Was am MIV schlecht ist:
① Ein Ersatz von Öl als Energiequelle ist kurzfristig nicht vollständig möglich. Wenn wir CO₂-neutral werden wollen, dann reicht es nicht, ein paar Solarzellen und Windräder aufzustellen. Wir müssen auch den Energieverbrauch reduzieren. Und da fallen Autos sehr negativ auf. Die Gewinnung der Rohstoffe für die Fertigung von Autos ist energieintensiv, der Fertigungsprozess ebenso, aber 95% der Zeit stehen Autos still (13'000 km Fahrleistung pro Jahr, 200 Arbeitstage pro Jahr, macht 66km pro Tag, also ca 1h). Das ist nicht effizient. Hier werden Unmengen an Energie verbraucht.
② Diese Fahrzeuge belegen dann viel Platz, während sie rumstehen. Das ist städtebaulich ein Problem. Vielerorts befinden sich mitten in der Innenstadt große Parkflächen. Beispiel Wilhelmsplatz in Offenbach. Einheimische nennen den Wilhelmsplatz die "Gute Stube" Offenbachs, aber der halbe Platz wird als Parkplatz benutzt.
③ Fließender Verkehr ist ein weiteres Problem. Autos sind laut, und innerorts ist das Rollgeräusch ein großer Teil dieses Lärms. Das Rollgeräusch ist bei E-Autos nicht anders als bei Verbrennern. Autos sind schnell und schwer. In ihrer Nähe möchten sich andere Verkehrsteilnehmer nicht aufhalten. Paradoxon: Viele Autofahrer fahren Auto, weil sie sich als Radfahrer nicht zwischen den anderen Autofahrern sicher fühlen würden. Und niemand will an den Hauptverkehrsstraßen wohnen, weil es dort laut ist. Paradoxon 2: Die, die nicht in der Stadt wohnen wollen, weil es da so laut ist, sind häufig die, die mit dem Auto in die Stadt kommen und den Lärm verursachen.
④ Autos reduzieren die Lebensqualität. Verkehrsberuhigte Straßen, Straßencafes, Fußgängerzonen sind Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität. Bereiche, in denen es viele Autos gibt, sind Orte, an denen man nicht gerne sein möchte. Breite Straßen zerschneiden zudem Stadtteile, da man nur an wenigen Ampeln sicher die Straßenseite wechseln kann.
⑤ Auch Elektroautos sind nicht schadstofffrei. Der Reifenabrieb stellt einen großen Anteil des Feinstaubs (Q: SZ) und des Mikroplastiks (Q: SWR). Fahrräder, Busse und Straßenbahnen (und auch Fußgänger) haben auch Reifen- und Bremsabrieb, aber die Mengen sind pro Personenkilometer deutlich geringer.
⑥ Autos sind teuer. Eine Gesellschaft, in der Autobesitz als normal voraus gesetzt wird, schließt Menschen aus, die sich ein Auto nicht leisten können oder aus anderen Gründen kein Auto fahren können. Industriegebiete ohne ÖPNV-Anschluss oder Einkaufszentren, die man mit dem Fahrrad nicht erreichen kann, sind hierfür Beispiele. Bei den Industriegebieten steht Rhein/Main inzwischen gar nicht mehr so schlecht da, bei den Großmärkten gibt es aber deutlich Aufholbedarf. Ich habe zum Beispiel noch keinen guten Weg gefunden, mit dem Fahrrad auf den Ikea-Parkplatz zu kommen. Es gibt Fahrradstellplätze, aber keinen guten Weg, diese zu erreichen.
Klar hat für den Einzelnen in einer bestimmten Situation das Auto einen Vorteil. Aber in der Menge, wie wir es heute einsetzen, ist es für Alle in der Summe von Nachteil.
PS: Quelle zu "Kosten höher als Einnahmen": Wirtschaftswoche, 2013, Zeit, 2021