Wieviel Tonnen zieht denn eine Güterzulok so?

  • Neulich habe ich 2 Videos gesehen, die mir den Eindruck hinterlassen haben, dass Güterzüge in Amerika 10x so schwer sind wie in Europa. Ist da was dran, oder stimmte irgendwo vielleicht eine Angabe nicht? Der erste Film zeigte einen 1600t Düngerzug, wohl als Plandampf-Veranstaltung mit einer 44 bespannt. Die tat sich sichtlich schwer damit. Der andere Film zeigte historische Aufnahmen von mehreren US-Mallets vor und hinter (angeblich) 24.000t Kohle. Es mögen amerikanische Tonnen gemeint sein, aber auch metrisch sind das dann 21.772t

    fork handles

  • Eine konkrete Zahl, die ich im Kopf habe, ist die Grenzlast einer 185 auf der VDE 8 vor Versetzung der Signale: 1600 t. Das sollte in etwa die Größenordnung zeigen – 4, vielleicht 5 Tausend Tonnen also als Maximum?

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  • Das läßt sich nicht so einfach vergleichen. Klar, es gibt physikalische Grundsätze, gegen die Du nicht ankommst, wie die Reibungsgrenze. Aber grundsätzlich kannst Du beliebig große Massen ziehen, wenn Du es schaffst, das Losbrechmoment zu überwinden. Wie groß die Beschleunigung dann ist, steht auf einem anderen Blatt und damit dann auch die Frage, ob das in einem dichtbelasteten Netz wie bei uns sinnvoll ist, einen Zug auf Niveau Wanderdüne zu beschleunigen oder ob der nicht besser in zwei Teilen fährt.


    Das wesentliche Problem liegt aber darin, daß unsere normalen Schraubenkupplungen im Prinzip nur ein besserer Blumendraht sind. Wenn Du beim Beschleunigen nicht aufpaßt, reißt Du eher die Kupplungen ab als daß die Lok nicht genügend Leistung hat. Und in der Steigung darf das Zuggewicht nicht die maximale Belastbarkeit der Kupplung übersteigen. Richtwert: 4000 Tonnen in der Ebene sind mit der Schraubenkupplung möglich, In der Steigung fällt das dann rapide ab. Wenn Du deutlich höhere Lasten fahren willst, mußt Du auf andere Kupplungssysteme umsteigen, also klassischerweise Mittelpufferkupplungen à la amerikanische Janney oder die russische SA3.

  • Aha, also sind bei sinnvollerer Technik ganz einfach schwerere Züge möglich als bei uns, und bei einem reinen Güterzugnetz wäre auch das andere Temponiveau nicht so das Problem.

    fork handles

  • Wenn Du deutlich höhere Lasten fahren willst, mußt Du auf andere Kupplungssysteme umsteigen, also klassischerweise Mittelpufferkupplungen à la amerikanische Janney oder die russische SA3.

    In einer Reportage in der es um die europäische Bahn ging, gibt es Bestrebungen im Güterverkehr die Schraubenkupplunh abzulösen, was den Umschlag auf Rangiuerbahnhöfen enorm beschleunigen würde.

    Legendär in Deutshland waren doch die 1000 Tonnenerzzüge in Rheine:

    13.jpg


    Edit meint noch, dass dieses YouTube Video zum Thema passt.

  • In einer Reportage in der es um die europäische Bahn ging, gibt es Bestrebungen im Güterverkehr die Schraubenkupplunh abzulösen, was den Umschlag auf Rangiuerbahnhöfen enorm beschleunigen würde

    Der Satz „Die Digitalisierung von Fahrzeugen und Strecken werden wir prioritär vorantreiben“ auf Seite 49 des Koalitionsvertrages im Bund schließt unter anderen Dingen diese DAK – Digitale Automatische Kupplung – ein.

  • Schon seit den 60er Jahren (!) gibt es europaweite Bestrebungen zum Einsatz von Mittelpufferkupplungen. Vorreiter in Europa war zunächst die sowjetische Eisenbahn, dann die DR. Der Wikipdedia-Artikel beschreibt die Entwicklung und auch die jahrzehntelangen Schwierigkeiten:

    https://de.wikipedia.org/wiki/UIC-Mittelpufferkupplung


    In Deutschland werden jetzt - wohl aufgrund der größeren Belastbarkeit - Mittelpufferkuppelungen für Erzzüge eingesetzt.


    Eine weitere praktische Begrenzung findet sich auch durch der maximale Länge von Güterzügen von 740 m im europäischen Netz, vereinzelt auch 835 m, z.B. zwischen Maschen und Padborg (DK).


    Bei Wikepedia findet sich hierzu einiges, und auch zur Ausgangsfrage der Lasten. Die bislang gebräuchliche Schraubenkupplung setzt bei etwa 4.000 Tonnen Grenzen. In Frankreich gab es 2016 eine Versuchsfahrt mit einem 5.410 Tonnen schweren und 945 m langen Zug mit Schraubenkupplungen.


    Mittelpufferkupplungen ermöglichen deutlich größere Lasten, u.a. für den bislang in Deutschland schwersten Erzzug mit rund 6.000 Tonnen von Hamburg nach Salzgitter. https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCterzug


    Eine amerikanische Webseite (auf Englisch) von Eisenbahnfreunden bestätigt die eingangs genannten etwa 20.000 Tonnen - wobei etwa 6 eingesetzte Loks auch schon etwa 1200 Tonnen beanspruchen. :)
    https://trainconductorhq.com/how-much-does-a-train-weigh/


    Möglicherweise können diese Transport-Lasten noch in Russland oder im arabischen Raum getoppt werden, wo ebenfalls mehrere Kilometer lange Güterzüge unterwegs sind, ebenso auch Nordafrika und Australien.

  • Nachtrag zu Russland: Das Technik-Magazin "Evolution" berichtet von der von Ural Locomotives gebauten Elektro-Lok 2ES10, die es mit einem seit 2013 entwickelten Booster :) auf 13.200 kW bis 17.700 PS bringt und damit auch an Steigungen planmäßig 9.000 Tonnen schwere Güterzüge zieht, anscheinend mit nur einer - ggf. dreiteiligen -Lokomotive. Und wohlgemerkt: Die damalige Sowjetunion war einer der Vorreiter im Einsatz der Mittelpufferkupplungen.

    https://evolution.skf.com/de/auf-schienen-durch-russland/


    Die weitere Suche ergab für die Erzzüge in Mauretanien ebenfalls Lasten im Bereich von etwa 20. - 22.000 Tonnen, für die Granulatzüge in Abu Dhabi etwa 11. - 15.000 Tonnen.


    Praktische Lastbereiche also mit Schraubenkupplung bis etwa 4. - 5.000 Tonnen; mit Mittelpufferkupplung bis in den Bereich von gut 20.000 Tonnen.

  • Abschließend noch ein Link zu einem YouTube-Video vom März 2018 über die 5 längsten Züge der Welt:


    Nummer 4 ist ein von 6 Dampfloks der Norfolk & Western in den USA gezogener Zug mit 500 Waggons, einer Gesamtlänge von 6,5 km und einem Gesamtgewicht von 42.000 tons (einschl. Loks). Das entspricht etwa 38.000 metrischen Tonnen Die Fahrt fand am 15.11.1967 statt.


    Nummer 1 ist ein 7,352 km langer Zug der australischen BHP am 21.6.2001 mit 8 Lokomotiven und einem Gesamtgewicht 99.700 tons bzw. gut 90.000 Tonnen.


    Alle Fahrten erfolgten außerhalb des regulären Betriebs zu Versuchs- bzw. Rekordzwecken.


    Zur Ausgangsfrage: Rechnet man eine Lok mit etwa 400 Tonnen, bleibt immer noch eine Zuglast von insgesamt 87.000 Tonnen bzw. knapp 11.000 Tonnen je Lokomotive!

  • Ja lol, diese "Nummer 4" ist der Zug, über den ich oben geschrieben hatte. In dem Video, das ich sah, hatte er eben 24.000 tonnen und nicht 42.000. Wer hat die Zahlen jetzt verdreht? :D

    fork handles

  • Aus dem Artikel geht auch hervor, dass der Regelbetrieb mit etwa 34.000 Tonnen Erz abläuft, wobei auch wegen des Bezugs auf die über 99.000 Tonnen des Rekordzuges es sich um "amerikanische Tonnen handeln kann, also rund 30.000 metrische Tonnen. Immer noch eine gewaltige Menge, die an die Kapazität eines "kleineren" Übersee-Frachtschiffes heranreicht.


    Vor diesem Hintergrund dürften auch die chinesischen Planungen für die "Neue Seidenstraße" eine sehr große Bedeutung haben - sowohl für die Wirtschaft Südostasiens wie für die Eisenbahn als Transportmittel. Die Eisenbahn ist ja unter den entsprechenden Rahmenbedingungen nicht nur deutlich schneller als das Schiff, sondern auch logistisch günstiger, da die Umladevorgänge erspart bleiben. Da könnte etwa ein Ganzzug in gut einer Woche zwischen den VW-Werken bei Shanghai und Wolfsburg fahren.

  • Australien benutzt das metrische System. Im englischpsrachigen Wikipedia wird in der Regel auch das

    metrische System verwendet, da dies weltweite Norm ist (-> https://de.wikipedia.org/wiki/Metrisches_Einheitensystem )

    Sind Angaben (weil zB aus Datenblättern entnommen) nicht metrisch, so kommt der umgerechente Wert in Klammern

    mit dazu.

    Wenn man so will könnte man mit der Funkfernsteuerung Züge beliebig lang machen - man kuppelt einfach einzelne Züge,

    die für sich auch von der Anhängelast so fahren können hintereinander, hinten noch eine Lok dran (oder ein Wagen mit

    der Elektronik für Zugschlussüberwachung) und schon hat man einen noch längeren Zug als bei den Versuchen.

    Mir erschliesst sich nicht was da die Seidenstrasse damit zu tun hat und nur auch nur teils was die Längenrekordversuche

    mit dem was eine Lok ziehen kann (es passt irgendwie nur teilweise - in den Zugverbänden hängen auch Loks mittig)

    [und werden denn nicht schon Güterzüge zwischen Hamburg & China gefahren....aber in 2 statt 1 Woche - so weit zu Offtopic]

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  • Noch zwei Ergänzungen:

    1.) Eine hohe Leistung hat sicher erheblichen Einfluss auf die Zugkraft einer Lokomotive - also wie schwer der Güterzug sein darf, den sie ziehen kann. Aber auch die (maximale) Geschwindigkeit spielt eine wichtige Rolle. Unsere gute alte 103 gehört mit zu den leistungsfähigsten Lokomotiven der Welt - immerhin ist sie in einem YouTube Video als Nummer 5 unter den stärksten E-Loks aufgeführt, auch wenn diese Quelle nicht so exakt ist wie etwa die Webseite eines Herstellers. Aber sie ist eindeutig nicht für schwere Güterzüge, sondern für schnelle Reisezüge ausgelegt.


    Unter den Güterzügen kommt es dann schon darauf an, ob Deine Lok dann unter den Bedingungen eines Rekordversuchs entsprechende Lasten ggf. im Schneckentempo schafft oder im Regelbetrieb. Immerhin erscheint die Webseite Evolution des Herstellers von Radteilen SKF glaubwürdig, dass die 3ES10 ("geboosterte 2ES10") die 9.000 Züge alleine im Regelbetrieb fährt.


    2.) Und da sind wir beim zweiten Punkt - wie "eine Lokomotive" definiert ist. Statt mehrere Lokomotiven zusammenzukuppeln, können ja auch - ähnlich wie beim u5-"Wagen" :) - mehrere Einzelelemente zu einer mehrteiligen Lokomotive zusammengefügt werden. So besteht die 2ES10 aus zwei Teilen, die 3ES10 eben aus 3 Teilen.


    Die englische Wipedia-Seite listet dann mit auch mit der seit 2020 in China gebauten HXD1.7 "Shen24" eine E-Elektro-Lok auf, deren Leistung mit 28.800 kW (über 38.000 PS) alles andere in den Schatten stellt. Ist das noch e i n e 6-teilige Lok, oder ist die wie 6 Einzel-Lokomotiven zu sehen ?

    https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_locomotives_in_China

  • In eine Youtubevideo in einer Rangliste aufgezählt zu werden ist....nicht unbedingt ein Merkmal für eine richtige Information,

    was du auch selbst gleicht passend schreibst - aber wieso erwähnst du dann trotzdem die Lok?! (schaut man in die von dir

    verlinkte Chinaliste so findet man dort drei 6-Achser die alle mit 9600 kWh deutlich über der 103 liegen - nimmt man

    dann noch die wo man Führerstände sich gespart hat und dafür zwei oder frei Loks fest miteinander verbunden hat,

    dann ist die 103 noch nicht mal mehr in den Top 10)

    Würde man der 103 eine andere Getriebeübersetzung einbauen könnte mna problemlos mit der schwere Güterzüge

    fahren. (Das ist auch der Hauptunterschied im Antrieb zwischen der 110 und der 140)

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  • Wen das Thema Grenzlast interessiert, der kann sich auch direkt bei der DB informieren: https://fahrweg.dbnetze.com/fa…ugang/grenzlasten-1368972


    Ansonsten dürften die europäischen Züge der maximalen Last die des schwedischen Erzverkehrs nach Narvik sein. Die Lokomotiven schaffen - laut Wikipedia - 8600t schwere Züge bei einer Nutzlast von 6880t.


    In Deutschland dürfte die Grenze wohl 6000t betragen: https://rp-online.de/wirtschaf…-am-dienstag_aid-16726147


    Hier im Planungstool stehen tatsächlich Züge mit 6000t (ich hielt das für einen Platzhalter), ansonsten sind bis zu 5400t nicht soo unüblich.