ZitatAlles anzeigenSchwarzfahrer: VGF legt Bilanz 2007 vor
Dienstag, 15. Januar 2008
Mit 3,16 Prozent ist die Schwarzfahrerquote leicht gestiegen, den Schaden beziffert die VGF auf rund zwölf Millionen €.
"Die Fahrscheine bitte!" Mehr als 1,6, Millionen Fahrgäste haben im vergangenen Jahr in den Bussen und Bahnen der VGF diese unmißverständliche Aufforderung gehört - mehr als 34.000 müssen dabei innerlich zusammen gezuckt sein, denn sie konnten ihr nicht nachkommen. Diese Zahlen enthält die EBE-Bilanz 2007, die Frankfurts Verkehrsunternehmen mit dieser Presse-Information vorlegt. "EBE" steht dabei ein wenig bürokratisch für "Erhöhtes Beförderungs-Entgelt", also Vorfälle, die umgangssprachlich besser als "Schwarzfahren" bekannt sind.
Schwarzfahrerquote steigt an
Die Schwarzfahrer-Quote auf den U-Bahn-, Straßenbahn- und sowie Bus-Linien, die die VGF und ihre Töchter ICB sowie MainMobil in und um Frankfurt betreiben, lag im vergangenen Jahr bei 3,16 Prozent (2006: 2,72; 2005: 3,15; 2004: 3,37; 2003: 3,44; 2002: 3,40) und ist damit wieder leicht gestiegen. Die Veränderung liegt aber innerhalb der normalen Schwankungsbreite und läßt - die Zahlen aus den Jahren 2002 bis 2006 bezeugen das - keinen Rückschluß auf eine etwaige Verschärfung des Problems zu. Bemerkenswerterweise ist die Quote auch im Jahr 2007 mit 3,52 Prozent in den Bussen am höchsten (2006: 3,10; 2005: 3,38; 2004: 4,3), in der U-Bahn liegt sie bei 2,96 Prozent (2006: 2,52; 2005: 3,01; 2004: 3,1), in der Straßenbahn bei 3,28 Prozent (2006: 2,86; 2005: 3,26 Prozent; 2004: 3,87).
Die Schwarzfahrer-Quote errechnet sich aus der Zahl der im Jahr kontrollierten Fahrgäste und den dabei beanstandeten EBE-Fällen. Im vergangenen Jahr waren es exakt 1.675.178 überprüfte Fahrgäste (2006: 2.179.993; 2005: 2.000.126; 2004: 2.381.925; 2003: 2.247.652; 2002: 2.033.045) und davon 34.306, die kein gültiges Ticket vorweisen konnten (2006: 59.275, 2005: 62.965; 2004: 80.297; 2003: 77.224; 2002: 69.027). Grund für den bemerkenswerten Unterschied zwischen 2007 und 2006 ist die über mehrere Wochen erfolgte Fahrgast-Zählung des vergangenen Jahres. Die Zahlen für 2008 dürften sich, da keine Erhebungen dieser Art vorgesehen sind, wieder denen aus dem Vor-Vor-Jahr anpassen.
Die Quote bezieht sich aber nur auf die erfolgten Kontrollen, der tatsächliche Anteil der Schwarzfahrer an den mehr als 154 Millionen Fahrgästen der VGF im vergangenen Jahr dürfte darüber liegen. Die Zahlen umfassen alle Fahrgäste, die ohne gültigen Fahrschein angetroffen wurden, also auch diejenigen, die innerhalb einer Woche ein nicht übertragbares Ticket, zum Beispiel eine Jahreskarte, nachreichen konnten. In diesen Fällen erhebt die VGF - in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des RMV - lediglich eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von sieben €. Das ist bei etwa zwölf Prozent der Vorgänge der Fall.
Moderne Software für die Bearbeitung
Die VGF erstattet Anzeige, wenn Fahrgäste zum wiederholten Mal als Schwarzfahrer auffallen. Die Zahl der Strafanzeigen, die die VGF insgesamt wegen so genannter Leistungserschleichung gegen Schwarzfahrer gestellt hat, betrug im abgelaufenen Jahr 10.519 (2006: 6.240; 2005: 8.379; 2004: 12.142; 2003: 6.847; 2002: 502) und bewegt sich gleichfalls in einer über mehrere Jahre zu beobachtenden Schwankungsbreite. Der Rückgang von 2005 zu 2006 erklärt sich durch eine Umstellung der Bearbeitungs-Software, mit der die VGF Ende 2005 begann und die im ersten Quartal 2006 abgeschlossen wurde. Sie ermöglicht der VGF seither, auch für fremde Auftraggeber im größeren Rahmen zu prüfen, so etwa vom 1. Januar 2007 an in den Bussen der nicht mehr von der VGF betriebenen Linienbündel A und D. Auch die Prüfdienstleistungen wie sie in der Vergangenheit in Bussen der Offenbacher OVB oder Zügen der Odenwaldbahn erbracht worden sind, können künftig mit der effizienteren Software abgewickelt werden.
Es war die zweite Veränderung innerhalb kurzer Zeit, denn schon der drastische Anstieg der Anzeigenzahl von 2002 zu 2003 erklärte sich durch eine damals erfolgte Software-Umstellung, in deren Rahmen die VGF von manueller Bearbeitung der Vorgänge auf eine effizientere automatische Steuerung umgestiegen ist. Der weitere Anstieg im Jahr 2004 stand einerseits im Zusammenhang mit der damals gestiegenen Zahl der EBE-Fälle, andererseits enthält die Zahl auch sogenannte Nachtragsanzeigen. Diese werden erstattet, wenn ein Schwarzfahrer erneut erwischt wird, obwohl gegen ihn schon ein Verfahren hängig ist.
Tatsächliche Quote deutlich höher
Die tatsächliche Schwarzfahrerquote dürfte auch im Jahr 2007 oberhalb der durch Routine-Prüfungen in Fahrzeugen belegten 3,16 Prozent liegen. Die Ergebnisse von zwei Schwerpunkt-Kontrollen im Juni auf den Linien U4 und U6 / U7 belegen diese Annahme. So genannte Schwerpunktkontrollen werden mit bis zu 20 Prüfern gleichzeitig auf Streckenabschnitten von drei bis fünf Stationen vorgenommen. Dabei kontrollieren die Prüfer nicht nur gleichzeitig alle drei oder vier Waggons eines Zuges, sondern auch mehrere Züge direkt hinter einander. Bei Kontrollen auf der U4 lag die Quote bei 4,05 Prozent, auf den überprüften Linien U6 / U7 bei 3,69 Prozent.
Auch Erkenntnisse aus Sonderkontrollen vergangener Jahre, so etwa einer Abgangskontrolle, die im Herbst 2006 an den Zu- und Ausgängen der Station "Höhenstraße" stattfand und bei der 6,1 Prozent der Fahrgäste als Schwarzfahrer auffielen, läßt die VGF in ihre Hochrechnung der tatsächlichen Schwarzfahrerquote einfließen. Die Zahl aus 2006 steht in einer Reihe mit Abgangskontrollen, die 2004 an der Konstablerwache organisiert wurden: Am ersten Morgen wurden bei 5.126 kontrollierten Fahrgästen 258 Schwarzfahrer erwischt (Quote: 5,03 Prozent), am zweiten Tag kamen 134 Schwarzfahrer auf 2.145 kontrollierte Kunden. Dies bedeutete einen Spitzenwert von 6,25 Prozent - 2,88 Prozentpunkte über der 2004er Quote von 3,37 Prozent, die die Kontrollen durch mobile Prüfgruppen ergeben hatten. Bei einer Abgangskontrolle während des Weihnachtsgeschäfts 2003 war sogar ein Wert von 8,14 Prozent ermittelt worden, so daß die VGF auch für das gerade abgelaufene Jahr von einer tatsächlichen Schwarzfahrerquote vom mindestens 6,5 Prozent ausgeht.
Geschätzter Schaden 11,7 Millionen Euro
Basierend auf dieser Zahl errechnet die VGF auch den ungefähren Schaden, den Schwarzfahrer in ihrem Netz anrichten. Unabhängig von der regulär ermittelten Quote und ausgehend von einem durchschnittlichen Fahrpreis von 2 € pro Ticket sowie 154,1 Millionen Fahrgästen im Jahr, muß die VGF mit finanziellen Einbußen in Höhe von 11,7 Millionen € jährlich rechnen.
Zwei Übergriffe auf Kontrolleure
Kontrollen in Bussen und Bahnen verliefen 2007 zwar nicht immer reibungslos, dafür aber weitgehend undramatisch. Angesichts der Gebühr von 40 € und drohender Strafanzeigen waren und sind Auseinandersetzungen aller Art zwischen Kontrolleuren und Schwarzfahrern möglich, im Jahr 2007 wurden aber nur zwei ernste Übergriffe auf Fahrscheinprüfer der VGF registriert (2006: 10; 2005: 13; 2004: 18), bei denen es zu körperlichen Attacken kam. Insgesamt resultierten daraus acht Fehltage der betroffenen Mitarbeiter (2006: 41; 2005: 78; 2004: 82), die vorzugsweise Prellungen, Quetschungen oder Verstauchungen davon trugen. Die verbalen Angriffe werden von der VGF statistisch nicht erfaßt, doch stellen die Kontrolleure subjektiv einen weiteren Anstieg der sprachlichen Aggression fest.
Auch andere Zwischenfälle hat die VGF dokumentiert, in diesem Fall der Ordnungsdienst: Zu registrierten Auseinandersetzungen zwischen den Fahrgästen kam es in Fahrzeugen und Stationen im vergangenen Jahr 84 Mal (2006: 36; 2005: 64; 2004: 55). Übergriffe auf Fahrer der Busse und Bahnen wurden 2007 insgesamt 31 gezählt (2006: 33; 2005: 16; 2004: 21), auf Mitarbeiter des Ordnungsdienstes 40 (2006: 42; 2005: 56; 2004: 52), wovon im vergangenen Jahr zehn Mitarbeiter leichte Verletzungen davontrugen (2006: vier; 2005: acht; 2004: fünf). Eine auch nur annähernd an den Vorfall vom Sonntag, 6. Januar, heranreichende Verletzung war nicht dabei, der Angriff auf den U-Bahn-Fahrer der VGF in Heddernheim stellt eine unrühmlich Ausnahme dar.
Quelle: Pressemitteilung der VGF