Pünktlichkeit und Fahrplan -Reserven bei der Deutschen und anderen Bahnen

  • Ich greife Condors Vorschlag aus dem Main-Weser-Bau-Thread auf und eröffne hier ein anderes Thema.


    Aktuell bin ich gerade in Polen unterwegs und verspreche Euch zu gegebener Zeit Bahn- und Baustellenbilder. :-)


    Gebaut wird viel in Polen. Unter anderem am Netzknoten Warschau, an der BalticRail nach Litauen und an der Nord-Sued-Magistrale von Warschau nach Krakau und Katowice.


    Mein IC von Bialystok hielt deshalb in Warschau Gdanska, von dort sind es ein paar Minuten mit der Metro ins Zentrum. Allerdings auch 10 Minuten vom Metro-Bahnsteig zu Fuß zum Bahnsteig in Centralna. Parallel kann man auch mit der S-Bahn nach Zachodnia (Westbahnhof) fahren, wo die IC von Centralna auch halten.


    Mit knapp 3 Stunden für knapp 180 km eher RE- Tempo, aber der Zug war pünktlich - vor allem: Der Anschluss klappte, wenn auch knapp. Da blieb keine Zeit mehr für Tram-Fotos :-)


    Von Warszawa Centralna knapp 300 km in 3:20 h, normales IC- Tempo. Dabei nutzte der Zug teilweise die EIC- Strecke Richtung Czestochowa und hielt unterwegs 7 Minuten für eine Überholung. Der Zug war 3 Minuten zu spät in Centralna eingefahren - kam aber 3 Minuten vor der Zeit in Krakau an :-)


    Der lokbespannte IC fuhr durchweg mit etwa 120 km /h - also kein Hexenwerk.


    Ehrlich, mir ist eine etwas längere Fahrzeit, die stimmt, deutlich lieber als nur theoretisch kurze Fahrzeiten mit häufig verpassten Anschlüssen. Ich bin 13:24 Uhr losgefahren und wusste, ich bin um 20:33 in Krakau-Plaszow. Das ist deutlich besser als eine theoretische Ankunft um 18:33, die aber genauso um 22:33 sein kann.

  • Hallo,

    Danke für den Einblick. Ich habe das glaube ich schon einmal vorgeschlagen, aber Fahrplan-Reserven vs. Geschwindigkeit ist kein globales Entweder-Oder. Man kann ja ein paar Züge mit Fahrzeit-Reserven ausstatten und sie dem Kunden entsprechend als "ICEV, das V steht für verlässlich" kommunizieren. Aber alle Züge mit großzügigen Reserven auszustatten fände ich nicht so schön.


    PS: im Prinzip macht die Bahn doch etwas sehr ähnliches aktuell, nämlich knappe Umstiege nicht mehr anzeigen, wodurch Reisende Zeit-Reserve beim Umstieg bekommen.


    Grüße

  • Hängt natürlich auch von der individuellen Strecke ab. Eine Bekannte, die sich u.a. mit Fahrplänen der SFS Köln - Rhein-Main beschäftigt, erwähnte, das dort u.U. Verspätungen von ca. 15 min wieder eingeholt werden können.

  • Zwischen Frankfurt und Hildesheim hat mein Zug das letzte Mal auch 10 Minuten reingeholt. Aber für verlässliche Pünktlichkeit reichen die vorhandenen Reserven offensichtlich noch nicht.

  • Dazu müssten Netzweit entsprechende Reserven/ Kapazitäten vorhanden sein, nicht nur punktuell.

    Aber es musste sich ja schöngesparrt werden. Das rächt sich jetzt (aber nicht nur der einzigsten Grund)

  • Ist das eine Größenordnung, die eine solche Behinderung auffangen kann? Oder sehen wir gerade mehr Hindernisse, als die Fahrplangestaltung - dass da gebaut wird, war ja bekannt - hergibt? 3% auf die Fahrzeit von Friedberg nach Frankfurt ist nicht viel.

    Es sind üblicherweise keine 3%, sondern je nach Land 6-8%. Trotzdem läßt sich damit Deine Frage nicht beantworten. Die Zuschläge sind dafür da, eben solche Sachen wie baustellenbedingte Langsamfahrstellen, Anschlußaufnahmen etc. auszugleichen. Jedoch ist irgendwann immer ein Punkt erreicht, wo Dein Zuschlag nicht mehr ausreicht, weil zuviele Einflüsse vorliegen. Du kannst auch 100% Zuschlag machen, d. h. die Fahrzeit zwischen Frankfurt und Darmstadt sind dann nicht 17, sondern z. B. 32 Minuten. Aber wenn dann der Baum auf dem Gleis liegt und Du Umleitung via Riedbahn, Kopfmachen und Eichmühlkurve fährst, wird das vermutlich ebenso knapp werden.


    De facto mußt Du ein sinnvolles Verhältnis zwischen planbaren und ungeplanten Ereignissen, Erreichen von Taktknoten, übermäßiger Verlängerung der Reisezeit etc. finden. Und da ist dann die Frage, ob es sinnvoll ist, die Leute jeden Tag 15 Minuten länger als nötig in der RB festzuhalten, obwohl ich diesen Puffer nur in 3% aller Fälle brauche, 14 Minuten in 5%, etc. ... Fahrpläne existieren ja nicht erst seit heute und aus der Erfahrung heraus haben sich diese jetzt genutzten 3, 6, 8, 10%... als sinnvoller Kompromiß herausgestellt. Aber bitte im Hinterkopf haben, daß ein Kompromiß eben nur ein Kompromiß ist und kein in Stein gemeißeltes "das muß dann immer funktionieren".


    Wenn Du wissen willst, wie man es nicht macht, fahr nach Spanien. Die beste aller europäischen Eisenbahnen (Achtung, Sarkasmus) ist mit ihren zweieinhalb Zügen pro Tag und Strecke schon derart überfordert, daß alles unter 60 Minuten Umsteigezeit kein Anschluß ist. Wenn ich das also auf hiesige Verhältnisse umdichte, würde ich um 13.14 in Weiterstadt einsteigen, wäre dann um 13.21 in Darmstadt. Dort könnte ich aber nicht die RB um 13.30 nach Frankfurt nehmen, sondern erst die um 14.30, mit der ich um 14.48 in Frankfurt bin. Statt den ICE um 14.57 darf ich aber erst den um 15.58 Uhr nehmen, der um 20 Uhr in Hamburg-Dammtor ist. Dort warte ich dann bis 21.11 Uhr, um die letzten drei Minuten an die Sternschanze zu fahren. Oder so ähnlich. Na vielen Dank auch.

  • Es sind üblicherweise keine 3%, sondern je nach Land 6-8%. Trotzdem läßt sich damit Deine Frage nicht beantworten. Die Zuschläge sind dafür da, eben solche Sachen wie baustellenbedingte Langsamfahrstellen, Anschlußaufnahmen etc. auszugleichen. Jedoch ist irgendwann immer ein Punkt erreicht, wo Dein Zuschlag nicht mehr ausreicht, weil zuviele Einflüsse vorliegen. Du kannst auch 100% Zuschlag machen, d. h. die Fahrzeit zwischen Frankfurt und Darmstadt sind dann nicht 17, sondern z. B. 32 Minuten. Aber wenn dann der Baum auf dem Gleis liegt und Du Umleitung via Riedbahn, Kopfmachen und Eichmühlkurve fährst, wird das vermutlich ebenso knapp werden.


    De facto mußt Du ein sinnvolles Verhältnis zwischen planbaren und ungeplanten Ereignissen, Erreichen von Taktknoten, übermäßiger Verlängerung der Reisezeit etc. finden. Und da ist dann die Frage, ob es sinnvoll ist, die Leute jeden Tag 15 Minuten länger als nötig in der RB festzuhalten, obwohl ich diesen Puffer nur in 3% aller Fälle brauche, 14 Minuten in 5%, etc. ... Fahrpläne existieren ja nicht erst seit heute und aus der Erfahrung heraus haben sich diese jetzt genutzten 3, 6, 8, 10%... als sinnvoller Kompromiß herausgestellt. Aber bitte im Hinterkopf haben, daß ein Kompromiß eben nur ein Kompromiß ist und kein in Stein gemeißeltes "das muß dann immer funktionieren".


    Wenn Du wissen willst, wie man es nicht macht, fahr nach Spanien. Die beste aller europäischen Eisenbahnen (Achtung, Sarkasmus) ist mit ihren zweieinhalb Zügen pro Tag und Strecke schon derart überfordert, daß alles unter 60 Minuten Umsteigezeit kein Anschluß ist. Wenn ich das also auf hiesige Verhältnisse umdichte, würde ich um 13.14 in Weiterstadt einsteigen, wäre dann um 13.21 in Darmstadt. Dort könnte ich aber nicht die RB um 13.30 nach Frankfurt nehmen, sondern erst die um 14.30, mit der ich um 14.48 in Frankfurt bin. Statt den ICE um 14.57 darf ich aber erst den um 15.58 Uhr nehmen, der um 20 Uhr in Hamburg-Dammtor ist. Dort warte ich dann bis 21.11 Uhr, um die letzten drei Minuten an die Sternschanze zu fahren. Oder so ähnlich. Na vielen Dank auch.

    Ist das mit den 1-Stunden Anschlüssen in Spanien 1 zu 1 so der Fall oder ein wenig übertrieben? Das wäre ja schrecklich

    Einmal editiert, zuletzt von heinz ()

  • Ausnahme könnte Catalunya sein, die sich auch nicht als Spanien ansehen. :-)


    Langlaufende Regionalzuglinien im Stundentakt oft Durchmesserlinie durch BCN. Und die heißen deshalb auch nicht Cercanias, sondern Rodalias. :-)


    Meine Erfahrungen im Extremadura um 2000: Einzelne Züge am Tag und selbst hatten keine geregelten Anschlüsse. So etwa: Zug an 7:00, Anschluss am nächsten Tag 5:00 - oder vorher Bus. Da hatten Provinznester in der Größe von Weiterstadt pompöse Busbahnhoefe mit EU-Geldern gebaut. Die sollten natürlich genutzt werden.


    Aber eigentlich sollten wir schauen, wo man es besser macht. Bei teilweise Halbstundentakt und Aufenthalt am Knoten über 10 Minuten lässt sich viel machen ,:-))

  • Ist das mit den 1-Stunden Anschlüssen in Spanien 1 zu 1 so der Fall oder ein wenig übertrieben? Das wäre ja schrecklich

    Das ist so. Leider. Es gibt einige wenige definierte Anschlußverbindungen mit kürzeren Zeiten, die Dir die RENFE auch so verkauft.


    Im Übergang Hochgeschwindigkeitsverkehr/Regionalverkehr aber mal gleich gar nicht, weil da muß man ja erst noch durch den Sicherheitscheck. Heißt also böse gesagt, daß Du zwar mit 300 von Madrid nach Barcelona nonstop durchbretterst, aber die gewonnene Zeit erst mal durch die erzwungene Stunde Umsteigezeit grad' wieder in den Wind schießt.


    Und richtig doof wird es bei dem ohnehin dünnen Verkehr, wenn Fahrpläne "gewollt" idiotisch gelegt werden. Da hat man dann mit Mühe und Not auf portugiesischer Seite die Bahnstrecke nach Badajoz wieder mit einem täglichen Zugpaar reaktiviert, nur kommt der Zug aus Richtung Merida um 15.11 Uhr an und die CP fährt um 15.24 ab. Kein Anschluß. Nur um mal die Größenordnung darzustellen: Badajoz hat mit 150.000 EW etwa soviel wie Darmstadt. Der Bahnhof ist aber so die Größenordnung z. B. Groß Karben oder Groß Gerau, heißt ein Haus- und ein Mittelbahnsteig. Und da fahren dann sechs Züge am Tag ab. Natürlich sowieso nicht im Taktverkehr. Insofern gäbe es ohnehin keinen Grund, da keine Anschlüsse herzustellen, weil man anderswo durch Verschieben der Zeiten auch nichts verbasteln würde.

  • Ja, genau an die Strecke erinnere ich mich auch. Der Busanschluss klappte aber damals.


    Kurze Frage: Reichen 13 Minuten Umsteigezeit nicht. ? Ich gehe davon aus, dass es sich bei beiden Zügen wie damals um Regionalzüge handelt, für die kein Sicherheits-Check erforderlich ist.


    Ähnliche Übergaenhe funktionieren ja zwischen Katalonien und Frankreich auch. Nicht nur in Cerbere - gut, da sind es etwa 20 - 25 Minuten. Sondern sogar in Tour der Caroll. Da gibt es von der kalanischen R 3 zum Nachtschnellzug nach Toulouse und Paris etwa 90 Minuten. Zwar auch kein kurzer Anschluss, aber in etwa 1100 m Höhe sind auch einige Verzögerungen denkbar. :-)

  • Um nochmal auf das Ursprungsthema zurückzukommen: Ja, die DB Netz plant Fahrzeitreserven ein. Wieviel und wo ist aber nicht zentral festgelegt, sondern wird bei Bedarf immer wieder für Folgefahrpläne angepasst. Wenn eine bestimmte Verbindung also regelmäßig Verspätungen hat, versucht man, dies im Fahrplan zu berücksichtigen. Das geht aber nicht immer und ist auch kein Allheilmittel. Ich habe von einer langen IC-Linie gehört, deren Fahrtzeit man im Laufe der Jahre zwischen Start und Ziel um fast 30 Minuten verlängert hat, ohne die Pünktlichkeit zu verbessern. Als das erkannt wurde, begann man, die Pünktlichkeit mit anderen Mitteln (also außerhalb des Fahrplans) zu verbessern, meines Wissens auch mit messbaren Erfolgen.


    Ein Beispiel: Wenn ich einen Bahnhof habe, auf dem sich Reisende wegen der Lage der Treppen meist an wenigen Stellen knubbeln, dann kann es helfen, Platzreservierungen bevorzugt so zu vergeben, dass Reisende mit Reservierung sich schonmal ein Stück weiter auf dem Bahnsteig bewegen und das Gedränge dadurch entzerren.

  • Was nützen Fahrzeitreserven, wenn auf Strecken wo die Trassen durch Zwangspunkte festleigen politisch

    gewollte Fahrzeitverlängerungen durch zusätzliche Bahnsteige nicht mit zusätzlichen Reserven beim Wenden

    am Endbahnhof kompensiert werden (können).


    Bei der S3 hat man Langen-Flugsicherung die Reserven für die Zugkreuzung Abschnitt Egelsbach/Erzhausen reduziert

    udn die Wendezeit in Darmstadt reduziert; durch Schwalbach Nord wurde die Wendezeit in Bad Soden reduziert.

    Auf der S2 ist die Wendezeit in Niedernhausen durch Brehmtal und F Zeilsheim herunterreduziert worden.

    Stierstadt hat für die S5 alleine betrachtet keine Problem verursacht...erst wenn man schaut wie die Trassen der

    Züge von/nach Usingen liegen, dann sieht man dass da die Reserven geschrumpft sind und Verspätungen über-

    tragen werden.


    Und vor längerer Zeit gabs auch mal das Thema eines zusätzlichen Haltes auf der S1 zwischen Hochheim & MZ Kastel.

    Da braucht man nur mal schauen wie kurz aktuell schon die Wendezeit der S1 in Wiesbaden ist......


    Bei den KNF Berechnungen für zusätzliche Bahnsteige sollte als Negativfaktor Verspätungsverschleppung mit einfliessen.


    Auf der S2 soll das durch die Halte Brehmtal & F Zeilsheim entstandene Problem bald durch zusätzliche Weichen

    in Niedernhausen und einer um 15 bzw 30 Minuten verlängerten Wendezeit (und somit höheren Betriebskosten

    der Linie) gelöst werden.


    Insgesammt ist das Thema Verspätung(sursach)en zu komplex als dass man Deuscthe Bahn Bashing wegen (vermuteten)

    zu geringen Reserven betreibt.

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • Die Fahrzeit setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen:


    Triebfahrzeug (wegen der individuellen Antriebsleistung je BR und Zuglast)

    Regelzuschlag (SFS 3%, Altbaustrecken 5% wegen höherer Auslastung)

    Knotenpunktzuschlag bei überlasteten Knoten (i.d.R. pauschal 2 Minuten je Knoten)

    Bauzuschläge.


    Hier mal ein Beispiel. Die schnellsten ICEs (BR 403, 406, 407) haben im veröffentlichten Fahrplan eine Fahrzeit für Ffm Hbf - Köln Hbf (nonstop) von 62 Minuten über die SFS Köln-Rhein/Main (KRM).


    Die technische Fahrzeit inkl. Regelzuschlag von 3% für die BR 403 beträgt hier 58 Minuten. Dazu kommen 4 Minuten Fahrzeitzuzuschlag für die Knoten Ffm und Köln (je Knoten also 2 Minuten). Macht in Summe 62 Fahrzeit für den Fahrplan.


    Anderes Beispiel ist Hannover - Hamburg. Früher (anno 1991) hatten die ICEs der Baureihe 401 eine Fahrzeit von 70 Minuten. Das entspricht der technischen Fahrzeit für die Baureihe 401 inkl. Regelzuschlag von 5%. Wegen der überlasteten Knoten Hannover und Hamburg kommen heute 4 Minuten Zuschlag oben drauf. Dazu 1 Minute pauschaler Zuschlag für LAs, Streckenüberlatung usw. Daher beträgt die Fahrzeit heute 75 Minuten.


    Der Deutschlandtakt basiert übrigens auf einem pauschalen Fahrzeitaufschlag von mindestens 12%!!! Dieser wird z.B. heute schon auf der SFS Fulda - Hannover fast erreicht, da die Fahrzeiten der ICE Linien 12, 20, 22 und 25 hier auf dem ICE1 beruhen (dieser enthält einen weiteren Aufschlag aufgrund der schlechten Fahrdynamik der ICE1/2 Triebköpfe auf den langen Steigungsabschnitten), der ICE4 12 bzw. 13-Teiler aufgrund seiner höheren Leistung und dem verteilten Antrieb jedoch eine deutlich kürzere technische Fahrzeit hat und somit eine höhere Fahrzeitreserve im Fahrplan von L12, L20, L22 und L25 hat.


    Wer den Deutschlandtakt genau studiert wird zudem gewisse Abschnitte im FV Netz finden, wo der Fahrzeitaufschlag auf den SFS weit über 12% liegt, um auch größere Verspätungen im Netz abzupuffern. Das ist z.B. der SFS Abschnitt Göttingen-Hannover. Hier sind Vmax 280 km/h geplant, es sollen wegen der fahrdynamischen Vorteile dort für 300 km/h zugelassene Tfz verkehren, damit die zulässige Vmax von 280 km/h auch in den Steigungsabschnitten erreicht (!) und gehalten werden kann. Da die Fahrzeiten zwischen Kassel, Göttingen und Hannover ggü heute unverändert bleiben sollen (wir erinnern uns, die Fahrzeit beruht hier auf der fahrdynamisch ungünstigen BR 401) ergibt sich daraus eine Fahrzeitreserve im Deutschland-Takt von über 20% für Göttingen-Hannover.


    Weiterer "Entlastungsabschnitt" im Deutschland-Takt mit einem höheren Aufschlag als die 12% ist Karlsruhe - Basel. Hier schlummern in Summe 10 Minuten zusätzliche Reserve, die also auf den Regelaufschlag von 12% noch on top kommen. Gleichmäßig verteilt auf die Abschnitte Basel - Freiburg - Offenburg - Karlsruhe.


    Fulda - Erfurt wird ebenso ein Entlastungsabschnitt mit weiteren Fahrzeitreserven sein.

  • Wie so oft eine sehr interessante Zusammenfassung. Danke!


    Ich überlege grade für Göttingen-Hannover. Wenn alles gut läuft, fahren heute viele Züge locker 4 Minuten Verspätung der eigentlich ca. 34-36 Minuten Fahrzeit raus. Sind das dann jetzt schon 13% Puffer oder rechne ich falsch?


    (Ich habe das bisher immer auf den nur manchmal eingeschobenen Zusatzhalt in Messe/Latzen geschoben.)


    (Das ist übrigens sowohl bei ICE1 als auch bei ICE4 drin; und ich bin mir der Zahlen ziemlich sicher, weil ich erst lernen musste, rechtzeitig aus dem Büro zu gehen und nicht der Antignose der Bahn zu trauen – in Hannover verspätete Züge sind in Göttingen typischerweise eben vier Minuten früher als die Bahn behauptet.)

  • Korrekt. Der Puffer ist heute schon groß. Vorallem in FR Norden, da hier die Fahrzeit zwischen Göttingen und Hannover 2 Minuten länger ist als in der Gegenrichtung. Zur Taktangleichung ist in FR Süd die Fahrzeit zwischen Göttingen und Kassel 2 Minuten länger (19 Min) als in FR Nord (17 Min).


    Der Grund für die längere Fahrzeit gen Norden zwischen Göttingen und Hannover ist die Traktionsleistung von ICE1 und ICE2, damit diese die Fahrzeit auch mit 75% Antriebsleistung schaffen. Die dortigen Steigungsabschnitte machen der BR 401, insbesondere aber der BR 402 arg zu schaffen. Mit 75% Traktionsleistung kommt ein ICE2 in Doppeltraktion mit Mühe, Not und ganz viel Anlauf auf 200 km/h, ähnlich wie im SFS Abschnitt Würzburg - Abzw Rohrbach weiter südlich.


    Mit 100% Antriebsleistung kann auch ein ICE1 die 4 Minuten zwischen Göttingen und Hannover rausfahren. Beim ICE4 13-Teiler sind es unter optimalen Bedingungen in FR Nord sogar 6 Minuten. Wenn die SFS für 280 km/h auch in den Tunnelabschnitten freigegeben wird, dann kommen mit Vmax 280 km/h nochmals Puffer on top.


    Am Messehalt in Laatzen liegt der heutige Puffer nicht. Der Halt frisst eher alle Reserven auf weshalb die haltenden ICEs gerne mal wenige Minuten Verspätung haben, sobald der Planhalt von 1 Minute länger dauert.


    Im Deutschlandtakt fallen die 2 Minuten Aufschlag zwischen Göttingen und Hannover in FR Nord weg. Dann beträgt die Fahrzeit zwischen Göttingen und Hannover in beide Fahrtrichtungen 34 Minuten (7 Minuten Puffer) sowie zwischen Göttingen und Kassel 19 Minuten (4 Minuten Puffer). In Summe also die selbe Fahrzeit wie heute aber eben mit sehr viel Puffer wenn die Vmax 280 km/h gefahren wird.

  • Wenn die SFS für 280 km/h auch in den Tunnelabschnitten freigegeben wird, dann kommen mit Vmax 280 km/h nochmals Puffer on top.

    Will man dann sämtliche Tunnelportale umbauen? Die 250 waren doch wegen der Strömungsphysik und der nachteiligen Auswirkungen auf die Fahrzeuge?

    Begegnungen mit nicht druckertüchtigten Zügen durften ja seit eh und je im Tunnel nur mit 200 erfolgen.

    "Der Mensch, der so ehrbar im Einzelnen, aber so miserabel im Ganzen ist."
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Will man dann sämtliche Tunnelportale umbauen? Die 250 waren doch wegen der Strömungsphysik und der nachteiligen Auswirkungen auf die Fahrzeuge?

    Begegnungen mit nicht druckertüchtigten Zügen durften ja seit eh und je im Tunnel nur mit 200 erfolgen.

    Die beiden SFS Würzburg-Hannover und Mannheim-Stuttgart sind durchgehend (auch in den Tunneln!) für 280 km/h zugelassen (Wikioedia ist hier irreführend). Die ursprünglichen PFB lauteten auf 250 km/h. Nach Erfahrungen aus den Testfahrten auf dem Abschnitt Würzburg-Fulda wurde mittels einfachen Planänderungsbeschluss die Vmax beider SFS auf 280 km/h erhöht, kurz vor der Inbetriebnahme des ersten Abschnitts Würzburg-Fulda anno 1988. Damals war ein solch "hemdsärmeliches" Vorgehen planungsrechtlich noch möglich. Gesetzlicher Lärm- und Erschütterungsschutz steckten noch in den Kinderschuhen.


    Da mit der Inbetriebnahme auch nicht druckertüchtigte Züge auf den beiden SFS verkehrten, wurde die betriebliche Vmax für beide SFS mittels Ministererlass "vorübergehend" auf 250 km/h reduziert, später wurde die Vmax außerhalb der Tunnel mittels Ministererlass auf 280 km/h erhöht. Die einfache Ministererlaub zur Erhöhung der Vmax auf 280 km/h war und ist rechtlich nur möglich, da beide SFS für 280 km/h planfestgestellt und zugelassen wurden.


    Eine Änderung der Tunnelportale ist somit nicht notwendig. Es gilt Bestandsschutz für 280 km/h. Eine Erhöhung der Vmax auf 280 km/h in den Tunnelabschnitten ist möglich, sobald die jeweilige Strecke auf ETCS umgerüstet ist. Im Gegensatz zur LZB kann ETCS die Begegnung eines nicht druckertüchtigten Personenzuges in einem Tunnel erkennen, überwachen und die sog. Begegnungsgeschwindigkeit für beide Züge auf 450 km/h begrenzen. Also z.B. Zug 1 mit 200 km/h begegnet Zug 2 mit 250 km/h, alternativ erlaubt ETCS auch 170 km/h und 280 km/h bei einer Begegnung. Wären die SFS Würzburg-Hannover und Mannheim-Stuttgart schon auf ETCS L2 umgerüstet, könnte heute schon mit 280 km/h auf dem gesamten Streckenabschnitt beider SFS gefahren werden, also auch in sämtlichen Tunnelabschnitten.


    Was viele nicht wissen. Die SFS Köln-Rhein/Main (Vmax 300 km/h) wurde nach den selben Parametern erstellt (max. Längsneigung ausgenommen) wie Würzburg-Fulda-Hannover und Mannheim-Stuttgart. Also Gleismittelabstand 4,70m, gleicher Tunnelquerschnitt usw.


    Aufgrund des Gleismittelabstands und der Trassierung der beiden SFS Würzburg-Hannover und Mannheim-Stuttgart wäre hier eine Zulassung auch mit 300 km/h statt 280 km/h möglich gewesen, wenn statt Schotteroberbau eine feste Fahrbahn verbaut worden wäre. Da man aber noch keine ausreichenden Erfahrungen mit der festen Fahrbahn zum Zeitpunkt der Planungen in den 1980er Jahren hatte, wurden beide SFS mit Schotteroberbau und Vmax 280 km/h realisiert. Die Trassierung hätte aber durchgehend 300 km/h erlaubt.


    Offtopic. Ein Upgrade beider SFS auf 300 km/h ist unrealistisch. Alle zweigleisigen Tunnel mit einer Länge > 1000m würden ihren Bestandsschutz verlieren. Man müsste dann eine 2. paralelle Tunnelröhre erstellen. Wer die beiden SFS kennt der weiß das wir somit somit über einen faktischen eingleisigen Neubau beider SFS sprechen. Das ist unwirtschaftlich und der Deutschland-Takt benötigt hier keine 300 km/h. Aber zwingend 280 km/h, weil sonst der Takthalt in Göttingen entfiele, siehe Fußnote im 3. Entwurf zum Deutschlandtakt.

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