Guten Abend ins Forum,
im Kontext meines Studiums beschäftige ich mich zur Zeit ein wenig mit der BOStrab und ihren Bestimmungen - und hier ist mir in Bezug auf die Definition von Bahnkörpern ein Detail aufgefallen, welches mir völlig neu war. Das Ganze ist ein bisschen gesetzestextliche Spielerei und hat für den realen Betrieb, soweit ich weiß, keine relevanten Konsequenzen, aber ich fand es interessant genug, als dass ich es euch nicht vorenthalten möchte.
Die BOStrab unterscheidet Bahnkörper in die drei Kategorien "Straßenbündig", "Besonders" und "Unabhängig", nach landläufiger Meinung jeweils typisch für Straßenbahnen, Stadtbahnen und U-Bahnen. Eine U-Bahn kennzeichnet sich bekanntlich dadurch, gänzlich unabhängig vom restlichen Verkehr unterwegs zu sein. "U-Bahn-mäßige" Abschnitte des Frankfurter Stadtbahnnetzes sind nach dieser Definition die Tunnelstrecken, sowie die Strecke Heddernheimer Ldstr. - Ginnheim.
Hier stellt sich nun jedoch die Frage, was "unabhängig" genau meint - im Wortsinne keinerlei Kreuzungen mit anderen Verkehrsteilnehmenden, oder im Sinne der BOStrab einen unabhängigen Bahnkörper.
Dort kommt nun nämlich die Besonderheit ins Spiel:
Unabhängige Bahnkörper befinden sich auf Grund ihrer Lage oder Bauart außerhalb des Verkehrsraums öffentlicher Straßen. Zum unabhängigen Bahnkörper gehören auch die Bahnübergänge nach § 20 Absatz 1 Satz 2.
(1) [...]
Bahnübergänge über unabhängige Bahnkörper sind nach den nachfolgenden Vorschriften zu sichern.
[...]
(2) Bahnübergänge im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 mit Vorrang für die Straßenbahn sind durch Übersicht auf die Bahnstrecke zu sichern. Diese ist vorhanden, wenn die übrigen Verkehrsteilnehmer die Bahnstrecke so weit und aus einem solchen Abstand einsehen können, dass sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Bahnübergang ungefährdet überqueren oder vor ihm anhalten können. Die Übersicht kann nur durch eine technische Sicherung im Sinne des Absatzes 5 ersetzt werden. Bei Bahnübergängen von Fuß- und Radwegen auf Streckenabschnitten mit Fahren auf Sicht genügt eine Lichtzeichenanlage.
(3) Bahnübergänge im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 mit Vorrang für die Straßenbahn müssen nach Absatz 5 technisch gesichert sein, wenn auf dem Bahnübergang Straßenbahnen auf Zugsicherung fahren, auf der kreuzenden Straße schneller als 50 km/h gefahren werden darf oder der Bahnübergang innerhalb eines Tages in der Regel von mehr als 100 Kraftfahrzeugen überquert wird.
(4) Bahnübergänge im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 von Fuß- oder Radwegen mit gegebener Übersicht müssen mit Umlaufsperren, ähnlich wirkenden Einrichtungen oder mit einer Lichtzeichenanlage ausgerüstet sein. Abweichend von Satz 1 kann auf Umlaufsperren, ähnlich wirkende Einrichtungen oder eine Lichtzeichenanlage verzichtet werden, wenn nach den örtlichen Verhältnissen dafür kein Erfordernis besteht und die Technische Aufsichtsbehörde zustimmt. Umlaufsperren sind so zu gestalten, dass die Wegebenutzer der Fahrtrichtung der Straßenbahn entgegen gehen müssen.
(5) Eine technische Sicherung erfordert
1.Lichtzeichen mit der Farbfolge Gelb – Rot nach Anlage 1 Bild 2, die mit Halbschranken nach Anlage 1 Bild 3 verbunden sein können und
2.Überwachungssignale Bü 0 und Bü 1 nach Anlage 4 vor dem Bahnübergang oder eine in Zugsicherungsanlagen eingebundene Überwachung der Einrichtungen nach Nummer 1.
Auf Streckenabschnitten mit Fahren auf Sicht dürfen anstelle der in Satz 1 bezeichneten Überwachungssignale auch Fahrsignale nach Anlage 4 unmittelbar vor dem Bahnübergang verwendet werden.
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Dies bedeutet, dass auch ein unabhängiger Bahnkörper Bahnübergänge beinhalten kann, welche unter Umständen technisch gesichert sein müssen - beispielsweise durch Lichtzeichen und optional Halbschranken. Die Unabhängigkeit des Bahnkörpers ist also eher durch seine abseitige Lage vom gewöhnlichen Straßennetz gekennzeichnet denn durch das völlige Fehlen von Bahnübergängen.
Erinnert uns das an etwas?
So wie die BOStrab es definiert, besteht die nördliche A-Strecke auf den Abschnitten
- Heddernheim - Heddernheimer Landstraße (- NWZ - Ginnheim)
- Heddernheim - Gonzenheim
- Heddernheim - Oberursel Bf. (der anschließende Abschnitt bis Hohemark dürfte beim besten Willen nur ein besonderer Bahnkörper sein)
- Auffahrten zum Riedberg (nicht auf dem Riedberg selber, dort ist es auf jeden Fall ein besonderer Bahnkörper)
aus unabhängigen Bahnkörpern - immerhin eine Länge von 18km. Und das sogar, bis auf den Abschnitt Richtung Oberursel, in sehr hohem Ausbaustandard mit zumeist sogar Halbschranken als Sicherung. Auf dem Gelände des Betriebshofs Heddernheim sowie der Abstellanlage Bommersheim wird zudem sogar unter Zugsicherung gefahren, wenn ich mich nicht falsch erinnere.
Wie oben schon gesagt - reale Konsequenzen hat das Ganze soweit ich weiß nicht, aber es ist doch nett zu wissen, dass unsere Frankfurter U-Bahn tatsächlich ein ganzes Stück mehr "echte" U-Bahn ist, als man immer geglaubt hat 