Heidelberg: Straßenbahnanbindung Patrick-Henry-Village

  • Heidelberg hat im Rahmen der Konversion von US-Army-Flächen rund 180 Hektar bebaute Fläche geerbt. Ein Großteil hiervon entfällt auf die ehemalige Wohnsiedlung Patrick-Henry-Village (PHV). Diese soll ab etwa 2025 beginnend in ein neues Stadtviertel für 10.000 Einwohner sowie Arbeitsgelegenheiten für 5.000 Personen umgewandelt werden. Aufgrunddessen wird derzeit an einer leistungsfähigen ÖPNV-Anbindung des neuen Stadtteils mit Umsetzung möglichst 2025 geplant.


    Nach diversen Diskussionen über etwa 15 Monate und hin und her mit diversen zu berücksichtigenden Prüfaufträgen wurden gestern abend im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss 6 Varianten vorgestellt:


    phv-variantenkikbi.jpg


    Variante 1: Neubau entlang Trasse ehemalige Eisenbahn nach Schwetzingen (rot)

    Variante 2: Neubau entlang Autobahnzubringer Speyerer Straße (blau)

    Variante 3: Neubau entlang Baumschulenweg (violett)

    Variante 4: Neubau Verlängerung Linie 26 ab Kirchheim, Nordvariante (orange)

    Variante 5: Neubau Verlängerung Linie 26 ab Kirchheim, Südvariante (orange)

    Variante 6: Neubau Verlängerung Linie 22 ab Eppelheim (braun)


    Zu den Prüfaufträgen gehörte neben einer Kostenschätzung insbesondere, zu evaluieren inwieweit sich über Patrick-Henry-Village hinaus Beförderungsfälle im Stadtgebiet generieren und hiermit ein Verlagerungsnutzen erzeugen läßt.


    Empfehlung der Stadtverwaltung ist nur Variante 1 und 3 weiterzuverfolgen.


    Die Varianten 4 und 5 sollen aufgrund nicht vorhandenem Verlagerungsnutzen nicht verfolgt werden, Variante 6 aufgrund hoher Reisezeit (ca 40 Minuten ab PHV bis Innenstadt). Diese drei Verlängerungen wurden im wesentlichen nur aufgrund niedriger Baukosten geprüft. Variante 2 hätte einen ähnlichen "mittleren" Verlagerungsnutzen wie Variante 6 (ca 2000 Fahrgäste verlagert), aber auch hohe Baukosten (91 Millionen) und eine komplexe Eigentümerstruktur bezüglich zu akquirierenden Geländes (es wurde da mal von 70 Eigentümern gesprochen). Insbesondere bzgl. letzterem hat Variante 1 im Vergleich den Charme, dass der Bahndamm der ehemaligen Eisenbahnstrecke wohl noch vollständig der Deutschen Bahn gehört.


    Eine Standardisierte Bewertung wurde bisher nicht vorgenommen, eine Förderfähigkeit wird aber für alle 6 Varianten ausgeschlossen.


    An Variante 2 und 3 würde ich persönlich die Führung zwischen Montpellierbrücke und Stadtausgang (das wo da "Untersuchung durch Stadt Heidelberg" steht) übrigens als problematisch sehen, nachdem man sich da durch Zubauen bis an die Straßenränder die letzten Jahre jegliche Entwicklungsmöglichkeit genommen hat.


    Als Konzept wäre für die beiden bevorzugten Varianten seitens der RNV geplant:


    Variante 1 :

    - Kursverlauf Neubaustrecke - Czernybrücke - Hauptbahnhof - Kurfürstenanlage - Bergheimer Straße- Czernybrücke - Neubaustrecke

    - keine Direktanbindung der Neubaustrecke an den Bismarckplatz als Hauptumsteigepunkt (aber touchiert immerhin auf Sichtweite)

    - Anbindung Hauptbahnhof nur stadteinwärts, in Innenstadt als Rundkurs vorgesehen (von HBf 7 Minuten zusätzliche Fahrtzeit Richtung PHV)

    - 47 Minuten Fahrzeit PHV-Endstelle -> PHV-Endstelle, geplant 10-Minuten-Takt

    - Baukosten 70 Millionen Euro

    - Verlagerungsnutzen 4300 Fahrgäste von MIV auf ÖPNV


    Variante 3:

    - Kursverlauf Neubaustrecke - Montpellierbrücke - Hauptbahnhof (über Neubauabzweig) - Betriebshof - Berliner Straße - Hans-Thoma-Platz

    - keine Direktanbindung der Neubaustrecke an den Bismarckplatz als Hauptumsteigepunkt

    - im Gegenzug Umwandlung Linie 21 in einen Rundkurs Hauptbahnhof - Kurfürstenanlage - Bismarckplatz - Bergheimer Straße - Hauptbahnhof

    - 50 Minuten Fahrzeit PHV-Endstelle -> PHV-Endstelle, geplant 10-Minuten-Takt

    - Baukosten 91 Millionen Euro

    - Verlagerungsnutzen 3600 Fahrgäste von MIV auf ÖPNV


    Der Rundkurs in der Innenstadt ist ein Steckenpferd der RNV, das sie der Stadt seit Jahrzehnten anzudrehen versuchen.


    In der weiteren Untersuchung vorgesehen ist:

    • Einbindung Nachbargemeinden und Rhein-Neckar-Kreis zwecks avisierter Verlängerung der Neubaustrecke über PHV nach Schwetzingen (als Ersatz der per Bürgerentscheid gekippten ursprünglich gepanten Variante als Verlängerung Linie 22)
    • Prüfung Auswirkungen Klimaaktionsplan der Stadt Heidelberg auf das Projekt (u.a. vorgesehene Regio-Buslinien) sowie mögliche Zusatzvarianten (Verknüpfung mit Straßenbahnprojekt Neuenheimer Feld) und Adaptierung Linienführung innerhalb PHV an bauliche Entwicklungsplanung
    • Politisches Hinwirken auf Veränderung der Standardisierten Bewertung hinsichtlich möglicher Förderfähigkeit (die PTV Group als Gutachter dazu hat ihnen da wohl irgendwas von möglichen Zusatzfaktoren gesteckt)

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  • Empfehlung der Stadtverwaltung ist nur Variante 1 und 3 weiterzuverfolgen.

    Der Gemeinderat hat letzte Woche dazu beschlossen:

    • Variante 1 wird um eine Alternativführung unter Umgehung des in einen Fußgängerweg ("Rentnerweg") umgewandelten Bahndamm östlich Pfaffengrund ergänzt.
    • Variante 2 wird um eine Alternativführung mit Querung parallel Variante 5 statt Variante 4 ergänzt.
    • Variante 3 wird wie vorgeschlagen weiterverfolgt
    • Varianten 4 und 5 (Verlängerung Linie 26) werden als Option offengehalten
    • Variante 6 (Verlängerung Linie 22) wird verworfen

    Also statt planmäßig auf zwei Varianten zu reduzieren jetzt sieben Varianten. ^^

  • Aktueller Sachstand:


    Nach einiger Zeit der Expansion und Kollabierung von zwischenzeitlich bis zu 11 Varianten soll aus obiger Karte nur noch Variante 3K (violett) weitergeführt werden. Hierbei soll in der Stadt vom HBf die Linie über Neuenheimer Feld nach Handschuhsheim weitergeführt werden.


    Für diese Variante 3K sind Netto-Kosten von 85,2 Millionen Euro avisiert; hinzu käme die Erschließung Neuenheimer Feld für 44,1 Millionen Euro.


    Für eine mögliche Verlängerung Schwetzingen würde eine geradlinige Ausschleifung ab Wild-Werke auf der Maulbeerallee mit Direktführung zum Bahnhof Schwetzingen die einzige Variante mit entfernt annehmbarem NKQ darstellen. Die Ausschleifung würde an der Stelle erfolgen, an der zwischen Eppelheim und PHV der Knick nach Süden erfolgt. Eine entsprechende Linie müßte für optimierte Nutzung zum Bismarckplatz geführt werden.


    Für eine Verlängerung in dieser Fassung sind Kosten von 36,3 Millionen Euro avisiert, es handelt sich um rund 4,5 km Querfeldein-Strecke.


    Zusätzlich soll gemäss nicht von der Stadt getragenem Beschluss in den Gremien entlang der temporär entstandenen Variante 1.4 (PHV - Wild-Werke - Pfaffengrund-Kranichweg - S-Bf Wieblingen - Neuenheimer Feld) eine Seilbahnlösung, ggf. entlang der Autobahn, als Alternative geprüft werden. Variante 1.4 wird durch die Stadt als Straßenbahnstrecke bevorzugt, würde aber den Neubau einer Neckarbrücke in einem Naturschutzgebiet erfordern der politisch mehrheitlich abgelehnt wird. Als Straßenbahnstrecke käme Variante 1.4 aufgrund der nötigen Kunstbauten auf 154,9 Millionen Euro - plus 25,1 Millionen Euro für eine einfache Querung Neuenheimer Feld.


    Obiges wurde entsprechend im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität am 30.03.22 und im Haupt- und Finanzausschuss am 06.04.22 beschlossen. Abschließend kommt die Planung im Gemeinderat am 05.05.22 auf den Tisch. Hauptsächlich geht es hierbei um die Weiterverfolgung der Planungen mit bis zu 85.000 Euro Haushaltsmitteln sowie die Trassenfreihaltung.


    Ob die Straßenbahn kommt ist selbstverständlich vorbehaltlich Förderfähigkeit. Variante 3K kommt bisher auf einen NKQ 0,59, mit Verlängerung Schwetzingen auf NKQ 0,53. Allerdings ist das ggf. unter dem Einwand zu sehen, dass die Studien bisher auf eine Schönrechnung von Variante 1.4 ausgelegt waren und diverse "Stellschrauben" wie der Masterplan Neuenheimer Feld oder der Klimaschutz-Aktionsplan der Stadt überhaupt nicht berücksichtigt sind - und das unabhängig evtl. neuer Faktoren in einer Überarbeitung der standardisierten Bewertung auf Bundesebene.


    Im Ohnefall ist nach letzter Untersuchung der PTV Group die Einrichtung von separaten Buslinien entlang der Varianten 1.4 (T20), 2 (T10) und 5 (T20) zusätzlich zur aktuellen Andienung durch Regionalbusse (T30) für die Erschließung der PHV nötig.