[07.05.2020] Tödliches Bahnunglück in Frankfurt-Nied

  • Die FR berichtet über den Vorfall. Auf dem Foto ist zu erkennen, dass mindestens zwei Bäume geschlossen waren. Demnach nicht mit dem tödlichen Unfall zu vergleichen.

    Leider aber muss man Condor vermutlich zustimmen:

    Wobei ich fast wetten möchte, dass es genug Spezialisten gibt, die trotz geschlossenen anderen Schranken versuchen würden, den BÜ zu überqueren.

  • Wobei ich fast wetten möchte, dass es genug Spezialisten gibt, die trotz geschlossenen anderen Schranken versuchen würden, den BÜ zu überqueren.

    Die in diesem Fall aber die komplette A*-Karte haben, weil sowohl die teilgeschlossenen Schranken als auch der sich langsam nähernde/angehaltene Zug eine ausreichende Offenbarung des Vorranganspruchs der Bahn darstellt. Problem dürfte allenfalls sein, daß die öffentliche Wahrnehmnung wieder eine ganz andere ist.


    Lustig fand ich auch die eine Aussage, daß der Bahnübergang so gefährlich sei, weil man die Schranken ganz leicht anheben könne. Ja klar, bei den ewig langen Schrankenbäumen ist der "Federweg" nicht zu vernachlässigen, bis erst mal die Mechanik am Antrieb greift. Aber komplett anheben? Wohl kaum. Und die FR/FNP/Hessenschau (weiß jetzt nicht mehr, wer's geschrieben hat), druckt den Quatsch auch noch unverifiziert ab...

  • Aber komplett anheben? Wohl kaum. Und die FR/FNP/Hessenschau (weiß jetzt nicht mehr, wer's geschrieben hat), druckt den Quatsch auch noch unverifiziert ab...


    Erwartest Du, dass die Redakteure/innen selbst vobeischauen und die Probe aufs Exempel machen?

  • Erwartest Du, dass die Redakteure/innen selbst vobeischauen und die Probe aufs Exempel machen?

    Nein, ich erwarte aber von einer Redaktion, daß sie offensichtliche Falschinformationen erkennt und nicht weiterverbreitet. Auch wenn man keine Ahnung von Eisenbahn hat, sollte klar sein, daß man Schranken nicht einfach so öffnen kann. Das war wie überneulich in Darmstadts bester und einziger Tageszeitung, wo angeblich die Straßenbahnen immer bei rot über die Berliner Allee fahren würden. Der gesunde Menschenverstand sollte einem sagen, daß hier wie dort eine derart verschaltete Anlage niemals die Inbetriebnahmeprüfung bestanden hätte. Aber offensichtlich sind überall nur noch Praktikanten unterwegs, die von Wikipedia abschreiben können, aber fundierte Hintergrundrecherche ist wohl kein Lehrfach mehr.


    [Randbemerkung: Es gibt aufwerfbare Schranken, aber nicht bei wärterbedienten Anlagen.]

  • Wobei ich fast wetten möchte, dass es genug Spezialisten gibt, die trotz geschlossenen anderen Schranken versuchen würden, den BÜ zu überqueren.

    Richtig, nur genau deshalb gibt es ja das besondere Prozedere. Nur wenn man das dann mit einer Unfallsituation gleichsetzt... andererseits kann ich es in gewisser Weise verstehen, denn gerade für die Anwohner erschließt sich ja dank der überragenden Informationspolitik aller betroffenen Stellen nicht zwingend, dass es sich diesmal eben um eine sichere Situation handelte. Aber es bleibt natürlich eine Sache von dem, was man auch wissen will.

    Einmal editiert, zuletzt von MdE ()

  • Erwartest Du, dass die Redakteure/innen selbst vobeischauen und die Probe aufs Exempel machen?

    Der Redakteur des Artikels ist im Frankfurter Westen sehr gut bekannt und hat im Vorfeld intensiv in der Facebook-Gruppe der bereits erwähnten BI recherchiert. Das sagt eigentlich schon alles.

    Gruß, 420 281-8
    Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht ...

  • Ich habe immer geglaubt, Schranken *müssten* leicht zu öffnen sein, damit man eine Chance zur Flucht hat, falls man sich doch mal auf der falschen Seite wiederfinden sollte.

    fork handles

  • Ich habe immer geglaubt, Schranken *müssten* leicht zu öffnen sein, damit man eine Chance zur Flucht hat, falls man sich doch mal auf der falschen Seite wiederfinden sollte.

    Wenn Du dich "auf der falschen Seite" wiederfinden solltest, hast Du in 99,99% der Fälle Deine Pflichten als Straßenverkehrsteilnehmer vernachlässigt oder bist mutwillig auf den Bahnübergang geraten. Aufwerfbare Schranken sind daher im Regelfall nur an solchen Bahnübergängen zu finden, die fernbedient sind (also für den Fall hier irrelevant) und Verkehrsteilnehmer ungewollt eingeschlossen werden können. Das tritt im Regelfall nur dann ein, wenn der Bahnübergang eine Störung detektiert (z. B. Stromausfall) und daher aus Gründen der Sicherheit sofort schließt. Weil dann der Vorlauf (gelb-rot) mit den Lichtzeichen fehlt, könnte in diesem Fall jemand eingeschlossen werden - daher die Möglichkeit zum Aufwerfen. Beim regulären Schließen der Schranken "kann" niemand eingeschlossen werden, weil durch das Rotlicht das Schließen der Schranken rechtzeitig angekündigt wird und Straßenverkehrsteilnehmer selbstverständlich nicht - das hat man ja in der Fahrschule gelernt - in einen besetzten Bahnübergang einfahren und dann unvermittelt auf den Gleisen stehen...

    Ganz abgesehen davon, daß Bahnübergänge mit Vollabschluß durch den Bediener freigemeldet werden.

  • Die bisherigen Aussagen sprechen dafür, dass die Schrankenanlage störanfällig ist, aber bis auf den tödlichen Unfall vor einigen Wochen die Sicherheits-Maßnahmen greifen. "Fail-safe" ist in Deutschland grundlegendes Sicherheitsprinzip der Technik, so etwa auch beim Brandschutz. Das das in den Medien und der Öffentlichkeit anders rüberkommt, ist eine andere Sache.


    Zum Thema: Schon vom äußeren Erscheinungsbild ist ersichtlich, dass die Schrankenanlage älter ist. Das heißt noch nichts (siehe etwa ET 420 oder u2-Wagen :)). Aber wenn sich die Störungen mehren, wird dadurch der Bahnbetrieb deutlich eingeschränkt, z.B. Schrittempo der Züge oder Umleitungen über die S-Bahn-Strecke, von der ja auch die Nieder BI träumt, die Griesheimer und die S-Bahn-Fahrgäste wohl weniger :P. Also sollte über eine grundlegende Instandsetzung der Schrankenanlage nachgedacht werden, da dieses wohl schneller ablaufen sollte als der Neubau einer Unterführung nebst Planungsverfahren.


    Dann sollten aber die Störungen des BÜ mit entsprechendem standardmäßigem Sicherheits-Verfahren deutlich von dem tödlichen BÜ unterschieden werden. Für mich stellt sich die entscheidende Frage, warum diese standardmäßigen Sicherheitsmaßnahmen in dem einen Fall eben nicht funktionierten und der Zug der HLB vor der offenen Schranke nicht abgebremst wurde. Das wird die entscheidende Frage sein, die in der eisenbahn-technischen Untersuchung zu klären ist.

  • Mit dem Auto landet man in der Tat eher selten unfreiwillig zwischen den Schranken. Bei gehbehinderten Fußgängern kann ich mir das aber viel leichter vorstellen. Vermutlich meiden diese Leute Bahnübergänge wie die Pest.

    fork handles

  • Probleme bestehen im wesentlichen für Rollstuhlfahrer, wenn diese mit den Rädern an den Schienen hängenbleiben. Über entsprechende Erlebnisse hat mir auch schon eine befreundete Rollstuhlfahrerin berichtet - und zwar an Überwegen über die Straßenbahn.


    Diese Frage ist unabhängig von Bahnschranken und dem betreffenden BÜ, sondern muss durch entsprechende Schutzvorrichtungen der Überwege über jegliche Gleise verhindert werden.


    Da im Regelfall BÜ sehr frühzeitig vor Annäherung eines Zuges geschlossen werden und auch öfter nach Passieren des Zuges öfter geschlossen bleiben, bis einige Minuten ein weiterer Zug durchgefahren ist, ist das Risiko für den normalen Fußgänger oder Radfahrer gering, "plötzlich" vor der geschlossenen Schranke eingeschlossen zu sein. Und auch der Schließvorgang selbst dauert ja eine gewisse Zeit.


    Gehbehinderte oder auch Eltern mit kleinen Kindern werden wohlweislich gerade wegen der längeren Zeit, die sie zum Überqueren brauchen, sehr genau auf Signale und Schrankenbäume achten und ggf., wenn sie kurz nach Betreten des BÜ sehen, dass die Schranke sich senkt, notfalls auch zur Ausgangsseite zurückkehren. Die meisten neueren Schrankenanlagen bestehen wohl auch aus diesem Grund aus sog. Halbschranken, die zwar den Eingang, aber nicht den Ausgang des BÜ blockieren. Das könnte dann auch für den BÜ in Nied eine vorübergehende Lösung sein.

  • Probleme bestehen im wesentlichen für Rollstuhlfahrer, wenn diese mit den Rädern an den Schienen hängenbleiben. Über entsprechende Erlebnisse hat mir auch schon eine befreundete Rollstuhlfahrerin berichtet - und zwar an Überwegen über die Straßenbahn.



    Gibt es denn so viele Querungen, die so extreme spitze Winkel haben, dass man als Rollstuhlfahrer die Gefahr des Steckenbleibens hat? :huh:

    Jakkeline, nich den Marzel mit die Schüppe auf'n Kopp kloppen!
    ________ _ _ _ _ _ _


    Freundliche Grüße!

  • Das sind nicht unbedingt die spitzen Winkel, sondern die Lücken zwischen Gleisbett und Schiene, in die man mit einem Rad des Rollstuhls hineingeraten kann. Deshalb gibt es ja zum Schutz davor oft die früher erwähnten Gummimatten, die auch Radfahrer etc. vor ähnlichem bewahren sollen.

  • Ich zitiere nur die beiden in der Presse gemeldeten Störungen der letzten Tage. Ich behaupte nicht, dass darin ein Sicherheitsproblem besteht. Aber wenn zweimal in wenigen Tagen Züge im Schrittempo über einen Bahnübergang fahren müssen, weil es ein technisches Problem mit der Schrankenanlage gibt, und jetzt umgeleitet werden, sehe ich darin schon eine gewisse Häufigkeit in den letzten Wochen. Und davor bei der dritten Störung vorher hat ja die technische Sicherung nicht funktioniert.:(


    Es mag natürlich Ansichtssache sein, darin eine "Häufung von Störungen in der letzten Zeit" zu sehen, zumal ich davon ausgehe, dass vor der Wieder-Inbetriebnahme die ganze Anlage auf Herz und Nieren überprüft wurde. Offensichtlich funktioniert ja auch das Sicherheitssystem - was ich auch in meinen Posts betone. Aber die beiden gemeldeten Vorfälle haben ja auch Auswirkungen auf die Abwicklung des Bahnbetriebs.


    In dieser Aussage sehe ich keinen Populismus. Sagen wir es so: Wenn ein bestimmtes Triebfahrzeug wegen eines technischen Defekts in den letzten vier Woichen dreimal unterwegs liegen bleibt und den Bahnbetrieb für eine gewisse Zeit blockiert, sehe ich darin auch kein Sicherheitsproblem, aber schon die Notwendigkeit, dieses Fahrzeug dahingehend zu überprüfen, dass der Bahnbetrieb störungsfrei laufen kann.

  • Ich zitiere nur die beiden in der Presse gemeldeten Störungen der letzten Tage.

    Nein. Du zitierst nicht nur, sondern du ordnest auch ein und bewertest diese drei Störungen als Zeichen für erhöhte Störanfälligkeit. Du sinnierst, ob diese gefühlte Störanfälligkeit etwas mit dem Alter und Zustand der Anlage zu tun haben könnte.


    Nun wissen wir aber nicht, wie häufig diese Art von Störungen grundsätzlich bei Büs vorkommt, und noch weniger bei ähnlichen Büs. Wir wissen nicht Mal, wie oft eine Fahrt auf Befehl bei *diesem* Bü sonst vorgekommen ist.


    Wenn gerade keine Wutbürger-Ini unterwegs ist, kräht kein Hahn nach so was.

  • Gut, ich gebe zu, dass ich die drei Störungen als Zeichen erhöhter Störanfälligkeit möglicherweise falsch eingeschätzt habe.


    Eine Zahl kann ich allerdings nennen: 146 Unfälle gibt es bundesweit an BÜ im Jahresdurchschnitt, der aktuelle vom Juni in Nied geht in die Statistik für das laufende Jahr ein. Quelle: https://www.deutschebahn.com/r…AQ_bahnuebergang-data.pdf


    Diese Zahl wird in Kapitel 3 genannt. Als Ursache wird zu 95 % Fehlverhalten von Straßenverkehrsunfällen genannt. Also fällt der Unfall in Nied zu den 5 % bzw. etwa 7 Fällen anderer - in der Regel bahnseitiger - Ursachen.


    Andere technische Störungen, die nicht zu Unfällen, aber zu betrieblichen Verzögerungen führen, scheinen anderswo auch aufzutreten. So fand ich über Google einen Bericht der Öffenbach Post über eine herstellerbedingte Schrankenstörung an einem BÜ der 2003 eröffneten Rodgau-S-Bahn, die dort mehrmals in einem Monat dazu führte, dass die S-Bahnen dort über den BÜ schleichen mussten.


    Zahlen über die unfall-losen technischen Störungen an BÜ fand ich auf die Schnelle nicht. Hier gehe ich davon aus, dass die Sicherungstechnik funktioniert und diese Störungen auch seltener in öffentliche Statistiken eingehen.


    Und solche technischen Störungen - egal, ob der Begriff "Störanfälligkeit" gerechtfertigt ist oder nicht, tragen zu den Verspätungen und Ausfällen des Bahnverkehrs mit bei. Und über diese Verspätungen beschweren sich nicht nur WutbürgerInnen.

  • Diese Zahl wird in Kapitel 3 genannt. Als Ursache wird zu 95 % Fehlverhalten von Straßenverkehrsunfällen genannt. Also fällt der Unfall in Nied zu den 5 % bzw. etwa 7 Fällen anderer - in der Regel bahnseitiger - Ursachen.

    Das steht dort so aber nicht:


    3.3 Was sind Ursachen für Unfälle am Bahnübergang?
    Die Ursachen für Unfälle an Bahnübergängen sind vielfältiger Natur. Jedoch zeichnet sich aus den
    Erfahrungen der letzten Jahre ab, dass über 95 Prozent der Unfälle aufgrund von Verstößen gegen
    die Straßenverkehrsordnung entstehen.

    Da steht, dass über 95% der Unfälle aufgrund von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung entstehen. Die restlichen 5% werden nicht näher definiert. Wie kommst du darauf, dass die 5% "bahnseitige Ursachen" sind? Das könnten doch genauso gut höhere Gewalt sein oder Fahrzeuge, die aufgrund von Defekten auf einem BÜ liegenbleiben.

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  • Tun sie das? Was Du gerade da verbreitest, ist purer Populismus.


    Daher bitte ein klare Aussage von Dir: Wie oft (in absoluten Zahlen) ist die Schrankenanlage gestört?

    Es kommt schon relativ häufig vor, ich kann dir zwar keine exakte Zahl nennen, aber Motoren und oder Getrieb werden schon öfter ausgetauscht. Nebenbei, die defekte Einheit ist die kürzlich neu errichtete.


    Das gezeigte Bild ist in Nied nicht unbekannt (wenn auch sonst noch das flatterbandähnliche Absperrband benutzt wurde), nur hatte es bisher nicht dieses mediale Echo.

  • Aber offensichtlich sind überall nur noch Praktikanten unterwegs, die von Wikipedia abschreiben können, aber fundierte Hintergrundrecherche ist wohl kein Lehrfach mehr.


    Es wird zwar nunmehr sehr OT, aber ich denke, es ist sinnvoll, sich vor Augen zu führen, wie Medien heute funktionieren. Es sind eben nicht die Praktis, die hier ihr Unwesen treiben; das sind normale, meist unterbezahlte Redakteurinnen und Redakteure. Es hat mehr mit den Bedingungen der Produktion zu tun; husch, husch, schnell etwas zusammenzuhuschen. Auf den Inhalt kommt es gar nicht so sehr an, Hauptsache, der Artikel (online) führt zur Werbung. Anders gesagt: Journalismus heute ist nur noch Vehikel dafür, Werbung verkaufen zu können. Im Radio ist das noch offensichtlicher (offenhörlicher). Das Formatradio wurde bewußt kreiert, um Menschen so lange mit bewußt manipulativen Musikteppichen mitzuschleppen, bis die Werbung drauflostutet. "Bleiben Sie dran ..." Freiwillig tut sich das ja kein Mensch an. Ich weiß, wovon ich rede, ich war beim Radio.