Dann muss ich mich doch nochmal einschalten, wollte das Drama hier eigentlich nur noch als leiser Zuschauer verfolgen.
Ich stimme dir zu, dass auch Seilbahnen in diesem Forum diskutiert werden sollten. Schließlich handelt es sich um ÖPNV.
Ich stimme dir aber nicht zu, allen hier Ortsunkenntnis vorzuwerfen. Mein Gefühl ist, dass ÖPNV-Interessierte nicht nur in ihrer unmittelbaren Heimat eine ausgeprägte Ortskenntnis haben. In meinem Fall bin ich Ur-Mainzer, aber kenne jede Straße, auf der die Idee der Wiesbaden-Seilbahn führen soll, aus Autofahrer-, Fahrradfahrer-, Fußgänger und Bussicht. Das sollte reichen, um sich vor Ort auszukennen. Zudem habe ich im Rahmen meines Studiums bereits drei Seilbahnprojekte intensiver behandelt, habe weltweit Seilbahnen besucht und genutzt.
Ich bleibe bei dem Standpunkt, dass diese Route nichts bringt. Sie führt nicht durch dicht bebaute Stadtteile (wo die Fahrgäste nun mal sind), hat keine Frequenzbringer (300.000 in der Fasanerie, das sind im Schnitt weniger als 1.000 Gäste pro Tag - ich gehe davon aus, dass der Neroberg kaum andere Dimensionen hat) und hat viel zu lange Fahrzeiten.
Auch gibt es hier nur 7 geplante Stationen, eingezeichnet sind Optionen. Die Routenführung via Fasanerie kostet nur wenig Zeit mehr, bringt aber zugleich einen großen bestehenden Parkplatz vor den Toren der Stadt als Park-and-Ride ins Spiel. Von dem zugleich die Aartalbahn profitiert. Denn sie Seilbahn braucht hier keine 5 Minuten zur Aartalbahn. Die Fasanerie hat ca. 300.000 Gäste p.a., diese Anzahl würde durch solche Anbindung sicherlich steigen.
Wie wäre es mal, wenn du, damit es hier richtig diskutiert werden kann, einen anständigen Plan veröffentlichst, aus dem auch ersichtlich wird, was nur Alternativen sind? Ich zähle zwischen Klarenthal und Hauptbahnhof nun mal acht Halte: Fasanerie, Nordfriedhof, Wolkenbruch, Alter Friedhof, Michelsberg, Platz der deutschen Einheit, Bahnhofstraße, RMCC. Was sind davon also die Optionen? Nirgends wird dies ersichtlich oder erklärt.
Ein P+R brignt am Ende auch wenig. Hat dieser bspw. 300 Parkplätze und jeder Parkplatz wird 3x am Tag genutzt (der Wert ist leider unrealistisch), hat man nicht mal 1000 Fahrgäste gewonnen. Da reichen auch paar Busse. Will man gleich 1000 Parkplätze realisieren, frisst das total viel Platz. Und das im schönen Wellritztal (ganz zu schweigen davon, ob das bau- und umweltrechtlich überhaupt umsetzbar ist)? Inwiefern gewinnt die Aartalbahn von einem P+R an der Fasanerie? Sollen Leute dort parken, dann die Seilbahn nehmen, um dann in den Zug umzusteigen? Warum nicht gleich in Taunusstein, wo man wohnt, in den Zug steigen?
Die Route wurde auch mit Experten wie Prof. Follmann und Prof. Monheim besprochen, die sie wegen dieser Zubringerwirkung (wechselseitig) und Erschließung großer weiterer Stadtteile sowie Gewerbegebiete und der Innenstadt für sehr interessant halten. Sie erfüllt vor allem die wesentlichen Voraussetzungen der in Wiesbaden heiklen Denkmalschutzfrage und überfliegt keine privaten Wohnhäuser/Grundstücke. Auch die maximale optimale Länge urbaner Seilbahnen von 7 KM wird hier nicht überschritten.
Prof. Follmann kenne ich persönlich, Prof. Monheim und auch andere "Seilbahn-Professoren" kenne ich aus Vorträgen. Diesen Trend, den diese Profs mit den urbanen Seilbahnen verfolgen, kann ich aber nicht folgen. Und nur weil zwei Profs sich die Idee kurz angeschaut haben (haben die denn die von dir verlange Ortskenntnis?), ist eine Idee nicht gleich spruchreif. Die sind einfach froh, wenn die Seilbahn irgendwo weiter in die Welt getragen wird. Seilbahnen machen, wie gesagt, an manchen Stellen Sinn. Wuppertal, Bonn sind bzw. wären sicherlich sinnvolle Projekte ohne gute Alternativen (gewesen). Eine Seilbahn einfach über eine Straße spannen (Beispiel Frankfurter Ring in München) hat aber keinerlei Erfolg, außer dem MIV seinen viel zu großen Platzanteil weiterhin zu gewähren.
Hier wurde sonst genug beschrieben, warum die Seilbahn hier wenig Sinn macht und Seilbahnen generell inzwischen deutlich teurer sind. Ein weiteres Rechenbeispiel: Die Seilbahn in Koblenz hat 12 Millionen Euro auf 800m gekostet, 1km entspräche also 15 Millionen Euro. Und das vor über 10 Jahren. Des Weiteren sind es zwei eher schlicht gehaltene Stationen (eine sogar ebenerdig) und es wurden nur 2 Stützen benötigt... Man kann bei heutigen Baukosten locker mit 20 Millionen Euro rechnen (die genannten 33 Millionen Euro sind aber auch realistisch, vor allem im bebauten Raum und mit der Anzahl von Stützen, die deine Idee vorsieht). Da sind wir schon wieder bei oder sogar über den Kosten einer Straßenbahn.
Und toll, dass die Seilbahn 7km nicht überschreitet. Aber genau an dieser Grenze landet sie. Mit welcher Fahrzeit (inklusive Halte) rechnest du denn von Klarenthal zum Platz der Deutschen Einheit und auf der gesamten Strecke?
Eine Seilbahn könnte ich mir dann eher im Zuge einer zusätzlichen Rheinquerung vorstellen. Eine etwa 7 km lange Seilbahn zwischen dem Bahnhof Biebrich, dem Schloss, dem Mainzer Nordbahnhof, der Mainzer Innenstadt und dem Mainzer Hauptbahnhof hätte einen deutlichen touristischen Wert und könnte auch einige Verbindungen verbessern. Die reine Fahrzeit zwischen den Bahnhöfen Biebrich und Mainz wäre mit etwa 25 - 28 Minuten genauso lang wie jetzt mit Umsteigen, aber direkt und mit dichterem Takt. Zwischen dem Biebricher Schloß und der Mainzer Innenstadt würde sich die Fahrzeit um etwa 10 Minuten verkürzen und würde zwei Touristen-Attraktionen verbinden.
Und zu guter Letzt. Auf den Vorschlag Biebrich - Mainz habe ich nur gewartet, der kam mir auch sofort in den Sinn. Fehlt nur die Verlängerung über die Biebricher Allee zum Hauptbahnhof. Wirklich sinnvoll ist das aber auch noch nicht, man könnte aber die Idee des Riesenrads à la "Biebrich Eye" perfekt anbinden, wenn wir so auf Touristenattraktionen aus sind.