Nahverkehr in Not

  • Ich würde annehmen, die Antwort auf die Probleme lassen sich in den Verkehrsverträgen finden, die kennen wir nicht, also kennen wir die Ursachen für die wirtschaftlichen Probleme von Abellio nicht. Die verlinkten Artikel bringen dazu leider auch keine Erkenntnisse.


    Wie der RMV das handhabt, lesen wir derzeit in den Ausschreibungsunterlagen für den Betrieb der Brennstoffzellen-Züge auf den Taunusstrecken. Darin ist genau nachzulesen, was Vergütungsminderung und Strafzahlungen auslöst und was nicht, welche Preisbestandteile auf der Basis von Preisindices fortgeschrieben werden usw.


    Da der SPNV im RMV-Gebiet ausschließlich gemeinwirtschaftliche Leistungen umfasst, werden Bruttoverträge geschlossen, bei denen die Einnahmen dem Auftraggeber zustehen und lediglich zahlungstechnisch mit der Grundvergütung verrechnet werden. Insofern kann ein Einnahmerückgang nicht zu Lasten des EVU gehen.


    Aus Gerichtsentscheidungen wissen wir zudem, dass EVU Maluszahlungen an ihre Auftraggeber u.U. als Schaden vom Infrastrukturbetreiber, also meistens DB-Netz ersetzt verlagen können, wenn die Nichtverfügbarkeit gebuchter Netzinfrastruktur für die Nichterbringung der geschuldeten Verkehrsleistung kausal war. In dieser Hinsicht hat die HLB evtl. einen Vorteil, weil sie teilweise EVU und Infrastrukturunternehmen ist. Da gibt es für die HLB-EVU vielleicht eher keine unkalkulierbaren Risiken.


    Die Verfügbarkeit des rollenden Materials (außer jetzt bei den Wasserstoffzügen) und des Personals liegt indessen voll in der Risikosphäre des EVU, vielleicht liegt bei Abellio da das Problem.


  • Abellio war zumindest vorgestern - am 12. Oktober - noch munter in Sachsen-Anhalt und einigen anderen Bundesländern unterwegs. Ein Zugbegleiter meinte, das würde jetzt auch noch bis 2030 weitergehen.


    Das würde mich persönlich freuen, sie haben schöne Züge und scheinen sich Mühe für einen fahrgastfreundlichen Service zu geben, z.B. WLAN in den VT und Abteile mit größeren Tischen in einem ET 9442. Die Züge, in denen ich mitfuhr, waren auch sehr sauber. Aber ich gebe zu, es war nur eine persönliche Momentaufnahme.


    VT 1648 445 / 945 auf der Strecke Goslar - Magdeburg in Wernigerode (Sachsen-Anhalt)


    ET 9442 105 auf der Strecke Leinefelde - Röblingen am See in Leinefelde


    ET 462 006 auf dem Rhein-Ruhr-Express RE 11 Kassel - Düsseldorf in Kassel-Wilhelmshöhe

  • Abellio besteht ja auch aus mehreren Teilgesellschaften. Entsprechend muss für jede eine individuelle Vereinbarung getroffen werden. Für die nächsten Monate gibt es Übergangsvereinbarungen. Notvergaben schließe ich mal nicht aus.

  • Deine Erfahrungen mit Abellio teile ich.


    Inzwischen geht es laut MDR zunächst weiter, jedoch in einigen der Netze nur noch übergangsweise, und laut MDR wird das Unternehmen nun zu sanieren versucht.

  • Inzwischen hat sich im Fall Abellio in den jeweiligen Regionen einiges getan.

    Abellio Mitteldeutschland

    Bereits bekannt - siehe auch Bernemer Beitrag - ist, dass sich die Aufgabenträger Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (NASA) und Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr mit Abellio Rail Mitteldeutschland und dem vorläufigen Sachwalter auf ein langfristiges Konzept geeinigt haben.


    Demnach erfüllt Abellio den Verkehrvertrag Saale-Thüringen-Südharz (STS) bis zum Vertragsende im Dezember 2030.


    Zudem hat man sich einvernehmlich darauf verständigt, dass der Verkehrsvertrag Dieselnetz Sachsen-Anhalt (DISA) zum Dezember 2023 beendet wird. Die NASA wird das DISA zügig neu ausschreiben, wobei der neue Betreiber auf Unternehmensstrukturen mit den vorhandenen Resscourcen Personal, Werkstatt, Fahrzeuge usw. zurückgreifen soll. Damit können die Vergabezeit verkürzt und ein regulärer Übergang gewährleistet werden. Die NASA wollte sich kurzfristig mit Marktteilnehmern Gespräche führen. An dem Vergabeverfahren wird Abellio nicht teilnehmen.


    Die Pressemitteilung vom 10. September 2021 im Wortlaut:


    Abellio Baden-Württemberg

    In Baden-Württemberg wechselt das Unternehmen Abellio Rail Baden-Württemberg (ABRB) unter das Dach der landeseigenen Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG). Der Übergang soll bis zum Jahresende erfolgen. Unter dem Dach der SWEG erhält ABRB in einer Notmaßnahme einen auskömmlichen Verkehrsvertrag über zwei Jahre.


    Nach der Übernahme wird der Verkehrsvertrag über eine Ausschreibung im Wettbewerb neu vergeben, an dem sich auch die SWEG beteiligen kann. Das Konzept sieht vor, dass ABRB nach Abschluss des Verfahrens an den künftigen Betreiber übergeht, der sich in der Ausschreibung durchgesetzt. Es wurde abgesichtet, dass der SWEG durch ihr Einspringen in kommenden zwei Jahren weder beim Betrieb noch bei der kommenden Ausschreiben Vor- oder Nachteile haben wird.


    Auch hier die Pressemitteilung vom 25. November 2021 im Wortlaut:

    WestfalenBahn

    Die WestfalenBahn bleibt integraler Bestandteil von Abellio Deutschland und erbringt weiterhin die Verkehrsleistungen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Gläuber-Ausschuss hat sich für das Angebot des Gesellschafters ausgesprochen. Der Sachverwalter sieht eine positive Zukunft für die WestfalenBahn mit Abellio Deutschland. Das Unternehmen strebt an, dass Schutzschirmverfahren Anfang 2022 zu verlassen.


    Auch hier die Pressemitteilung vom 9. November 2021 im Wortlaut:


    Abellio Nordrhein-Westfalen

    Gestern wurde dann bekannt, dass Abellio Rail Nordrhein-Westfalen seine vertraglichen Pflichten zum 31. Januar 2022 beendet. Darüber hat die Geschäftsführung die Mitarbeiter in einer Betriebsversammelung informiert. Betroffen sind Netzteile der S-Bahn-Rhein-Ruhr (S2, S3, S9, RB32, RB40, RB49) und des Rhein-Ruhr-Express (RE1, RE11) sowie das Niederrhein-Netz, das Ruhr-Sieg-Netz und der Müngstener (S7).


    Diese Netze werden von den Aufgabenträgern Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und Nahverkehr Rheinland (NVR) mit Wirkung zum 1. Februar 2022 an andere Eisenbahnunternehmen in einer Notvergabe vergeben. Die Fahrzeuge, die Abellio bislang genutzt hatte, werden dabei im Einsatz bleiben, da sie Eigentum der Aufgabenträger sind. Die Aufgabenträger erhalten bei Neuvergabe Unterstützung durch das Ministerium für Verkehr NRW, das sich bereit erklärt hat, die entstehenden Mehrkosten bis zu einer Höhe von 380 Millionen Euro auszugleichen.


    Der Belegschaft sicherten die Aufgabenträger gestern zu, bei einem Wechsel alle Rechte aus ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis beibehalten zu können. Die umfassende Zusicherung gelte für alle Angestellten und Auszubildenden der Abellio, sämtlicher Gewerke, vom Lokführer bzw. Leihlokführer, über in den Werkstätten Beschäftigte, Fahrpersonal bis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung.


    Welche Netze von welchen Eisenbahnunternehmen übernommen werden, wollen die Aufgabenträger bis Mitte Dezember festlegen.


    Auch hier die Pressemitteilungen vom 30. November 2021 im Wortlaut:


    Gruß Tommy

  • Die Aufgabenträger VRR, NVR und NWL haben über die Direktvergabe für die von Abellio in NRW betriebenen Linien entschieden.

    • DB Regio übernimmt das Netz S-Bahn Rhein-Ruhr (S2, S3, S9, RB32, RB40, RB49) sowie das Rhein-Sieg-Netz (RB91, RB46, RE16)
    • National Express übernimmt die RRX-Linien RE1 und RE11
    • VIAS Rail übernimmt das Niederrheinnetz (RE19, RB35) sowie die S7 (Der Müngstener)

    Nachstehend die Presseinformation des VRR von heute:

    Gruß Tommy

  • Der Form halber nachstehend noch die Presseinformation von DB Regio NRW und National Express:

    Gruß Tommy

  • Ich glaube, RXX11 ist dann die erste Leistung von National Express nach Hessen, stimmt das?

    Ja, das stimmt. Bisher fährt National Express nur innerhalb NRW und mit dem RE5 (RRX) bis nach Koblenz, was bekanntlich in Rheinland-Pfalz liegt.

    Gruß Tommy

  • Auch VIAS Rail hat gestern eine Presseinformation veröffentlicht:


    Gruß Tommy