Schließung Verkehrsmuseum

  • Im Thread zu den Sichtungen der neuen T-Wagen gab es einige Fragen zum Verkehrsmuseum in Schwanheim. Als langjähriges HSF-Mitglied werde ich mal etwas aufklären. Dabei wird bei uns leider oft streng darauf geachtet, was an die Öffentlichkeit weitergegeben wird und was nicht. Beachtet bitte, dass ich mich in den folgenden Informationen auf die Westhalle beziehe. Die Osthalle entspricht allen Regularien und dürfte theoretisch geöffnet werden, praktisch fehlt uns aber ein Eingangsbereich mit Tresen und Shop.


    Das Verkehrsmuseum entspricht schon längst nicht mehr den aktuellen Brandschutzverordnungen. Darunter fallen z.B. das Fehlen einer großgenugen Einfahrt für die Feuerwehr oder die zu kleinen Dimensionen der Notausgänge. Außerdem haben in den letzten Jahren vor der Schließung Problematiken wie die Decke zugenommen. Nachdem wir nach der ersten COVID-19-Welle im Juli 2020 wieder öffnen konnten, kam im November der sog. Lockdown light, der sich bekanntlich verschärfte und länger hinzog. Doch als dessen Beschränkungen aufgehoben wurden, durften wir aus den vorher genannten Gründen trotzdem nicht öffnen. Seit dem ist die Westhalle für Besucher:innen aus Sicherheitsgründen geschlossen. Der Museumsbetrieb als solcher ist eingestellt.


    Weiterhin sind wir als HSF dazu verpflichtet, die Exponate zu pflegen und so gibt es hin und wieder Putzaktionen. (Übrigens sind seit der Schließung auch ein paar neue Exponate hinzugekommen, jedoch keine ganzen Wagen.) Um euch (und uns) Freaks und Nahverkehrsfans sowie anderweitig Interessierte eine Alternative anzubieten, haben wir in Zusammenarbeit mit der VGF die Ausstellung "Unterwegs in Frankfurt: Gestern, heute und morgen" eröffnet und zwei Monate lang betrieben. Andere sonst an Schwanheim gebundene Veranstaltungen wie Niko- und Oster-Ex wurden neu gestaltet, sodass die Westhalle ausgeschlossen wurde. Damit verbunden ist die für 2023 planmäßig vorgesehene Öffnung des Museumsshops in Eckenheim jeden dritten Samstag im Monat von 13 bis 17 Uhr.


    Mit den hiergenannten Alternativen hoffen wir, trotz der Schließung ein gutes Angebot garantieren zu können. Doch die Westhalle wird noch sehr lange geschlossen bleiben, da laut meinen Quellen ein Neubau stattfinden wird. Dazu hat die VGF allerdings noch keine Baufirma gefunden. Außerdem gehen andere Projekte (Sanierungen Neu-Isenburg und Eckenheim) vor, weshalb die aktuelle Situation sich noch über Jahre hinziehen wird.

  • Sehr schade und für mich unverständlich. Probleme mit der Decke ist ja ein valides Argument. Aber Punkte wie Fluchtwege ... naja, ich finde hier schießt der Branschutz über das Ziel hinaus. Größere Fluchtwege als die Tore kann ich mir schwerlich vorstellen. Schade, dass eine solche Institution geschlossen bleiben muss, weil sich etwas ändert, was bisher funktionierte.

  • Aber Punkte wie Fluchtwege ... naja, ich finde hier schießt der Branschutz über das Ziel hinaus.

    Ähm, nein. Man mag viele Dinge als Außenstehender genau als "über das Ziel hinaus" verstehen, aber jede Forderung hat leider ihre Berechtigung als Folge irgendeines Vorfalls.


    Bis zur Loveparade in Duisburg hat man vieles noch recht locker gesehen, aber seit diesem Zeitpunkt wird zurecht sehr genau hingesehen, was Fluchtwege, Bestuhlung von Veranstaltungshallen, zugelassene Personenzahl etc. angeht. Sicher kann man auch im Einzelfall fragen, warum 199 Personen in einer bestimmten Halle gehen, 200 aber nicht mehr, oder warum eine Fluchtwegbreite von 1,19 nicht reicht, aber 1,20 m schon, aber das fällt dann unter den Gesichtspunkt, dass man irgendwo bestimmte Grenzwerte ansetzen muss (siehe auch: warum ist in der BOStrab für Straßenbahnen die Länge auf 75 Meter und nicht auf 75,37 m festgelegt...).

  • Manzanita besten Dank für die ausführliche Erklärung. Klar, Brandschutz hat seine Regeln und auch die alten Gebäude werden gegen die Brandschutzvorgaben des Jahres 2023 geprüft. „Bestandsschutz“ gilt nicht für immer.


    Ich freue mich, dass dafür zumindest ein Neubau angedacht ist. Das ist schon mal der erste Schritt für das Einsammeln von finanziellen Mitteln wie Spenden (siehe Gummistiefel-Aktion beim Städel) und Fördermittel.


    Ich wünsche Euch viel Erfolg!!

  • Ich freue mich, dass dafür zumindest ein Neubau angedacht ist. Das ist schon mal der erste Schritt für das Einsammeln von finanziellen Mitteln wie Spenden (siehe Gummistiefel-Aktion beim Städel) und Fördermittel.

    "Angedacht" ist der bereits seit 10 (?) Jahren. Nicht vergessen, wir sind in Frankfurt am Main, da "will Ding gut Weile haben". :rolleyes:
    Wirkliches Interesse an einem attraktiven Verkehrsmuseum scheint die VGF ja nicht zu haben, wenn ich bedenke, dass die letzten Entwürfe eher
    einer Veranstaltungslocation ähnelten, die man gut vermieten kann, denn eines Verkehrsmuseums.

    Lasst endlich die Zweiachser wieder frei !

  • "Angedacht" ist der bereits seit 10 (?) Jahren. Nicht vergessen, wir sind in Frankfurt am Main, da "will Ding gut Weile haben". :rolleyes:
    Wirkliches Interesse an einem attraktiven Verkehrsmuseum scheint die VGF ja nicht zu haben, wenn ich bedenke, dass die letzten Entwürfe eher
    einer Veranstaltungslocation ähnelten, die man gut vermieten kann, denn eines Verkehrsmuseums.

    So ungefähr, ja. Selbst im Verkehrsmuseum (Nordempore) findet sich dazu ein Modell, dessen Umsetzung aber schon längst abgelehnt wurde.

  • Sicher kann man auch im Einzelfall fragen, warum 199 Personen in einer bestimmten Halle gehen, 200 aber nicht mehr, oder warum eine Fluchtwegbreite von 1,19 nicht reicht, aber 1,20 m schon, aber das fällt dann unter den Gesichtspunkt, dass man irgendwo bestimmte Grenzwerte ansetzen muss (siehe auch: warum ist in der BOStrab für Straßenbahnen die Länge auf 75 Meter und nicht auf 75,37 m festgelegt...).


    Ja, das ist eine meiner Lieblingsweisheiten: Je näher man einer Grenze ist, desto größer sind Probleme und Ungerechtigkeiten.


    Egal, ob das räumliche Grenzen sind oder zeitliche oder Grenzwerte. Die Berliner Mauer tat in Bremen weniger weh als in Ostberlin, eine Trennung nach 10 Jahren weniger als nach 10 Stunden ...

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

  • "Angedacht" ist der bereits seit 10 (?) Jahren.


    Aus 2011 stammt ein Beitrag im Deutschen Architekturforum, in welchem berichtet wird, dass es einen Entwurf des Büros Karl Dudler gebe, der zeitnah umgesetzt werden solle. Bereits 2012 solle der Neubau des Museum fertig sein. Dort gibt es auch drei interessante Abbildungen (Visualisierung außen, innen und Grundriss).


    Manzanita: Ist das denn der Entwurf, der wieder verworfen wurde?


    Und noch etwas Senf: Mir gefällt der Entwurf zumindest von außen ziemlich gut.

    "Phantasie ist wichtiger als wie wo Wissen!"


    (Etwas frei nach Albert Einstein)

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  • Wirkliches Interesse an einem attraktiven Verkehrsmuseum scheint die VGF ja nicht zu haben

    Das Problem dürfte aber nicht "die VGF" sein, genausowenig wie in Darmstadt "die HEAG" zuständig ist. Es sind halt nun mal kommunale Verkehrsbetriebe und deren originäre Aufgabe besteht darin, den ÖPNV in der Stadt durchzuführen. Für Spielereien wie ein Verkehrsmuseum oder überhaupt das Vorhalten von (betriebsfähigen) Museumswagen ist ein Gimmick, das finanziert werden muss und das geht nur, wenn es der Wille der jeweiligen Stadt ist und sie entsprechende Finanzmittel zuweist. Und sowas wie der Neubau einer Museumshalle dürfte weit über dem Rahmen des "macht damit was ihr wollt"-Finanztopfs liegen. Daher sehe ich auch so Sachen wie eine Eventlocation nicht ganz so kritisch (soweit sie in angemessenem Rahmen bleiben natürlich), weil das für ein tragfähiges Finanzierungskonzept zumindest einen Teil der Kosten wieder reinspielen kann.

  • Aus 2011 stammt ein Beitrag im Deutschen Architekturforum, in welchem berichtet wird, dass es einen Entwurf des Büros Karl Dudler gebe, der zeitnah umgesetzt werden solle. Bereits 2012 solle der Neubau des Museum fertig sein. Dort gibt es auch drei interessante Abbildungen (Visualisierung außen, innen und Grundriss).


    Manzanita: Ist das denn der Entwurf, der wieder verworfen wurde?


    Und noch etwas Senf: Mir gefällt der Entwurf zumindest von außen ziemlich gut.

    Ja, das ist er.

  • Für Spielereien wie ein Verkehrsmuseum oder überhaupt das Vorhalten von (betriebsfähigen) Museumswagen ist ein Gimmick,.......

    Wirklich? Ich dachte immer, es besteht auch eine Art Verpflichtung Historisches zu bewahren. Wie dies geschieht steht nun auf einem anderen Blatt.

    Lasst endlich die Zweiachser wieder frei !

  • Wirklich? Ich dachte immer, es besteht auch eine Art Verpflichtung Historisches zu bewahren. Wie dies geschieht steht nun auf einem anderen Blatt.

    Nein, eigentlich nicht. Viele Betriebe haben keine historische Fahrzeuge. Es bedarf immer freiwillige, ehrenamtliche Aktion(en) durch Enthusiasten.

  • Danke für die Info. Bin schon neugierig, wie die Brücke vom T-Wagen in die Westhalle kam.


    Außerdem gehen andere Projekte (Sanierungen Neu-Isenburg

    Gemeint ist vermutlich die Abstellhalle. Für aktuelle Straßenbahnen aufgrund Erweiterungen des Netzes / Angebotes?

    Vollkommen Großartiges Forum

  • Ja, die Abstellhalle. Dort stehen aktuell historische Fahrzeuge. Diese tauschen wir ab und zu mit denen in Schwanheim. Mehr steht dort derzeit nicht, da der Zustand der Halle schlecht ist. Möglicherweise sind die Details dazu aber nicht öffentlich...

  • Nun wollen wir uns auch mal offiziell dazu einschalten. Zunächst aber vielen Dank an Manzanita , der das Ganze sehr gut zusammengefasst hat.


    Gerade der Brandschutz sollte in einem Gebäude, das der Bewahrung historisch wertvoller Exponate dient, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. In dieser Hinsicht sind die bestehenden Brandschutzmaßnehmen in der Westhalle mehr als veraltet und unzureichend. Keiner der Notausgänge entspricht den heutigen Standards und eine Evakuierung über die Hallentore ist nicht ohne Weiteres möglich: Die Fluchtwege werden zu lang, durch die enge Aufstellung der Fahrzeuge. Insbesondere wenn es auf die beiden Emporen geht.


    Insgesamt ist der bauliche Zustand der Anbauten mittlerweile marode. Die technischen Einrichtungen sind veraltet (geheizt wird beispielsweise noch mit individuellen Gasheizkörpern). Da das Gebäude um die Stahlkonstruktion der alten Wagenhalle herumgebaut wurde, entstehen vor allem an den Schnittstellen viele Mängel, wie zum Beispiel am Dach.


    Wie Manzanita schon sagte, stehen in den nächsten Jahren zudem Großprojekte an, die für das Kerngeschäft der VGF (also den Schienenbahnbetrieb) wichtiger sind, wie die Komplettsanierung des Betriebshofs Eckenheim oder eine Erweiterung des Betriebshofs Gutleut. Das bindet logischerweise finanzielle Ressourcen, denn trotz städtischen Ausgleichs muss die VGF letztenendes wirtschaftlich agieren.


    Für uns als Museumsverein ist das sehr schmerzlich. Uns ist natürlich viel daran gelegen die Nahverkehrshistorie in Frankfurt lebendig zu halten, was aber in dem sehr eng gesteckten Rahmen nicht ohne Einschränkungen möglich ist. Wir haben kaum bis keinen Einfluss auf den Ablauf der Planungnen/Ausschreibungen, auch wenn wir zu unseren Anforderungen, auch was die museale Aufarbeitung anbelangt, mit der VGF in engem Kontakt stehen. Daher sind wir sicher, dass egal welche Lösung am Ende realisiert wird, eine große Verbesserung zur alten Halle erzielt wird.


    Zur Erklärung: Der Museumsbetrieb und die historischen Fahrzeuge inkl. Ebbelwei-Expreß sind Bestandteile einer Betrauung der VGF durch die Stadt Frankfurt. Somit liegt die Entscheidung über eine Sanierung bzw. einen Neubau des Museums nicht alleine bei der VGF, sondern auch beim Magistrat und letztendlich der Stadtverordnetenversammlung. Die Finanzierung ist dadurch an den Haushalt der VGF und der Stadt Frankfurt gebunden, was eine kurzfristige Aufwendung der hohen Summen (im zweistelligen Millionenbetrag) aus realistischer Sicht nicht möglich macht und schonmal garnicht ohne den erforderlichen politischen Willen.

    Eine dauerhafte Einstellung des Museumsbetriebs ist daher allerdings schon allein rein rechtlich keine Option.


    Aber um dem Ganzen positiv gegenüber zu treten, können wir Versichern, dass die in Schwanheim untergerbachten Wagen und Exponate auch weiterhin von uns gepflegt werden. Weiterhin führen wir selbstverständlich Sonderfahrten und Events durch, wie zuletzt den Osterhasen-Express.


    Auch unsere Stadtbahnausstellung in der U-Bahn-Station Kirchplatz wird aller Voraussicht nach in diesem Jahr wiedereröffnet. Daran arbeiten wir seit einiger Zeit im Hintergrund und können bald die vollständig überarbteitete Ausstellung zur Baugeschichte, der A- und B-Strecke sowie den restaurierten Stationsmodellen präsentieren. Im kommenden Jahr rechen wir dann mit einer Überarbeitung der Ausstellung zur C-Strecke.


    Bei Fragen wendet euch gerne direkt an uns. Hier oder per Mail auf unserem Kontaktformular unten.
    (fd)