Dann will ich mich mal in die Diskussion einklinken und schreibe diesen Beitrag nun aus einem Nozomi-Shinkansen, den ich heute auf voller Strecke von Hakata nach Tokyo nutze. Über 1000km in unter 5h, das ist schon besonders. Nur leider auch besonders teuer - mit Studentenrabatt (nur für Studierende in Japan) habe ich immer noch 140€ gezahlt, das Ticket aber auch nur 20 Minuten vor Abfahrt gekauft. Für einen Flexpreis auf so einer Distanz zahlt man in Deutschland ähnliche Preise. Problem: es gibt keine Sparpreise oder ähnliches. Einen weiteren 10% Rabatt hätte ich bei Buchung von Hin- und Rückfahrt erhalten, zusätzliche Rabatte gibt es über japanische Buchungsplattformen mit Unterkunft zusammenbucht. Ansonsten bleiben Touristen natürlich die tollen JR Pässe, die mir als "resident" großteils vorenthalten bleiben.
Deshalb sind hier auf langen Strecken Nachtbusse und Billigairlines beliebt. Die Strecke, die ich heute im Shinkansen zurücklege, kann man bei frühzeitiger Buchung schon für ca. 25€ im Flieger bekommen. Fast jeder Japaner würde die Strecke auch fliegen, ein großes Umweltverständnis im Verkehrswesen gibt es in Japan (noch) nicht.
Die Vorteile des Shinkansen wurden hier ja schon genannt (Beinfreiheit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit), darüber hinaus ist die Laufruhe auch bewundernswert. Für mich hat aber der ganze Charakter des Shinkansen eher ein Gefühl von Fliegen als Zugfahren. Fürs "Zugfahren" sollte man lieber Limited Express-Züge (hier braucht man fast immer auch einen teuren Zuschlag) oder die Züge der kleinen privaten Unternehmen nutzen.
Private Unternehmen: das ist das nächste Problem. Sie sind meistens nicht in die JR Pässe integriert. Im urbanen Raum sind sie durchaus sehr günstig, man kommt für gerade Mal 2€ von Tokyo nach Yokohama (Tipp: bei Google "niedrige Kosten" einstellen) oder von Kobe nach Osaka. Auch haben Privatunternehmen häufig besondere Angebote und Pässe, die auf touristische Touren ausgerichtet sind. Tägliches Pendeln wird aber teuer. Besonders wenn man zwischen mehreren Unternehmen wechseln muss, denn für jedes zahlt man extra. Eine Integration wie die Verbünde in Deutschland gibt es hier gar nicht, genauso wenig wie Monatskarten. Lediglich Commuter Pässe gibt es, aber diese gelten nur zwischen zwei vorher definierten Stationen. Und die Ersparnis lohnt sich erst bei täglichem Pendeln. Die Pässe gibt es übrigens auch für Shinkansen, werden dann aber gleich unbezahlbar (gibt aber mitunter Zuschüsse vom Arbeitgeber und Steuererleichterungen. Interessanter Artikel dazu: https://www.japantimes.co.jp/n…tes-flexible-work-styles/).
Insgesamt ein zuverlässiges Netz, das gerade für spontane Fahrten praktisch ist und in Ballungsräumen auch günstig, sofern man nicht täglich pendelt. Im ländlichen Raum werden für die Takte abseits von Touristenrouten unpraktikabel, da können wir in Deutschland froh über weitestgehende Stundentakte fast überall sein.
Beide Länder haben sicher Vor- und Nachteile, im Großen und Ganzen bin ich nach ca. vier Monaten mit mehreren tausenden Kilometern zurückgelegt in Japan, aber mit dem deutschen System, bis auf die schlechte Pünktlichkeit besonders letztes Jahr, zufrieden. Es bietet mehr Alternativen, ist günstiger und deutlich besser integriert bis in die ländlichen Räume.