[07.05.2020] Tödliches Bahnunglück in Frankfurt-Nied

  • Es gibt so gesehen keinen Unsicherheitsfaktor Mensch. Dieser BÜ ist signalabhängig in des Stellwerk eingebunden, die Signale gehen erst auf Fahrt, wenn der BÜ geschlossen ist, und der Schrankenwärter die Bestätigung gegeben hat, dass keine Wegbenutzer eingeschlossen sind. Lediglich die Bedienung und Freimeldung der Schranken Erfolg vor Ort. Dieser BÜ ist technisch genau so sicher wie andere BÜ mit Vollschranken (dort hat man die Freimeldung über Kamera oder Radar).

    Alle Räder stehen still, weil der Fdl das so will.

  • Hallo.


    Die RB 10, die 3 Minuten vor der RB 12 Richtung Frankfurt, sowie ca. 5 Minuten hinter der RB 12 Richtung Höchst fährt, müssen mit betrachtet werden. Somit fahren zu diesem Zeitpunkt immer 4 Züge über den Bahnübergang.


    Grüße ins Forum
    Helmut

    Und wenn RB/RE 20/22 etwas verspätet oder weitere Züge im Spiel sind, erhöht sich die Zeit der geschlossenen Schranken (und damit auch die Ungeduld der an der Schranke Wartenden)

  • Es gibt so gesehen keinen Unsicherheitsfaktor Mensch. Dieser BÜ ist signalabhängig in des Stellwerk eingebunden, die Signale gehen erst auf Fahrt, wenn der BÜ geschlossen ist, und der Schrankenwärter die Bestätigung gegeben hat, dass keine Wegbenutzer eingeschlossen sind. Lediglich die Bedienung und Freimeldung der Schranken Erfolg vor Ort. Dieser BÜ ist technisch genau so sicher wie andere BÜ mit Vollschranken (dort hat man die Freimeldung über Kamera oder Radar).

    Das ist die Prozdur zur Freigabe der Zugfahrt.

    Nur die Frage, was geschieht, technisch gesehen!, wenn die Schranken vorzeitig geöffnet werden? Fällt das Deckungssignal auf Rot? Was, wenn der Zug dieses bereits passiert hat?

  • Ja, das ist der Sinn von der Signal Abhängigkeit. Der BÜ lässt sich nur mit einer Hilfsbedienung wieder öffnen (für diese gibt es ein Zählwerk), und das auch erst, wenn der Fdl im Stellwerk die Fahrstraße aufgelöst hat. Dafür muss das Signal Halt zeigen. Geht aus anderen technischen Gründen (Hochheben der Schranke, Unterbrechung der Verbindung) die BÜ-Sicherung verloren, fällt das Signal sofort auf Halt. Sehr sichere Sache...

    jedoch gab es kurz vor dem Unfall eine Störung an besagten BÜ (Schranken gingen nicht mehr hoch), vielleicht hängt es mit Arbeiten von den Technikern zusammen. Ich bin auf jeden Fall auf den BEU Bericht gespannt, diese sind immer sehr zu empfehlen und erklären auch sehr verständlich die Funktionsweise

    Alle Räder stehen still, weil der Fdl das so will.

  • Zu Baertram: Tatsächlich schaue ich (meistens) auch bei geöffneter Schranke, ob auch tatsächlich kein Zug kommt. Für einen Autofahrer ist das allerdings mitunter wegen des vorstehenden Kühlers bzw. Motorraums etwas schwieriger; und ein Auto kommt auch nicht sofort zum Stehen wie etwa ein zu Fuß gehender Mensch oder muss ggf. sogar erst wieder zurücksetzen.


    Wir können froh sein, dass nicht noch ein Linienbus (59) bei dem Unfall beteiligt war.

  • Was ist, wenn nun aufgrund von sog. Augenblickversagens durch den Schrankenposten der BÜ nach Durchfahrt der RB nach Königstein wieder geöffnet wurde, und wegen der alten Sicherungstechnik hierzu keine sicherungstechnische Rückmeldung an den FDL erfolgte, dass der BÜ wieder offen ist?


    Der FDL gibt der RB 12 nach Ffm Hbf "grünes Licht" aufgrund der Rückmeldung des Schrankenpostens Minuten vorher. Da der Schrankenposten wegen des Augenblickversagens aber besagte RB 12 nach Ffm Hbf vergessen hat, gibt es nun keine sicherungstechnische Rückmeldung von dort an den FDL über den offenen BÜ, noch wird der Nothalt für das Deckungssignal des BÜ vom Schrankenposten aufgrund des Augenblickversagens ausgelöst.

    Wenn dem so gewesen sein sollte und das geht, darauf bezog sich meine Frage. @Akryzazel Dann hatte ich die Ausführungen vom selbsternannten Troll falsch verstanden. Danke für die Erklärung!


    Im Endeffekt sollte aber im Jahr 2020 eigentlich die Technik so weit sein, dass der Lokführer im Zug sieht, ob ein BÜ offen oder geschlossen ist, bzw allgemein was das nächste Signal sagt.


    Aus Dänemark kann ich vom Sehen berichten, dass da vor jedem BÜ ein Signal steht, das signalisiert wenn der BÜ befahren werden kann. Quasi eine doppelte Ampel. Dass auch sowas mal gestört sein kann, geschenkt. Aber oftmals gibt es für solche Probleme ja noch eine Rückfallebene.

  • Belgien hat auch eine blinkende Weisslampe die die Funktionstüchtigkeit des Bahnüberganges

    dem Strassenverkehr signalisiert. (aber was würde das denn bei einem wärterbedienten Bahn-

    übergang bringen...?!)


    Dass noch mit Schrankenwärter an dem Bahnübergang gearbetiet wird könnte auch daran liegen, dass

    man schon seit Jahrzenten eine Brücke bauen möchte, aber nur mit dem Bau nicht aus den Pötten kommt.

    Wieso eine neue Bahnüberganganlage bauen mit allen Änderungen an Stellwerken, wenn kurz nach dem

    Umbau auf einmal die Brückenpläne fertig sind und diese auch gebaut wird....

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

    Einmal editiert, zuletzt von Darkside ()

  • Moment, abgesehen davon das wir es hier nicht mit einem LoFü-Bü zu tun haben besagt Bü1 erstmal nur, das der Bü mit beiden Systemen eingeschaltet hat - das ist nicht abhängig vom Aufleuchten des Rotlichts an der Straße...


    [...] die Signale gehen erst auf Fahrt, wenn der BÜ geschlossen ist, und der Schrankenwärter die Bestätigung gegeben hat, dass keine Wegbenutzer eingeschlossen sind. Lediglich die Bedienung und Freimeldung der Schranken Erfolg vor Ort.

    *Weißt* du das, insbesondere die Hervorhebung, weil du zB schonmal vor Ort warst, oder ist das nur eine Vermutung deinerseits?

    "Der Mensch, der so ehrbar im Einzelnen, aber so miserabel im Ganzen ist."
    Johann Wolfgang von Goethe

    Einmal editiert, zuletzt von sethaphopes ()

  • [...]

    Dass noch mit Schrankenwärter an dem Bahnübergang gearbetiet wird könnte auch daran liegen, dass

    man schon seit Jahrzenten eine Brücke bauen möchte, aber nur mit dem Bau nicht aus den Pötten kommt.

    Wieso eine neue Bahnüberganganlage bauen mit allen Änderungen an Stellwerken, wenn kurz nach dem

    Umbau auf einmal die Brückenpläne fertig sind und diese auch gebaut wird....

    Ich zitiere mal aus der Festschrift "800 Jahre Nied" (https://www.vereinsring-nied.d…_800_Jahre_Nied_Web.pdf):

    Zitat

    [...] Bereits 1915 hatte die Preußische Staatseisenbahn der Gemeinde Nied die Schließung des Bahnübergangs in Aussicht gestellt, es aber damals in der noch sehr verkehrsarmen Zeit bei einer Fußgängerbrücke belassen. Sie fiel in den 1960er Jahren der Elektrifizierung der Strecke zum Opfer. [...]

    Gemäß der Fotos war diese Brücke eine Holzkonstruktion, ähnlich wie die Fußgängerüberführung in Berkersheim.


    Mittlerweile wird auch nicht mehr über eine Brücke diskutiert oder über eine Troglösung, ähnlich wie bei den S-Bahngleisen weiter westlich vom BÜ. Die letzten Pläne sehen eine Verschwenkung der Oeserstraße in Höhe der Gebäude Nr. 105 und 111 vor, um sie dann unter die Gleise hindurch zu führen. Die Straße soll dann weiter entlang der Gleise bzw. des Denisweg zur Birminghamstraße geführt werden. Der BÜ wird stillgelegt. Zur besseren Anschauung ein Kartenausschnitt:


    Es gibt auch eine Webseite, auf der die entsprechenden Planungsunterlagen gezeigt werden, leider in einer schlechten Auflösung. Dennoch sind die Infos zum BÜ nicht uninteressant. Hier der Link zur Seite: https://bahnunterfuehrung-nied.hpage.com/home.html

    Gruß, 420 281-8
    Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht ...

  • Zum Thema "schauen, ob ein Zug kommt" - Das ist hier nahezu unmöglich, bevor man auf dem Gleis steht. Kommt man von der Oeserstraße, fährt man im spitzen Winkel auf die Gleise. Die Straße liegt etwas tiefer als die Gleise, und Büsche versperren den Blick (Google Streetview). Der Bereich des Gleise, den man einsehen kann, ist sehr klein. Dadurch, dass der Bahnübergang gleichzeitig eine Kreuzung ist und man Zickzack fahren muss, ist man meistens damit beschäftigt, die vorhandenen Verkehrsteilnehmer zu beobachten und hat nicht noch Zeit, sich umzudrehen um nach einem Zug zu schauen.


    Rotlicht auf der Straße gibt es in Nied nicht.

  • Als Autofahrer kannst du das in der Tat vergessen, einen Zug in der gleichen Fahrrichtung zu sehen, wie erwähnt spitzer Winkel von Rechts hinten (Gegenrichtung geht besser). Siehst den Zug, ist es zu spät.

    Das Heben der Schranke ist teilweise wie der Start zu einem Rennen. Frühstarter sind dann schon bereits über den Gleisen, bevor die Schrankenbäume ihre Endlage erreicht haben. Kann sogar durchaus sein, dass die RB das Signal noch ordnungsgemäß (geschlossenen Schranken) passiert hat.

    Aber eben genau wegen diesen Feinheiten ist die Frage nach dem Wie/Warum viel zu viel Spekulation, die ersten fundierten Ergebnisse werden sicherlich bald vorliegen. Objektiv ist der Ablauf relativ klar.

  • Im Endeffekt sollte aber im Jahr 2020 eigentlich die Technik so weit sein, dass der Lokführer im Zug sieht, ob ein BÜ offen oder geschlossen ist, bzw allgemein was das nächste Signal sagt.

    Wieso sollte sie das? An der Strecke liegt PZB, das ist als Sicherung normalerweise ziemlich ausreichend. Fährt der Zug an einem Signal, das auf „Halt erwarten“ steht, vorbei, hat er hernach eine Anzeige darüber im Führerstand. Fährt er an einem Signal vorbei, das „Halt“ anzeigt, wird er zwangsgebremst.


    Eine gesonderte Signalisierung von Bahnübergängen macht nur dann Sinn, wenn die gewöhnliche Signalisierung dessen Status nicht auch anzeigt. Bei eingleisigen Strecken, bei denen die Hauptsignale die Zugfolge bis zum nächsten Bahnhof regeln und Bahnübergänge bewegungsabhängig geschaltet werden, ist das anders, aber wozu noch eine zweite Signalisierung? Ich weiß zwar nicht, wie weit das letzte Hauptsignal vom BÜ aussteht, aber die Blockfolge ist auf der Strecke ziemlich dicht, sodass es unrealistisch ist, den Notbremsweg durch ein zusätzliches Signal stark zu verkürzen.

  • *Weißt* du das, insbesondere die Hervorhebung, weil du zB schonmal vor Ort warst, oder ist das nur eine Vermutung deinerseits?

    Ja, ich weiß es. Ich bin ebenfalls Fahrdienstleiter in der Betriebszentrale Frankfurt (aber auf anderem Stellwerk) und kenne die Gegebenheiten zwischen Höchst und Mainzer Landstraße.


    Die aufkommende Diskussion über die Signalisierung für die Lokführer, ob der BÜ befahrbar ist oder nicht, ist bei diesem Ereignis unrelevant. Der BÜ ist in die Blockfahrstraße eingebunden, wenn der Lokführer „Fahrt“ am deckenden Signal bekommt, ist auch der BÜ für ihn gesichert. Eine getrennte Signalisierung über den Sicherungszustand ist demnach unnötig. Ob die Zugfahrt jedoch mit Fahrtstellung oder mit besonderem Auftrag (Befehl, Zs1...) durchgeführt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.


    Generell können die Signalüberwachten BÜ mit einer Zählwerkspflichtigen Hilfshandlung aus der Überwachung der Fahrstraße rausgenommen werden. Betriebliche Bedingung ist hier zwingend die vorherige Übermittlung des Befehls 8 zur Sicherung des BÜ durch den Tf. Diese Hilfsbedienung gibt das Signal frei, ohne den Sicherungszustand des BÜ mit einzubeziehen. Spaßeshalber wird diese Bedienhandlung auch „Knasttaste“ genannt, weil du mit großer Sicherheit davon ausgehen kannst, wenn du sie bedient hast, ohne den Befehl zu diktieren, es zu einem Unfall kommt. Auch das wäre eine mögliche Erklärung.


    Aber wie bei jedem Bahnunfall passieren Unglücke in der Regel immer erst, wenn zwei oder mehr Fehler gemacht wurden.

    Alle Räder stehen still, weil der Fdl das so will.

  • Fährt der Zug an einem Signal, das auf „Halt erwarten“ steht, vorbei, hat er hernach eine Anzeige darüber im Führerstand.

    ...und muß diese quittieren, sonst wird der Zug ebenfalls zwangsweise gebremst. (nur der Vollständigkeit halber, ich weiß, Du kennst diese Tatsache, aber vielleicht nicht jeder hier. ;))

    Tja, jetzt machste dir extra die Arbeit, das hier unten zu lesen - und dann steht da nichts sinnvolles. Pech gehabt.

  • .....jedoch gab es kurz vor dem Unfall eine Störung an besagten BÜ (Schranken gingen nicht mehr hoch), vielleicht hängt es mit Arbeiten von den Technikern zusammen. Ich bin auf jeden Fall auf den BEU Bericht gespannt, diese sind immer sehr zu empfehlen und erklären auch sehr verständlich die Funktionsweise

    Akryzazel hat sich ja als Fahrdienstleiter in der Betriebszentrale Frankfurt geoutet. Demnach glaube ich seiner Aussage. Die Medien schweigen sich darüber aber aus?

  • Ist auch vielleicht gar nicht mal so verkehrt, dass der Ball erst mal flach gehalten wird. Muss ja keinen unmittelbaren Zusammenhang haben, kann eventuell den Stressfaktor bei allen nach oben getrieben haben. (Das war auch ein Punk bei den "Gerüchten" in meinen gestrigen Post).

  • [...] Die Medien schweigen sich darüber aber aus?

    Aus welchem Grund müssen die Medien Unfallanalyse betreiben, zumal diese längst nicht so fundiert wäre wie von jemanden, der das dazu notwendige Hintergrundwissen hat? Mir persönlich reicht es schon, was hier so an Meinung und angeblicher Ahnung durchs Stadtteil geistert. Deshalb muss ich nicht noch ähnliche Meinungsmache in der Presse lesen.

    Lasst doch einfach BuPo, BEU usw. ihre Arbeit machen. Zu gegebener Zeit wird es schon einen Unfallbericht zu lesen geben.

    Gruß, 420 281-8
    Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht ...

  • ...und muß diese quittieren, sonst wird der Zug ebenfalls zwangsweise gebremst. (nur der Vollständigkeit halber, ich weiß, Du kennst diese Tatsache, aber vielleicht nicht jeder hier. ;))

    Vollkommen richtig, jeder Teil davon 😀. Es ging mir um die Führerstandssignalisierung, nach der ja gefragt wurde.

  • Aus welchem Grund müssen die Medien Unfallanalyse betreiben, zumal diese längst nicht so fundiert wäre wie von jemanden, der das dazu notwendige Hintergrundwissen hat? Mir persönlich reicht es schon, was hier so an Meinung und angeblicher Ahnung durchs Stadtteil geistert. Deshalb muss ich nicht noch ähnliche Meinungsmache in der Presse lesen.

    Lasst doch einfach BuPo, BEU usw. ihre Arbeit machen. Zu gegebener Zeit wird es schon einen Unfallbericht zu lesen geben.

    Völlig richtig, auch ich werde hier keine Interna ausplaudern. Alle meine Aussagen berücksichtigen die in meinem Arbeitsvertrag vorgeschriebene Geheimhaltungspflicht. Mein Wissen über Stellwerke und Bahnübergänge ist auch öffentlich zugänglich. Wenn ihr euch auch über die verschiedenen Sicherungsarten informieren wollt, empfehle ich euch http://www.tf-ausbildung.de/BahnInfo/bahnuebergaenge.htm

    Alle Räder stehen still, weil der Fdl das so will.

    Einmal editiert, zuletzt von Akryzazel ()