Europaviertel: U5-Verlängerung

  • In der Rückschau sieht alles rosiger aus und vor allem einfacher als es war. In @multis Beitrag ist viel - verzeih den drastischen Ausdruck - Geschichtsklitterung. Im Jahr 2000 und auch im Jahr 2004 war noch keineswegs klar, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum sich das Europaviertel entwickeln würde (da gabs doch auch noch eine Diskussion um eine Olympia-Bewerbung, worin diese Flächen eine zentrale Rolle spielten). Es war anfangs alles andere als ein Selbstläufer. Der Einwohnerzuwachs in Frankfurt setzte überhaupt erst nach 2005 ein und erst danach kam das Europaviertel eigentlich in die Gänge. Weder die Investoren noch die Stadt waren sich im Jahr 2000 des Erfolgs ihrer Planung sicher, und auch im Jahr 2005 noch nicht.


    Und ansonsten hatte man ja auch sonst nichts anderes im Sinn: ich möchte mal dran erinnern, dass Ende 1995 A-Süd geplatzt war und das Stadtbahnbauamt sich daraufhin eiligst auf D-1 stürzte und sodann auf D-2, was bekanntlich 2006 scheiterte. Ich glaube, dass die U5 ins Europaviertel damals nicht wirklich von besonderem Interesse war und absolut keine Priorität hatte.


    Und angesichts der keineswegs gewissen Erfolgsaussichten des Europaviertels hatten auch die Investoren kein Interesse, sich eine Vorfinanzierung eines U-Bahn-Tunnels ans Bein zu binden; das war nie eine Option, abgesehen davon, dass eine solche Vorfinanzierung ohne Planfeststellung auch gar nicht geht.


    Tja, und heute sind alle wieder so viel schlauer...

  • In der Rückschau sieht alles rosiger aus und vor allem einfacher als es war. In @multis Beitrag ist viel - verzeih den drastischen Ausdruck - Geschichtsklitterung...


    Trotzdem kann man sagen, dass die zwischenzeitliche Verfolgung der Luxusvariante "Volltunnel" nicht nur Zeit, sondern auch Geld gekostet hat (und damit meine ich nicht nur Planungskosten). Und dass der Volltunnel eine schwer zu finanzierende Luxusvariante ist, hätte man m.E. mit etwas gesundem Menschenverstand erkennen können.


    Eine ziemlich offenkundige Einsparung: Wenn man sich frühzeitig nur auf die Optionen Straßenbahn oder oberirdische Stadtbahn konzentriert hätte, hätte man die Europa-Allee samt Versorgungsleitungen gleich entsprechend anlegen können; die beiden Varianten hätten sich nur im Bereich des Skyline Plaza wesentlich voneinander unterschieden.


    Es gibt aber noch einen weiteren Punkt: Als im Magistrat der Grundsatzbeschluss für die jetzt in Bau befindliche Lösung fiel, war östlich der Athener Straße noch Baugrube. Man hätte also gar nicht viel schneller sein müssen, um hier die Gelegenheit zu haben, ohne Tunnelbohrung die U-Bahn gleich mitzubauen. Und mit dem Verzicht auf den planfreien Abzweig zur Mainzer Landstraße wäre es wohl zu schaffen gewesen, Ecke Athener Straße schon unter der Europa-Allee zu sein. Bergmännisch hätte also nur östlich Güterplatz gebaut werden müssen.

    Glaubst Du einem Wörterbuch, in dem man Müll nicht trennen kann, wohl aber gu-te Freun-de?

  • Man hätte also gar nicht viel schneller sein müssen, um hier die Gelegenheit zu haben, ohne Tunnelbohrung die U-Bahn gleich mitzubauen.

    Da wäre ich mir aber nicht so sicher. Ohne eine erneute Diskussion zum selben Thema anstoßen zu wollen: Bedenke bitte die jahrelange Planungsphase, die durch die diversen Beteiligten ewig lang durchgekaut werden muss oder im schlimmsten Fall von einem früheren Zeitpunkt aus erneut beginnt (siehe viergleisiger Ausbau S-Bahn).


    Hätte man sich zur jetzigen Kompromisslösung schon vor zehn Jahren durchgerungen, wäre das vielleicht eine Option gewesen.

  • Bergmännisch hätte also nur östlich Güterplatz gebaut werden müssen.


    Ich gebe zu bedenken, das beim Einsatz einer Tunnelbohrmaschine die zusätzlichen Meter gar nicht so ins Geld gehen. Die Fixkosten und die Frage, wo ein günstiger Startplatz ist, sind entscheidend.

    Grüße ins Forum :saint:


  • Trotzdem kann man sagen, dass die zwischenzeitliche Verfolgung der Luxusvariante "Volltunnel" nicht nur Zeit, sondern auch Geld gekostet hat (und damit meine ich nicht nur Planungskosten). Und dass der Volltunnel eine schwer zu finanzierende Luxusvariante ist, hätte man m.E. mit etwas gesundem Menschenverstand erkennen können.


    Dieser nun geplante Nonsense wird in Zukunft massive Folgekosten nach sich ziehen, weil man immer nur den kurzfristigen Nutzen sieht und nicht bereit ist den langfristigen Nutzen zu betrachten. Das Frankfurter Stadtbahnnetz krankt an vielen dieser Provisorien, die sich nun nicht mehr beseitigen lassen, weil man damals nicht bereit war gleich richtig zu bauen. In Berlin, Hamburg, Nürnberg oder München würde man die Diskussion über oberirdisch oder unterirdisch nicht führen, da wäre ein Tunnel für den Abschnitt ins Europaviertel selbstverständlich. Und genau wegen dieses anhaltenden Pfuschs im Frankfurter Netz ist es in sehr vielen Fällen sinnvoller den MIV zu nutzen. Ich habe einfach schon zuviel Lebenszeit wegen verpaßter Anschlüsse verschwendet, als daß ich noch bereit wäre für solchen schweren Planungsmängel auch nur das geringste Verständnis aufzubringen.

  • Und genau wegen dieses anhaltenden Pfuschs im Frankfurter Netz ist es in sehr vielen Fällen sinnvoller den MIV zu nutzen. Ich habe einfach schon zuviel Lebenszeit wegen verpaßter Anschlüsse verschwendet, als daß ich noch bereit wäre für solchen schweren Planungsmängel auch nur das geringste Verständnis aufzubringen.

    Der MIV ist aber noch verspätungsanfälliger. Einziger Unterschied: Dir kann kein Anschluss verloren gehen.


    Mit dem (eigenen) Auto im Stau zu stehen, ist aber genau so verschwendete Lebenszeit. In der Bahn kann man wenigstens die Zeit noch für das Nutzen was man gerne machen möchte: Schlafen, Lesen, Stricken (tatsächlich schon gesehen!), Musik hören, Spielen (beispielsweise mit dem Telefon) usw.


    So müsste man aber geduldig auf die nächsten drei, vier Meter warten und dürfte, um nicht sich selbst und andere zu gefährden, nicht die Aufmerksamkeit verlieren.

  • Trotzdem muß man sich Fragen lassen, wie weitsichtig die ÖPNV Planung in bezug auf zu realisierende Projekte ist. In Frankfurt erscheint sie mir nach dem System ich tapeziere und streiche erst das Zimmer, dann überlege ich mir, wo ich Schalter und Steckdosen hinhaben will und stemme dann Löcher und Schlitze.
    Ja für Europaviertel, Gareway Gardens und Terminal 3 wird (wurde) ÖPNV in Betracht gezogen, bis dahin sind aber schon viele tausend PKW-fahrten - mangels ÖPNV Alternative- durchgeführt. Und dann an IV gewöhnte Nutzer vom ÖPNV zu überzeugen wird echt schwer Ich überlege mir auch immer wieder, was für sinnvoller ist: ÖPNV, PKW oder Fahrrad. Oft ist der ÖPNV nur Plan B.

  • >In Berlin, Hamburg, Nürnberg oder München würde man die Diskussion über oberirdisch oder unterirdisch nicht
    >führen, da wäre ein Tunnel für den Abschnitt ins Europaviertel selbstverständlich.


    Eher zwingend wegen der Stromschiene - da geht nur Tunnel, Einschnitt und Hochbahnviadukt.
    Der Vorteil einer Stadtbahn ist die Möglichkeit in Ortskernen mit engen Strassen diese
    per Tunnelführung (zu beschleunigen) und da wo Platz ist kostengünstig auf Strassen-
    niveau zu führen. (nur wird dieser Kostenvorteil heute durch Anwohnertheater und
    Archtektenästhetik zu nichte gemacht)


    > Und genau wegen dieses anhaltenden Pfuschs im Frankfurter Netz ist es in sehr vielen Fällen sinnvoller den MIV zu nutzen.


    Der Pfusch liegt darin das Stadtbahnnetz nicht konsequent vervollständigt zu haben (einzige Stuttgart hat es bisher zu 100%
    geschafft - Köln de facto auch durch die Netzaufteilung - auf Rang 3 Hannover mit einer Linie die noch keinen Innentadttunnel hat)
    und dort wo es sie gibt keine konsequenten Vorrang geschaltet hat um die Reisezeiten zu senken und den Fahrplan stabil zu halten.

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
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  • BÜ darf mab bei EBO-Bahnen eigentlich nicht und bei EBO-Seitenstromschienenbahnen schon gar nicht mehr neu errichten, jedenfalls nicht in EBA-Land.


    Gruß, ULF

  • BÜ darf mab bei EBO-Bahnen eigentlich nicht und bei EBO-Seitenstromschienenbahnen schon gar nicht mehr neu errichten,...

    Sagt wer? Die EBO (§ 11 Abs. 2) sagt, dass nur auf Strecken mit einer zugelassenen Geschwindigkeit von mehr als 160 km/h Bahnübergänge unzulässig sind, daraus folgt im Umkehrschluss, dass sie auf Strecken mit einer geringeren Vmax als 160 km/h zulässig sind.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick ()

  • Edit verbot einen Nachtrag: das Eisenbahnkreuzungsgesetz sagt, dass neue Kreuzungen von öffentlichen Straßen als EÜ zu bauen sind, nur bei schwachem Verkehr sind Ausnahmen zulässig; schwacher Verkehr heißt max. 100 Fz/Tag.

  • Darkside:

    Zitat

    ......(nur wird dieser Kostenvorteil heute durch Anwohnertheater und
    Archtektenästhetik zu nichte gemacht).......


    Letzteres war doch der Grund, ohne Not, im Europaviertel die Stadtbahn im Tunnel zu führen.
    Es fehlt das Umdenken. Nicht ein vierspuriger Boulevard ist (Welt)städtisch / urban. Sondern ein Tip Top Statdtbahnnetz und das muss man nicht im Tunnel verstecken, wo kein Tunnel aus den von Darkside genannten Gründen notwendig ist.


    Jockeli:

    Zitat

    ch gebe zu bedenken, das beim Einsatz einer Tunnelbohrmaschine die zusätzlichen Meter gar nicht so ins Geld gehen. Die Fixkosten und die Frage, wo ein günstiger Startplatz ist, sind entscheidend.


    Das mag für die Strecke zutreffen, Du vergisst aber die Stationen, denn die machen eine Tunnelstrecke teuer.

  • >Zumindest in Berlin gibt es mehrere Bahnübergänge trotz Stromschiene. Hier ein Beispiel, wo man
    >sogar sehr gut sehen kann, wo die Stromschiene aufhört und wieder erneut einsetzt:


    Das ist S-Bahn und die Strecke geht auf eine Dampfstrecke zurück.
    Dieser Zustand entstand durch die nachträgliche Elektifizierung.


    Die U-Bahn zum Thielplatz wurde 1913 eröffnet - und da liegt die Strecke
    schon im Einschnitt um keine Bahnübergänge zu haben....

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  • Da wäre ich mir aber nicht so sicher. Ohne eine erneute Diskussion zum selben Thema anstoßen zu wollen: Bedenke bitte die jahrelange Planungsphase, die durch die diversen Beteiligten ewig lang durchgekaut werden muss oder im schlimmsten Fall von einem früheren Zeitpunkt aus erneut beginnt (siehe viergleisiger Ausbau S-Bahn).


    Hätte man sich zur jetzigen Kompromisslösung schon vor zehn Jahren durchgerungen, wäre das vielleicht eine Option gewesen.


    So meinte ich das. Eben diese lange Planungsphase ist durch das späte Umschwenken von Volltunnel auf Kompromiss noch länger geworden. Diese Verlängerung hätte man für meinen Ansatz vermeiden müssen - oder sogar nur teilweise vermeiden, dann hätte die Abfolge schon funktioniert.


    Jockeli:


    Das mag für die Strecke zutreffen, Du vergisst aber die Stationen, denn die machen eine Tunnelstrecke teuer.


    Bei dem hier angestellten Vergleich ist aber kein Unterschied. Die Rampe ist sowohl in der Realität als auch in meinem Szenario zwischen Güterplatz und Emser Brücke. Der Einwand von Jockeli relativiert also in der Tat meinen Punkt - hebt ihn aber nicht auf. Denn der Unterschied zwischen bergmännisch oder nicht mag nicht wesentlich sein, aber man braucht auch eine unterschiedliche Tiefe und deshalb eine unterschiedliche Länge des Tunnels. Bei meinem Szenario würde das oberste Stück der Parkhausrampe wahrscheinlich direkt auf dem Dach der U-Bahn-Rampe sein. Und einen günstigeren Startplatz für eine Tunnelbohrmaschine als in einem Stationsneubau gibt es wohl nicht, oder?

    Glaubst Du einem Wörterbuch, in dem man Müll nicht trennen kann, wohl aber gu-te Freun-de?