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Printausgabe vom 29.03.2004
Buslinien im Frankfurter Osten werden ein Jahr früher als geplant ausgeschrieben
Land erzwingt Wettbewerb
Von Günter Murr
Frankfurt. Auf Druck der Landesregierung muss die Stadt Frankfurt die öffentlichen Buslinien doch schneller europaweit ausschreiben, als ursprünglich geplant. Bereits im Dezember nächsten Jahres soll das erste Linienbündel im Frankfurter Osten in den Wettbewerb gehen. Erst im vergangenen Sommer war der Start in den Wettbewerb wiederholt um ein Jahr verschoben worden. Man wollte dem bisherigen Monopolisten, der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF), länger Zeit geben, sich gegen die Konkurrenz zu wappnen. Doch das Regierungspräsidium Darmstadt macht diesen Plan nicht mit. Die Landesbehörde ließ durchblicken, dass sie eine weitere Verlängerung der Übergangsregelung nicht genehmigen wird. Damit folgt sie der Linie des Wiesbadener Verkehrsministeriums, das erst vor kurzem in einem Rundschreiben an alle Nahverkehrsorganisationen den Wettbewerb zum Regelfall erklärt hat.
Der Magistrat hat den Stadtverordneten deshalb jetzt einen neuen Plan vorgelegt. Die Zeit drängt: Bereits im Juni muss die lokale Nahverkehrsgesellschaft traffiQ die Ausschreibung für das Linienbündel D (Frankfurter Osten und alle Nachtbusse) im Amtsblatt der EU veröffentlichen. Das Stadtparlament muss also in seiner nächsten Sitzung am 13. Mai eine Entscheidung treffen und darf nicht – wie üblich – die Vorlage wochenlang zurückstellen. Die Stadtverordneten haben ohnehin keine Wahl: Sie müssen der Ausschreibung zustimmen, da es sonst für die Zahlungen der Stadt an die VGF, mit dem das Defizit des Busverkehrs ausgeglichen wird, keine Rechtsgrundlage mehr gibt.
Das Unternehmen, das die erste Ausschreibung gewinnt, erhält für sechs Jahre den Zuschlag für die Buslinien im Frankfurter Osten. TraffiQ rechnet für die 19 Linien mit Einnahmen von rund 7,7 Millionen Euro und Ausgaben von maximal 10,9 Millionen Euro pro Jahr. Allerdings hofft die Nahverkehrsgesellschaft, dass dieser Betrag durch die Ausschreibung noch gedrückt und dadurch der Zuschussbedarf gesenkt wird. Gleichzeitig mit dem Start in den Wettbewerb plant TraffiQ einige Angebotsveränderungen im Frankfurter Osten, die unterm Strich Mehrkosten von 60 000 Euro pro Jahr verursachen (siehe Kasten).
Das zweite Bündel mit zehn Linien im Frankfurter Norden soll im Frühjahr 2005 ausgeschrieben werden. Für die übrigen Linien will sich der Magistrat nach wie vor die Option offen halten, sie ohne Ausschreibung direkt an die VGF zu vergeben. Ohne eine Änderung des Europarechts wäre dies allerdings nicht möglich. Ein im Auftrag des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) erstelltes Gutachten des Berliner Beratungsunternehmens KCW zeigt, dass keine Ausnahmen von der Pflicht zur Ausschreibung zulässig sind.
Trotz dieses Gutachtens kommt der RMV bei den von ihm verantworteten Verkehrsleistungen (vor allem Regionalbahnen und S-Bahn) nur langsam in die Gänge. "Es gibt zwar ein relativ offensives Wettbewerbskonzept, aber das ist bislang weitgehend nur Ankündigung und wurde nicht umgesetzt", meint Karl-Heinz Rochlitz, Vorstandssprecher des Privatbahn-Verbands "Mehr Bahnen". Diese Scheu vor dem Wettbewerb räche sich gerade vor dem Hintergrund der jüngst beschlossenen Mittelkürzungen. Weil der Bund die Zuschüsse um 5,5 Millionen Euro gekürzt hat, muss der RMV 25 Regionalzüge streichen, die zum Teil in Frankfurt beginnen oder enden. Nach Ansicht von Rochlitz hätte dieser Betrag auch durch Ausschreibungen eingespart werden können. Im Schnitt würden durch den Wettbewerb die Kosten um 18 bis 30 Prozent reduziert, hat "Mehr Bahnen" festgestellt. Das Fazit von Rochlitz: "Fehlender Wettbewerb bei gleichzeitigen Angebotskürzungen geht zu Lasten der Kunden des öffentlichen Verkehrs."
Quelle: Onlineausgabe der Frankfurter Neuen Presse unter rhein-main.net