U-Bahnen und den Tunnel soll die VGF künftig mieten
Stadtwerke gründen eine Infrastrukturgesellschaft und schicken sie für europaweiten Wettbewerb und Landeszuschuss ins Rennen
Der Öffentliche Nahverkehr in Frankfurt steht vor einer einschneidenden Neuorganisation. Die "Nahverkehrsinfrastrukturgesellschaft" (NIG) soll künftig Busse und Bahnen kaufen und an den Betreiber vermieten. Auch U-Bahn-Tunnel und Haltestellen sollen an die NIG übergehen.
VON WOLFGANG SCHUBERT
Frankfurt · 15. Juli · Werner Lutz, Geschäftsführer der Stadtwerke Frankfurt Holding, überraschte gestern mit der Nachricht, dass die NIG als Tochterunternehmen der Stadtwerke bereits Ende vergangenen Jahres gegründet worden war und schon bis Ende 2004 von der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) das komplette Tunnelnetz der U-Bahn, sämtliche Trassen, das Haltestellennetz einschließlich der Bus- und Straßenbahnhaltestellen übernehmen soll.
Die VGF, die bis auf wenige Ausnahmen den Bus- und Schienenverkehr betreibt, müsste dann für die Benutzung von Tunnel, Schienentrassen und Haltestellen Gebühren an die Infrastrukturgesellschaft bezahlen. Diskutiert wird zurzeit, ob in einem zweiten Schritt auch der Fahrzeug-Altbestand sowie die Werkstätten abgegeben werden. Diese Pläne stoßen auf große Vorbehalte bei der VGF.
Mit der NIG reagiert die Kommune auch auf die Ankündigung des Landes, den Kauf von U-Bahnen künftig nicht mehr zu bezuschussen. Bislang hatte das Wiesbadener Verkehrsministerium bis zu 40 Prozent der Kosten übernommen. Einen Antrag der VGF, den Kauf von 170 U-Bahnfahrzeugen zu bezuschussen, hatte das Land im vergangenen Jahr zurückgewiesen. Das Land argumentierte, Subventionen der VGF wären eine Benachteiligung möglicher Wettbewerber und damit eine Wettbewerbsverzerrung. Nach EU-Recht müssen vom Jahr 2011 an die Leistungen im städtischen Schienennetz europaweit ausgeschrieben werden.
Im Busnetz gibt es den Wettbewerb bereits. Bei vier Linien in Sachsenhausen hatte sich kürzlich die Verkehrsgesellschaft Untermain (VU) gegen die VGF durchgesetzt.
Nach Darstellung von Stadtwerke Holding-Geschäftsführer Lutz ist die NIG bereits aktiv geworden. Vergangene Woche hat die Infrastrukturgesellschaft beim Land den vor einem Jahr von der VGF erfolglos gestellten Antrag auf Bezuschussung der 170 U-Bahnen in ihrem Namen erneut gestellt. Denn: "Wir brauchen die neuen Fahrzeuge, aber die VGF allein könnte diese Anschaffung nicht stemmen." Wenn das Land mögliche Wettbewerbsverzerrungen sieht, "können wir Abhilfe schaffen", beteuerte Lutz, denn "die Infrastruktur der NIG stünde allen Wettbewerbern diskriminierungsfrei offen".
Mit der Übernahme der U-Bahn-Tunnel und Haltestellen und damit einem rechnerischen Vermögenswert von 400 Millionen Euro will Lutz die in den kommenden Jahren prognostizierten Verbindlichkeiten der Stadtwerke Holding von jeweils rund 30 Millionen Euro abfedern. 2003 belief sich der Fehlbetrag auf 38,4 Millionen Euro. Davon entfielen allein 23,8 Millionen auf die Bädergesellschaft, die die Holding im Jahre 2003 übernommen hatte.