Das Investitionsbeschleunigungsgesetz und seine Auswirkungen

  • Gestern (12.08) hat das Kabinett den durch das BMVI vorgelegten Entwurf zum Investitionsbeschleunigungsgesetz beschlossen.


    Enthalten in diesem sind grade für den Ausbau auf der Schiene sehr interessante Bestandteile:


    Kein Planfeststellungsverfahren mehr notwendig bei Genehmigung von:

    • Elektrifizierung von Bahnstrecken
    • Ausstattung mit digitaler Signal- und Sicherungstechnik
    • barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder Verlängerung von Bahnsteigen
    • Errichtung von Schallschutzwänden zur Lärmsanierung

    Teilweise sollen bei diesen Maßnahmen nur noch Vorprüfungen notwendig seien, nachfolgende Umweltprüfungen entfallen


    Sofortiger Vollzug von Baurecht


    • Für überregional wichtige Infrastrukturprojekte - wie Projekten
      aus dem Bundesverkehrswegeplan oder dem Mobilfunkausbau - wird gesetzlich ein Sofortvollzug angeordnet.
    • Das heißt: Nach Genehmigung durch die zuständige Behörde kann sofort gebaut werden. Die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen oder Anfechtungsklagen entfällt in diesen Fällen. Der Weg des einstweiligen Rechtsschutzes im Eilverfahren bleibt erhalten.


    Schnellere Prüfung der Raumverträglichkeit

    • Infrastrukturprojekte werden in Deutschland in der Regel in einem zweistufigen Prozess zugelassen:
      1. Raumordnungsverfahren: zur Prüfung der (über)regionalen Auswirkungen eines Projektes.
      2. Planfeststellungsverfahren: zur Erteilung der des Baurechts.
    • Um Doppelarbeiten zu vermeiden, kann künftig auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet werden, wenn keine entsprechenden Konflikte zu erwarten sind. Darüber hinaus wird das Verfahren - z.B. durch Online-Veröffentlichungen - stärker digitalisiert.
  • Is' schon wieder Wahlkampf? Das Haus Scheuer tut so, als hätten sie gerade das Rad neu erfunden. Das Wenige, was sie tun können, haben sie getan, das sind im Wesentlichen Präzisierungen der bestehenden Rechtslage, um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen, Änderungen in der Verwaltungsgerichtsordnung. Das Instrument der Einschränkungen des Rechtsschutzes, wie der Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen, wird erweitert. Waren das bisher nur bestimmte, im Gesetz explizit genannte Vorhaben (z.B. für den Ausbau der Höchstspannungsstromtrassen, bestimmte Neu- und Ausbaustrecken der Bahn und der Bundeswasserstraßen), wird der Anwendungsbereich jetzt erweitert, z.B. auf den gesamten Bereich des Windkraftausbaus.


    Die größte Erleicherung dürfte aber tatsächlich der Wegfall des PFV für Lämrschutzwände, barrierefreien Umbau der Stationen, Elektrifizierung und Maßnahmen bis 5.000 m² Flächeninanspruchnahme sein.


    Entwurf eines Investitionsbeschleunigungsgesetzes


    Woran der deutsche Gesetzgeber aber nichts ändern kann, ist das europäische Umweltrecht (z.B. FFH-Richtlinie, Wasserrahmenrichtlinie).

    Als große Hürde im Planungsrecht vor allem bei Großvorhaben erweist sich die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die über das Wassserhaushaltsgesetz und die Wassergesetze der Länder in deutsches Recht übersetzt wurde. Früher gab es ein wasserrechtliches Optimierungsgebot, d.h. Eingriffe in Grund- und Oberflächenwasser sollten so gering wie möglich gehalten werden, die Planung war entsprechend zu optimieren, aber Eingriffe waren nicht schlechthin verboten.


    Die Wasserrahmenrichtlinie formuliert ein Verschlechterungsverbot, d.h. Eingriffe in den Wasserkörper, die zu einer Verschlechterung führen, sind schlicht verboten. Der EuGH hat das in mehreren Urteilen in den letzten Jahren, zuletzt 2018, konkretisiert. Demzufolge handelt es sich bei den Umweltzielen der WRRL nicht lediglich um an die Mitgliedstaaten gerichtete politische Programmsätze, vielmehr ist das Verschlechterungsverbot eine unmittelbare Zulassungsvoraussetzung für konkrete gewässerbezogene Vorhaben, muss also im Genehmigungsverfahren zwingend beachtet werden. Vorbehaltlich strenger Ausnahmeregelungen führt demnach ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot zu einer zwingenden Untersagung des Vorhabens.


    Das stellte Planer und Ingenieure nach den örtlichen Wasserverhältnissen unter Umständen vor ziemliche große Probleme und erzwingt teure Vermeidungsstrategien (siehe U5 Europaviertel, Umbau Knoten F-Stadion).


    Der EuGH hat in der Entscheidung zur Weservertiefung die Kriterien für das Vorliegen einer Gewässerverschlechterung näher bestimmt. Eine Verschlechterung liegt demnach vor, wenn sich die Einstufung mindestens einer der relevanten Qualitätskomponenten des Anhangs V der WRRL um eine ganze Klasse verschlechtert. Dies gilt auch dann, wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Gewässerkörpers insgesamt führt. Ist die jeweilige Qualitätskomponente des Anhangs V bereits der niedrigsten Kategorie zugeordnet, ist bei jeder weiteren Beeinträchtigung von einer Verschlechterung des Gewässerzustands auszugehen. Entsprechendes dürfte inzwischen auch für die Grundwasserbenutzung entschieden worden sein.


    Auf jeden Fall haben die EuGH-Entscheidungen weitreichende Folgen für die wasserrechtliche Praxis, da nicht nur die Versickerung von Straßenabwässern, sondern grundsätzlich jede Grundwasserbenutzung in Konflikt mit dem Verschlechterungsverbot geraten kann. Erlaubnisse und Bewilligungen für Grundwasserbenutzungen könnten künftig strengeren Vorgaben des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots unterliegen und zudem durch private Betroffene anfechtbar sein.


    Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass das Wasserrecht auch der Grund für die Umplanung des an sich schon planfestgestellten BÜ Lachweg in Eschersheim und Berkersheim ist. Die letzte Planänderung für den Umbau Knoten F-Stadion war einzig der Versickerungsproblematik geschuldet und der Existenz von Grundwasserschutzzonen im Bereich Stadion; Verzögerung mind. zwei Jahre.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Was bedeutet das jetzt in der Praxis?


    Ich denke dabei an zwei Projekte hier aus der Region:

    - Elektrifizierung der Taunusbahn; und
    - Elektrifizierung der Niddertalbahn.


    Überwiegend bestehen diese aus der Elektrifizierung aber abschnittsweise soll zweigleisig ausgebaut werden damit Begegnungsverkehr, verursacht durch eine moderate Taktverdichtung, stattfinden kann. Müsste jetzt nur noch der zweigleisige Ausbau ins Planfeststellungsverfahren oder evtl. ist keines mehr anzuwenden weil dafür ein anderes leichter zu durchlaufendes Verfahren für das gesamte Prj. notwendig wird?


    Kurz gefragt: Ergibt sich dadurch eine (signifikante) zeitliche Verkürzung und dadurch die Chance einer schnelleren Realisierung in Gänze?

  • Kann man nicht sagen. Es hängt vom Stand der Verfahren ab. Normalerweise enthält ein Gesetz eine Übergangsregelung, die die Anwendung oder Nichtanwednung auf laufende Verfahren regelt, unter welchen Voraussetzungen neues oder altes Recht gilt. Und es hängt von den Details der Planung ab, etwa vom Umfang in Anspruch genommener Flächen. Was sicher eine Entlastung bringen könnte, ist der evtl. Entfall der Umweltverträglichkeitsprüfung. Beurteilen kann das aber nur, wer die baulichen Details kennt.

  • Bei der Taunusbahn sind die Unterlagen für das Verfahren ja inzwischen eingereicht. Mal sehen... zwar ist der Erlenbach FFH-Gebiet, aber wenn ich mich richtig an die Infoveranstaltung im Herbst erinnere, schränkte das die Planung kaum ein.