Hallo!
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am 13.09.2007 im Artikel "Auch nicht schneller als vorher" vom dem bisherigen Erfolg des Beschleunigungsprogrammes für die Busse und Straßenbahnen in Frankfurt, das im Jahre 1991 gestartet wurde. Durch Vorrangschaltungen sollte dafür gesorgt werden, dass die Frankfurter Nahverkehrsmittel schneller an ihr Ziel kommen. Seit 1991 wären die Buslinien 32, 33 und 34 sowie die Straßenbahnlinien 11, 15 und 16 bereits beschleunigt worden.
Grundlage für das Aufgreifen dieser Thematik war ein Fragenkatalog, den die FDP-Fraktion am 27.03.2007 dem Magistrat in der Vorlage A 169 gesendet hatte.
Als Antwort auf diese Anfrage hat der Magistrat am 29.06.2007 einen Bericht über die bereits durchgeführten Beschleunigungsmassnahmen (Bericht B 482) verfasst. Der Wortlaut dieser Antwort war jedoch bis gestern nicht öffentlich zugänglich. Erst heute, am 05.10.2007, kann die Antwort von jedermann nachgelesen werden.
Die Gesamtkosten für die bereits durchgeführten Beschleunigungsmaßnahmen der Linien 11, 15, 16, 32, 33 und 34 werden auf etwa 16,155 Millionen € angeben, die aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und der Stellplatzablöse finanziert wurden.
Der Magistrat betrachtet die durchgeführten Maßnahmen "grundsätzlich als Erfolg" und zwar sowohl im Gewinn von Reisezeit als auch bei der Einsparung von Betriebskosten. Zusätzlich wären durch diese Maßnahmen bereits Fahrzeuge eingespart worden, was pro Fahrzeug 1,7 bis 2 Millionen € bedeute. Die Angabe, in welchem Umfang dies geschehen sein soll, ist jedoch nicht im Bericht enthalten. Dies liegt wohl daran, weil - nach Magistratsangaben - zu diesem Aspekt keine Analysen vorliegen.
Als einziges Beispiel in diesem Zusammenhang wird eine Probefahrt auf der Linie 34 genannt, wo man angeblich 20 Minuten Fahrtzeit - und damit im Linienverkehr zwei Fahrzeuge - eingespart hätte.
Anschließend wird mehr oder weniger direkt gesagt, dass eine Auswertung "der Investitionskosten, Passagierzuwachs und
Betriebskostenreduktion" nicht vorliegt und auch nicht gemacht wird. Es wird wieder nur verlautet, dass man dem Land als Zuschussgeber nach Abschluss der jeweiligen Beschleunigungsmaßnahme eine Probefahrt bietet.
Auf die Frage, wie sich die Beschleunigung in Frankfurt mit der in anderen Städten deckt, wird nicht eingegangen.
Aus der Beantwortung der Fragen um das Thema der Behinderungen des Individualverkehrs aufgrund von Vorrangschaltung für den ÖPNV geht auch - meiner Meinung nach eindeutig - hervor, dass das Prinzip "Straßenbahn hat Vorfahrt" nicht immer gilt.
Als Reaktion auf diese Antwort vom Magistrat hat die Initiative "Frankfurt22" am 12.09.2007 eine Pressemitteilung veröffentlicht, mit der sie beweisen möchte, dass die durchgeführte Beschleunigung weder eine Einsparung der Fahrtzeit noch der Betriebskosten mit sich gebracht hat und dass es der, vom Magistrat verkündeten, Erfolg einfach nicht existent ist:
ZitatAlles anzeigen12.09.2007
Der grosse Flop! - Was geschah mit den 16 Millionen?
Auf Anfragen der FAG und der FDP gab der Magistrat der Stadt Frankfurt Auskunft über die so genannte Beschleunigung des ÖPNV. Damit ist hauptsächlich die Ampelbevorrechtigung von Straßenbahnen und Bussen gemeint . Seit 1991 wurden hier, u. a. gefördert durch das Land Hessen, rund 16 Millionen Euro ausgegeben. Der Magistrat sieht dieses Geld gut angelegt und betrachtet das Programm „grundsätzlich als Erfolg.“
Frankfurt22 hat dazu recherchiert und die Fahrpläne von 1990/91, 2000/2001 und 2006/2007 verglichen. Das Ergebnis ist katastrophal. Es wurde praktisch keinerlei Fahrzeitgewinn für die angegebene Busse und Bahnen erreicht. Das heißt aber auch, es konnten keine Fahrzeuge und damit – Vorbedingung einer Förderung durch das Land Hessen - keine Ausgaben eingespart werden. Das Geld für teure Ampelschaltungen wurde umsonst ausgegeben.
In München stieg durch das dortige Beschleunigungsprogramm die „Reisegeschwindigkeit der Münchner Tram um 22 Prozent“ In Frankfurt dagegen faktisch keinerlei Fahrzeitgewinn.
In München konnte „eine Fahrzeugeinsparung von 14 Zügen erreicht werden und damit eine Reduzierung der Betriebskosten von 4,2 Mio. Euro pro Jahr.“ In Frankfurt nach unseren Recherchen keine Einsparung.
Wir fragen:
- Wie rechtfertigt die Stadt Frankfurt die Ausgabe von 16.155.000.- Euro ohne irgendeinen Erfolg nachweisen zu können?
- Wie rechtfertigt die Stadt Frankfurt die erfolglose Beschleunigungsaktion gegenüber dem Land Hessen?
- Wie kam die Probefahrt auf der Buslinie 34 zustande, bei der angeblich 20 Minuten Fahrzeit (und damit potentiell zwei Fahrzeuge) eingespart wurden?
- Wie kommt der Magistrat trotz des nicht vorhandenen Fahrzeitgewinns zu der Erkenntnis dass Fahrzeuge eingespart wurden ?
Wir fordern:
- Die Stadt Frankfurt möge ein Beschleunigungsprogramm auflegen, das diesen Namen verdient (siehe München).
- Die Stadt Frankfurt möge das bereits erhaltene Geld andernfalls an das Land Hessen zurückzahlen.
Anhang:
Vergleich der Fahrzeiten der Straßenbahnen 11, 15 und 16
und der Busse 32, 33 und 34 in den Jahren 1990, 2000 und 2007
[...]
Quelle: frankfurt22.de
Im Anhang werden die Fahrtzeiten in den Jahren 1991, 2001 und 2007 der jeweiligen Linien miteinander verglichen. Hier eine Zusammenfassung (die genauen Zeitangaben stehen am Schluss der Pressemitteilung):
Gemäß dieser Auflistungen haben sich die Fahrtzeiten der Linie 11 im Jahre 2007 gegenüber dem Jahre 1991 in beiden Richtungen sowohl in der Haupt-, Neben- auch auch Schwachverkehrszeit erhöht.
Die Linie 15 brauchte im Jahre 1991 vom Hauptbahnhof zum Haardtwaldplatz weniger Zeit als heute vom Südbahnhof zum Haardtwaldplatz. Vergleicht man nur die Strecke Haardtwaldplatz <-> Südbahnhof, so ist die Fahrzeit in sechs gleich geblieben oder gestiegen.
Von den drei beschleunigten Straßenbahnlinien kann überhaupt nur auf der Linie 16 ein sehr kleiner Fahrtzeitgewinn festgestellt werden. In Richtung Ginnheim ist die 16 in der Haupt- und Nebenverkehrszeit jetzt eine bis zwei Minuten schneller; in Richtung Offenbach Stadtgrenze kann nur in der Schwachverkehrszeit ein Gewinn vermerkt werden. Die anderen Zeiten sind gleich oder gestiegen.
Bei den Buslinien sieht es ähnlich aus: Die Linie 32 ist in Richtung dem Ostbahnhof gegenüber dem Jahr 1991 nicht schneller. Möchte man wie bei der Linie 15 einen gleichen Linienweg vergleichen, so kommt man zur Kenntnis, dass lediglich in der Schwachverkehrszeit ein Fahrtzeitgewinn bemerkbar ist. In Richtung Güterplatz ist diese Linie zu allen Verkehrszeiten um eine Minute schneller als vor sechs Jahren.
Auf der Linie 33 ist in Richtung Rebstockbad ein Fahrzeitgewinn zu verbuchen, was aber auch am verkürzten Linienweg liegt. In Richtung Westbahnhof ist die Linie dagegen, ausgenommen in der Nebenverkehrszeit, trotz des verkürzten Linienweges nicht schneller.
Einzig auf der Linie 34 wirken die Fahrtzeiten in Richtung Bornheim "beschleunigt" - wobei man sich fragen muss, ob sich die ein bis drei Minuten eine echte "Beschleunigung" nennen lassen können. In Richtung Gallus sind die Zeiten gleich geblieben oder um eine eine Minute schneller.
Wie ja wohl allgemein bekannt ist, läuft es in anderen Städten besser. Im Artikel der Frankfurter Allgemeinen zeitung wird als Beispiel München genannt. Dort hätte man es geschafft, die Reisegeschwindigkeit der Straßenbahnen um 22 % zu erhöhen und damit 14 Wagen und 4,2 Millionen € pro Jahr einzusparen.
Die gesamte Thematik rund um das Beschleunigungsprogramm, das im Jahre 2015 abgeschlossen sein soll, sollte auch schon auf den vergangenen Sitzungen des Verkehrsausschusses besprochen werden. Doch beide Male gab es das selbe Ergebnis: "Die Beratung ... wird bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung zurückgestellt." Wie die Zeitung schreibt, sei auch das Verkehrdezernat nicht für eine Stellungnahme zu erreichen gewesen.
Viele Grüße.