Idee: Zug mit "Stützrädern"

  • Bekanntlich haben Schienenverkehrsmittel ihre Räder mit einem (oft erheblich) geringeren Abstand rechts-links, als sie breit sind; ganz im Gegensatz zu Straßenfahrzeugen. Neben historischen Zufällen ist eine Motivation, engere Kurven fahren zu können - aber nur mit geringen Geschwindigkeiten. Bei hohen Geschwindigkeiten kehrt sich das um: Je größer der Radabstand, desto stabiler steht das Fahrzeug auf den Schienen.


    Was ist davon zu halten, Züge mit zusätzlichen Rädern auszustatten und Kurvenstrecken mit zusätzlichen Schienen, um dort höhere Geschwindigkeiten fahren zu können? Ein paar Restriktionen gibt es allerdings, die das Konzept in vielen eigentlich interessanten Situationen unbrauchbar machen:

    • Damit die Stützräder nicht an ungewollten Stellen aufsetzen (und damit die Haupträder von den Schienen heben oder gar Gegenstände neben den Schienen abreißen), müssen sie höher angelegt werden; außerdem schräg, damit sie möglichst viel Fliehkräfte aufnehmen und möglichst wenig die Spurkränze. Dasselbe gilt dann für die Schienen. Damit scheiden Weichenbereiche, Bahnübergänge und straßenbündige Straßenbahnstrecken aus.
    • Wenn es andere einragende Objekte gibt, die auf Grund des Bewegungsspielraums ("Wackeln" des Zuges) vom Stützrad getroffen werden könnten, muss eine Stützschiene davor montiert werden. Um einen freizügigen Einsatz der Fahrzeuge auf anderen Strecken zu ermöglichen, müssen die Stützräder einklappbar sein. Alternativ müssen Räder und Schienen noch höher montiert werden - dann kann die Strecke aber von anderen Fahrzeugen nicht benutzt werden, also wohl eher keine gute Idee.
    • Es muss für eine ganze Strecke (oder besser ein ganzes Netz) viele Stellen geben, auf denen die Stützräder zum Einsatz kommen, sonst lohnt es sich nicht.
    • Die theoretisch mögliche Geschwindigkeit bei einem Radabstand von 3 m sollte man nicht ausschöpfen, um kein Achterbahn-Gefühl zu verursachen. Besonders bei S-Kurven ist Zurückhaltung geboten.


    Am ehesten könnte es etwas für alte Voll-U-Bahn-Strecken wie die Hamburger U3 sein. Bei Schmalspurbahnen kann es auch auf geraden Strecken zur Stabilisierung interessant sein. Die meterspurige VRN-Linie 5 (ehemals OEG) kommt zum Beispiel über Land ziemlich ins Wackeln. Vielleicht könnte man mit Stützrädern schneller fahren, zumindest aber angenehmer.

    Glaubst Du einem Wörterbuch, in dem man Müll nicht trennen kann, wohl aber gu-te Freun-de?

  • Viele Nachteile hast Du ja schon genannt.


    Ziel ist ja, dass die Fliehkräfte aufgenommen werden. Dazu gibt es ja die Neigetech-Züge, welche die gleiche Funktion übernehmen und deutlich weniger Infrastrukturmaßnahmen erfordern. Auch dürfte es technisch einfacher und leichter sein, Neigetechnik zu verwenden.


    Soweit ich mitbekommen habe, gibt es bei Neigetechnik aktive und passive Systeme. Die aktiven sind wohl störanfälliger, aber ein System aus Italien läuft meines Wissens stabil.

    Vollkommen Großartiges Forum

    • Die theoretisch mögliche Geschwindigkeit bei einem Radabstand von 3 m sollte man nicht ausschöpfen, um kein Achterbahn-Gefühl zu verursachen. Besonders bei S-Kurven ist Zurückhaltung geboten.

    Ebent. Die zulässigen Überhöhungsfehlbeträge berücksichtigen Komfortmerkmale und liegen recht weit vor den entgleisungskritischen Werten. Was also soll es bringen, letztere anzuheben?

  • Nicht zwangsläufig, das würde dann von der Breite (Lichtraumprofil) bzw Gleisabstand abhängen.
    Mir ist nicht ganz klar, was der Zweck davon sein soll. Die Schlinger und Wankbewegungen lassen sich auch mit anderen Mitteln verringern. Einige Bauweisen der Fahrzeuge sind auch anfälliger als andere (vgl R und S bei schneller Fahrt).
    Zu beachten wäre auch, daß sich die Räder und Stützräder gegenseitig negativ beeinflussen.

  • Ebent. Die zulässigen Überhöhungsfehlbeträge berücksichtigen Komfortmerkmale und liegen recht weit vor den entgleisungskritischen Werten. Was also soll es bringen, letztere anzuheben?


    OK, das wusste ich nicht. Dem könnte man höchstens begegnen, indem man die Gleise stärker überhöht. Aber abgesehen von den Kosten für den Umbau hätte das zur Folge, dass Züge ohne Stützräder auf der Strecke nicht fahren dürften. Also auch keine Lösung.


    Mein Gedanke war, das wäre technisch einfacher als Neigetechnik, insbesondere als aktive Neigetechnik. Die passive Neigetechnik dürfte ausschließlich das Komfort-Thema bewältigen, wenn ich sie richtig verstanden habe.


    Begegnungsverbot - das Risiko sehe ich eher bei der Neigetechnik. Die Stützräder sollen sich ja ausschließlich unter dem Zug befinden.

    Glaubst Du einem Wörterbuch, in dem man Müll nicht trennen kann, wohl aber gu-te Freun-de?

  • Neigetechnik, passiv oder aktiv, dient ausschließlich dem Fahrgastkomfort. Die Kräfte,die auf dem Rad-Schiene-System wirken, werden dadurch nicht verändert. Im Gegensatz dazu die Stützräder, die dann eine erhebliche Last in den Kurven abfangen.

  • Neigetechnik, passiv oder aktiv, dient ausschließlich dem Fahrgastkomfort. Die Kräfte,die auf dem Rad-Schiene-System wirken, werden dadurch nicht verändert.

    Indirekt schon, durch die höhere Geschwindigkeit in den Kurven. Dies sucht man durch Achslastbeschränkungen auszugleichen.

  • Die lästigen Geschwindigkeitseinbrüche in Kurven kommen aber auch wegen der Gleis(quer)kräfte. Laß es mich so sagen: Wenn man bogenschnell nicht schneller als bogenlangsam führe, hätte man es wahrscheinlich auch ganz gelassen. Reine Komfortneigung dürfte im ICN-Talgo verbaut gewesen sein. Bei häufigem schnellen Durchfahren von Gleisbögen dürfte zumindest der Instandhaltungsaufwand am Gleis steigen. Gut, mag sein, daß er auch so steigt, weil bei Neige-VT alle Achsen nah am Grenzwert liegen dürften, bei einem (langsameren) Wagenzug hingegen die der Wagen eher nicht.

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