Reicht eine "etwas geringere Eintrittswahrscheinlichkeit" aus deiner Sicht etwa nicht aus um eine Verbesserung zu erzielen?
Doch. Die Frage ist nur - völlig unabhängig vom konkreten Fall - wieviel die Verbesserung bringt und wieviel Schaden sie möglicherweise anrichtet.
Wir reden im Fall von Bad Aibling über eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 0,0000x % (eher noch ein paar Nachkommastellen mehr) bezogen auf die Gesamtzahl aller Zugfahrten. Nehmen wir als festen Wert zum Weiterreden einfach 0,000001%. Wenn ich bei einer solch geringen Wahrscheinlichkeit ein wie auch immer geartetes Verbesserungssystem aufsetze, dann reduziere ich diese Wahrscheinlichkeit meinetwegen auf 0,0000009%. Statt alle 50 Jahre passiert der Unfall dann alle 55 Jahre. Das ist quasi vernachlässigbar. Zumindest im Kontext allgemeiner Personenschäden in diesem Land. Es wäre also wesentlich effektiver, allen Autofahrern, die über eine rote Ampel fahren oder regelmäßig die Höchstgeschwindigkeit überschreiten oder [add your favourite Todesursache durch Fehlverhalten here], den Führerschein dauerhaft wegzunehmen, als an einem System, das am Maximum dessen, was an Sicherheit möglich ist, rumzubasteln.
Deswegen: Wir leisten uns - ohne mit der Wimper zu zucken - um die 3000 Tote im Straßenverkehr in Deutschland pro Jahr, aber wenn die Bahn "mal" im Schnitt 0,1 Tote pro Jahr wegen einer falsch bedienten Taste produziert, dann soll gefälligst dieses völlig unzureichende und unsichere Mistsystem sofort und unverzüglich weitere Sicherungsmaßnahmen ergreifen. Get real.
Deinen Antworten lese ich heraus, wenn man da etwas anfasst, dann nur, wenn eine hundertprozentige Sicherheit zum Schluss dabei herauskommt.
Nein, das habe ich nicht geschrieben. Lies bitte richtig. Es geht um eine Kostenabschätzung, was eine (angebliche) Verbesserung bringt. Achtung: Kostenabschätzung nicht im finanziellen Sinne, sondern ob der getriebene Aufwand wirklich eine signifikante Verbesserung bringt oder sogar eher Nachteile nach sich zieht.
Beispiel: Nehmen wir die einfache Forderung: "Zeitsperre bis PZB-frei gedrückt werden kann" oder wahlweise "Tokenaustausch erforderlich". Das klingt zwar nett und bringt vordergründig mehr Sicherheit. Aber es muß auch darüber nachgedacht werden, was eine solche Forderung an Nachteilen mit sich bringt. Dies könnte sich z. B. darin äußern, daß durch den nun notwendigen zusätzlichen Zeitaufwand für das Weiterfahren der Druck auf die Fahrpersonale deutlich ansteigt, möglicherweise in der Folge irgendwelche Fehlhandlungen zu begehen, weil man die entstandene Verspätung wieder aufholen muß. Es sollten jedem die mahnenden Fälle aus Japan im Gedächtnis bleiben, bei denen - im Maximalfall - die Züge entgleist sind, weil der Lokführer als Folge einer Verspätung deutlich zu schnell fuhr und er die Angst vor der Strafe wegen Verspätung höher einschätzte als die Gefahr, den Zug in den Dreck zu setzen. Oder, weil der Fahrdienstleiter jetzt noch zusätzlich damit beschäftigt ist, ein Token zu generieren und dies dem Tf zu übermitteln, könnte aufgrund des zusätzlichen Arbeitsaufwands plötzlich irgendeine andere Tätigkeit in Vergessenheit geraten (z. B. im dümmsten Fall: Notruf eines anderen Zugs wird nicht entgegengenommen).
Deswegen Nutzen-Kosten-Abschätzung und nicht einfach "kann man doch so machen"-Forderungen aufstellen. Was bringt die (vordergründige) Verbesserung eines Systems von 99,99995% auf 99,999951%, wenn hintergründig durch den Zusatzaufwand im Gegenteil das System eher auf 99,998% runterfällt?