Konkurrierende Konzepte zur Zukunft: mofair und Bahn für Alle

  • Und was ist jetzt besser für den Betrieb? Alles aus einem Hut oder so halb ausgegorene Konzepte?

    Was ist denn das für eine blöde rhetorische Frage? Die richtige Antwort, die Du nämlich nicht anbietest, könnte nämlich auch heißen: Alles getrennt, aber mit wohldefinierten, effizienten ("ausgegorenen") Meldewegen und Zuständigkeiten.


    Die Tatsache, daß z. B. jedes EVU seinen eigenen SEV zusammenbastelt, ist ja nun kein Naturgesetz. Man könnte genausogut festlegen, daß derjenige den SEV organisiert, der ihn zu verantworten hat. Heißt: Wenn das EIU baut und die Strecke sperrt, hat es gefälligst für die Weiterbeförderung der Endkunden zu sorgen. Das würde sogar dafür sorgen, daß Baustellen vielleicht mal wieder etwas zackiger abgearbeitet werden, weil die Mehrkosten für den SEV beim Netz und nicht bei den EVU hängenbleiben. Jedenfalls: Das ist eine reine Sache der Gesetzes-/Vertragsgestaltung, aber kein Argument für oder gegen eine Trennung von Netz und Betrieb oder dem Zulassen von einem oder mehreren EVU.


    Im übrigen bringt der Verweis auf die ach-so-tolle Bundesbahnzeit rein gar nichts, denn zu Bundesbahnzeiten hätte es kurz darauf die Taunusbahn, die heute aus allen Nähten platzt, nicht mehr gegeben...


    Und wie der Blick in die Nachbarländer (Frankreich, Spanien), die allesamt die Konkurrenz erst zum letztmöglichen Zeitpunkt zulassen, zeigt, ist ein "Betrieb in einer Hand" einzig ein Garant für miesestes Eisenbahnangebot auf den Niveau der 1980er und früher. Warum wohl hat gerade die SNCF eine krachende Niederlage bei der allerersten Ausschreibung an der Côte d'Azur eingefahren?


    Die Frage, die sich für Deutschland stellt, ist also primär erstmal die Frage, ob es ein Webfehler der Bahnreform war, den Fernverkehr eigenwirtschaftlich abzutrennen. Weil, wenn ich das will und damit möchte, daß das EVU DB Fernverkehr wirtschaftlich unterweg ist, kann es umgekehrt nicht sein, daß jeder Dorfbürgermeister nach seinem ICE-Halt schreit. Und es auch nicht sein kann, daß viele (einige auch hier im Forum) die Flixbude ganz toll finden, obwohl die die Eigenwirtschaftlichkeit und Rosinenpickerei auf die Spitze treiben und wenn umgekehrt DB FV unwirtschafliche Strecken nicht bedienen will, es dann wieder die böse Bahn ist.


    Ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, allzusehr auf andere Länder zu schielen. Jede Bahnreform hat in jedem Land irgendwelche Vor- und auch Nachteile. Diese aber jeweils zu bewerten und in Relation zu Deutschland zu setzen, ist immer schwierig. Das ist letztlich wie die Diskussion, wie toll doch der TGV in Frankreich ist. Was aber die wenigsten beachten, ist die stark monozentrische Ausrichtung auf Paris und die sehr dünn besiedelten Landstriche zwischen den Metropolen. Oder die Bezeichnung von Zuggattungen in anderen Ländern. Was in der Schweiz als IC läuft, ist bei uns allenfalls ein besserer RE. Aber dafür sind dort eben die Ballungsräume auch anders verteilt als bei uns.


    Selbst mit dem Vergleich von Ausgaben pro Kopf für die Bahn/den ÖPNV muß man sehr aufpassen. Gut. über die Schweiz muß man nicht reden. Aber schon mit den reinen Zahlen z. B. zwischen Österreich und Deutschland wird es schwierig. Ja, die Ösis geben aktuell fast dreimal soviel pro Nase aus wie wir. Nur: Die basteln im Moment an vergleichsweise teuren und aufwendigen Tunnelprojekten rum (Koralm, Brenner, Semmering), die wir derzeit nicht haben und außerdem ist Deutschland im Schnitt doppelt so dicht besiedelt. Heißt: Wenn ich in Deutschland 1 km Strecke bauen will, finanzieren das damit auch doppelt soviele Einwohner. Daher muß Österreich per se doppelt soviel pro Kopf ausgeben wie Deutschland. Daher ist: "Schaut mal nach xy-Land" (zumindest ohne die Rahmenbedingungen oder die Nachteile des dortigen Systems zu betrachten), keine sinnvolle Argumentationshilfe.

  • Fortsetzung:

    Den einzelnen Staaten und auch Regionen steht es frei, die Netze über die europäischen Zuschüsse hinaus weiter zu subventionieren. Das könnte z.B. sinnvoll sein, um gezielt LKW-Ströme von den Straßen auf eigene "Rollende Landstraßen" umzuleiten.


    Von den Netzagenturen werden die Basis-Angebote - wie der erwähnte Stundentakt zwischen Paris und Köln - priorisiert an Anbieter wie die EuropaBahn oder an Thalys vergeben. Die fahren aber eigenwirtschaftlich. Darüber hinaus kann jeder beliebige weitere Züge - auch einen baeuchle-Express" und einen "Neuer Ost.West-Express" ^^im Rahmen der verfügbaren Trassen anbieten. Das passiert schon z.B. zwischen Wien und Salzburg, wo sowohl die ÖBB wie die Westbahn fahren. Die Westbahn fahren quasi im Pendelverkehr im Stundentakt, die ÖBB mit weitlaufenden RailJets, z.B. Paris - Wien oder München - Salzburg. Faktisch ergibt sich daraus schon eine Aufspaltung in einen billigeren privaten "Regionalverkehr" und einen etwas teureren Fernverkehr der ÖBB.


    Auf die Dauer werden sich weder DB noch ÖBB oder Westbahn oder Flix es leisten können, Bahn-Dumpingpreise anzubieten, um die Konkurrenz auszuschalten. Da sollten schon im Falle der DB der Rechnungshof und der Finanzminister hinterher sein, um das zu verhindern. Warum soll ein teureres Angebot der DB zwischen Köln und Hamburg mit Steuergeldern subventioniert werden, wenn es die SNCF oder FlixMobility billiger schaffen ? Schwämmlein nennt ja als Beispiel seinen Zug zwischen Stockholm und Göteborg, der gerade zum Flugverkehr die Alternative ist. Wenn der grüne Zug billiger als der XTrain der SJ ist, warum soll der dann nicht den Job machen ? Möglicherweise können sich ja dann SJ oder DB mit höherem Komfort weiterhin profilieren.


    Weitere Rabatte gibt es ja bei vielen Ländern auch durch BahnCards und ähnliche Angebote. Wenn ich demnächst für 30 € im Monat jeden Regionalzug in ganz Hessen nutzen kann, sind meine Nutzungs-Präferenzen schon sehr eindeutig festgelegt. Da die Reise mit dem RE von Frankfurt nach Kassel auch nur eine gute halbe Stunde länger dauert als mit dem direkten ICE, lohnt der RE bis Kassel mit Umstieg auch schon für Reisen weiter in den Norden. Und es ist Sache der Regionen und Einzelstaaten, wo entsprechende Rabatte gelten. Das Schweizer Halbtax-Abo gilt z.B. für fast alle Öffis in der Schweiz.


    Die BahnCard der Deutschen Bahn gilt wiederum nur in den Zügen der Deutschen Bahn und von den Aufgabenträgern bestellter Regionalzüge. Damit ist für mich mit BC50 z.B. der FlixTrain vergleichsweise uninteressant, dessen Preise in etwa bei der Hälfte der regulären DB-Preise liegen. Mit der Trennung von Netz und Betrieb wird dann der Deutschen Bahn auch mehr Wettbewerb abverlangt. Bei besseren Trassenbedingungen könnte Flix dann etwa öfter fahren und sich seinerseits überlegen, eine Flix GreenCard :)anzubieten.


    Die deutsche Politik wiederum könnte überlegen, statt einzelner Unternehmen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel insgesamt stärker zu bezuschussen. Das Schweizer Modell könnte etwa dahin gehend übernommen werden, dass es entsprechende Rabattkarten für den gesamten Nah- und Regionalverkehr in Deutschland gibt, die auch mit bestehenden Zeitkarten kombiniert werden oder auch deren Preis vergünstigen. Ob es dann auch ein entsprechendes Halbtax-Abo für alle Fernzüge gibt oder wie dann das bundesweite Regio-Halbtax mit den Rabatt-Karten der Fernverkehrsanbieter kombiniert wird, wäre dann in einem zweiten Schritt zu überlegen.

  • Zu HolgerKoetting: Auch wenn ich gerne auf Flix verweise. Gerade vor ein paar Posts habe ich darauf verwiesen, dass die bevorzugt ihre Regionalstrecken, z.B. zwischen Frankfurt und Trier / Luxembourg zugunsten der Gastarbeiter-Shuttle in den Balkan reduzieren. Und dem versuche ich mit dem Gedanken einer priorisierten Vergabe der Basis-Bedienung bevorzugt an die staatlichen Bahnen entgegen zu wirken.


    Eindeutig mehr Wettbewerb würde auch der Deutschen Bahn gut tun. Und das muss nicht die grüne Flixbude sein, sondern gern auch abellio oder die HLB.


    Die künstliche Trennung in Regional- und Fernverkehr finde ich auch sehr ungünstig. Die von HolgerKoettings genannten Forderungen der Dorfbürgermeister nach ICE-Halten bewirken gleich zwei Nachteile: Aus dem ICE - die ich eigentlich lieber im Kontext eines europäischen Fernverkehrs sehen möchte - werden so praktisch "IDE" - InterDorf-Express :P-Züge, oft mit Reisegeschwindigkeiten nur unwesentlich über denen von schnellen RE.


    Und der zweite Nachteil: Die Bewohner der so beehrten Dörfer müssen dann auf einmal zum Teil deutlich höhere Fahrpreise bezahlen, weil ihre bisherigen in fast gleicher Trassenlage fahrenden RE oder IC durch ICE ersetzt werden.


    Eigentliich "schreit" die Situation nach einem 2. Bahnangebot zwischen RE und ICE, das genau diese Funktionen eines schnellen Regionalverkehrs mit weitlaufenden Direktverbindungen vereint. Damit könnten dann die ICE - einschließlich der sehr aufwändigen Fahrzeuge - dort eingesetzt werden, für wo sie eigentlich vorgesehen sind: Im nationalen und europäischen Fernverkehr über große Entfernungen mit hohen Reisegeschwindigkeiten. Wer dann eben schnell von Bensheim nach München oder von Gießen nach Hamburg oder Berlin will, kann dann in Mannheim oder Stuttgart bzw. in Kassel in den ICE wechseln. Tariflich neige ich zu der Überlegung, dieses 2. Angebot als einen "Regional-Express Extra" :) - natürlich mit einem etwas besseren Namen - zu behandeln, für den zu den bestehenden Regionalverkehrskarten ein gewisser Zuschlag erhoben wird, ähnlich, wie es in der Vergangenheit mit dem IC erfolgte. Der könnte dann auch gerne weiterhin "Intercity" heißen, womit auch eine praktische Angleichung an ähnliche Zugangebote in einigen Nachbarländern bestehen würde.

  • Eindeutig mehr Wettbewerb würde auch der Deutschen Bahn gut tun. Und das muss nicht die grüne Flixbude sein, sondern gern auch abellio


    Abellio, Abellio, Abellio, warte mal, da war doch was? Ist das nicht die Bude, die jetzt insolvent ist und gerade aus allen Verträgen rausfliegt? Und die soll was anderes fahren, am besten noch auf eigene Rechnung, wo sie noch nicht mal ihre bezahlten Verkehre hinbekommt?


    Eigentliich "schreit" die Situation nach einem 2. Bahnangebot


    Nein, tut sie nicht. Du hast auch nicht verstanden, worauf ich hinauswill. Es ist ist sch...egal, wie der Fernverkehr heißt und wieviele Halte er hat. Deswegen geht Deine gesamte folgende Argumentation gerade am Thema vorbei. Es geht nur darum, ob es einen (eigenwirtschaftlichen) Verkehr - ohne Aufgabenträger - geben soll, oder nicht. Und entweder will ich Open Access-Betreiber (die es übrigens auch in England gibt), dann darf ich denen auch nicht politisch reinreden und Forderungen stellen (Dorfbürgermeister) oder ich will sie nicht. Dann habe ich in irgendeiner Form ein Vergabeverfahren, bei dem ich Forderungen aufstellen kann (Mindestbedienung, Strecken, Halte, whatever). Was in den Vergabeunterlagen drinsteht, ist nicht Teil dieses Threads. Deswegen bitte, verzichte auf seitenlange Auslassungen darüber, wo ein RE wie Halten könnte oder ob man ihn dann nicht besser IR nennt und zwei Minuten früher in Gießen abfährt.

  • Ein bestelltes Grundangebot ist auf jeden Fall zur Sicherung der Daseinsgrundvorsorge erforderlich. Die Ausprägung können die zuständigen Aufgabenträger bzw. deren Parlamente entscheiden. Auf politischer Landes- oder Bundesebene kann auch dazu gehören, ob einige Fernzüge dazu gehören, damit es etwa eine direkte ICE-Verbindung von Katzenellnbogen nach Berlin gibt.:)


    Darauf aufgesattelt kann es gerne ein zusätzliches eigenwirtschaftliches Open-Access-Fernverkehrs-Angebot geben. Um die Deutsche Bahn mit ihrem Fernverkehrsbetrieb kann dann der Bundestag ein entsprechendes bundesweites Fernverkehrsangebot bestellen - was dann selbstverständlich auch der parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Wenn dann für den Montagmorgen ICE von Katzenellnbogen nach Berlin ein entsprechender Einsatz der Flugbereitschaft der Bundeswehr eingespart wird, dürfte dieses sogar eine parlamentarische Akzeptanz finden.


    Wenn zusätzliche Angebote von anderen Anbietern - wie bereits wohl einzelne Nachtzüge der ÖBB - überhaupt erst möglich werden oder effizienter sind, warum sollen diese Chancen ausgelassen werden ?

    Zitat von Holger Koetting

    Abellio, warte mal, da war doch was? Ist das nicht die Bude, die jetzt insolvent ist und gerade aus allen Verträgen rausfliegt?

    Von abellio habe ich übrigens kürzlich gelesen, dass die jetzt doch bis 2030 weiter fahren. Vielleicht weißt Du mehr ?

  • LKW Ströme auf Züge umleiten geht auch indem der Staat Geld einnimmt (LKW Maut) statt Geld ausgibt (Subventionen).

    Aber egal welchen Weg man nimmt irgendwo wird es teurer: höhere Steuern oder höhere Ladenpreise.

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • LKW Ströme auf Züge umleiten geht auch indem der Staat Geld einnimmt (LKW Maut) statt Geld ausgibt (Subventionen).

    Aber egal welchen Weg man nimmt irgendwo wird es teurer: höhere Steuern oder höhere Ladenpreise.

    Theoretisch wäre doch auch ein Null-Summen-Spiel möglich? Höhere LKW Maut und mit den Mehreinnahmen Rollende Landstraßen o.ä. subventionieren. Natürlich würden betroffene Unternehmen trotzdem flennen und das als Ausrede zur Preiserhöhung nutzen. Da ist dann die richtige PR Kampangne im Voraus seitens der Politik wichtig. Aber bei einem FDP Verkehrsminister können wir getrost weiter träumen.

  • Schafft alles zu viele Bürokratie und zu viele Köche verderben den Brei.

    Die Taunusbahn hätte es zu Bundesbahnzeiten nicht mehr gegeben, dass stimmt. Aber in der jetzigen Form werden auch viele "Fehler" begangen. Keiner ist ohne Fehler.

    Es macht keinen Sinn ein geschlossenes System wie die Schiene oder den Nahverkehr mit verschiedenen Akteuren zu betreiben.

    Zumindest sollte es zentralisiert organisiert sein. Und die SNCF ist in ihrer Organisation und im Service besser aufgestellt als die DB. Von der SBB und der ÖBB ganz zu schweigen.

    Immer diese branchenfremden, wirtschaftfreundlichen Argumente.

  • Ich denke über die von Die genannte Fragestellung hinaus

    Nein, tust du nicht. Mit viel Wohlwollen kann man sagen, du redest an der Fragestellung vorbei, aber eigentlich bin ich der Meinung, dass du nicht weit genug denkst. Du liest meine Frage, wie du den europäische Verkehr organisieren willst, und antwortest, dass du die keine Gedanken über die Organisation des nationalen Verkehrs machen wollest.


    Und hier habe ich ein grundsätzliches Problem mit deinem Beitrag zu diesem Thread und ähnlichen Themen: du nimmst einen Thread über verschiedene von einschlägigen Interessensgruppen vorgeschlagene Eisenbahnorganisationskonzepte in Deutschland und redest von Barrierefreiheit in der Schweiz, von europäischen Zügen, klammerst aber sonst in deinem europäischen Konzept genau die Fragestellungen, bei denen schon die nationalen Konzepte Uneinigkeit haben, und die im europäischen Zusammenhang auch gelöst werden müssen, vollkommen aus.


    Und damit machst du die eigentliche Diskussion völlig unmöglich, schon alleine weil man selbst dann, wenn man den Inhalt deiner Beiträge ignorieren will, erstmal minutenlang daran vorbeiscrollen muss.


    Das finde ich unhöflich.

  • Es macht keinen Sinn ein geschlossenes System wie die Schiene oder den Nahverkehr mit verschiedenen Akteuren zu betreiben.

    Zumindest sollte es zentralisiert organisiert sein.

    Es macht keinen Sinn, den ersten Satz zu schreiben und dann mit dem zweiten Satz weiter zu machen. Die Schweiz zeigt, dass ein System mit verschiedenen Akteuren, von denen einige profitorientiert sind, so gut funktionieren kann, dass es ein jeder als Kronzeuge für ein ganz anderes System benutzen kann.


    „Zentrale Organisation“ ist genau das, was wir in Frankfurt haben, oder was Grüne, FDP und mofair für den Fernverkehr vorsehen. Was du dann als branchenfremd und wirtschaftsfreundlich geißelst — scheinbar vollkommen ironiefrei nicht bemerkend, dass die Branche durchaus einige Wirtschaftsunternehmen beinhaltet.


    Dass sie SNCF im Service besser sei als die DB, darüber kann man nur müde lächeln, wenn man bedenkt, welches gastronomische Angebot es derzeit in TGVs gibt. Und gerade aus deiner absoluten Arbeitnehmerperspektive ist es für mich verwunderlich, dass ein Land, in den die Gehälter bei der Eisenbahn seit 7 Jahren nicht erhöht wurden, als Beispiel, wie es besser ginge, benutzt wird.


    Aber vielleicht ist es branchenfremd, regelmäßige Lohnsteigerungen als was erstrebenswertes zu sehen.

  • Über Löhne haben wir nicht geredet oder? Habe ich das? Nein.

    Klar müssen Löhne steigen sage ich als Gewerkschaftler.

    Bei der SNCF fühle ich mich als Fahrgast besser aufgehoben als bei der DB und ich schätze die DB sehr.


    Ich lasse mich gerne überraschen aber ich fürchte, dass es zu keiner zentralen Organisation kommt.


    Ohne jetzt genau auf ein Argument einzugehen oder jemanden zu zitieren frage ich mich, was sich der Arbeitnehmer und Fahrgast erhofft.


    Zum Thema alles aus einem Hut: Was macht den FlixMobility? In der Privatwirtschaft ist es durchaus üblich vieles aus einer Hand zu liefern. Siehe auch Vonovia die fast gar keine externen Dienstleister mehr einsetzt.

    Wieso sollte das nicht bei der Bahn möglich sein? Nur weil es Staatsunternehmen ist? Oder ist das hier ein FDP Forum "Privat vor Staat"?

  • Und die SNCF ist in ihrer Organisation und im Service besser aufgestellt als die DB.

    Mein Lachen über diese Witzaussage ist vermutlich gerade bis zu den Pyrenäen zu hören.


    Welcher Service? Schön, daß auf einem Bahnhof 10 Leute rumturnen, die nix zu tun haben, weil der nächste Zug erst in fünf Stunden fährt. Schön, daß man im Reisezentrum einen weiteren Mitarbeiter hat, der nix anderes zu tun hat, als einem zu erklären, daß man die gewünschte Fahrkarte nicht am Automaten bekommt und man eine Wartemarke braucht (das weiß ich selbst) und anschließend bei drei besetzten Schaltern 45 Minuten warten muß, bis man endlich mal drankommt. Wär ja zu einfach, den Wartemarkenausgeber einfach zum Verkäufer umzuschulen. So ist das 'ne völlig nutzlose ABM statt Service. Schön, daß einem auf einem Bahnhof 10 und nicht nur ein Mitarbeiter sagen kann, daß der Anschlußzug leider weg ist und der nächste erst in vier Stunden fährt. Schön, daß 10 Leute nutzlos auf einem Bahnhof rumhängen und die Strecke mit Bussen bedient wird, weil keine Lokführer da sind. Aber daß man von 10 Leuten einen zum Tf umschulen könnte, tja, da ist die Gewerkschaft mit ihrem Standesdünkel dagegen. Schön, daß die toll organisierte SNCF so produktiv ist. Deswegen fahren in Deutschland die Loks ja auch nur 18 Stunden am Tag und stehen 6 Stunden herum. In Frankreich fahren die Loks 6 Stunden und stehen 18 herum, weil man ja viel besser organisiert ist. Warum hat es die toll organisierte und serviceorientierte SNCF geschafft, binnen 10 Jahren den Güterverkehr praktisch an die Wand zu fahren und den Modal-Split zu halbieren? Warum gibt's in den SNCF-Lounges mit noch strengeren Zugangsregelungen als bei in Deutschland grade mal 'n Kaffee und ein Wasser und nicht wie bei uns dann noch 'ne Cola, 'n Keks und noch sonst ein paar Gimmicks? Bestimmt, weil der Service viel besser als in Deutschland ist. Warum ist die SNCF nicht in der Lage, durchgehende Fahrkarten zu S-Bahn-Haltestellen zu verkaufen? Liegt bestimmt am guten Service. Soll ich weitermachen? Besser nicht.


    Wenn es einen Grund gibt, Staatsbahnen abzuschaffen, dann ist die SNCF das beste Beispiel dafür.


    Ach ja, ich kenne so ziemlich jeden Meter Schiene in Frankreich und reiße pro Jahr dort eine vierstellige Kilometerzahl runter. Wie oft bist Du in Frankreich unterwegs, um Organisation und Service wirklich zu kennen?

  • Ohne jetzt genau auf ein Argument einzugehen oder jemanden zu zitieren frage ich mich, was sich der Arbeitnehmer und Fahrgast erhofft.

    Der Fahrgast erwartet sich ein integriertes Angebot mit guten und verlässlichen Anschlüssen und eine Fahrt bis möglichst nahe an sein Ziel. Das aktuelle System, bei dem so vieles unter einem Dach ist, liefert das alles nicht.

    Zum Thema alles aus einem Hut: Was macht den FlixMobility? In der Privatwirtschaft ist es durchaus üblich vieles aus einer Hand zu liefern. Siehe auch Vonovia die fast gar keine externen Dienstleister mehr einsetzt.

    Wieso sollte das nicht bei der Bahn möglich sein? Nur weil es Staatsunternehmen ist? Oder ist das hier ein FDP Forum "Privat vor Staat"?

    In der Privatwirtschaft ist aber genau nicht ein ganzer Wirtschaftszweig unter einem Dach: Vonovia hat nicht eine gemeinsame Hotline mit meiner Vermieterin. Weil es dort eben Wettbewerb gibt. Die Vonovia baut und unterhält nicht die Straßen, auf denen ihre Handwerkerinnen zu ihren Immobilien kommen. FlixMobility macht schon gar nicht alles unter einem Dach; die machen die Polytectie zum Unternehmenscredo.


    Bei der Bahn ist das nicht möglich, was auch bei allen anderen natürlichen Monopolen nicht möglich ist. Nicht weil Staatsunternehmen, nicht weil jede Erwähnung von Wettbewerb für dich gleich FDP ist, sondern weil Monopol.


    Oh, habe ich gesagt „jede Erwähnung von Wettbewerb“? Natürlich meinte ich „jede Erwähnung von Wettbewerb außerhalb der Schweiz und Österreich“, denn die Wettbewerbe dort findest du ja immer voll knorke.

  • Also, zunächst stimme ich dem Konzept zu, Netz und Betrieb zu trennen. Alles in der Hand einer riesigen, furchtbar verschachtelten Konzern AG in Staatsbesitz zu geben, ist offensichtlich kleine so gute Idee. Zumal auch noch die Vorgaben aus der Politik an die staatliche AG kommen, Gewinne zu erwirtschaften. Entsprechend sehen bei uns viele Bahnhöfe im Rhein-Main-Gebiet aus. Die möglichen Synergievorteile, die noch zu mitunter zu Bundesbahn-Zeiten bestanden, gehen durch die kafkaeske Konzern-Bürokratie verloren.


    Das Beispiel des Einsatzes von Dampfloks der Historischen Eisenbahn für Baustellen in Frankfurt ist zwar für uns nett, geht aber auf die traurige Situation zurück, dass entweder DB-Tochter-eigene Loks aus 300 km Entfernung herangeschafft werden müssten oder wesentlich teurer von einer anderen Konzern-Tochter gemietet werden müssten.


    Ganz so gut wie Holger Koetting kenne ich Frankreichs Schienen nicht, war aber oft genug dort, um ihm zumindest nicht zu widersprechen. Die von ihm erwähnten 10 Mitarbeiter tummeln sich mitunter auf den Bahnhöfen, während es in manchen Zügen außer dem Tfz überhaupt kein Personal gibt. Das erleichtert zwar das Schwarzfahren, lässt dann aber die einzelnen doch vorhandenen Zub ohne Schutz vor aggressiven Passagieren. Und Graffiti und Vandalismus sind in französischen Ballungsräumen mindestens so verbreitet wie bei uns.


    Zumindest die Haltung des Netzes in einer Hand funktioniert ja auf kommunaler Ebene in Frankfurt; auch wenn traffiQ und VGF sich nicht unbedingt innig lieben. Noch besser würde es funktionieren, wenn wirklich alles in einer Hand wäre - nämlich auch die S- und Regionalbahnhöfe (nein, nicht die Strecken !).

    Das wäre dann auch ein Vorbild für das Eisenbahnnetz in Deutschland. Und da der "Betrieb" der Bundesfernstraßen erfolgreich auf die Bundesländer übertragen würde, könnte das ja für das Eisenbahnnetz auch laufen. HessenMobil hätte vielleicht sogar Kapazitäten frei, nachdem sie die Autobahnen an DEGES abgeben mussten.^^ Und was die Bahnhöfe angeht - fast jede Lösung sehe ich besser an als den von mir als Misswirtschaft empfundenen Betrieb durch den regionalen DB Station und Service Ableger.


    Dass dann ein großer Teil des Bahnverkehrs auch durch die Deutsche Bahn (Personenverkehr) betrieben werden kann, legt die Analogie zum kommunalen Schienenverkehr nahe, der ja auch an die VGF direkt vergeben wird und die hält auch Strecken und Haltestellen instand - recht gut sogar.

  • Entsprechend sehen bei uns viele Bahnhöfe im Rhein-Main-Gebiet aus. Die möglichen Synergievorteile, die noch zu mitunter zu Bundesbahn-Zeiten bestanden, gehen durch die kafkaeske Konzern-Bürokratie verloren.

    Auch das ist wieder ziemlicher Quark und läßt sich beim Blick in andere Länder einfach widerlegen. Du kannst Dir Länder ansehen, bei denen nach wie vor eine Staatsbahn aktiv ist (oder in großen Teilen), wie z. B. Österreich, Frankreich, Spanien, Schweiz. Und überall kannst Du Beispiele finden, daß die Bahnhöfe dort besser, gleich oder auch schlechter aussehen. Du kannst Dir auch gerne englische Bahnhöfe ansehen, die dort - im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern - von den EVU statt dem EIU zu unterhalten sind. Einige wenige Bahnhöfe werden vom EIU, also Network Rail, betrieben. Erstens kannst Du dort keine wesentlichen Unterschiede zwischen "Netzbahnhöfen" und "Betreiberbahnhöfen" feststellen und zweitens gibt es ebenso Bahnhöfe am adW, die runtergeranzt sind.


    Die Frage nach dem Aussehen der Bahnhöfe hängt also definitiv nicht mit der Frage der Betriebsorganisation zusammen, sondern lediglich damit, wieviel Geld der Staat (und auch die Fahrgäste via Fahrpreis) bereit ist, für seine Infrastruktur in die Hand zu nehmen. Und da der Deutsche ja alles billig, billig haben will, sehen unsere Stationen entsprechend aus. Oder meinst Du, daß von Deinem 5 EUR-Flixbudenbilligticket auch nur ein Zentimeter neues Bahnsteigdach finanziert werden kann?

  • Zitat von Holger Koetting

    damit, wieviel Geld der Staat (und auch die Fahrgäste via Fahrpreis) bereit ist, für seine Infrastruktur in die Hand zu nehmen.

    Das ist defintiv die Frage nach dem Geld des Staates und nicht der Fahrgäste. Die Zigtausende von Euro, oder oft sogar Millionen, die für Instandhaltung oder gar Instandsetzung eines maroden Bahnhofs ausgegeben werden müssen, können weder mit 3 €-Nahverkehrs-Karten noch mit 200 €-Erster-Klasse-Tickets bezahlt werden. Und ein großer Teil der Fahrgäste ist mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen gar nicht in der Lage, wesentlich höhere Fahrpreise zu bezahlen.


    Also ist die Sanierung Frage der staatlichen Gelder, die Frage der Instandhaltung des dafür zuständigen Trägers. Viele Bahnhöfe sind nämlich nur deshalb - egal wo - in so tristem Zustand, weil über Jahrzehnte nichts gemacht wird. Und Vandalismus den "bösen Fahrgästen" anzulasten, trifft es auch nicht. Was kann die Rollstuhlnutzer dafür, wenn Hooligans regelmäßig ihren Aufzug kaputtmachen ?


    Womit wir wieder bei der Frage des politischen Willens sind. Geld ist da - ob für kulturelle Luxusbauten, für Flughäfen oder Autobahnen? Und im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes findest Du genug Beispiele für verschleudertes Geld. Es ist der politische Wille, wieviel Geld für eine funktionierende und auch attraktive Bahn-Infrastruktur da ist.