernünftig begründen kann, warum ein von ihr vertretener Zugbegleiter andere Arbeitsbedingungen haben soll, etwa andere Dienst- und Schichtzeiten, als ein von der EVG vertretener Zugbegleiter. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? War mal eine gewerkschaftliche Kernforderung. Außer gestanzten Floskeln und verbaler Kraftmeierei ist von der GdL dazu eigentlich nicht mehr zu hören, als dass sie das eben fordern darf. Ich muss sagen, dass ich bei diesem Thema die Bahn schon verstehen kann, wenn sie mit dieser Forderung ein ernstes Problem hat.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick ()

  • Ich habe mal eine Frage:
    Der IC 182 Zürich - Ffm verkehrt heute abend planmässig. Der IC 181 Ffm -Zürich morgen früh fällt jedoch aus.
    Dieses Zugpaar ist ein Wagenpark der SBB.
    Beim letzten Streik stand dieser über die gesamte Streikdauer im Vorfeld des Frankfurter Hauptbahnhofes.
    Diesmal scheint es wohl wieder so zu sein.
    Muss die DB AG der SBB für diesen Wagenpark irgendeinen Ausgleich zahlen ?
    Wie ist das geregelt ??

    !! VORSICHT !! Das Licht am Ende des Tunnels könnte auch ein Zug sein !! :)

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? War mal eine gewerkschaftliche Kernforderung. Außer gestanzten Floskeln und verbaler Kraftmeierei ist von der GdL dazu eigentlich nicht mehr zu hören, als dass sie das eben fordern darf. Ich muss sagen, dass ich bei diesem Thema die Bahn schon verstehen kann, wenn sie mit dieser Forderung ein ernstes Problem hat.

    Es wird der Bahn niemand verbieten, sowohl die Forderungen der GdL als auch die der EVG zu erfüllen und dabei das Prinzip nicht zu verletzen: Sie muss sich mit der Gesamtheit der Arbeitsbedingungen oberhalb der Forderungen beider Gewerkschaften bewegen.


    Ich habe noch Zeiten und Branchen erlebt, da haben Arbeitgeber mit dieser Methode den Einfluss der Gewerkschaften und den Organisationsgrad der Mitarbeiter in ihrem Unternehmen niedrig gehalten - und bis auf die Gewerkschaften waren alle (Kunden, Mitarbeiter, Unternehmen) zufrieden.


    Ja, auch das (inhabergeführte, aber als AG organisierte) Unternehmen war zufrieden, denn die Motivation der Mitarbeiter und der Wegfall der damals in der Metallindustrie noch üblichen Streiks waren trotz der mit Quartalsblick wahrgenommenen Mehrkosten mehr wert.


  • Dass die GdL in der Öffentlichkeit schlecht weg kommt, ist ja kein Wunder, so lange sie nicht vernünftig begründen kann, warum ein von ihr vertretener Zugbegleiter andere Arbeitsbedingungen haben soll, etwa andere Dienst- und Schichtzeiten, als ein von der EVG vertretener Zugbegleiter.


    Die DGB Gewerkschaften haben sich in der Vergangenheit dadurch ausgezeichnet, daß sie in einigen Sparten eine Verschlechterung des Tarifvertrages verhandelt haben, damit die Masse an Mitgliedern besser gestellt werden. Aus diesem Grund ist die GDL, der Marburger Bund und auch Cockpit so stark geworden. Der DGB hat die Solidargemeinschaft einseitig aufgekündigt und wundert sich nun, daß ihm das auf die Füße fällt.


    Wie es bei der DB laufen könnte sieht man bei den Krankenhäuser und den Ärzten. Verdi bietet vergleichbare Konditionen für Klinikärzte, weil es den Marbuger Bund als Tarifpartner gibt. Gäbe es den Marburger Bund nicht, hätte Verdi die Konditionen für die Ärzte nicht verbessert sondern sich in erster Linie auf die große Masse an vertretenem Personal konzentriert.

  • Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es bei diesem 9. Streik gar nicht mehr um Gehaltserhöhung, sondern um die Frage, ob die Bahn mit der GdL einen Tarifvertrag für GdL-Mitglieder in Berufsgruppen abschließen muss (z.B. Zugbegeleiter), für die bereits ein mit der EVG geschlossener Tarifvertrag existiert. Dahinter steht das Problem, dass Angehörige ein und derselben Berufsgruppe unterschiedlich eingruppiert und bezahlt werden. Diese Frage hats in der Tat in sich. Die GdL stellt die Machtfrage nicht nur gegenüber der Bahn AG, sondern vor allem gegenüber der EVG.


    Dass die GdL in der Öffentlichkeit schlecht weg kommt, ist ja kein Wunder, so lange sie nicht vernünftig begründen kann, warum ein von ihr vertretener Zugbegleiter andere Arbeitsbedingungen haben soll, etwa andere Dienst- und Schichtzeiten, als ein von der EVG vertretener Zugbegleiter. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? War mal eine gewerkschaftliche Kernforderung. Außer gestanzten Floskeln und verbaler Kraftmeierei ist von der GdL dazu eigentlich nicht mehr zu hören, als dass sie das eben fordern darf. Ich muss sagen, dass ich bei diesem Thema die Bahn schon verstehen kann, wenn sie mit dieser Forderung ein ernstes Problem hat.

    Wenn ich es richtig verstehe, dann ist das Ziel "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" in dieser Absolutheit sowieso eine Illusion und auch weder das Ziel der Deutsche Bahn noch der GDL. Es geht wohl vielmehr wirklich um die Machtfrage und zwar genau darum, wer für wen verhandeln darf.


    Der Witz dabei ist ja, dass das Tarifvertragsgesetz zum Beispiel den Arbeitgeber rechtlich nur dazu verpflichtet, den Tarifvertrag auf die Mitglieder genau dieser Gewerkschaft anzuwenden, die diesen ausgehandelt hat. Alle anderen Arbeitnehmer könn(t)en beliebig andere Verträge haben. Der Ausgangspunkt ist in Deutschland eigentlich ja die Vertragsfreiheit, diese gilt auch für Arbeitsverträge.


    Wie ich das Tarifeinheitsgesetz verstehe, ist dann "nur" neu, dass es eben nur einen Tarifvertrag pro Betrieb(s-Stätte) geben darf. Und dieser darf nur von der mitgliederstärksten Gewerkschaft ausgehandelt werden. Logischerweise müsste es dann eine (rechtliche) Anwendungspflicht auf die Mitglieder aller anderen (kleineren) Gewerkschaften geben, da diese ja keine Möglichkeit haben, einen eigenen Tarifvertrag auszuhandeln.


    Eine Kuckucksei des neuen Gesetzes für die Arbeitgeber erscheint mir die Anknüpfung an die Definition des Betriebes/Betriebsstätte.Ich weiß nicht genau, aus wievielen Betriebsstätten denn der Deutsche Bahn Konzern besteht (ich habe mal die Zahl von 300 irgendwo gelesen, kann das jemand bestätigen? Per google finde ich dazu nichts). Und dann wartet noch das bürokratische Monster, das entstehen wird, wenn es darum geht für jede Betriebsstätte die größte Gewerkschaft zu bestimmen.

    Einmal editiert, zuletzt von stefan.frey ()

  • Wie ich das Tarifeinheitsgesetz verstehe, ist dann "nur" neu, dass es eben nur einen Tarifvertrag pro Betrieb(s-Stätte) geben darf. Und dieser darf nur von der mitgliederstärksten Gewerkschaft ausgehandelt werden. Logischerweise müsste es dann eine (rechtliche) Anwendungspflicht auf die Mitglieder aller anderen (kleineren) Gewerkschaften geben, da diese ja keine Möglichkeit haben, einen eigenen Tarifvertrag auszuhandeln.

    So würde ich das auch verstehen. Das Tarifeinheitsgesetz sieht vor, eine neue Vorschrift in das Tarifvertragsgesetz einzufügen, die u.a. dies enthält:


    Zitat

    ...
    Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften
    überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat. Kollidieren die Tarifverträge erst zu einem späteren Zeitpunkt, ist dieser für die Mehrheitsfeststellung maßgeblich. Als Betriebe gelten auch ein Betrieb nach § 1 Absatz 1 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes und ein durch Tarifvertrag nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Betriebsverfassungsgesetzes errichteter Betrieb, es sei denn, dies steht den Zielen des Absatzes 1 offensichtlich entgegen.
    ...

    Ich verstehe das so, dass der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft dann automatisch auch für die Minderheitsgewerkschaftsmitglieder gilt (...sind im Betrieb nur ...anwendbar...).
    Arbeitsrechtler meinen überwiegend, dass dieses Mehrheitsprinzip mit der Koalitionsfreiheit nicht vereinbar sei.

    2 Mal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Formulierung und k fehlt

  • >Ich verstehe das so, dass der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft dann automatisch auch für die Minderheitsgewerkschaftsmitglieder gilt


    So verstehe ich das auch.....aber interessanterweise steht da nichts, daß die kleinere Gewerkschaft nicht für ihren Vertrag
    streiken darf.....(auch wenn dieser dann erst mal nicht zur Anwendung kommt)
    Die kleinere Gewerkschaft muß nur dann schauen, daß sie für alle Berufsgruppen einen guten Vertrag abschliesst - und dann diese
    in ihr Boot zieht.....
    Extrem gesehen: die kleine, aber wichtige Sparte streikt (oder verzögert den Abschluß sonst wie), fordert für die andere Berufsgruppen auch
    gleich bessere Entlohnung als was der aktuell gultige Tarifvertrag der anderen Gewerkschaft bietet und macht zusätzlich Werbung zum wechseln....
    ...und schon ist die Kleine größer...ggf reicht es, daß dann der neue Tarifvertrag dann doch zur Anwendung kommt, weil bis zum Abschluß die
    Mitgliederzahlen gewechselt haben....


    Willkommen in Absurdistan. :rolleyes:

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