SZ – Nürnberg: Britische Firma übernimmt S-Bahn-Betrieb

  • Die BEG gab bekannt, dass das Nürnberger S-Bahnnetz für die neue Vertragslaufzeit ab Dezember 2018 bis 2030 an National Express vergeben worden sei. Das Unternehmen wolle die bestehende Fahrzeugflotte aus Talent-2-Triebzügen durch Doppelstocktriebzüge von Škoda ersetzen.


    Besorgnis sei aus der Politik derweil bereits geäußert worden, weil es bei der deutschen National-Express-Tochter derzeit keinen Tarifvertrag gebe. Es seien 500 bis 700 derzeitige DB-Mitarbeiter in der Region von der Neuvergabe betroffen.


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    Fág an Bealach!

  • Besorgnis sei aus der Politik derweil bereits geäußert worden, weil es bei der deutschen National-Express-Tochter derzeit keinen Tarifvertrag gebe. Es seien 500 bis 700 derzeitige DB-Mitarbeiter in der Region von der Neuvergabe betroffen.


    Scheinheiliges Gewimmer! :cursing: Wer hat denn bitte die Rahmenbedingungen für diese Ausschreiberei vorgegeben und durchgepaukt, daß sämtlicher Regionalverkehr unbedingt an billig-billig-billig verschachert werden muß, häh?! :cursing:


    Jetzt sich öffentlichkeitswirksam "Sorgen um die Beschäftigten" zu machen, ist in meinen Augen einfach nur scheinheilig! Es wäre der BEG ein Leichtes gewesen, die Anwendung des LfTV als Vergabekriterium in die Ausschreibung mit reinzunehmen, aber nööööö, ganz offensichtlich ging es dort mal wieder nur um den billigsten Preis!


    Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß die DB-Mitarbeiter dann nun alle mit wehenden Fahnen zum neuen Billig-Konkurrenten rennen, um dann dort vielleicht fürs halbe Geld arbeiten zu gehen... wird wohl eher so ausgehen wie derzeit hier bei uns mit der Vlexx, und es sollte mich nicht wundern, wenn auch in Nürnberg das "Geschäftsmodell" "Leute vom Arbeitsamt schicken lassen und vom Amt die Schnellausbildung bezahlen lassen" zum Tragen kommt. Daß man so kaum an motiviertes und geeignetes Personal kommt, sollte sich rumgesprochen haben - aber sowas interessiert ja weder irgendwelche britischen Manager noch deren Shareholder noch die Billig-Ausschreiber :evil:


    Interessant, was in den Artikeln zum Ausschreibungswahn für die S-Bahn-München mit drin steht - aber bitte selber lesen. Auch, was da zum Regionalverkehr Rosenheim zu lesen stand, den Veolia übernommen hat - hat wohl offenbar auch nicht so richtig geklappt, wie die Herren Billigheimer sich das erträumt haben. Thihihi, das gönne ich denen von ganzem Herzen, daß sie bei den Betreiberwechseln regelmäßig immer wieder erstmal richtig auf die Schnauze fliegen - hoffentlich bekommen sie von erzürnten Fahrgästen richtig ihre Glaspaläste eingerannt und werden von den Fahrgästen mal vom hohen Roß ihrer Billigheimer-Ausschreibungs-Selbstgefälligkeit runtergeholt, zu wünschen wäre es.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Mich wundert ehrlich gesagt, dass National Express gewonnen hat. Für die Ausschreibung waren Gebrauchtfahrzeuge zugelassen. Lediglich für die S2, derzeit x-Wagen mit 143, und die neue S5, Allersberg-Express, wären Neufahrzeuge notwendig gewesen, für letztere mit LZB. Aber was man so liest soll die National Express mindestens 100 Mio. Euro günstiger gewesen sein als die DB. Ich bin mal gespannt, ob die DB Einspruch einlegt.

    Gruß Tommy

  • Von den 100 Mio. € habe ich auch gehört, "aus gut unterrichteten Kreisen". Diese Summe mutet in der Tat sehr suspekt an. Gerade wegen der Zulassung von Gebrauchtfahrzeugen war die Ausschreibung zumindest dieses Bündels auf die DB zugeschnitten.


    Bedenklich an der Ausschreibung finde ich vor allem, dass eine Gesellschaft ohne gültigen Tarifvertrag teilnehmen konnte. Von daher ist das Geschwätz der Politiker tatsächlich scheinheilig. Das erinnert mich sinngemäß an die fromme Helene


    "Sieh, da geht Helene hin, Eine schlanke Büßerin!"


    nur kurz darauf


    "O weh, o weh! Der Gute fällt! Es siegt der Geist der Unterwelt."

  • Von den 100 Mio. € habe ich auch gehört, "aus gut unterrichteten Kreisen". Diese Summe mutet in der Tat sehr suspekt an.

    Die Laufzeit des Vertrages sind 12 Jahre, also macht das pro Jahr rd. 8,33 Mio € bzw. rd. 695.000 €/Monat. Auf den Zugkilometer umgerechnet entspricht der Gesamtbetrag einem Preisunterschied von 1,14 €/Zugkilometer (bei einem Leistungsumfang von rd. 7,3 Mio Zugkilometern/Jahr). Was ist daran suspekt?

  • Die Laufzeit des Vertrages sind 12 Jahre, also macht das pro Jahr rd. 8,33 Mio € bzw. rd. 695.000 €/Monat. Auf den Zugkilometer umgerechnet entspricht der Gesamtbetrag einem Preisunterschied von 1,14 €/Zugkilometer (bei einem Leistungsumfang von rd. 7,3 Mio Zugkilometern/Jahr). Was ist daran suspekt?


    Was kostet denn so der typische "S-Bahn-Zugkilometer"? So sehr viel mehr als ein paar Euro kann ich mir gar nicht vorstellen - und dann ist die Einsparung schon recht enorm...?

  • Mann kann alles schönrechnen, un hinterher mit einer "unvorhersehbaren" Kostensteigerung und Nachforderungen anzukommen, so nach einigen Jahren.
    National Express wird vermutlich auch die Fahrzeuge nur leasen, ist eine übliche Praxis, vor allem in GB.
    Wartung usw. soll vermutlich auch outgesourct werden, sofern die nicht gleich beim Hersteller mit eingefordert wird.

  • Was kostet denn so der typische "S-Bahn-Zugkilometer"?

    Das kann ich für die S-Bahn Nürnberg natürlich nicht genau sagen, aber im Zusammenhang mit Modellen zur Verteilung von Bestellerentgelten gibt es einen Betrag, der für den SPNV in NRW auf 14,31 €/Zkm lautet (Stand 2012). Es hängt ganz wesentlich von den Trassen- und Stationsentgelten ab, die einen dicken Kostenblock ausmachen.

  • In einem "Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 38 AEG" vom September 2009 wird vom Fall der Strecke München-Passau berichtet (S. 33). Im Wege der Direktvergabe an DB-Regio waren jahrelang 8,50 €/Zkm gezahlt worden. Nach der Ausschreibung, die DB-Regio gewonnen hat, betrug der Preis nur noch 0,75 €/Zkm (ja, richtig gelesen). Ist das jetzt suspekt? Und was ist daran suspekt? Und ist DB-Regio jetzt ein "Billigheimer". Solche Fälle belegen, dass die generelle Kritik an wettbewerblichen Ausschreibungen und das Vorurteil, günstige Preise gingen immer zu Lasten des Personals, mit Vorsicht zu genießen sind.
    Man kann genauso gut behaupten, dass DB-Regio durch die Direktvergabe auf Kosten der Besteller und damit letztlich auf Kosten der Fahrgäste und der öffentlichen kommunalen Haushalte immer gut gefüttert worden ist.


    Die Verfechter des Ausschreibungswettbewerbs bringen es auf die Faustformel: "Ausschreibung bringt 30% mehr Leistung bei 30% weniger Kosten".

  • Ist eigentlich in die Rechnung "Ausschreibung bringt 30% mehr Leistung bei 30% weniger Kosten" auch die Verwaltung Verbundseitig eingerechnet?


    Naja, solange man "9-Monatskinder" mit Verträgen wie dem "Branchentarifvertrag SPNV" köhdern kann wird das vermutlich so weiter gehen, interessant wird es, wenn Bura-Lftv gezahlt werden muss um überhaupt noch Lokführer zu finden...

  • Ist eigentlich in die Rechnung "Ausschreibung bringt 30% mehr Leistung bei 30% weniger Kosten" auch die Verwaltung Verbundseitig eingerechnet?

    Das würde ich nicht so wörtlich nehmen, sondern eher als plakative Parole in der ideologisch-politischen Auseinandersetzung betrachten.

  • Ist eigentlich in die Rechnung "Ausschreibung bringt 30% mehr Leistung bei 30% weniger Kosten" auch die Verwaltung Verbundseitig eingerechnet?

    Im Netz ist die Studie eines gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts zu finden, das nachgewiesen haben will, dass die Kostenvorteile durch Ausschreibung im Frankfurter Busverkehr durch die bei traffiq entstehenden Regiekosten neutralisiert werden. Obs stimmt, weiß ich nicht, liegt auch schon ein paar Jahre zurück. Und da traffiq ja nicht nur die Ausschreibungen macht, sondern vielerlei Verkehrsplanungsaufgaben trägt (Nahverkehrsplan z.B.), wäre interessant, wie das genau errechnet wurde. Selbst wenn die BEG bei der S-Bahn Nürnberg für die wettbewerbliche Ausschreibung Regiekosten verursacht, dann ist das eine Aufgabe, die nicht permanent anfällt und sicher nicht im Umfang von 100 Mio €.

  • Wie zu erwarten hat die DB Regio Einspruch gegen die Vergabe an National Express eingelegt, dass meldet u. a. die FAZ. Die Überprüfung der Entscheidung kann nun mehrere Wochen oder gar Monate dauern.

    Gruß Tommy

  • Die Deutsche Bahn findet Wettbewerb eben nur gut, wenn er zu ihren Bedingungen funktioniert. Die Bahn hat umgekehrt überhaupt keine Skrupel, ihre Konzernmacht wirtschaftlich auszuspielen, um Wettbewerber an die Wand zu drücken. Ich darf mal an die Vergabe des Linienbündels B in Frankfurt an die Bahntochter BVH erinnern.

  • Für die Ausschreibung waren Gebrauchtfahrzeuge zugelassen. Lediglich für die S2, derzeit x-Wagen mit 143, und die neue S5, Allersberg-Express, wären Neufahrzeuge notwendig gewesen, für letztere mit LZB.

    Hierzu muss ich noch etwas korrigieren. Die Ausschreibung ist in zwei lose geteilt gewesen.



    Quelle: Ausschreibungstext im TED


    Für Los 1 waren Gebrauchtfahrzeuge ab Baujahr 2008 zugelassen. Für Los 2 waren nur Neufahrzeuge zugelassen.

    Gruß Tommy

  • Auf DSO wird vermeldet, dass laut dem Eisenbahnjournal zughalt.de die Vergabekammer Südbayern der BEG untersagt habe, den Auftrag für die S-Bahn-Nürnberg an National Express zu vergeben und verpflichtet die BEG National Express vom Verfahren auszuschließen. zughalt.de beruft sich auf ein Mitarbeiterschreiben, dass dem Eisenbahnjournal vorliegt. Auf der Facebook-Seite der Lokführer findet sich ein Foto des Schreibens an die DB-Mitarbeiter. BEG und National Express haben nun zwei Wochen Zeit Beschwerde einzulegen.

    Gruß Tommy

  • Ich weiß nicht, was ich jetzt von dem Ganzen halten soll.


    Wenn das Ganze so zutrifft und die finanzielle Leistungsfähigkeit der NX so zweifelhaft ist, wie konnte dann die BEG überhaupt das Netz an NX vergeben? War die BEG einfach fachlich nicht in der Lage, diesen Mißstand zu erkennen (dann muss mal über die fachliche Qualifikation der entsprechenden Mitarbeiter nachgedacht werden und ggf. nachgebessert werden)? Oder war die Vergabe tatsächlich die versteckte Vetternwirtschaft, wie jemand vermutete, da sich BEG- und NX-Geschäftsführer ja angeblich sehr gut kannten aus der gemeinsamen Zeit bei der Regentalbahn.


    Andererseits - Wenn die Finanzierung der NX relativ wasserdicht ist und weder BEG noch NX etwas vorzuwerfen ist: Hat dann die Vergabekammer einfach nur dem öffentlichen und politischen Druck, der gerade von einigen Kommunal- und Landespolitikern ausgeübt wurde, nachgegeben um die Arbeitsplätze bei DB Regio zu erhalten? Dieser Gedankengang stammt nicht von mir, sondern war als Kommentar unter einem Online-Artikel zur jetzigen Entscheidung angeheftet. Mich macht er allerdings genauso nachdenklich wie mein erster Absatz.


    Wie dem auch sei: Wenn es schon Wettbewerb im ÖPNV gibt, muss dieses Verfahren über alle Zweifel erhaben sein. Sowohl EVU als auch Besteller und Politik. Oder wie jemand (bei Facebook war es glaube ich) schrieb: Entweder will ich Wettbewerb und muss dann damit leben, dass der Beste gewinnt, auch wenn das den Verlust altgestandener Arbeitsplätze bedeutet (was Dir allerdings schon jeder Grundschüler hätte prophezeien können) oder ich will den dauerhaften Erhalt der altgestandenen (ex Bundesbahn-)Arbeitsplätze nach deren sozialem Standard - dann muss ich zur Staatsbahn zurückkehren.

    Viele Grüße, vöv2000

    Einmal editiert, zuletzt von vöv2000 ()