Vor Jahren war es hier schon mal Thema, die Geräuschemissionen der Lüfter wartender Züge der Linien U2 und U9 in Nieder-Eschbach, vor allem bei Nacht.
Ein betroffener Anwohner hatte die VGF auf Reduzierung der Geräusche verklagt. Rechtlich ging es um die Frage, ob diese Geräusche Anlagengeräusche genehmigungsbedürftiger Anlagen (zu beurteilen nach TA-Lärm) sind, oder Verkehrsgeräusche, die nach der VerkehrslärmVO (16. BImschV) zu beurteilen sind. Der Unterschied sind einige Dezibel, um die es lauter sein darf, wenn die 16. BImschV gilt. Der Kläger wollte die Begrenzung des Geräuschs auf 40 dB(A) nachts und 55 dB(A) tags nach TA Lärm. Das Verwaltungsgericht hat die VGF verurteilt, den Grenzwert von 49 dB(A) nachts und 59 dB(A) tags nach 16. BImschV einzuhalten.
Beide Parteien haben den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, der Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen, dem Antrag der VGF hat der HessVGH teilweise entsprochen.
Der Kläger hält die Entscheidung für falsch, weil das Lüftergeräusch wartende Züge Anlagenlärm und kein Verkehrslärm sei. Nein, sagen die Gerichte: stehe – wie hier – ein kurzzeitiger Halt eines Zuges in engem Zusammenhang mit dem Fahrbetrieb, verbiete sich eine weitere Aufspaltung in reine Fahrgeräusche und sonstige Betriebsgeräusche, soweit diese noch einen Bezug zu der Teilnahme am Verkehr aufweisen. Dies sei der Fall, wenn die Emissionen mit der Funktion als Beförderungs- oder Transportmittel zusammenhingen, wobei auch hier keine Beschränkung auf den reinen Fahrvorgang selbst bestehe. Bei der Personenbeförderung ist der Betrieb von Klimaanlagen in der heißen und von Heizungen in der kalten Jahreszeit geradezu unverzichtbar (vgl. auch § 45 Abs. 5 der Straßen-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab)) und stellt damit einen den Fahrvorgang unmittelbar begleitenden Betriebsvorgang dar. Die hierdurch hervorgerufenen Immissionen seien, solange der Fahrbetrieb anhält, Verkehrsimmissionen. Das gelte für Aggregatgeräusche, die von Stromrichtern, Kompressoren sowie Klima- und Lüftungsaggregaten ausgehen.
Dem VGF-Antrag auf Zulassung der Berufung wurde stattgegeben. Der Senat teilt die Zweifel der VGF, die Grenzwerte der 16. BImschV könnten nicht für Bestandsschienenwege gelten, die vor Inkrafttreten der 16. BImschV im Jahr 1990 errichtet worden seien (die Wendegleise in Nieder-Eschbach wurden 1971 in die seit 1908 bestehende Gleisanlage eingebaut).
Der Gesetzgeber habe sich bewusst dagegen entschieden, vorhandene öffentliche Verkehrswege denselben immissionsrechtlichen Anforderungen zu unterwerfen, wie neugebaute oder wesentlich geänderte Verkehrswege. Die Bestimmungen des vierten Teils des BImschG gelten ausdrücklich nur für den Neubau und die wesentliche Änderung von öffentlichen Verkehrswegen (vgl. § 41 Abs. 1 BImSchG). Dementsprechend ist auch der Anwendungsbereich der Verkehrslärmschutzverordnung einschließlich der dort festgelegten Immissionsgrenzwerte auf den Neubau und die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen und Schienenwegen begrenzt (vgl. § 1 Abs. 1 der 16. BImSchV). Es spreche Einiges dafür, diese gesetzgeberische Wertung auch bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, welches Maß an Lärmbelästigung der Kläger im Zusammenhang mit dem Bestandsschienenweg zu dulden hat.
Wenn die 16. BImschV hier nicht gilt, gibt es keine Grenzwerte, die zur Beurteilung dessen, was dem Kläger zumutbar sei, herangezogen werden können. Grenzwerte haben eine Indizwirkung für die Zumutbarkeit. Ohne Grenzwerte muss das Gericht unter Berücksichtigung eine Gesamtwürdigung aller die Lärmimmissionen charakterisierenden Umstände des Einzelfalls vorzunehmen und kann hierbei als Entscheidungshilfe auch Grenz- und Richtwerte aus Lärmschutzvorschriften einbeziehen.
Da es für die VGF ums Eingemachte geht, dürfte die Sache im Zweifel auch zum BVerwG kommen, denn vom Ergebnis hängt ab, ob ggf. Fahrzeuge oder Bestandsanlagen nachzurüsten sind oder passiver Schallschutz an Einzelobjekten bezahlt werden muss.
Die Entscheidung des HessVGH ist zwar schon ein Jahr alt, von Interesse dürfte es aber trotzdem sein.