Das sehe ich etwas anders. Die meisten Pendler - und auch Fahrgäste zu anderen Zwecken - bevorzugen die umsteigefreie Direktfahrt. Du kannst täglich zu den Hauptverkehrszeiten die großen Menschentrauben sehen, die morgens vom Hbf ins Bankenviertel streben und abends wieder zurück. In geringerem Umfange auch am Ost- und Westbahnhof zu und von der EZB bzw. den dortigen Bürogebieten.
Auch ich bevorzuge die Direktfahrt und fahre z.B. von Bockenheim mit dem Fahrrad nach Niederursel und von dort mit der U 3 zur Hohemark. Im praktischen ÖV - FV-Alltag fahre ich im Normalfall auch mit der Bahn zu einem Bahnhof und erkunde von dort zu Fuß oder mit dem Rad mein Fahrtziel, seltener noch zusätzlich mit Bus oder Bahn. In Kassel bietet es sich zwar an, aber da steht dann der am Wochenende der im Vergleich zu Frankfurt ausgedünnte Takt dagegen.
Tendenziell werden auch am Ausgangsort viele Pendler mit Fahrrad oder Auto direkt zum Hauptbahnhof fahren, anstatt erst mit Bus oder Strab dorthin. Zusätzlich bietet etwa der Darmstädter Hbf gleich drei alternative Verbindungen nach Frankfurt, nämlich die S-Bahn, den RE und den Fernzug; während es von Eberstadt oder Arheilgen nur eine direkte Linie gibt.
Damit bietet das FV-Ticket zwar deutlich weniger Leistung als das RMV-Ticket, bietet aber gerade für Pendler über längere Strecken das dem Bedarf entsprechende Angebot. Für die ist der heimatliche Bus zum Bahnhof wegen unattraktivem Takt, Fahrzeiten, die eher mit dem Fahrrad vergleichbar sind und fehlender Anschluss-Sicherheit bei Zugverspätungen sehr unattraktiv. Und die meisten Büro-Arbeitsplätze in Frankfurt liegen in fußläufiger Nähe zum Hbf oder eines S- oder Regionalbahnhaltes. Für diese Pendler bietet das FV-Ticket sogar m e h r Leistung, weil sie bei längerer Verspätung - oder vollen Zügen des NV - auch den Fernzug nutzen können.
Der Sinn des Verbundgedankens war ja schon beim ersten Verkehrsverbund, dem HVV vor nunmehr über 50 Jahren, derlei Überlegungen entbehrlich zu machen und ein Ticket für alle Verbindungen innerhalb des Verbundgebietes zu bieten. Mittlerweile hat sich alles weiter entwickelt. Das Pendeln erstreckt sich nicht mehr nur auf den S-Bahn-Bereich, sondern großräumig über Distanzen bis zu über 100 km. Da sollte sich auch das Tarifgeschehen weiterentwickeln. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, ist das im Sinne einer Verkehrswende eher kontra-produktiv. Die richtige Lösung wäre, innerhalb des RMV ein Tarifangebot "Plus" einzurichten, in das der Fernverkehr einbezogen wird. Und auch entsprechende Angebote für Fahrten zwischen dem RMV und benachbarten Verbünden anzubieten.
Und generell sollte die Tarifstruktur überlegt werden; denn es macht wenig Sinn, Pendler dafür zu bestrafen, dass sie Darmstadt noch ein paar Stationen mit der Straßenbahn zum Luisenplatz fahren oder sie ersatzweise noch damit zu animieren, ihr Fahrrad in S- oder Regionalbahn mitzunehmen, um sich den deutlich höheren Preis zu sparen.