Nachdem an anderer Stelle im Forum die Behauptung aufgestellt wurde, dass „einige NGOs und Teile der Grünen“ (bei denen ich Mitglied bin), „die komplett autofreie Stadt fordern“, nehme ich die Frage, ob ich das wirklich toll fände, gerne auf, aber nicht in einem Thread über Aufzüge zu Stadtbahnstationen.
Zunächst mal will ich aber feststellen, dass die obige Behauptung falsch ist. Ich kenne keine NGO und auch kein Grünes Mitglied, noch gar Gruppen bei den Grünen, die komplett autofreie Städte fordern. Es ist leider in rechtskonservativen Kreisen in Deutschland Trend geworden, linken Parteien alle möglichen Forderungen zu unterstellen, die schon halbwegs so klingen, als könnten sie wirklich von dieser Partei kommen, und insbesondere den Grünen alle möglichen Verbotsfantasien unterzuschieben. Nun gut.
Aber unterhalten wir uns doch vielleicht darüber, einen Großteil der Autos und LKW aus einem Großbereich in der Mitte der Stadt (ich will explizit nicht „Innenstadt“ schreiben – sagen wir, innerhalb des Alleenrings?) zu verbannen: Wie wäre das zu bewerten, und was würde das bedeuten?
Gefiele es mir nun also, LKW und PKW weitgehend aus der Stadt zu verbannen? Die Antwort lautet: ja, gefiele mir. Fände ich das sinnvoll? Nicht sicher. Der Reihe nach:
- Ich sehe keine Notwendigkeit, 40-Tonner in die Innenstadt zu lassen, und auch 12-Tonner braucht es nicht. Es gibt längst tolle Konzepte, wie Lieferungen innerhalb einer Stadt auch ohne LKW stattfinden können, und ich bezweifle die Notwendigkeit, 10 Tonnen schwere Dinge transportieren zu müssen (bitte weiterlesen vorm Meckern).
- Außer Anwohnern muss auch niemand mit einem privat genutzten PKW in die Stadt. Da wir nicht diskutieren, die Sperrungen morgen einzurichten, ist ein als schlecht empfundener ÖPNV kein Argument – falls ein besserer ÖPNV eine Vorbedingung ist, nun: dann ist er das halt.
- Handwerker*innen wären selbstverständlich auszunehmen, aber das bedeutet nicht, dass die Einfahrt in das oder die Fahrt in dem Gebiet kostenlos sein müssen.
- Ein massiv ausgebauter ÖPNV als Voraussetzung könnte auch die Möglichkeit bieten, Lieferverkehr auf die Schiene zu verlagern.
Was würde das übrig lassen? PKW von Anwohnern, Handwerker und eine Handvoll LKW. Letztere hätten alle eine gesonderte Genehmigung; bei der Gelegenheit könnte man noch fordern, dass entweder ein Abbiegeassistent oder ein Beifahrer vorhanden sein muss. Das bringt die Terrorismusgefahr natürlich nicht auf null – auch Rechtsradikale können immerhin einen LKW fahren – aber dieses Argument ist sowieso Bullshit.
Zu guter letzt folgender, sehr wichtiger, Punkt:
- Natürlich muss es Ausnahmegenehmigungen geben. Natürlich gibt es Baustellen, die schweres Gerät erfordern. Es mag sogar ortsansässigen Handel und Industrie geben, die regelmäßig schwere Dinge brauchen, von der Müllabfuhr und Straßenreinigung ganz zu schweigen. Dafür wären alle Straßen frei, kein Handwerker steht mehr im Stau (was heutzutage richtig viel kostet; mehr als eine Maut und der bürokratische Mehraufwand für Genehmigungen kosten würde).
Vielleicht übersehe ich einige Pros und Contras – sehr wahrscheinlich tue ich das. Ich bin mir, lasst mich das nochmal klarstellen, nicht sicher, wie radikal eine Verbannung von PKW und LKW sein dürfte, und ich will nicht sagen, dass das wirklich sinnvoll wäre, noch dazu in einem solch großen Bereich (man sollte eher mal mit dem Anlagenring anfangen, aber dann wäre die Station Westend nicht mehr dabei). Aber mir ist eines wichtig: zwischen „alles so lassen wie jetzt“ (wird tatsächlich politisch gefordert) und „alle Autos aus der ganzen Stadt raus“ (wird nicht so gefordert) ist ein weites Feld der Möglichkeiten.