Zusammenstoß zweier S-Bahnen bei München

  • Ich hätte jetzt eher an ein Prokoll weiterer Rückfragen gedacht und ggf. eine Freigabe "Fahren auf Sicht". Fieses könnte natürlich Unfälle nicht ganz ausschließen, aber die Wahrscheinlichkeit verringern. Und bei einem geregelten "Fahren auf Sicht" im betreffenden Streckenabschnitt nach einer Zwangsbremsung dürfte die Geschwindigkeit beider Züge bei einem dann immer noch möglichen Zusammenstoß deutlich geringer sein. Damit sind die Mremswege kürzer und auch die möglichen Folgen eines Unfalls geringer.

  • Lassen sich eigentlich die unbeschädigten Teile der beiden Einheiten zu einer neuen Einheit zusammenstellen wie früher bei den 420ern üblich?

    Es folgt die Durchsage für die Fahrt in Richtung Preungesheim.

  • Klar, warum sollte das nicht möglich sein? Vorausgesetzt, die sind wirklich unbeschädigt bzw. mit überschaubarem Aufwand reparabel, wäre das noch das „beste” an der ganzen Sache: Man hätte „nur” einen Vollzug verloren.

  • Klar, warum sollte das nicht möglich sein? Vorausgesetzt, die sind wirklich unbeschädigt bzw. mit überschaubarem Aufwand reparabel, wäre das noch das „beste” an der ganzen Sache: Man hätte „nur” einen Vollzug verloren.

    Sind die Endwagen bezüglich ihrer Ausrüstung symmetrisch? Falls nicht, würde das nicht funktionieren, wenn A-Teil gegen A-Teil gefahren ist.

  • Sind die Endwagen bezüglich ihrer Ausrüstung symmetrisch? Falls nicht, würde das nicht funktionieren, wenn A-Teil gegen A-Teil gefahren ist.

    Die Endwagen ja, bei den Mittelwagen würde es schon schwieriger werden (die unterscheiden sich noch durch andere Dinge außer ob ein Stromabnehmer drauf ist oder nicht).

    Ich denke mal, bei den Kräften, die da zusammengewirkt haben, wird man sich die 4 Triebzüge ganz genau ansehen müssen, was davon noch brauchbar ist und was nicht.

    Im Übrigen hat heute die Bergung der Züge begonnen.

    Viele Grüße, vöv2000

  • Der Zwischenbericht der BEU wurde veröffentlicht. Demnach ist der Lokführer gegen das haltzeigende Ausfahrsignal des Bf Ebenhausen-Schäftlarn ausgefahren, hat deswegen durch die PZB eine Zwangsbremsung bekommen, aus der er sich unzulässig und ohne Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter befreit hat und weitergefahren ist.

    Zusätzlich bekam er während der vorhergehenden Fahrt schon einmal eine Zwangsbremsung, wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, aus der er sich ebenso ohne Rücksprache befreit hatte.

    Die PZB funktionierte wie vorgesehen.


    Dadurch, dass der Zug über das haltzeigende Signal fuhr, fiel das Einfahrsignal kurz vor dem zum Unfallzeitpunkt stehenden Zug zurück auf Halt, woraufhin der Lokführer dieses Zuges eine Schnellbremsung einleitete.


    Die BEU empfiehlt, nach einer Zwangsbremsung eine Befreiung technisch erst nach einer gewissen Zeit zuzulassen, damit "ein angemessener Zeitraum zum Nachdenken (Situatonsbewusstsein) und Handeln (Abarbeiten der Richtlinie 408.2651) zwingend eingeräumt wird."

  • Alternativ ließen sich doch sicherlich auch technische Mechanismen entwickeln (ja, mir ist bewusst, dass es diese noch nicht gibt), in der mit Tokens analog zu Login-/TAN-Verfahren gearbeitet werden könnte. Dann kann der Triebfahrzeugführer ohne Rücksprache nicht weiter fahren.

  • hat deswegen durch die PZB eine Zwangsbremsung bekommen, aus der er sich unzulässig und ohne Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter befreit hat und weitergefahren ist

    Oder, dass der TF sich nicht selbst, bzw. den Zug "befreien" kann, sondern der Fahrdienstleiter dies tun muss.
    Andere Frage,- "blinkt" dann was am Fahrdienstleiter Pult? Bekommt der das mit, dass da ein kollege eine Zwangsbremsung hatte?

  • Oder, dass der TF sich nicht selbst, bzw. den Zug "befreien" kann, sondern der Fahrdienstleiter dies tun muss.

    Das ist schlecht mit einem punktförmigen Verfahren vereinbar. Sicherlich könnte man so etwas über eine Funklösung realisieren, aber dann wäre der Weg zu ETCS Level 2 nicht mehr weit...


    Generell hast du aber recht. "Vieraugenprinzip" wäre die bessere Lösung, auch auf Seiten des Fahrdienstleiters.


    In der Diskussion zu Bad Aibling hier hatte ich das Thema auch mal angerissen. Heutzutage gibt es so viele Security Tokens zur Authentifizierung. Es wäre sicherlich ein Leichtes, anstelle der Ersatzsignal- (im Stellwerk) oder Befehlstaste (im Führerstand) ein Codepad vorzusehen, dessen "Gegenstück" nur der jeweilige Vorgesetzte vorliegen hat, der den Code nur rausrücken dürfte, wenn die Schilderungen plausibel sind (und wenn es nur dazu dient, sicherzustellen, dass entsprechende Checklisten abgearbeitet wurden).


    Das Problem ist hierbei nur: Durch die 2000 Hz-Magnete an den Trapeztafeln, den vielen Signalen die Sh 1 für Rangierfahrten zeigen usw. müsste das derzeit wohl zu oft bedient werden. Es müsste daher zunächst sichergestellt sein, dass es die 2000 Hz wirklich nur gibt, wenn ein haltzeigendes Signal überfahren wird, aber nicht sonst im Regelbetrieb. Vermutlich steht dies einer weitergehenden Absicherung entgegen...

    Andere Frage,- "blinkt" dann was am Fahrdienstleiter Pult? Bekommt der das mit, dass da ein kollege eine Zwangsbremsung hatte?

    Nein, die eigentliche Zwangsbremsung bekommt der Fahrdienstleiter nicht mit. Das Auffahren von Weichen, den Haltfall des Einfahrsignals natürlich schon. Aber selbst wenn, hätte es in diesem Falle, das waren ja nur wenige Sekunden, nichts geändert.

  • Werden Zwangsbremsungen überhaupt „gespeichert“? Könnte man also ungemeldete und aus ohne vorherige Rücksprache befreiten Zwangsbremsungen als grobe Regelverstöße dienstrechtlich bestrafen?

    2 Mal editiert, zuletzt von Jojo ()

  • Das wäre vermutlich schon mal ein Anfang, dass diese zu dokumentieren sind. Ich fürchte aber nur - zugegeben technisch nicht wissend - dass es wie von zip-drive beschrieben - zu viele "False positive" gibt, da ist für mich der erste Ansatz. Ein Sicherungssystem, das zu oft "falsch" auslöst, wird schichtweg nicht mehr beachtet.


    Ich denke nicht, dass "ein angemessener Zeitraum zum Nachdenken (Situatonsbewusstsein) und Handeln (Abarbeiten der Richtlinie 408.2651) zwingend eingeräumt wird." hier wirklich hilft. Wenn ich eine Zwangsbremsung bekomme, muss ich doch eigentlich diese Punkte per se schon beachten bzw. würde mich darum auch nicht scheren, wenn ich es jetzt schon nicht tue. Oder liege ich hier falsch.

  • Alternativ ließen sich doch sicherlich auch technische Mechanismen entwickeln (ja, mir ist bewusst, dass es diese noch nicht gibt), in der mit Tokens analog zu Login-/TAN-Verfahren gearbeitet werden könnte. Dann kann der Triebfahrzeugführer ohne Rücksprache nicht weiter fahren.

    Ja und dann steht der Zug schön im Funkloch und bewegt sich keinen Zentimeter mehr weiter. Ich freue mich für diesen Fall schon auf die ersten Aufschreie von wegen Freiheitsberaubung, weil das Token erst mal "zu Fuß" zum Zug geschafft werden muß und es eine Stunde lang weder vor noch zurück geht.


    Und egal, wie die Lösung aussieht (die einfachste Umsetzung: "Frei"-Taste erst nach 120 - oder beliebiger anderer Wert - Sekunden wirksam), der nächste Unfall wird trotzdem kommen (weil sich dann jemand nach 121 Sekunden freidrückt oder der genervte Fahrdienstleiter das elfte Token einfach so ausgibt, da vorher zehnmal "Fehlalarm" oder oder oder...). Es wird nur die Eintrittswahrscheinlichkeit nach hinten geschoben.

  • weil das Token erst mal "zu Fuß" zum Zug geschafft werden muß

    wenn das überhaupt geht. Token-Systeme, die ich kenne, sind entweder an eine genaue Uhr gekoppelt oder an eine Übertragung relevanter Daten. Beides ist im Funkloch nicht einfach sicher zu stellen. (Was sagt aber die aktuelle Regel über Funklöcher hinter PZB-Zwangsbremsungen?)


    Aber wer weiß, hier wurde ja vor Jahren von einem Mitdiskutanten die totale Basisdemokratie gefordert (da ging's um eine S3, die von Rödelheim direkt nach Langen gefahren ist oder so); vielleicht können einfach alle im Zug abstimmen, ob der Zug auf das Token warten soll oder einfach weiter fahren kann – das ist in Güterzügen besonders einfach. 🤣😇

  • Token-Systeme, die ich kenne, sind entweder an eine genaue Uhr gekoppelt

    Es gibt auch Token-Systeme, die ohne Uhr funktionieren, z.B. die Secure Computing Safeword-Familie.

    Werden Zwangsbremsungen überhaupt „gespeichert“?

    Ja. Im Zwischenbericht der BEU werden ja die Zwangsbremsungen aufgezählt. Dazu wurde der entsprechende Speicher im Zug ausgelesen. Dies könnte regelmäßig geschehen und mit den entsprechenden Einträgen der FdL abgeglichen werden.

  • Beides ist im Funkloch nicht einfach sicher zu stellen.

    Es ließe sich beides kombinieren: Erkennt der Zug, dass er im Funkloch ist, die Kommunikation zur Gegenstelle also gestört ist, kann man als Rückfallebene immer noch zwei Minuten Wartezeit vorsehen.


    Wieso man hier eine "alles oder nichts"-Lösung implementieren müsste, erschließt sich mir nicht. Jede Verbesserung, die die Wahrscheinlichkeit von Unfällen in Folge menschlichen Versagens reduziert, ist schließlich eine Verbesserung...

  • Was ich auch ein bisschen hineininterpretiere ist, das anscheinend einigermaßen Druck im Kessel sein muss. Ähnlich wie bei dei den LKW- Fahrern, es muss alles ausgereizt und Grenzen überschritten werden, damit es "läuft "

  • Ja. Im Zwischenbericht der BEU werden ja die Zwangsbremsungen aufgezählt. Dazu wurde der entsprechende Speicher im Zug ausgelesen. Dies könnte regelmäßig geschehen und mit den entsprechenden Einträgen der FdL abgeglichen werden.

    Zumindest das Verschweigen einer 2000 Hz-Zwangsbremsung (also dem Überfahren eines roten Signales) sollte doch ein ausreichender Abmahnungsgrund sein, oder nicht? Erfordert dies nicht sowieso den sofortigen Austausch des Lokführers?

    2 Mal editiert, zuletzt von Jojo ()

  • 2000-Hz-Zwangsbremsungen kommen nicht nur an roten Hauptsignalen vor, sondern z. B. auch an (gestörten) Geschwindigkeitsprüfabschnitten (siehe Tunnelstammstrecke, dort liegen sie massenhaft) oder gänzlich ohne relevante Ursache, weil etwa irgendwelches Metallgerümpel neben der Schiene liegt und von der PZB fälschlicherweise für einen 2000er gehalten wird. Auf das Geplärr bin ich gespannt, wenn eine S-Bahn dann, weil sie etwas zu schnell am Prüfabschnitt war oder dieser dauerscharf ist, zwei Minuten halb am Bahnsteig, halb im Tunnel steht und die Türen nicht freigegeben werden dürfen...

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.