In der FR von heute heißt es in einem Artikel von Dominik Brück unter der Überschrift "Notruf nur per Handy" im Einleitungstext:
ZitatDie Notrufsäulen an Bahnsteigen stellen keine direkte Verbindung zum Rettungsdienst her. Die VGF empfiehlt, in Notfällen das Handy zu nutzen.
So weit, so schlecht. Natürlich kann man verstehen, dass bei der VGF die hauseigene Sicherheitszentrale angesprochen wird - und bei der Bahn, soweit ich weiß, die so genannte 3S-Zentrale.
Nun ist der Artikel mit einem Symbolfoto von einer VGF-Notrufsäule in der Hauptwache versehen - fokussiert auf den roten SOS-Knopf. Und dieser signalisiert ja wohl doch - international einheitlich - "Notfall! Hilfe! Ich brauche hier dringend Unterstützung!".
Daher finde ich die Haltung der VGF etwas befremdlich, wenn ihr Sprecher Bernd Conrads in der FR wie folgt zitiert wird:
Zitat„Notrufe werden daraufhin mit Priorität bearbeitet und je nach Schilderung des Notfalls weitere Schritte eingeleitet.“ Eine direkte Alarmierung der Polizei oder des Rettungsdienstes erfolgt über die Notrufsäulen nicht, da häufig das Eingreifen des Ordnungsdienstes ausreiche. Zudem gebe es häufig Fehlalarme, die zum Teil bewusst ausgelöst würden.
„In erkennbar akuten Fällen ist die direkte Alarmierung von 110 oder 112 eine Option, die jeder Fahrgast hat, so ein Handy vorhanden ist“, sagt Conrads. „Die VGF weist auf diese Möglichkeit ausdrücklich und immer wieder hin.“
Ich kann mich jetzt spontan an keinen Fall erinnern, in dem der (alarmierte, wenn nicht zufällig anwesende) Sicherheitsdienst der VGF mindestens ebenso schnell wie das nächste Rettungsmittel vor Ort gewesen wäre.*
Bleibt die Frage offen, was jetzt noch ein Notfall ist, der nicht von den zuständigen BOS-Kräften, sondern allein durch den VGF-Sicherheitsdienst abgearbeitet werden kann und warum es für diesen einen roten SOS-Knopf braucht.
Hierzu erneut aus dem FR-Artikel:
ZitatJede Notrufsäule verfüge über eine gelbe Informations- und eine rote Notruf-Taste, die beide einen Kontakt zur Sicherheits- und Service-Zentrale der VGF herstellen würden. „Notrufe werden sofort als solche erkannt, weil sich auf den Bildschirmen der Mitarbeiter das Bild der Kamera aufschaltet, die die betätigte Säule erfasst“, sagt Bernd Conrads von der VGF.
Es gilt dann offenbar das Prinzip der stillen Post: Der Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale entscheidet darüber, ob es sich um einen "internen" oder "externen" Notfall handelt - und erst ab dem Moment erfolgt der Notruf bei der Leitstelle der Feuerwehr oder der Polizei. Übermittlungsprobleme nicht ausgeschlossen (niemand kann das Geschehen am Notfallort besser beurteilen als der notrufende Zeuge). Erinnert ihr euch noch an die W's aus dem Notruf? Richtig: Warten auf Rückfragen ist nicht minder wichtig!
Hinzu kommt die künstlich verlängerte Hilfsfrist*, die erst mit dem Ende des Gesprächs bei der Leitstelle beginnt - Zeit, die verloren geht.
Ich finde Notrufsäulen gut, wichtig und sinnvoll - aber in dem Fall bleibt die erwartete Hilfe dann doch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das lässt sich verbessern.
Und zur Haltung der VGF in dieser Frage ... muss ich mich als Mensch aus der Praxis doch arg disziplinieren.
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* = Die Hilfsfrist beträgt in Hessen zehn Minuten (in 90% der Fälle). Dies ist in § 15 (2) Satz 2 des Hessischen Rettungsdienstgesetz (HRDG) vom 16. Dezember 2010 eindeutig geregelt:
ZitatDabei ist für die Notfallversorgung vorzusehen, dass ein geeignetes Rettungsmittel jeden an einer Straße gelegenen Notfallort in der Regel innerhalb von zehn Minuten (Hilfsfrist) erreichen kann; die Hilfsfrist umfasst den Zeitraum vom Eingang einer Notfallmeldung bei der zuständigen Zentralen Leitstelle bis zum Eintreffen eines geeigneten Rettungsmittels am Notfallort.
(Quelle).
- Zu den Prozentzahlen (90%, 95%) bitte den Rettungsdienstplan des Landes Hessen lesen; hier insbesondere Abschnitt 2.2.1 auf Seite 9, Ende Spalte 1. -
Dem aufmerksamen Leser entgeht sicher nicht die Formulierung " an einer Straße gelegenen Notfallort" - soll heißen: Der Abstieg zur B/C/D-Ebene (ggf. mit der Suche nach der richtigen Rolltreppe (wichtig für den Anfahrtweg!)) zählt NICHT mehr zur geforderten Hilfsfrist! Und selbst wenn der RTW es in sieben Minuten schafft - es werden die längsten sieben Minuten eures Lebens, die ihr da wartet. Hab's selber schon an der Bockenheimer Warte erlebt. Zum Glück bin ich selber BOS'ler und habe den Notruf so präzise wie möglich abgesetzt; trotzdem hat es eine gefühlte Ewigkeit gedauert.
Und jetzt schaltet mal die VGF-Sicherheitszentrale dazwischen...