Video zur Bundebahn im Jahr 1958

  • Nicht nur was für Eisenbahn-Romantiker dieser Report. Ein eindrucksvolles Statement gegen die noch heute verbreitete Auffassung, früher bei der Bundesbahn, sei alles besser gewesen. Nichts charakterisiert die Trägheit der damaligen Behörde Bundesbahn besser als die bräsigen Belehrungen des Prof. Oeftering, der anscheinend trotzdem einiges bewegt hat.

  • Ich bin letztens auf eine Fernsehdokumentation aus dem Jahre 1958 (38:45 Minuten lang) gestoßen, in der die damalige Bundesbahn wohlwollend, aber kritisch beäugt wird. Anlass scheint gewesen zu sein, dass 1958 das erste Mal seit dem Bundesbahngesetz von 1952 die Preise erhöht wurden. Der Film versucht, der Frage auf den Grund zu gehen, warum es nötig ist, mehr Geld zu fordern, obwohl doch immer mehr Leute mit der Bahn (sogar in den Urlaub, man stelle sich das vor!) fahren und auch der Güterverkehr brummt.


    Dabei wird einerseits die „vollkommen veraltete Technik“ gegeißelt, etwa handbetriebene Schranken am rechten Rheinufer, oder Schraubenkupplungen (obwohl des doch längst automatische Kupplungen gibt), mechanische Stellwerke, Petroleumleuchten, und natürlich das Problem, dass die Dampfloks einfach nicht kaputt gehen und daher nicht so einfach ersetzt werden können. Es wird gefragt, ob sich dieses 120 Jahre alte System nicht unsinnigerweise einer Modernisierung widersetzt.


    Der Film ist dabei schon aus cineastischer Sicht sehr interessant: man sieht erstmal 110 Sekunden lang Züge fahren, bevor der Text losgeht, und vieles wird wiederholt. Wirklich irrsinnig wirkt das Interview mit dem damaligen Chef der Bundesbahn. Was man heute wohl „pacing“ nennt, war damals noch mehr Fremdwort als heute.


    Davon abgesehen wirft der Film einige volkswirtschaftliche Fragen auf, über die wir heute noch, auch hier im Forum, gerne diskutieren, nur typischerweise aus der anderen Perspektive. Braucht die Bahn wirklich so viele Mitarbeiter? Soll die Bahn wirklich auch die Strecken und Bahnhöfe anfahren, an denen kaum jemand einsteigt? Soll die Bahn denn auf Teufel komm raus bei jedem Wetter funktionieren müssen, und welchen Aufwand soll man dazu betreiben? Muss die Bahn Gewinn machen? Soll die Bahn für alle da sein und „Sozialtarife“ (ich glaube, das meint in diesem Zusammenhang Auszubildendentarife und Zeitkarten) bereitstellen?

  • Der Film hat relativ am Anfang erst mal ein Fake: "Die Deutsche Bundesbahn ist das grösste Transportunternehmen der Welt"... (Minute 3:12)


    Weichensignale: Werden oftmal gar nicht mehr installiert - und wenn dann mit "Katzenaugen"

    Unrentable Halte schliessen: widerspricht der Aufgabe der Grundversorgung.....trotzdem wurde das Netz zu stark ausgedünnt

    (zB Grävenwiesbach - Weilburg dürfte heute - wenn noch existierend - gut ausgebaut sicherlich auch etliche Pendler nach F

    haben)

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  • Unrentable Halte schliessen: widerspricht der Aufgabe der Grundversorgung.....trotzdem wurde das Netz zu stark ausgedünnt

    (zB Grävenwiesbach - Weilburg dürfte heute - wenn noch existierend - gut ausgebaut sicherlich auch etliche Pendler nach F

    haben)

    Also wenn es schon damals einen regionalen Körper wie den RMV gegeben hätte, welcher durch bestellten (also: subventionierten Verkehr) die Daseinsvorsorge sicherstellt, hätte die Bundesbahn Strecken wie nach Dietzenbach, Pfungstadt, Groß-Zimmern, Bad Schwalbach, Gräfenwiesbach-Wetzlar oder meinetwegen auch Gräfenwiesbach-Weilburg auch nie stillgelegt...

    2 Mal editiert, zuletzt von Jojo ()

  • Also wenn es schon damals einen regionalen Körper wie den RMV gegeben hätte, [...] auch nie stillgelegt...

    Das wage ich zu bezweifeln. Erstens einmal muß dazu auch in den Regionen der Wille vorhanden sein, denn auch eine Bestellorganisation kann sich nicht über die Vorgaben ihrer Städte, Kreise und Länder hinwegsetzen, zweitens war gerade dort in den 1950er Jahren die Stimmung nicht gerade pro Schienenverkehr (siehe diverse Kampagnen in Darmstadt und Frankfurt a la "Die Straßenbahn ist ein Hindernis!", "Unter die Erde!" und was da so alles plakativ rumschwebte) und drittens zeigen die Beispiele aus jüngerer Geschichte, daß auch ein (anstehender) Verkehrsverbund (selbst oder im Auftrag seiner Gesellschafter) Mist bauen kann, siehe z. B. Beienheim-Hungen oder Niederwalgern-Hartenrod-Herborn.

  • Die Strecke nach Dietzenbach war - trotz der durchgeführten [Personenverkehr] Stillegung - als Ausbaustrecke

    für die S-Bahn schon immer fest vorgesehen gewesen.

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  • Das wage ich zu bezweifeln. Erstens einmal muß dazu auch in den Regionen der Wille vorhanden sein, denn auch eine Bestellorganisation kann sich nicht über die Vorgaben ihrer Städte, Kreise und Länder hinwegsetzen, zweitens war gerade dort in den 1950er Jahren die Stimmung nicht gerade pro Schienenverkehr (siehe diverse Kampagnen in Darmstadt und Frankfurt a la "Die Straßenbahn ist ein Hindernis!", "Unter die Erde!" und was da so alles plakativ rumschwebte) und drittens zeigen die Beispiele aus jüngerer Geschichte, daß auch ein (anstehender) Verkehrsverbund (selbst oder im Auftrag seiner Gesellschafter) Mist bauen kann, siehe z. B. Beienheim-Hungen oder Niederwalgern-Hartenrod-Herborn.

    Worauf ich eigentlich hinaus wollte ist dass es damals keinen Besteller gab, welcher durch seine Subventionen den Betrieb (und Erhalt) dieser Strecken hätte gewährleisten können...

  • Was in dem Film auch erkennbar wird, ist der riesige Niedriglohnsektor, den die Bundesbahn und zuvor schon die Reichsbahn unterhalten hat. Die vielen Bahnhofsarbeiter, Schrankenwärter, Gepäckträger, Streckenläufer und und und haben saumäßig wenig verdient und konnten oft nur mit den Leistungen des riesigen Reichsbahn-Sozialwerks/Bundesbahnsozialwerks über die Runden kommen (Bahnkantinen praktisch überall, Bahn-Landwirtschaft, Siedlungswerk, KVB (eigene Krankenversicherung), Eisenbahnerversicherung ...) - aber es waren halt sehr viele. Bis 1977 waren die Personalaufwendungen auf fast 70% der gesamten Aufwendungen der Bundesbahn angestiegen. Seit 1971 konnte die Bundesbahn ihren Aufwand gerade noch aus eigenen Erträgen decken, danach nicht mehr. 1977 konnte sie nur noch rd. 81% ihrer Personalaufwendungen aus eigenen Erträgen decken, den Rest des Personalaufwands und den Betriebsaufwand deckte der Bundeszuschuss. Das alles hat sich 1958 schon angedeutet, weshalb die Frage im Film nach Möglichkeiten der Automatisierung , Rationalisierung und Modernisierung im Grunde sehr hellsichtig war.