Soziale Kosten des Autoverkehrs

  • "Nutzungsgebühren der Autobahn-Betreiber"?!?!?

    Deutschland ist das einzige Land (ausser Isle of Man) ohne Geschwindigkeitslimit in Europa und da

    gibt es weder mehrere Autobahnbetreiber, noch eine Maut.....

    Die andere Länder haben ein gesetzliches Limit und über das kann sich ein Autobahnbetreiber (wie ASF, APRR,

    ASTM,...) nicht hinwegsetzen.


    Anm: Auf dem Nürburgring kommt man nur auf die Nordschleife und deren Trassierung ermöglicht es nicht

    auf 400 km/h zu beschleunigen.

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  • Bis wir soviel KI nutzen, dass der Autoverkehr wenigstens stark automatisiert abläuft, können wir außer der DEGES noch weitere Autobahnbetreiber haben, und auch ein gesetzmäßiges oder ein technisches Geschwindigkeitslimit. Und auch wenigstens eine partielle Maut.


    Ein technisches Geschwindigkeitslimit könnte dadurch entstehen, dass bei gegebener Anzahl von Fahrspuren der Betreiber an einer möglichst starken Auslastung seiner Autobahn interessiert ist, weil er von den Autofahrern oder vom Staat dafür Nutzungsentgelte erhält. Von irgendetwas muss der Betreiber ja auch Betrieb, Unterhalt und Erneuerungs- und Reparaturarbeiten bezahlen. Die maximale Auslastung wird erreicht, wenn alle Fahrzeuge mit gleichmäßiger Geschwindigkeit und eher kurzen Abständen fahren, da mit zunehmender Geschwindigkeit die notwendigen Abstände überproportional steigen, und ungleichmäßige Geschwindigkeiten ebenfalls Kapazität kosten.


    Die beschriebene Digitalisierzng ermöglicht einen stark automatisierten Betrieb, aber natürlich auch eine vereinfachte Gebührenerhebung.


    Eine verhältnismäßig niedrige Basis-Geschwindigkeit im Bereich von 80 - 100 km /h ermöglicht eine maximale Kapazität, da brauchen noch nicht einmal die PKW die LKW zu überholen. Deshalb wird für diese automatisierte Geschwindigkeit die geringste Gebühr erhoben. Und wenn die freie Autofahrt weiterhin als Grundversorgung angesehen wird, wird die vom Steuerzahler übernommen. Jede höhere Geschwindigkeit kostet deutlich Kapazität, und muss natürlich von den Nutzern entsprechend bezahlt werden. Für höhere Geschwindigkeiten sind auch stärkere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, die der Betreiber einhalten muss. Die wird er sich von den Nutzern auch bezahlen lassen wollen. Auch dann, wenn zu verkehrsschwachen Zeiten die Kapazität nicht das Problem ist. Und da sehe ich dann irgendwo das "technische Geschwindigkeitslimit" gerade beim starken automatisierten Betrieb. Irgendwann werden dann die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen so teuer, dass sie sich nicht lohnen.


    Wer dann noch mit 417 km /h zu nächtlicher Stunde über eine Autobahn rasen will, wird das dann im automatisierten Normalbetrieb nicht mehr können, weil die dafür erforderlichen Vorkehrungen zu aufwändig sind. Möglicherweise bleibt dann noch der Ausweg, zu manchen Zeiten eine Autobahnstrecke als Privatstraße für einige Stunden gegen ein gewisses Entgelt zu mieten. :P

  • Die Deges ist kein Autobahnbetreiber sondern eine Gesellschaft die (primär[*]) Autobahnen Planung und dann

    den Bau ausführen soll. Schwerpunkt neue Bundesländer.

    Eine Überführung in die Autobahn GmbH des Bundes (die auch nur Planung, Bauen und Instanthalten der

    Autobahnen sicherstellen soll - das Geld dafür kommt vom Bundeshaushalt) ist vorgesehen, konnte aber

    aus rechtlichen Gründen bisher noch nicht vollzogen werden.


    [*] die haben auch den City Tunnel Leipzig geplant und gebaut


    BTW: Bei einer Reisegeschwindigkeit von 0 km/h hat man die grösste Kapazität, da dann ein Sicherheitsabstand von 0

    Metern ausreichend ist. Die Reisezeit steigt halt etwas an.

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  • BTW: Bei einer Reisegeschwindigkeit von 0 km/h hat man die grösste Kapazität, da dann ein Sicherheitsabstand von 0

    Metern ausreichend ist. Die Reisezeit steigt halt etwas an.

    Na da denk nochmal drüber nach. Kapazität ist Fahrzeuge pro Zeit, nicht pro Streckenlänge — wenigstens, wenn wir über Straßen reden und nicht über Parkplätze. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 0 hattest du 0 Kfz/h, bei 0,005 km/h dann 1 Kfz/h.

  • Grundsätzlich ist das richtig, aber die Kapazität steigt eben nicht linear mit der Geschwindigkeit, weil der Abstand zwischen den Fahrzeugen zunimmt.

    Bei 10 km/h fährt ein Fahrzeug den Kilometer in 6 Minuten und die Fahrzeuge können so dicht Fahren, dass alle 10 Meter (Fahrzeuglänge + 5m Abstand) eine Fahrzeugfront die Ausfahrt des Streckenabschnitts passiert. Nach einer Stunde haben 1000 Fahrzeuge den Streckenabschnitt verlassen.


    Bei 120km/h fährt ein Fahrzeig den Kilometer im 0,5 Minuten, die Fahrzeuge brauchen aber einen Abstand von 60m, so dass nur alls 65m eine Fahrzeugfront ankommt. Die Anzahl Fahrzeuge steigt bei 12 facher Geschwindigkeit nur auf 1846 pro Stunde.


    Bei 240km/h sind es 0,25Minuten und eine Fahrzeuganzahl von 1920 pro Stunde.


    Das setzt aber voraus, dass alle Fahrzeuge die gleiche Geschwindigkeit fahren. Das hat mit der Realität wenig zu tun.

    Problematisch ist, dass bei ungeichen Geschwindigkeiten kein derart gleichmäßiger Verkehrsfluss vorliegt und jedes Ausweichen eines Fahrzeugs von einer Spur auf eine ausgelastete andere, z. B. um ein drängelndes Fahrzeug vorbei zu lassen, eine Bremswelle nach hinten auslöst, die, wenn es keine Lücke gibt, in der sie sich verläuft, zu einem Abschnitt mit zähfließendem Verkehr oder gar Stau führt.


    Insofern wäre eine KI, die, statt Testosteron, intelligentes, dem Verkehr angepasstes Verhalten als Basis ihrer Entscheidungen einsetzt, wünschenswert.

  • Ich habe mir das mal soweit durchgelesen und finde das ganze sehr spannend. Was aber fehlt ist der Hinweis, das der Staat von der Automobilindustrie jedes Jahr in Deutschland 93,4 Mrd € (Stand 2020) an Steuern einnimmt Quelle: Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA).

    Was außerdem fehlt ist die Unterscheidung zwischen Stadt und Land, da es außerhalb der Städte im ländlichen Bereich oft unmöglich ist einen sinnvollen ÖPNV aufzubauen. Wenn ich an meine Zeit als Fahrschüler anfang der 1970er Jahre im südlichen Niedersachsen (Harz) denke dann war das schon mehr schlecht als recht mit den Bahnbussen. Vor allem hat sich bis heute nichts daran geändert. Ich bin deshalb lieber mit dem Fahrrad und später, ab 15 Jahren, mit der Mofa, auch bei -20°C, und ab 18 mit dem Auto zu meinen verschieden Terminen in den unterschiedlichen Dörfern gefahren, wobei meistens Strecken (hin und zurück) von 20 km zusammen kamen. Denn der Bus fuhr nur in eine Richtung. Das Auto habe ich finanziert, in dem ich jeden Morgen 170 Zeitungen ausgetragen habe.

    Das ist auch eine Betrachtung wert. Gerade bei der Übschrift und einigen Beiträgen.

  • Das erklärt zwar die enge Verbandelung zwischen Staat und Auto-Industrie. Aber unter dem Strich schafft das Auto immer noch mehr Schäden als Nutzen. Von den 100.000 Todesopfern der verkehrsbedingten Luftverschmutzung jährlich kann man sicher die Hälfte dem Auto zurechnen. Da kommen noch dann die indirekten Opfer durch Lärm, Stress und Bewegungsmangel dazu. Und dann die entsprechenden Krankheitskosten, die ich z.B. mit meinen nicht zu knappen freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträgen mitbezahle.


    Du hast natürlich Recht, dass der ÖV im ländlichen Raum eher schlecht als recht funktioniert, und das Fahrrad ist gerade bei starken Steigungen wie im Harz keine Alternative. DEn Harz kenne ich gut. Einmal habe ich 1989-90 an einem ÖV-Projekt für Südniedersachsen mitgearbeitet. Und seit den 90er Jahren bin ich besuchsweise durch eine gute Freundschaft oft im Harz.


    Immerhin hat sich seit 1990 doch einiges verbessert; Stillegungsbedrohte Strecken wie von Göttingen und Northeim nach Bodenfelde und von Herzberg nach Seesen werden jetzt im 1-2 Stunden-Takt auch am Wochenende bedient. Und auf einigen Hauptstrecken wurde der Busverkehr auch verbessert, etwa von Braunlage nach Walkenried. Klar ist, es gibt immer noch viele Mängel, z.B. fehlen auch brauchbare Anbindungen des Landkreises Goslar an Göttingen und Frankfurt.


    Der Lösungsweg wäre eine Transformation der Auto-Industrie, vermehrt Schienen-Fahrzeuge und Busse zu bauen. Weltweit gibt es einen Mangel an Schienen-Fahrzeugen. Irgendwann werden die alle aus Südost-Asien kommen - wie auch die Autos, weil deren Bau bei steigender Qualität dort billiger ist. Die letzte Rettung sind dann noch Schienen-Fahrzeuge von unseren europäischen Nachbarn Frankreich, Spanien, Polen, Tschechien und Schweiz.


    Auch für den ländlichen Raum werden "intelligente Konzepte" entwickelt werden müssen, Eisenbahn, Strab, Buskonzepte und Car-Sharing aller Art. Mit steigendem Alter der Bevölkerung werden mehr Menschen auf fußläufige Nahversorgung und guten ÖV angewiesen sein. Mit etwa 80 Jahren ist mensch eben nicht mehr reaktionsschnell genug, um auf alle Situationen am Steuer eines Autos angemessen zu reagieren. Und auch nicht mehr fit genug, bei jeder Witterung längere Strecken mit dem Rad zu fahren, schon gar nicht im Harz. Also sind neue ÖV-Konzepte die einzige Chance. Deren Bedeutung wird noch zunehmen, da viele Rentner von der Mieten-Explosion - auch Gentrifizierung genannt - aus den Ballungsräumen vertrieben werden.

  • zu michah:

    1970 war der Harz noch Zonenrandgebiet und zu der Zeit versuchte man auch in Grossstädten

    den Schienenverkehr von den Strassen zu bekommen - andere Zeiten die anders zu betrachen

    sind (und somit ein mieses Beispiel für die Bewertung von ÖPV in ländlicher Gegend, da 50

    Jahre her)


    zu OWE:

    Die "Verbandelung" von Staat (eigentlich der Politiker) und Autoindustrie kommt nicht durch die

    hohen Steuereinnahmen (Mineralölsteuer ist PKW-Herstellerungunabhängig;, ebenso die Mehr-

    wertsteuer,...) sondern durch die Bestech...ähhh..Parteispenden der Eigentümer der Konzerne.

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  • Darkside: Passt genau! 1989 war auch dieStrecke von Northeim nach Walkenried auf längere Sicht stillegungsbedroht. Und in die Randdörfer fuhren ein paar Mal am Tag Stich-Buslinien von Walkenried nach Wieda und Zorge. Mit dem Mauerfall gab es im November 1989 in Eigeninitiative der Eisenbahner eine Wiederöffnung des Eisenbahnverkehrs zwischen Walkenried und Ellrich. Heute ist die Eisenbahnstrecke eine wichtige Verbindung zwischen Northeim und Nordhausen und dient auch mittelbar der Anbindung von Braunlage Ri. Göttingen und Frankfurt. In der Bahn-Auskunft wird jedenfalls regelmäßig die Verbindung zwischen Frankfurt und Braunlage via Walkenried mit Umstieg in die in etwa im 2-Stunden-Takt fahrende Buslinie von Hahne genannt. :)


    Und Braunlage und Torfhaus sind ja heute zentrale Touristenziele mit Wandermöglichkeiten über die Landesgrenze zum Brocken. :)

  • Du hast natürlich Recht, dass der ÖV im ländlichen Raum eher schlecht als recht funktioniert, und das Fahrrad ist gerade bei starken Steigungen wie im Harz keine Alternative. DEn Harz kenne ich gut. Einmal habe ich 1989-90 an einem ÖV-Projekt für Südniedersachsen mitgearbeitet. Und seit den 90er Jahren bin ich besuchsweise durch eine gute Freundschaft oft im Harz.


    Immerhin hat sich seit 1990 doch einiges verbessert; Stillegungsbedrohte Strecken wie von Göttingen und Northeim nach Bodenfelde und von Herzberg nach Seesen werden jetzt im 1-2 Stunden-Takt auch am Wochenende bedient. Und auf einigen Hauptstrecken wurde der Busverkehr auch verbessert, etwa von Braunlage nach Walkenried. Klar ist, es gibt immer noch viele Mängel, z.B. fehlen auch brauchbare Anbindungen des Landkreises Goslar an Göttingen und Frankfurt.

    Was haben denn Bodenfelde, Göttingen und Northeim mit dem Harz zu tun?


    Beim ÖPNV im ländlichen Raum hat sich in einigen Gegenden durchaus etwas verbessert seit den 80ern. In meiner Jugend gab es an Schultagen ca 6 Busse, die von unserem Dorf in die 10km entfertnte Kleinstadt (ebenfalls in Südniedersachsen) fuhren. EIner um sechs Uhr morgens, je einer zur ersten und zur zweiten Stunde, einer Mittags, einer kurz vor drei und einer Abends um 7. Heute fahren stündlich Busse von 5 bis 23 Uhr. Benachbarte Dörfer auf anderen Linien haben ähnliche Fahrpläne.


    Und ansonsten: Nur weil es in manchen ländlichen Gegenden vielleicht schwierig sein wird, ÖPNV anzubieten, heißt das ja nicht, dass man nicht in den Ballungsgebieten schon mal mit der Verkehrswende anfangen könnte.

  • Bodenfelde, Göttingen und Northeim gehören zur Region und zum Verkehrsverbund Südniedersachsen. Einige Regionalbahnlinien aus dem Harz führen dorthin, sindalso betrieblich und fahrplantechnisch mit diesen Orten verbunden. Zum Beispiel die :

    RB 80 Nordhausen - Herzberg - Northeim - Göttingen

    RB 81 Nordhausen - Herzberg - Northeim - Bodenfelde

    RB 82 Bad Harzburg - Kreiensen - Northeim - Göttingen


    Northeim und Göttingen sind die Umsteigepunkte für den Harz zum Fernverkehr in Richtung Süden.

  • Was aber fehlt ist der Hinweis, das der Staat von der Automobilindustrie jedes Jahr in Deutschland 93,4 Mrd € (Stand 2020) an Steuern einnimmt

    was hat die Lohnsteuer, die die Fließbandarbeiterin bei VW in Baunatal bezahlt, mit irgendwas zu tun? Die Lohnsteuer des Busfahrers in Gelnhausen wird auch nicht dem Kostendeckungsgrad des ÖPNV angerechnet — und die hat immerhin zu 100% was mit dem Verkehr in Deutschland zu tun und nicht mindestens teilweise mit Exporten.


    Guter Trick aber, ich wäre beinahe auch drauf reingefallen.

  • Ich habe mir das mal soweit durchgelesen und finde das ganze sehr spannend. Was aber fehlt ist der Hinweis, das der Staat von der Automobilindustrie jedes Jahr in Deutschland 93,4 Mrd € (Stand 2020) an Steuern einnimmt Quelle: Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA).

    Das sollte aber auch in Relation gesetzt werden zu den 739,7-93,4=646,3 Mrd € Steuereinnahmen, die nicht aus der Autoindustrie kommen (Stand 2020).


    Von den 93,4 Mrd. sollte man auch noch Subventionen, Abwrackprämien, Dienstwagenprivilegien und ähnliches abziehen, die direkt an die Autohersteller zurückfließen.

  • da es außerhalb der Städte im ländlichen Bereich oft unmöglich ist einen sinnvollen ÖPNV aufzubauen.

    Das sagt genau wer noch einmal? Es mag im ländlichen Raum vielleicht verzeinzelte Flecken geben, wo eine regelmäßige Bedienung schwierig ist, das ist aber kein "oft" und der Blick in die Schweiz zeigt, daß man auch kleine Gemeinden mit einem ordentlichen ÖPNV versorgen kann - wenn man denn will. Und an letztem Punkt scheitert es. Das liegt aber ausschließlich an den Ländern und den Gemeinden, aber nicht an irgendwelchen gottgegebenen unveränderlichen Zuständen.


    Beispielsweise gibt es keinen Grund, warum der Landkreis Rhön-Grabfeld sonntags den letzten Bus nach Fladungen um 13 Uhr irgendwas fahren läßt statt meinetwegen alle zwei Stunden mit Zuganschluß in Mellrichstadt bis abends. Und selbst wenn der Bedarf (angeblich) nicht da wäre, könnte man ersatzweise ein Anrufsammeltaxi einsetzen. Tut man aber nicht. Und dann wundern sich die politischen Gremien solcher Landstriche, warum die Leute von dort abwandern...

  • Das sagt genau wer noch einmal? Es mag im ländlichen Raum vielleicht verzeinzelte Flecken geben, wo eine regelmäßige Bedienung schwierig ist, das ist aber kein "oft" und der Blick in die Schweiz zeigt, daß man auch kleine Gemeinden mit einem ordentlichen ÖPNV versorgen kann - wenn man denn will. Und an letztem Punkt scheitert es. Das liegt aber ausschließlich an den Ländern und den Gemeinden, aber nicht an irgendwelchen gottgegebenen unveränderlichen Zuständen.

    Ich weiß nicht. Unter einer gewissen Einwohnerdichte ist es doch gesamtwirtschaftlich günstiger Privat-PKW zu nutzen als einen Bus fahren zu lassen.

    Davon abgesehen: ist nicht der Punkt an dem es scheitert eher das hier im Forum oft diskutierte NKV? Nahverkehr auf dem Land hat eben bei gleichen Kosten weniger Nutzen. Das Problem ist die Anforderung an den ÖPNV profitabel zu sein. Und klar, Kommunen sind pleite und können sich nicht viel besseren ÖPNV leisten, auch die Verteilung der Steuergelder auf Bund, Land und Stadt ist deshalb Teil des Problems.

  • Zitat von heinz

    Ich weiß nicht. Unter einer gewissen Einwohnerdichte ist es doch gesamtwirtschaftlich günstiger Privat-PKW zu nutzen als einen Bus fahren zu lassen.

    Mag so sein. Da denke ich aber eher an die Weiten Alaskas oder des australischen Outback als etwa den von Holger Koetting zitierten Landkreis Rhön-Grabfeld.


    Und wie ich schon etwas weiter vorher schrieb: Nicht jedefrau und jedermann haben die Möglichkeit, ein Auto zu fahren. Es fängt mit den Menschen ohne Führerschein an. Da kannst Du es natürlich den Querdenkern gleich tun und verlangen, dass es nicht für Ungeimpfte, sondern auch für Führerscheinlose keine Beschränkungen mehr geben darf. :PDann gibt es die in unserem Land steigende Anzahl von Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen kein Auto mehr fahren. Hohes Alter ist einer davon, aber nicht nur. Und dann hast Du natürlich die Menschen, die sich kein Auto leisten können. Bei etwa 400 € Kosten im Monat ist das mit einem Einkommen in Höhe der Grundsicherung eher schwierig. Und nicht zuletzt hast Du auch die Menschen, deren Auto gerade nicht verfügbar ist, weil es gerade kaputt oder gestohlen ist.


    Ob es nun überall ein Zug oder Bus im 2-Stunden-Takt sein muss, ist eine andere Frage. Es gibt ja auch bedarfs-orientiere Bedienungsformen wie Anruf-Sammel-Taxi oder Bürgerbus. Noch einmal: ÖV - egal in welcher Form - gehört zur Daseinsgrundvorsorge wie Wasser, Elektrizität und Telekommunikation!

  • Beispielsweise gibt es keinen Grund, warum der Landkreis Rhön-Grabfeld sonntags den letzten Bus nach Fladungen um 13 Uhr irgendwas fahren läßt statt meinetwegen alle zwei Stunden mit Zuganschluß in Mellrichstadt bis abends. Und selbst wenn der Bedarf (angeblich) nicht da wäre, könnte man ersatzweise ein Anrufsammeltaxi einsetzen. Tut man aber nicht. Und dann wundern sich die politischen Gremien solcher Landstriche, warum die Leute von dort abwandern...

    Absolut korrekt. Ich kann mich erinnern, dass vor Jahren in Frankfurt die Linie 62 zwischen Schwanheim und Flughafen 3x am Tag fuhr. Nachdem mal probeweise ein Stundentakt eingeführt wurde, sind wir aktuell beim 30-Minuten Takt rund um die Uhr. Angebot kann auch Nachfrage schaffen. Und ein lokaler Taxi-Unternehmer, der ein Fixum für die Randzeiten erhält, kann hier in der Tat eine günstge Alternative zu einigen Tonnen leere Luft...

  • Unter einer gewissen Einwohnerdichte ist es doch gesamtwirtschaftlich günstiger Privat-PKW zu nutzen als einen Bus fahren zu lassen.

    Vom Grundsatz ja. Nicht jeder Bergbauernhof braucht unbedingt seine eigene Buslinie. Andererseits kann man aber sagen, daß in diesem Fall das Konzept eines AST (so nachteilig es in vielen anderen Fällen sein mag) die grundsätzliche Mobilität sicherstellen kann (und muß). Weil Du das Wort "gesamtwirtschaftlich" einwirfst, hängen dort auch nicht nur die Kosten für den ÖPNV dran. Denn zusätzlich ist zu fragen, ob die Nichterreichbarkeit von einzelnen Dörfern auf Dauer die Orte eben komplett ausbluten läßt und damit auch Gesamtkosten für die Infrastruktur in die Höhe gehen. Die Wasserleitung (Strom, Gas, etc.) in den Flecken muß dann auf einmal auf 20 Einwohner umgelegt werden und nicht mehr auf 200.


    Ansonsten ist eben zu hinterfragen, was noch eine sinnvolle "gewisse Einwohnerdichte" sein kann. Das Beispiel mit Fladungen habe ich nur deswegen gebracht, weil wir vor vielen vielen Jahren mal dort zur Museumsbahn wollten, aber außer Wandern ab Mellrichstadt (damals fuhr sie nur zwischen Ostheim und Fladungen) keine Anreisemöglichkeit bestand. Das hat sich daher so als Musterbeispiel für schlechte Fahrpläne bei mir gehalten. Es gibt mit Sicherheit noch andere Orte, wo man wochenends gar nicht hinkommt und unter der Woche nur mit dem Schulbus. Und so klein ist Fladungen mit 2200 Einwohnern ja nun nicht gerade. Zumindest nicht so klein, daß man daraus "kein Verkehrsbedürfnis" ableiten kann. (Oder böse gesagt: Wieso schafft man es Brandoberndorf, letztlich sogar etwas kleiner, sowohl mit einer Bahn- als auch mit Buslinien anzubinden.) Zudem kommt mit dem Freilandmuseum a la Hessenpark durchaus noch externes Verkehrsbedürfnis dazu.

  • Hallo!
    ich habe mit großem Interesse eure Beiträge gelesen. Allerdings bemerke ich, dass sich die wenigsten von euch mit dem Leben auf dem Land als Fahrschüler oder Arbeitnehmer auskennen. Um das Ganze ein bisschen genauer darzustellen, möchte ich etwas detaillierter werden. Meine Jugendjahre habe ich in den Landkreisen Osterode am Harz und Duderstadt verbracht, die heute beide Bestandteil des Landkreises Göttingen sind. wir haben damals an der Ruhmequelle gewohnt, die Schule war in Herzberg und eine Freizeitaktivität in die Gieboldehausen. Ich halte mich auch heute noch in der Gegend regelmäßig auf und fahre mit Pfadfindergruppen zu lagern und Wanderungen in diese Gegend. Wir machen dort ein Winterlager. wir möchten einen Tagesausflug auf den Brocken machen und müssen dazu von Gieboldhausen Torfhaus rausfahren. Ich habe diese Tour im Fahrplan des Verkehrsverbundes Süd Niedersachsen gesucht und dabei festgestellt, dass die Fahrtdauer 3 Stunden beträgt. Mit dem PKW benötigen wir für die Strecke 47 Minuten. Die Fahrtstrecke des ÖPNV führt mich zuerst nach Westen bis Göttingen, dann über Northeim, Einbeck, Bad Gandersheim, Seesen und Langelsheim bis Torhaus, sprich einmal um den Harz herum. Damit ist die Dauer der Fahrtstrecke geklärt. Die Fahrtdauer spricht gegen den ÖPNV. O. k. ich gebe zu dies ist eine Ausflugstour und keine tägliche Tour.


    Wir haben früher an der Ruhmequelle gewohnt und ich bin mit dem Bus täglich zur Schule nach Herzberg gefahren. Einmal in der Woche bin ich zur Gruppenstunde bei den Pfadfindern nach die Gieboldehausen gefahren. Die Gruppenstunde begann um 17:00 Uhr und war um 19:00 Uhr zu Ende. Ich bin die Strecke damals ganzjährig , bei Wind und Wetter, mit dem Fahrrad gefahren, da kein Bus fuhr. Schauen wir mal wie das heute ist:

    Es gibt inzwischen eine Busverbindung. Der Bus fährt eine Strecke von 11 km und es werden zwischen 23 bis 39 Minuten benötigt. Um pünktlich um 17:00 Uhr da zu sein, müsste ich um 15:46 Uhr abfahren, käme um 16:06 Uhr an und müsste bis 17:00 Uhr warten. Nehme ich einen Bus später komme ich um 17:04 Uhr an, müsste dann noch 10 Minuten laufen und wäre zu spät gekommen.


    Betrachten wir nun die Rückfahrt: Ich hätte 2 Möglichkeiten, entweder um 18:49 Uhr oder exakt 1 Stunde später um 19:49 Uhr den Bus nach Hause zu nehmen. Bei der 1. Möglichkeit hätte dies bedeutet, dass sich die Gruppenstunde 20 Minuten vor Schluss verlassen hätte, um nach Hause zu kommen. Der andere Fall hätte bedeutet 49 Minuten zu warten, bis der Bus geht.


    Was ich in dieser Betrachtung noch nicht erwähnt habe, ist die Tatsache, dass damals der Unterricht in Herzberg oft mit der 6. Stunde um 13:15 Uhr endete. D.h. der Bus nach Hause fuhr erst um 14:30 Uhr ab und ich war ca 20 Minuten später an der Rhumequelle. Diese Busverbindung hat sich gegenüber meiner Jugendzeit verbessert. Damals gab es einen Bus um 13:05 Uhr und keine Möglichkeit wie heute um 13:30 Uhr.


    Was die Busanbindung angeht ist festzustellen dass sich einiges grundsätzlich verbessert hat. Allerdings muss man feststellen, dass ich als 14-jähriger Schüler für meine Freizeit auch heute noch mit dem Fahrrad unterwegs wäre, da dies besser zu meinem Freizeitverhalten und dem Zeitaufwand gepasst hätte. Allerdings hätte ich Eltern von heute, die viel zu viel Angst um mich, und würden mich niemals mit dem Fahrrad fahren lassen sondern das Elterntaxi bemühen, dass die Strecke von 9 km in 11 Minuten erledigt. D.h. damit ich zur Gruppenstunde kommen könnte würden also 36 km mit dem Auto zurückgelegt. Gesamte Fahrtdauer mit dem PKW 36 Minuten.


    Bei Betrachtung aller guten Argumente für den ÖPNV bleibt mir letztendlich nur ein Fazit: In Ballungsräumen mit entsprechenden Taktfahrplänen sind Bus, Straßenbahn usw. die sinnvolle Alternative solange ich mich mit den Hauptverkehrsströmen bewege. Auf dem Land kann man eine vergleichbare Struktur nur anbieten, wenn viele Busse nur mit einem oder 2 Fahrgästen in der Masse aber leer unterwegs sind. Anders ausgedrückt es ist wie früher zu meiner Jugendzeit, als der Bus von Rentnern benutzt wurde, denn die hatten die Zeit und haben gleichzeitig ihre Bekannten im Bus getroffen und konnten so den neuesten Klatsch austauschen. Bleibt zum Schluss noch festzustellen, dass heute wie damals das die Themen Fahrzeit und Wartezeit wichtige, wenn nicht sogar dieHauptargumente sind. Außen vor gelassen habe ich Dinge wie 2 Jahre Konfirmandenunterricht in Hilkerode, Tennisspielen in Herzberg und andere Freizeitaktivitäten. Das Treffen von Mitschülern, aus Herzberg, Scharzfeld, Bad Lauterberg, Barbis usw. mal ganz außen vor gelassen.


    Ich hoffe dies ist ein interessantes Beispiel für die weitere Diskussion.

    2 Mal editiert, zuletzt von michah () aus folgendem Grund: einige Verbesserungen beim Kontrolllesen

  • Mir ist gerade aufgefallen, dass ich vergessen habe zu erwähnen, dass wir später nach Herzberg gezogen sind und ich von dort zur Gruppenstunde gefahren bin. Damals war ich alt genug um das mit der Mofa zu erledigen. Selbst die heutige ÖPNVverbindung braucht für diese Strecke je nach Tageszeit zwischen 20 und 75 Minuten.

    Einmal editiert, zuletzt von michah ()