Wasserstoffzug für den Landkreis Stade

  • Die verbauten Brennstoffzellen können ihre abgegebene Leistung nicht skalieren, sondern laufen dauerhaft. Zum Anfahren würde diese Leistung nicht ausreichen, im "Leerlauf" würde unnötig produziert. Daher gibt es Pufferakkus, welche sich sowohl durch die Zellen aufladen als auch ggf. durch die Rückgewinnung beim Bremsen. Beim Beschleunigen kann damit die kombinierte Leistung Brennstoffzelle + Akku verwendet werden.


    Soweit die Theorie. In der Praxis wird es mit dem jetzigen Stand der verbauten Technik eher darauf hinauslaufen, dass die Zellen den Normalbetrieb (Geschwindigkeit konstant halten) gerade so abdecken können und für jedes Anfahren der Batteriepuffer etwas weiter entladen wird. Ob man somit über den Tag kommt oder noch zusätzliche Ladesysteme oder beispielsweise schnellwechselbare Akkus benötigt, um einen gesamten Tag über die "best-case" Fahrzeiten der aktuellen Dieselverbrenner zu halten, bezweifle ich. Aber wie bei vielen einigermaßen neuen Technologien gilt auch hier: wenn man nicht irgendwann mal anfängt, hängt einen der Rest der Welt schnell komplett ab auf diesem Feld. Und allzu viele andere Optionen haben wir nicht mehr!

  • Ein Verbraucher ist auch die Klimaanlage/Heizung, gerade wenn sie unter Volllast laufen.

    Erschöpfte Akkus treten selten zu Beginn des Betriebstages auf, sondern erst nach längerem Einsatz. Keine Ahnung, ob dann (einige) Fahrzeuge durchgehend in Betrieb sein werden, oder ob durch geschickte Umlaufplanungen längere Stillstandszeiten möglich sind.

    Notfalls müssen Fahrgäste mit Powerbanks aushelfen (USB Ladebuchse)😀


    OT: Auch die ETA waren ja anfangs nicht perfekt und wurden in ihrer Einsatzzeit weiterentwickelt, beispielweise Akkumäßig aufgerüstet.

  • Ich hätte ja gedacht, dass man die kleinen Zusatzakkus während der Wendestandzeiten mit Hilfe der Brennstoffzellen volladen kann - wenn dazu schon einmal Bremsen ausreicht, oder wenigstens eine Bergabfahrt?

    fork handles

  • Präzise technische Daten zu den im Augenblick eingesetzten iLINT habe ich zwar nicht gefunden, aber verschiedene Quellen deuten darauf hin, dass die Brennstoffzellen ungefähr die Hälfte der Maximalleistung des Antriebs haben. Die installierte Akkukapazität scheint auszureichen, damit die Motoren für etwa 20 Minuten unter voller Last laufen können - bei gleichzeitiger Maximalleistung der Brennstoffzellen.


    Übrigens sollte die Heizung keine zusätzliche Last darstellen - Brennstoffzellen erzeugen eine gehörige Menge Abwärme, die gekühlt werden will.

  • Präzise technische Daten zu den im Augenblick eingesetzten iLINT habe ich zwar nicht gefunden

    Dass Alstom hier immer noch keine offiziellen Daten im Detail herausgibt, wird sich bis zur Serienreife auch noch ändern, es ist definitiv ungewöhnlich. In den Daten, die man online findet, liegen die Brennstoffzellen bei 2x200 kW und die Batterien bei 2x225 kW Leistungsabgabe (Kapazität ca. 350 kWh).

    Akkutechnisch muss die Li-Ion-Steuerung allerdings so erfolgen, dass sowohl die eher geringe "Dauerladung" als auch die kurzen intensiven Brems-Schübe der Rekuperation so gut es geht speicherbar sind. Normalerweise optimiert man die Batteriezellen nur auf einen solchen Einsatzzweck, d.h. ein Ansatz für weitere Entwicklung ist definitiv die Kombination von zwei jeweils gut geeigneten Batteriesystemen.

  • Es sind doch gar keine Akku-/Batterie-Züge. Der Strom wird im Zug produziert, aus dem Wasserstoff.

    Der Strom aus der Brennstoffzelle lädt allerdings einen (wenn auch deutlich kleineren) Akku. Brennstoffzellen sind in ihrer Stromproduktion nicht so "sprunghaft", als dass sie ohne einen zwischengeschalteten Energiepuffer in Form einer Batterie das Beschleunigungs- und Bremsverhalten eines Triebwagens darstellen könnten.


    Technisch sind Wasserstofftriebwagen und auch -busse also identisch zu ihren batteriebetriebenen Äquivalenten. Der Unterschied besteht darin, dass die Stromerzeugung praktisch mitgeführt wird und man daher nicht den kompletten Strombedarf vorher zu laden braucht. Das ergibt dann die höheren Reichweiten, im Vergleich zu vollständig batteriebetriebenen Fahrzeugen muss der Akku natürlich auch nicht ganz so groß sein, benötigt wird aber dennoch einer.


    Hier erklärt Alstom den Sachverhalt ganz anschaulich.


    [Edit: Viele vorhergehende Antworten mit ähnlichem Inhalt leider übersehen, Verzeihung]

    Einmal editiert, zuletzt von Henning H. ()

  • Wo ist jetzt der leistungstechnisch Unterschied zu den ETAs die bekanntlich in Limburg im Einsatz waren? Diese hatten doch auch die eine oder andere Steigung zu überwinden.

    Der Unterschied dürfte deutlich in der Kapazität der Akkus liegen.



    Edit: Dritte Seite nicht gesehen, Erklärung zum Thema Akku erübrigt. Was bleibt: Nach Königstein geht es ohne Unterlass ständig berauf mit bis zu 25 Promille. Der iLINT wurde bislang nur in der Ebene getestet, daher die Überlegung, wie lange der Akku wohl durchhält, bevor es in die Schleichfahrt geht...

    2 Mal editiert, zuletzt von MdE ()

  • Es sei noch zusätzlich angemerkt, dass es eine Mindestgröße für den Akku gibt.

    "Normale" Lithium-Ionen-Zellen kann man nur in einer Stunde (ganz leer bis fast voll) laden, nicht schneller (langsamer geht natürlich schon). Das heißt auch, dass die Akkus in der Lage sein müssen, mindestens eine Stunde lang die Leistung der Brennstoffzelle zu verdauen. Das heißt, dass bei 400kW Brennstoffzellenleistung etwa 400kWh Akkukapazität (hier: 350kWh) mitgeführt werden müssen. Wenn man bergab und beim Zufahren auf einen Halt zweckmäßig rekuperieren möchte, sogar noch deutlich mehr, denn dann muss die volle Motorleistung in den Akku gesteckt werden können (Evtl sogar bei laufender Brennstoffzelle).

    Das heißt aber auch, dass der verbaute Akku eine Größenordnung erreicht, wo man auch direkt mit dem Akku fahren könnte (Aus dem Bauch raus. Über den Energieverbrauch eines Zuges dieser Größe habe ich auf die Schnelle keine verlässlichen Zahlen gefunden) - Spätestens wenn ein Teilabschnitt mit Fahrleitung zum Nachladen zur Verfügung steht.

    Anders sieht das aus, wenn man irgendeine Form von Superkondensatoren verbaut. Diese sind aber deutlich schwieriger in den Antriebsstromkreis zu integrieren als Lithium-Ionen-Akkus, weil die volle Kapazität der Kondensatoren bei Entladung von Nennspannung bis 0 Volt herunter frei wird, während ein Lithium-Pack nur in einem Spannungsbereich entladen wird, in dem auch eine Fahrleitung schwanken kann. Auch ist die Kapazität der Superkondensatoren deutlich geringer, so dass die Frage offen bleibt, ob dann überhaupt noch genug Kapazität zum Ausgleich der Lastschwankungen da ist.

  • Nach Königstein geht es ohne Unterlass ständig berauf mit bis zu 25 Promille. Der iLINT wurde bislang nur in der Ebene getestet, daher die Überlegung, wie lange der Akku wohl durchhält, bevor es in die Schleichfahrt geht...

    Von Höchst nach Königstein geht es von 100m auf 350m Meereshöhe. Der Lint 54 wiegt voll beladen vielleicht 140t. Das macht dann nach E = g m h etwa 100 kWh an zu leistender Arbeit zusätzlich für den Anstieg, entsprechend einem zusätzlichen elektrischen Verbrauch von vielleicht 120 kWh.

  • Der Fahrdraht ist eher theoretisch, da bei 15kV noch einiges an Ausrüstung (=Gewicht) dazukommen würde. Gut, habe keine Ahnung, wie viel Einbauplatz in den TW zur Verfügung steht. Aber das Gewicht muss halt auch bergauf mitgenommen werden.

    Unmöglich ist das natürlich nicht, ebenso wie ein Mix aus Akku und den sog. Supercups. Nur ist dann die Frage, wie lange es dauert, die entsprechende Steuerungslogik zu entwickeln.

  • In diesem Artikelaus dem vergangenen Jahr ist zu lesen:


    Zitat

    Die Brennstoffzellen liefern jeweils eine Leistung von 200 Kilowatt. Zum Anfahren benötigten der Antrieb und die Bordsysteme des Zuges allerdings 800 kW. Die restliche Leistung kommt aus einem Lithium-Ionen-Akku im Boden des Zuges. In der Beharrungsfahrt, also wenn der Zug mit annähernd konstanter Geschwindigkeit unterwegs ist, reicht die Leistung der Brennstoffzellen, den Zug zu betreiben.

    Das heißt doch, dass die mitgeführte Akku-Kapazität noch deutlich höher sein muss, als in den Vorbeiträgen angenommen, oder?

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Zitat korrigiert

  • Naja, Zwei Brennstoffzellen zu 200 kW sind 400 kW.

    Dann muss der Akku im schlimmsten Fall 400 kW zu den 400 kW der Brennstoffzelle dazugeben. Das schafft ein 350 kWh-Akku löcker, sogar fast eine Stunde lang. Das würde auch ein 100kWh-Akku noch schaffen. Nur beim Laden wird das zu eng.

  • Das heißt doch, dass die mitgeführte Akku-Kapazität noch deutlich höher sein muss, als in den Vorbeiträgen angenommen, oder?

    Aus welchem Grund? Die "volle Ladung in einer Stunde" (genannt 1C) von 4nti4sin4 gelten im wesentlichen für Dauerleistungen. Kurze stärke Belastungen (egal ob Laden oder Entladen) können entsprechend konstruierte Akkus problemlos aushalten. Akkus für den Modellbau gibt es auch mit dem 20fachen Dauer-Strom (20C) zu kaufen - wenn auch in der Regel nicht mit der für Züge notwendigen Lebensdauer.

    Oder beziehst du dich auf das "In der Beharrungsfahrt reicht die Leistung der Brennstoffzellen, den Zug zu betreiben"? Um den Lint bei konstant 80 km/h zu halten sind nur 70 kW notwendig, da bleibt also genug Brennstoffzellenleistung für Klimaanlage und Akkuladen übrig.

  • Zitat

    Kurze stärke Belastungen (egal ob Laden oder Entladen) können entsprechend konstruierte Akkus problemlos aushalten.

    Beim Entladen ja, beim Laden sind die Hersteller da sehr vorsichtig...

    In diversen Elektro-PKW versucht man sich auch relativ strikt an die 1C-Begrenzung beim Laden zu halten. Aber wie schon gesagt - es passt ja eigentlich auch so.

  • Das Hauptproblem bei den großen Strömen ist die (lokale) Erwärmung der Zellen, verbunden mit einer gewissen Trägheit der Temperaturüberwachung. Da Rekuperation bei voller Leistung immer nur wenige Dutzend Sekunden dauert, ist das ein kleineres Problem.


    Ganz grob überschlagen komme ich für eine Fahrt von Höchst nach Kronberg auf eine notwendige Antriebsenergie von 200 kWh und für die Rückfahrt auf 45 kWh, jeweils bei einer Rekuperationseffizienz von 60% und bei 80 km/h Reisegeschwindigkeit. Da die Fahrt etwa eine Stunde dauert, braucht die Brennstoffzelle nur mit durchschnittlich 140 kW laufen um die Batterie nachzuladen für die nächste Runde.

  • Technisch sind Wasserstofftriebwagen und auch -busse also identisch zu ihren batteriebetriebenen Äquivalenten. Der Unterschied besteht darin, dass die Stromerzeugung praktisch mitgeführt wird und man daher nicht den kompletten Strombedarf vorher zu laden braucht. Das ergibt dann die höheren Reichweiten, im Vergleich zu vollständig batteriebetriebenen Fahrzeugen muss der Akku natürlich auch nicht ganz so groß sein, benötigt wird aber dennoch einer.

    Vielen Dank Henning H,- demnach handelt es sich um einen ETA, der sein "Kraftwerk" mit sich führt um die Batterien zu laden aus denen er die Antriebsenergie bezieht. Daher sei ein Vergleich zu den ETAs gestattet. Sicherlich ist die Entwicklung weiter gegangen, was das Gewicht und die Technik der Akkus anbelangt

    In dem Wikipedia Artikel zum ETA 550 / 515 heisst es:

    Zitat

    Die Triebwagengarnituren wurden bevorzugt auf Flachlandstrecken der DB eingesetzt. Bergstrecken wurden wegen des dort höheren Stromverbrauchs und der somit geringeren Reichweite sehr selten befahren.

    Da nun der Wasserstoffzug seine Energiegewinnung an Bord hat, dürfte dieses Problemn nicht bestehen. Die ETAs wurden auch auf der Strecke Frankfurt - Limburg eingesetzt, die auch nicht gerade eben ist,- nur um MDEs Bedenken zu zerstreuen.

  • Von Höchst nach Königstein geht es von 100m auf 350m Meereshöhe. Der Lint 54 wiegt voll beladen vielleicht 140t. Das macht dann nach E = g m h etwa 100 kWh an zu leistender Arbeit zusätzlich für den Anstieg, entsprechend einem zusätzlichen elektrischen Verbrauch von vielleicht 120 kWh.

    Plus den höheren Verbrauch durch die vielen Kurven mit niedrigem Radius sowie die häufigeren Halte, verglichen mit einer Strecke im weitläufigen Flachland.


    Da nun der Wasserstoffzug seine Energiegewinnung an Bord hat, dürfte dieses Problemn nicht bestehen. Die ETAs wurden auch auf der Strecke Frankfurt - Limburg eingesetzt, die auch nicht gerade eben ist,- nur um MDEs Bedenken zu zerstreuen.

    Die sind nicht zerstreut, so lange die Akkus im iLINT nur bis 1/5 der Kapazität der ETAs haben (bei mehr als doppelter Wagenlänge) und der iLINT zusätzliche Verbraucher hat.