Anteil des ÖPNVs gesunken im Mainzer Modal Split

  • Gemäß der aktuellen Mobilitätsbefragung der Stadt ist der Anteil des ÖPNVs im Modal Split von 22 auf 19 Prozent gesunken. Der Fahrradverkehr überholte gleichzeitig den ÖPNV und stieg von 21 auf 26 Prozent. Der Autoverkehr liegt bei 36 Prozent.


    Den niedrigsten ÖPNV-Anteil hat Weisenau mit 14 Prozent, den höchsten die Neustadt mit 24 Prozent.

    Meistgenannte Gründe gegen den ÖPNV:

    zu unflexibel (25 Prozent), zu teuer (19 Prozent), zu langsam (16 Prozent) oder das Angebot ist schlecht (14 Prozent).


    Link zum AZ-Artikel: https://www.allgemeine-zeitung…er-auto-und-oepnv-3050967

  • Danke für den Link :)

    Zeigt für mich ganz eindrucksvoll, dass in Weisenau wichtige Verbindungen fehlen - zum Beispiel nach Laubenheim und Hechtsheim. Diese Verbindung stand im vorletzten Nahverkehrsplan, wurde aber nie eingerichtet…

    Einmal editiert, zuletzt von FabiMZ ()

  • Heute war ein weiterer Artikel zur Diskussion um den neu erfassten Modal Split im Verkehrsausschuss in der AZ. Hier ist er hinter einer Bezahlschranke. Neues gibt es hier nicht.


    Ansonsten sind die Ergebnisse durchaus spannend und es ist erfreulich, dass deutlich mehr Personen als vor vier Jahren teilgenommen haben. Dass der Radverkehrsanteil steigt, ist trotz der schlechten Infrastruktur erstaunlich (man vergleich die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatests, wo Mainz 2018-2022 immer die Note 4 erhielt). Schon vor vier Jahren hat man sich mit einem hohen Fahrradanteil gerühmt. Damals wurde häufig damit argumentiert, dass ein Viertel aller Wege per Fahrrad geschehen, tatsächlich war das aber nur die Zahl für den Binnenverkehr, im Gesamtverkehr waren es 2019 dann nur knapp 21%. Aber wie konnte der Anteil so steigen, ohne, dass etwas wesentlich an der Infrastruktur getan wurde? Vielleicht liegt es am Erhebungszeitraum im Juni, mit einem der schönsten Monate dieses Jahr? Wenn man sich bspw. die Daten der Radzählstelle am Kasteler Brückenkopf anschaut (Link), fällt auf, dass dort im Juni mit deutlichem Abstand die meisten Fahrradfahrer gemessen wurden.


    Damit lässt sich auch das schlechte Abschneiden des ÖPNV erklären. Wäre die Erhebung jetzt im November vorgenommen worden, sähen die Daten sicherlich ganz anders aus. Merke: Richtig valide Daten gibt es nur mit langfristigen Erhebungen in einem Zeitraum von einem Jahr, idealerweise. Die derzeit sich in Bearbeitung befindende MiD (Mobilität in Deutschland) wird genau das machen, aber vor allem auf bundesweiter Ebene und leider nur auf kommunaler Ebene, wo es auch bestellt wurde.


    Man hat es sich also mit sechs Erhebungstagen im Juni schön leicht gemacht. 2019 wurde übrigens auch im Mai und Juni erhoben, da erinnere ich mich aber nicht mehr dran, ob diese Monate besonders warm/sonnig waren.


    Was euch auch schon aufgefallen ist und nur irgendwie schwer glaubwürdig erscheint, ist der geringe ÖV-Anteil in Weisenau, der niedriger sein soll als in Ebersheim. Auch wenn es insgesamt dieses Jahr mehr Teilnehmer gab und die Daten somit auch auf Stadtteilebene genauer sein sollten, erinnere ich mich, dass 2019 die Daten auf Stadtteilebene äußerst ungenau waren, z. B. sollte es zwischen Lerchenberg und Finthen nur 60 Wege insgesamt geben, vom Lerchenberg nach Gonsenheim aber 1000. Ich kann mir also vorstellen, dass die Daten auch hier wieder nicht vollständig sind und somit Weisenau darunter gelitten hat. Nichtsdestotrotz ist das natürlich eine gute Argumentationsbasis, warum man den ÖPNV in Weisenau ausbauen kann.


    Was auch noch weiter im ÖPNV-Bereich auffällt, ist der doch geringe Anteil an Wegen mit der Mainzer Mobilität. Rechnet man Nah- und Fernverkehr raus, bleiben 13,4% Wege mit Bus und Straßenbahn. Besonders krass ist auch der sehr geringe ÖPNV-Anteil beim Wegezweck "Einkauf" (tägl. Bedarf) mit gerade mal 6%, aber auch sonstige Einkäufe liegen mit 11% sehr niedrig (nur Bringen-/Holen hat mit 4% noch weniger). Natürlich, beim täglichen Einkauf wird viel zu Fuß gegangen, aber es rächt sich auch eine schlechte Anbindung von wichtigen Nahversorgungszentren wie z. B. dem Kaufland in der Rheinallee (eigentlich ist dieser nur aus Richtung Neustadt erreichbar, in der Gegenrichtung fehlt eine Haltestelle), dem Gutenberg-Center oder dem Scheck-in Center in Weisenau. Besonders diese Zentren sollten über Tangentiallinien besser angebunden werden.


    Der Gutenberg-Center wird ja eigentlich nur über die 57 und 71 gut angebunden. Man vergleiche das mal nur mit der Anbindung des vergleichbaren Äppelallee-Centers in Wiesbaden mit der Linie 14. Es rächt sich auch die fehlende Anbindung an die Mainzelbahn, obwohl sie unmittelbar vorbeifährt. Hier sollte man über eine Wendeschleife auf den Parkplatz nachdenken (wo dann die 51 enden kann), eine zusätzliche Haltestelle an der Kreuzung der Haifallee oder eine direkte Fußgängerbrücke von der Haltestelle Im Borner Grund zum Gutenberg-Center. Die letzten zwei Vorschläge wären aber immer noch mit längeren Wegen verbunden, während man heute mit dem Auto quasi direkt ins Center fahren kann. Jedoch liegen auch die derzeitigen Haltestellen der 57 und 71 nicht ideal...

  • Inzwischen sind auch Kurz- und Langbericht online: Klick hier.


    Interessant finde ich noch u. a. auf Seite 77 des Langberichts die Modal Split-Anteile zu Zielen außerhalb von Mainz. Von Mainz nach Frankfurt nutzen 29% den MIV und 71% den ÖPNV, was mit Abstand der höchste Wert ist. Darmstadt und Bad Kreuznach sind weitere beliebte Ziele, mit ÖPNV-Anteilen von über einem Drittel. Wiesbaden, nur auf der anderen Seite des Rheins, schafft das knapp nicht mit 31%. Dafür fahren 14% per Fahrrad nach Wiesbaden und 1% läuft. Nach Ginsheim-Gustavsburg fährt angeblich niemand per ÖPNV, wo sich zeigt, dass die Stichprobe der Umfrage dann doch nicht repräsentativ ist. Mit vier direkten Buslinien nach Ginsheim-Gustavsburg kann es einfach nicht sein, dass der ÖPNV-Anteil 0% beträgt.


    Was sich aus den Zahlen nach Wiesbaden noch ableiten lässt, ist meiner Meinung nach, dass der ÖPNV nach Wiesbaden nicht besonders gut ist (abgesehen von AKK). Bis auf die Achse Mainz Hbf - Wiesbaden Hbf sowie entlang der Linie 6 gibt es viele Umwege (man nehme nur mal das Gegurke der 28) und schlechte Takte - besonders aus den nordwestlichen Mainzer Vororten und in die östlichen Vororte Wiesbadens sind die Wege mit dem ÖPNV lang, während man mit dem Pkw selten mehr als 15 Min. über die Schiersteiner Brücke braucht, sei es von Gonsenheim nach Frauenstein oder Finthen nach Schierstein. Da ist der ÖPNV noch lange nicht konkurrenzfähig, selbst mit der 74 nicht.


    Man kann nur hoffen, dass die Ideen aus dem neuen Wiesbadener Nahverkehrsplan umgesetzt werden und die Verbindungen über die Schiersteiner Brücke deutlich ausgebaut werden. Der jetzt gestartete Prozess zur Fortschreibung des Mainzer Nahverkehrsplans sollten dringend daran anknüpfen und die Zahlen der Mobiitätsbefragung intensiv auswerten, um Verbesserungspotentiale zu erkennen wie bspw. die Anbindung von Einkaufsmärkten in Mainz außerhalb der Innenstadt.