365€ Ticket für alle

  • Gibt es denn irgendwen, der Preissenkungen im ÖPNV fordert und gleichzeitig auch der Meinung ist, dass es im ÖPNV keiner anderen Maßnahmen bedarf?


    Denn irgendwie kommt dieser Strohmann hier immer wieder vor.


    Und nun diskutieren wir ernsthaft darüber, ob 5% viel ist (und alles an den Kollaps bringen würde) oder wenig (und selbst im Kollaps keinen Unterschied machen würde).

  • Woher kommt nochmal diese Einstellung, dass nur diejenigen Einzelmaßnahmen diskutabel sind, die für sich allein genommen Grundsätzliches ändern?

    Es wird doch tagein tagaus die große Verkehrswende postuliert. Mit einem Tropen Wasser auf einen heißen Stein, ist das nicht zu schaffen. Maßnahmen, die das Pendeln der Masse aus den Landkreisen erschwert und verteuert, wird man sich in Deutschland keine Freunde machen. Autobahnen de facto zu einspurigen Landstraße zu degradieren, wird mit Sicherheit nicht die Akzeptanz für den ÖPNV steigern. Die Fahrzeiten aus den Landkreisen würde mit Bussen sich deutlich verschlechtern, da sind langsamer sind als der MIV und dazu Umwege fahren müssten, damit sie voll werden. Insofern ist der 365€ Ticket Vorschlag für den innerstädtischen Pendlerverkehr ggf. sinnvoll, aber für die Massen an PKWs aus dem Umland bringt das rein gar nichts.

  • Gibt es denn irgendwen, der Preissenkungen im ÖPNV fordert und gleichzeitig auch der Meinung ist, dass es im ÖPNV keiner anderen Maßnahmen bedarf?

    Die Preissenkung ist keine Maßnahme! Sie ist ein Wahlgeschenk an die städtische Bevölkerung wie etwa kostenlosen Eintritt in die Museen.

  • Die Preissenkung ist keine Maßnahme! Sie ist ein Wahlgeschenk an die städtische Bevölkerung wie etwa kostenlosen Eintritt in die Museen.

    Du sagst einen Beitrag vorher selbst, dass es ein Tropfen auf dem heißen Stein sei. Mein Punkt ist: es bedarf weiterer Tropfen, aber so lange jeder Tropfen totdiskutiert wird, können sie in Masse nichts ausrichten.


    Natürlich ist eine Preissenkung eine Maßnahme, die, wie im Beispiel Baden-Württemberg, durchaus 5% Unterschied machen kann. Und nun denke mal ernsthaft darüber nach, was 5% weniger Autos bringen würden und unterhalte dich vielleicht mal nicht nur mit deinen Stammtischkollegen darüber, sondern frage mal Verkehrsplanerinnen.

  • Die Preissenkung ist keine Maßnahme! Sie ist ein Wahlgeschenk an die städtische Bevölkerung wie etwa kostenlosen Eintritt in die Museen.

    Natürlich ist für das städtische Umfeld wesentlich effektiver als im Umland. Aber wo sind denn die dringendsten Probleme. In Hungen gibt es nun mal keine Diskussion um Feinstaub, Parkplatznot oder Dauerstau. In Frankfurt würden 5% weniger IV schon einiges bedeuten.

    Bei mir waren es auch heute schon wieder zwei Fahrten gerade über die Tarifgrenze, die ich nicht unbedingt mit den PKW durchführen musste. (Von den der Weichenstörung in Höchst und dem Polizeieinsatz am Hauptbahnhof mal abgesehen).


    Und nebenbei,was spricht denn gegen Wahlgeschenken mal beim ÖPNV? Das Schülerticket Hessen scheint ja nicht so schlecht zu wirken.

    Der freie Eintritt für Kinder (und Elternteil) in Frankfurter Schwimmbäder scheint auch nicht unbedingt das riesen Verlustgeschäft zu sein.

  • Zusammenfassung: Jeder kleine Schritt in Richtung Ziel führt uns nicht unmittelbar ans Ziel. Also alles doof, lassen wir's einfach wie es ist.

    ich glaube ja, sein Problem ist zweischichtig (sein Problem mit diesem Vorschlag jetzt):

    1. Jemand außer ihm würde profitieren, er selbst aber eher nicht
    2. Gedanken in diese Richtung ernst zu nehmen würde bedeuten, dass wir auf lange Sicht dahin kommen, dass diejenigen, deren Mobilitätsverhalten heute am stärksten subventioniert wird (und zu denen gehört er wohl), künftig entweder weniger subventioniert werden oder einen Teil der Subventionierung zurückzahlen werden müssen.

    (Tschulliung für den Schachtelsatz.)

    Einmal editiert, zuletzt von baeuchle () aus folgendem Grund: Klarstellung

  • Aus aktueller Anschauung möchte ich übrigens ein Einsparpotential für Kommunen durch weniger MIV ergänzen:


    Wenn weniger Autoverkehr ist, muss man weniger Flächen von Laub und Eis befreien. (Wer jetzt der Meinung ist, dass alle Straßenflächen geräumt werden müssen, egal, wie stark der Verkehr ist, möge sich bitte angeblich wenig benutzte benutzungspflichtige Radwege in der Umgebung ansehen und entscheiden, warum diese wohl so viel später freigeräumt werden als die Straßen. Besonders, weil sie hier in documenta-Stadt oft erst durch den von den Autospuren entfernten Laubhaufen wirklich unbenutzbar werden.)

  • Du sagst einen Beitrag vorher selbst, dass es ein Tropfen auf dem heißen Stein sei. Mein Punkt ist: es bedarf weiterer Tropfen, aber so lange jeder Tropfen totdiskutiert wird, können sie in Masse nichts ausrichten.

    Die vielen „kleinen Tropfen“ sprich Einzelmaßnahmen werden die grundsätzlichen Probleme nicht lösen. Das Hauptproblem des ÖPNV in der Fläche ist, dass er zu langsam ist, zu wenig stattfindet, schlecht erreichbar ist, und ja auch zu teuer ist. Ein billigeres Ticket eliminiert zwar das teuer, aber die anderen Punkte sind wichtiger und bleiben ungelöst. D.h. wenn man nun Buslinien einrichtet und die Landbevölkerung zwingt mit dem Bus in die Stadt zu fahren, wird dies nicht ohne politische Auswirkungen bleiben. Ich möchte nur daran erinnern, dass ein wesentlicher Faktor beim Entstehen der Gelbwesten Proteste in Frankreich die geplante Ökosteuer auf Sprit war. Die Bevölkerung, die gut mit dem ÖPNV versorgt ist, ist in der absoluten Minderheit. Denn selbst in den meisten Großstädten Deutschlands ist es viel zu oft besser den PKW anstatt den ÖPNV zu nutzen. Man hat hier ein sehr großes Potential für politische Unruhe im Land.


    Es wird immer wieder von mehr Bussen geschrieben. Womit sollen diese Überland denn überhaupt fahren? Diesel? Das ist bald nicht mehr günstig verfügbar, genau deshalb muss man vom Verbrenner weg. Akku-Busse sind mit realistischen Reichweiten von <200km erhältlich, in Winter deutlich weniger. Da käme man gerade einmal vom Umland in die Stadt und dort müssen sie zuerst aufgeladen werden, bevor man zurückfahren kann. Will man unterwegs laden, müssen Hochleistungsladestationen gebaut werden, die meisten Dörfer haben aber dafür gar nicht die notwendige Infrastruktur, d.h. das komplette Dorf ist mit weniger Leistung angebunden als ein Schnelllader für Busse benötigen würde. Auch eine Oberleitung für Busse müsste mit vielen Unterwerken versorgt werden, weil nur mit Gleichstrom und Straßenbahnspannungen gefahren werden kann. Ferner stehen die bisher existierende Busverbindungen wegen des notwendigen Wandels weg vom Erdöl auf der Kippe. Denn für diese müssen diese Probleme auch gelöst werden.


    Mir scheint hier wird kollektiv eine Utopie geträumt und die realen Probleme stören da nur. Nur so wird das nichts mit der Verkehrswende.

    Einmal editiert, zuletzt von John2 ()

  • ich glaube ja, sein Problem ist zweischichtig (sein Problem mit diesem Vorschlag jetzt):

    1. Jemand außer ihm würde profitieren, er selbst aber eher nicht

    Dein Problem ist, dass du wiederholt Probleme mit deinem Vorschlägen ignorierst, weil sie dir nicht in den Kram passen. Die Frage ist nicht, ob jemand von einem 365€ Ticket profitiert, sondern ob es dazu dienen kann die PKW Flut vom Umland in die Stadt zu reduzieren, dafür wird es ja gefordert. Wie ich dir nun wiederholt dargelegt habe, ist der Preis für das Ticket mit das geringste Problem. Es wird konsequent negiert und ignoriert. Bitte, wer das als Wahlgeschenk für die ÖPNV-affine-Bevölkerung-in-der-Großstadt-die-ohnehin-schon-ÖPNV-nutzt haben will, sollte dann auch so ehrlich sein, dass es nur als Wahlgeschenk für die eigene Klientel dienen soll. Die Grünen, von denen stammt originär die Forderung, sind eine Partei der Großstädte, auf dem Land finden sie de facto kaum bis gar nicht statt.

  • Deshalb? Lieber gar nichts machen?

    Wenn jeder Tropfen als sinnlos deklariert wird....

    Ein einzelner Ausbau, z.B. S6, ist auch nur eine Einzelmaßnahme, vielleicht eine Schöpfkelle Wasser. Aber deiner Argumentation folgend eigentlich auch kein Lösungsansatz?

    Verlängerung der U5 auch sinnlos, da nur die Bevölkerung oder Arbeitnehmer Frankfurter Berg und Europaviertel davon profitieren, der Rest vom RMV Gebiet aber nicht.

    Reaktivierung z.B. der Horlofftalbahn bringt nur einigen Dörflern etwas.

  • Deshalb? Lieber gar nichts machen?

    Es geht darum, dass die Einzelmaßnahmen auch zur Lösung des jeweiligen Problems beitragen müssen. Das 365€ Ticket löst das Problem Pendeln aus dem Umland definitiv nicht, und reißt dafür Löcher in den Haushalt. Die Verlängerung der U5 dient der Erschließung eines Stadtvierteils. Ich halte diese Strecke als Stadtbahn zwar für falsch, aber eine Erschließung durch ein Schienenverkehrsmittel (ich wäre für die Straßenbahn ggf. in Doppeltraktion) ist sinnvoll. Die Frage ist also, ob eine Maßnahme zielführend ist.


    Was die Horlofftalbahn betrifft: Das Problem an der Strecke ist. Die Auslastung ist gering. D.h. Ein kleiner Triebwagen einmal die Stunde ist momentan die Bedienung der Strecke. Wie ich vorher schrieb, Diesel wird in absehbarer Zukunft teuer. Wie soll dann die Bahn betrieben werden? Brennstoffzelle oder Oberleitung? Für eine Oberleitung müsste man die Auslastung verbessern. Das Problem dabei, die Bahn fährt wegen der alten Streckenführung zu langsam. Man müsste die Strecke begradigen und schneller machen, dann werden auch die Fahrzeiten besser und die Attraktivität steigt.

  • Ich sehe im Streckenausbau auch eher den Weg PKW-Verkehr zu reduzieren, als durch

    eine Propagandapreissenkung (ein Tag ein Euro)

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • Wie ich vorher schrieb, Diesel wird in absehbarer Zukunft teuer. Wie soll dann die Bahn betrieben werden? Brennstoffzelle oder Oberleitung? Für eine Oberleitung müsste man die Auslastung verbessern.

    Allein die Elektrifizierung an sich verbessert schon die Auslastung, weil ein elektrischer Triebwagen deutlich schneller beschleunigen kann als ein vergleichbarer Verbrenner und somit die Fahrtzeit kürzer wird. Dazu gibt es unzählige Beispiele in Baden-Württemberg wo kleine Nebenstrecken elektrifiziert wurden die dann plötzlich die doppelte Auslastung im Vergleich zu vorher haben.


    Bei uns hadert es ja sogar schon mit den Hauptstrecken. Dass so eine Magistrale wie Frankfurt-Saarbrücken noch auf Dieselbasis fährt, ist eigentlich eine Schande für Deutschland.

  • Schon toll, dass die Grünen sogar Wahlgeschenke verteilen können, obwohl sie nicht an der Regierung sind. Der vorliegende Vorschlag für ein 365€-Ticket ist, wohlgemerkt, eine Bundesinitiative. Aber es ist schon konsistent in seiner Geschichtsverklärung: das einzige, an dem die Grünen keinen Anteil haben, ist der Atomausstieg. Nun denn.

    [@baeuchles] Problem ist, dass du wiederholt Probleme mit deinem Vorschlägen ignorierst, weil sie dir nicht in den Kram passen. Die Frage ist nicht, ob jemand von einem 365€ Ticket profitiert, sondern ob es dazu dienen kann die PKW Flut vom Umland in die Stadt zu reduzieren, dafür wird es ja gefordert. Wie ich dir nun wiederholt dargelegt habe, ist der Preis für das Ticket mit das geringste Problem.

    Was du bisher „dargelegt“ hast:

    Und natürlich dein Klassiker (hier mal ohne Links):

    • Eine City-Maut für PKW wäre eine Strafe
    • Eine höhere Treibstoffabgabe wäre eine Strafe
    • Die Umwandlung von MIV-Spuren in Busspuren wären Verbote (ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, auf was sich dein Verweis auf Verbote sonst beziehen kann)
    • Alles, was Autofahrende mehr Geld kostet, wird eine ominöse schweigende Mehrheit aufwiegeln und nicht-wundernde Bewegungen bei den nächsten Wahlen hervorrufen
    • Die Groko verteilt Wahlgeschenke an die Klientel der Grünen
    • Die Gelbwestenproteste in Frankreich haben sich an der Einführung der Ökosteuer entfacht und nicht daran, dass diese unsozial gestaltet wurde. (Man sollte hier vielleicht fairerweise aber auch mal sagen, dass das Klimapaket der Bundesregierung auch extrem unsozial gestaltet ist. Trotzdem ist das nicht der Fehler der Einzelmaßnahmen, sondern der Art, wie diese ausgeglichen werden.)

    Aus den letzten Punkten leite ich noch anderes ab, sage Bescheid, wenn da ein Denkfehler drin ist:

    • Die City-Maut für ÖPNV-Pendler (also den Preis, den man dafür bezahlt, die Stadtgrenze zu überfahren) ist voll ok
    • Preiserhöhungen im ÖPNV sind voll ok
    • Das Vorhandensein von Busspuren ist eine Gängelung des ÖPNV
    • Abbiegeverbote sind wie alle anderen Verbote abzulehnen

    Du beschwerst dich nun andererseits auch noch über „Utopien“, während du fleißig deine Dystopie malst. Utopie bedeutet allerdings „Nicht-Ort“ und, nun, wir hatten es ja davon, dass Gegenargumente ignoriert würden, deswegen lese doch nochmal nach, was zum Beispiel der @Holger Koetting zu London (einem definitven Dochort) geschrieben hat. Kurz gesagt: ein Mobilitätswandel ist möglich, wenn die absolute Bevorzugung des MIV aufgegeben wird, und wegen der ganzen wirklichen Probleme, die bei dir zwischendurch auch mal stehen, eben am sinnvollsten zuerst in den Städten, dann auf dem Land.

  • Eine 365€-Jahreskarte würde ich persönlich zwar begrüssen, aber der Knackpunkt an der Sache ist doch, dass das den Staat Geld kostet, der dann an anderer Stelle fehlt. Im Falle von Frankfurt sind die S-Bahnen im Berufsverkehr doch überfüllt, das heißt die Fahrgastzahlen werden im Wesentlichen von der Kapazität gedeckelt und nicht vom Fahrpreis. Da stellt sich die Frage, ob das Geld nicht besser in die Steigerung der Kapazität investiert werden sollte etwa durch mehr Fahrzeuge, eine weitere S-Bahn-Stammstrecke, weitere Außenäste oder Erhöhung der Kapazität des bestehenden City-Tunnels. Das 365€-Versuchsmodell erscheint sinnvoller in Regionen, die im Verhältnis zum Angebot geringe Fahrgastzahlen haben. Daher tippe ich darauf, dass sich für andere Modellregionen entschieden wird.