Und wo ist noch der Wettbewerbsvorteil, den man sich von einer 35 Stunden Woche verspricht? Wenn es doch eh alle oder keiner anwendet, ist das ja keine Option. Am Ende ist es doch von beiden Seiten clever - die Konkurrenten der Bahn vermeiden Streiks in den eigenen Reihen und die GDL kann den schwarzen Peter an die Bahn schieben und die schlecht darstellen. Und die Bahn muss die harte Gangart spielen, denn aufgrund der Menge des Personals wird sich solch eine Umstellung nur schmerzhaft und mit viel Vorlaufzeit machen lassen.
Tarifkonflikte bei EVU
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Je länger ich drüber nachdenke, desto mehr ärgere ich mich über die Tarifabschlüsse bei den kleinen EVU – von beiden Seiten! Wenn das Verhalten eines Arbeitgebers davon abhängig sein sollte, was andere Arbeitgeber machen, sollte ein gemeinsamer Tarif verabschiedet werden, so wie es in anderen Branchen auch üblich ist. Verlierer ist hier einzig die DB und, tatsächlich, die Kund*innen.
Das mag kontrovers klingen. Die kleinen Tarifabschlüsse wurden relativ schnell ausgehandelt, und der zentrale Streitpunkt eben auf die DB ausgelagert. Bei der die GDL dann also umso mehr kämpfen muss, weil sie ja irgendwie auch für Bedienstete der anderen EVU streitet. Die kleinen EVU reiben sich die Hände: mehr Frust in der Bevölkerung über die DB. Während die DB bestreikt wird, freuen sich alle Pendler*innen, die auf Strecken fahren, bei denen die DB die letzte Ausschreibung nicht gewonnen hat. Und die GDL ihrerseits wird es leichter finden, einen Streik gegen die DB aufrecht zu erhalten, wenn währenddessen nicht alle Nahverkehrslinien beeinträchtigt sind.
Und die meisten von Tatrafan 's Kolleg*innen werden wissen, dass sie zwar durchaus von der Arbeit fern bleiben können, dadurch aber ihre Kündigung riskieren. Dafür muss das Streikrecht nicht mal eingeschränkt werden: Solidaritätsstreiks sind davon auch heute schon nicht gedeckt. Klar kann man Ärzt*innen finden, die plötzlich ganz viele Tfs als neue Patient*innen aufnehmen und arbeitsunfähig schreiben, aber je mehr das machen, um so größer ist die Gefahr, die Approbation zu verlieren und möglicherweise wegen geschäftsmäßigem Betrug belangt zu werden. (Und für Tfs, die das in Anspruch nehmen, schwebt die Gefahr des Betrugsvorwurfs eben auch im Raum.) Das wird klappen, solange es nur wenige machen. Dann verfehlt es aber auch die Wirkung.
Kurzum: die kleinen EVU lagern den Konflikt zur DB aus und ziehen daraus einen Vorteil gegenüber der DB, die GDL sorgt dafür, dass bei einem Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche nicht alles still steht und somit die öffentliche Meinung nicht komplett gegen sie ist.
Und dennoch ist das Verhalten der DB im Tarifkonflikt mindestens kritikwürdig.
Das hast Du schön aufbereitet. Und obwohl man alle diese Punkte positiv zur Bahn verbuchen könnte, machen sie kommunikativ nur einen auf 1970er-Klassenkampf-Rhetorik. Ich verstehe es einfach nicht. Die EVG ist hier übrigens auch keinen Meter besser und dass die GDL auch eher polarisiert denn diplomatisch ist, ist kein Geheimnis.
Summa Summarum ist die Gesamtgemengelage aber eine riesen Katastrophe für die Eisenbahn an sich. Der Rückkehr im Güterverkehr bei DB Cargo der streikbedingt unvermeidbar ist, zieht immer einen gewissen Anteil von Kund*innen nach sich, die auch nach dem Streik nie wieder kommen. Die Unsicherheit im Fernverkehr und die Unabsehbarkeit von Streckensperrungen durch streikende Fdl tun ihr übriges für den Anteil von Menschen, die mit der Eisenbahn mobil sein wollen oder müssen.
Der Konflikt, den die DB und die GDL hier austragen, hinterlässt überall eine Spur von mindestens Schürfwunden. Auch innerbetrieblich wird die auch schon thematisierte Lage mit EVG vs. GDL durch die stark polarisierten Pressestatements nicht gerade befriedet. Es wäre zu wünschen, im Sinne der Eisenbahn und im Sinne aller Beschäftigten, Fahrgäste und Kunden, dass hier bald ein vernünftiges Konzept steht.
Ich wage die Prognose, dass es bei einer 35h-Woche nicht bleiben wird. Der Personalmangel, der demographisch gerade erst angefangen hat, an die Tür zu klopfen, wird so brutal werden, dass ich fest davon ausgehe, dass eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich spätestens in 5 Jahren notwendig werden wird, damit man noch ansatzweise in der benötigten Menge Personal bekommt. So Aktionen wie im Lahntal (Hessenschau) sind ja erst ein Vorgeschmack auf das, was kommt.
Wie man das als Vorstand so krass verkennen kann, vermag ich nicht in vollem Umfang zu verstehen - aber ich habe ja auch keinen Einblick in die entsprechenden Bücher...
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Hallo.
Der nächste Streik der GDL wurde von Donnerstag , 7.März, 2:00 für die Dauer von 35 Stunden angekündigt. Weitere Maßnahmen stehen in der
Grüße ins Forum
Helmut
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Zum Scheitern der Tarifverhandlungen zwischen DB und GDL:
Kritik äußerte auch der Fahrgastverband Pro Bahn und machte GDL und DB schwere Vorwürfe: "Die Tarifpartner machen gerade die Verkehrswende kaputt", sagte Pro-Bahn-Chef Detlef Neuß der Rheinischen Post. "Was jetzt läuft, ist den Fahrgästen nicht mehr zu vermitteln." Trotz der gesetzlichen Tarifautonomie sei es nun an der Zeit, dass die Politik aktiv werde. "Der Bund ist Eigentümer der Bahn. Deswegen ist er in der Pflicht zu intervenieren."
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Vermutlich finden die das auch noch witzig, "35 – die Zahl, die die GDL dem Bahnvorstand beibringen muss".
Sowas arrogantes gehört eigentlich bestraft.
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Kann er tun, es ist eher die Frage, ob er das will. Ich habe den Eindruck, der Bund duckt sich ein bisschen zu sehr weg.
Anstatt irgendwelche Gesetzeskeulen zu schwingen, kann auch eine indirekte Steuerung erfolgen. Zum Beispiel kann ein Personalvorstand die Ziele haben, Personalausgaben so gering wie möglich zu halten, oder Betriebseinstellungen durch Personalmangel zu minimieren.
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Vorschlag kam Forderung der GDL nah
Stand: 05.03.2024 17:02 Uhr
Die Moderatoren de Maizière und Günther haben ihren Vorschlag für eine Lösung im Bahn-Tarifkonflikt veröffentlicht. Der kommt den Forderungen der GDL recht nah und könnte damit GDL-Chef Weselsky in Erklärungsnot bringen.
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Zitat von Tagesschau
Und auch dieses Mal führte GDL-Chef Claus Weselsky an, dass sich der Bahnkonzern in dieser Frage nicht genug bewegt habe - und brach die Gespräche ab.
Leider übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk erneut schlicht eine "Nachricht" der renomierten Bild-Zeitung. Dass genau diese Aussage bereits von der Tagesschau korrigiert wurde, haben die Redakteure wohl wieder vergessen.
(Übrigens hat die Tagesschau die Überschrift verändert gegenüber dem, was ich eingangs zitiert hatte und macht nun mit „GDL bricht laut Bahn die Tarifverhandlungen ab“ auf.)
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Leider übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk erneut schlicht eine "Nachricht" der renomierten Bild-Zeitung. Dass genau diese Aussage bereits von der Tagesschau korrigiert wurde, haben die Redakteure wohl wieder vergessen. [Zitat von über die Tagesschau-Titelzeile „GDL bricht laut Bahn die Tarifverhandlungen ab“ ]
Nein. Die tagesschau hat am Freitag nachträglich klargestellt, dass sie die Information darüber, dass die GDL die Verhandlungen abgebrochen habe, von der DB hatte.
Am Montag hat die GDL dies aber selbst bestätigt:
Da es der DB am Willen fehlte, die Verhandlungen mit guten Kompromissen zum Erfolg zu führen, hat die GDL die Verhandlungen vorzeitig beendet, das abermalige Scheitern erklärt und wird nun zu weiteren Streiks aufrufen.
Ob sich die Redakteure also daran erinnern, dass die Nachrichtenlage am Freitag nachträglich besser wiedergegeben wurde, ist unerheblich: die aktuelle Nachrichtenlage ist halt anders als vor vier Tagen.
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Was ich tatsächlich bedenklicher finde bei der ganzen Sache, ist dass die tagesschau mal wieder nicht auf die Originalquellen verweist und nur nebulös wiedergibt, was ungefähr gesagt wurde – bzw mittlerweile nach einem Update dann doch noch:
GDL-Chef räumt "Denkfehler" ein
Inzwischen räumte Weselsky ein, dass ihm am Montag "ein Denkfehler" unterlaufen sei. Die von ihm genannte Absenkung nur auf 36,5 Stunden sei ein Zwischenschritt gewesen, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der endgültige Vorschlag von 36 Stunden sei danach gekommen. Auch sein Fehler ändere aber nichts an seiner Ablehnung des Moderatorenvorschlags, sagte er weiter. Denn dieser enthalte keinen Schritt Richtung 35-Stunden-Woche, der Ausgangsforderung der GDL.
Ganz, ganz schlechtes Bild für Weselsky. Was genau de Maizière und Günther nun aber geschrieben haben, kann ich dennoch nicht finden.
Und der Vollständigkeit halber: die GDL-PM wurde hier noch nicht zitiert:
Kein Einigungswille, keine Kompromissbereitschaft
Insgesamt vier Wochen wollten Deutsche Bahn und GDL hinter verschlossenen Türen verhandeln, um einen Abschluss in dieser Tarifrunde zu erzielen. Die Verhandlungen wurden vonseiten der DB allerdings zu keinem Zeitpunkt lösungsorientiert geführt. Die vermeintlich „enormen Zugeständnisse“ des Arbeitgebers sind wieder einmal mehr Schein als Sein und bedeuten bei näherer Betrachtung oftmals sogar eine Verschlechterung des Status quo. Da es der DB am Willen fehlte, die Verhandlungen mit guten Kompromissen zum Erfolg zu führen, hat die GDL die Verhandlungen vorzeitig beendet, das abermalige Scheitern erklärt und wird nun zu weiteren Streiks aufrufen.
Arbeitgeber treibt seine eigenen Beschäftigten auf die Straße
Der Druck der streikenden GDL-Mitglieder hat offensichtlich bisher nicht ge- reicht, um den Bahnvorstand zum Einlenken zu bewegen, sodass die Streiks nun ausgeweitet werden müssen. Die GDL weist ausdrücklich darauf hin, dass bei den nun folgenden Streikmaßnahmen voraussichtlich kein Notfallfahrplan gewährleistet werden kann und die Deutsche Bahn damit noch un- pünktlicher wird, als sie ohne Streik schon ist. „Diese neue Eskalationsstufe hat der Bahnvorstand zu verantworten und nicht die GDL oder ihre Mitglieder,“ so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Der Bahnvorstandschert sich nicht um die berechtigten Interessen der Eisenbahner und hat damit selbst die Verhandlungen bestreikt, sodass auch keine Lösung zustande kommen konnte.“
35 – die Zahl, die die GDL dem Bahnvorstand beibringen muss
Die Forderungen der GDL nach einer 35-Stunden-Woche hat der Bahnvorstand bis heute scheinbar nicht verstanden. Aus diesem Grund wird die GDL dem Management der DB diese Zahl ins Gedächtnis rufen – wenn es sein muss, immer und immer wieder. Daher wird der erste Streik nach dem erneuten Scheitern der Verhandlungen 35 Stunden dauern.
Die GDL ruft ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn
von Donnerstag, 7. März 2024, 2:00 Uhr, bis Freitag, 8. März 2024, 13:00 Uhr,
zu einem Streik auf. Der Streik im Güterverkehr wird bereits am Mittwoch, den 6. März 2024, um 18:00 Uhr beginnen und bereits am Freitag, den 8. März 2024, um 5:00 Uhr enden. Zu weiteren Streiks wird die GDL zunächst keine Informationen abgeben. Die GDL weist aber schon jetzt darauf hin, dass sie bei künftigen Streiks eine rechtzeitige Information der Reisenden nicht mehr gewährleisten kann.
Einigungsvorschlag mit 28 Unternehmen abgeschlossen
Bereits Ende Januar ist die GDL mit den an die Deutsche Bahn übersendeten Einigungsvorschlägen weit von ihren Forderungen abgerückt. „Es ist die GDL, die in dieser Tarifrunde bereits umfangreiche Zugeständnisse gemacht hat und es ist der Bahnvorstand, der sich keinen Millimeter bewegt und die GDL-Mitglieder in weitere Streiks treibt,“ so Weselsky, „Inzwischen haben wir mit 28 Eisenbahnunternehmen die Inhalte unserer Einigungsvorschläge abgeschlossen. Unsere Mitglieder bei der Deutschen Bahn fragen sich zu Recht: Warum geht es hier nicht, wenn es überall geht?.“
Die GDL hat mit den genannten 28 Eisenbahnunternehmen in fairen und schnellen Verhandlungen gute Kompromisse erzielen können – fast überall ohne Streiks. Die DB hingegen ist klar erkennbar auch weiterhin nicht daran interessiert, den Konflikt zu befrieden und im Sinne der GDL-Mitglieder und ihrer eigenen Beschäftigten einen Tarifvertrag abzuschließen. Für Weselsky steht fest: „Das Management der DB macht die Eisenbahnberufe mit ihrem Verhalten und ihren Angeboten nicht nur unattraktiver, sondern verwehrt den Eisenbahnern echte Belastungssenkung und einen nachhaltigen Inflationsausgleich.“
Zudem geht die GDL davon aus, dass die bereits terminierten Tarifverhandlungen mit weiteren Eisenbahnverkehrsunternehmen in den nächsten Wochen ebenfalls erfolgreich zu Abschlüssen auf dem derzeitigen Marktniveau führen werden. Der GDL Bundesvorsitzende abschließend: „Die ersten Kollegen im direkten Bereich bei der DB stimmen so oder so mit den Füßen ab und wechseln bereits jetzt den Arbeitgeber, um so die tarifvertraglichen Verbesserungen der GDL zu erhalten – ein Vorgang, der einen redlichen Arbeitgeber eigentlich nachdenklich stimmen müsste.“
Die GDL stellt ihren Einigungsvorschlag und das letzte Angebot der Bahn gegenüber
Einigungsvorschlag der GDL und Abschluss mit 28 Unternehmen Angebot der DB 420 Euro Entgelterhöhung (die ersten sechs Monate ohne Entgelterhöhung) 331 Euro Entgelterhöhung (die ersten neun Monate ohne Entgelderhöhung) Schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche bis 2028 mit Lohnausgleich für Schichtarbeiter mit Wahlrecht des Arbeitnehmers Absenkung auf die 37-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich im Jah 2026 nur für „Fahrpersonale“, aber nur, wenn es für den Arbeitgeber umsetzbar ist Grundsätzliche Fünf-Tage-Woche Weiterhin Sechs-Tage-Woche möglich Tarifverträge für alle Berufsgruppen Keine Tarifverträge für DB InfraGO Laufzeit von 24 Monaten Laufzeit von 32 Monaten Wegfall bestehender tarifvertraglicher Regelungen zum Nachteil der GDL-Mitglieder (Die Tabelle ist im Original ein Bild, warum auch immer. Da PM auch gerne mal verschwinden und mit ihnen wahrscheinlich auch deren Anhänge, habe ich sie mal abgetippt.)
Nun ist es schwer, bei einem Abschluss mit 28 Unternehmen vom Tarifvertrag für Infrastruktur-Mitarbeitende zu reden, wenn die meisten der 28 Unternehmen wahrscheinlich reine EVU sind und keine nennenswerte Infrastruktur besitzen. Um bewerten zu können, wie groß die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten ist, müsste man deren Anfangsforderungen kennen.
Allerdings hege ich leise Zweifel an der Sinnhaftigkeit, den Abschluss bei anderen EVU als „äußersten Kompromiss“ darzustellen. Wer geht ernsthaft mit dieser Prämisse in eine ehrliche Verhandlung rein?
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Ich lasse mal einen lesenswerten Artikel aus der Frankfurter Rundschau hier; diese steht ja nicht im Verdacht, parteiisch oder qualitativ minderwertig zu sein:
ZitatExperte über Deutsche Bahn: „Wer die Bahn so ruiniert, kann sie nicht retten“
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Ich lasse mal einen lesenswerten Artikel aus der Frankfurter Rundschau hier; diese steht ja nicht im Verdacht, parteiisch oder qualitativ minderwertig zu sein:
Inhaltlich gebe ich ihm bei vielem Recht, wobei ich auch hier die Vermischung von Boni und Mitarbeitergehältern für falsch halte. Auch bei Tesla verdient Musk Millionen mehr als der Mitarbeiter am Band. Würde man die Boni streichen und auf die Mitarbeiter umlegen, wären das keine 10€ im Jahr mehr. Also weit weg von einer Gegenfinanzierung der Forderungen der Gewerkschaft. Die Darstellung, das Management spart bei den Mitarbeitern um sich selbst den Boni zu finanzieren, ist also Quatsch.
Das der DB bahnerfahrene Manager fehlen, ist aber einer der ganz großen Knackpunkte seit der Privatisierung.
Das Argument, die DB hat 325.000 Mitarbeiter, da müsste sie auch genug Tf finden, erschließt sich mir nicht. Es fehlen doch nicht nur Tf, sondern in allen Bereichen Personal. Wie eine bessere Bezahlung das Problem lösen soll, ohne Mitarbeiter von anderen Unternehmen abzuwerben und damit das Problem nur zu verlagern? Was bringt es, wenn dann zwar die Züge zuverlässiger fahren, aber es in anderen Branchen mehr knirscht?
Festzustellen, dass die Mitarbeiter viele Überstunden schieben und gleichzeitig eine Reduzierung der Wochenstunden zu wollen, erschließt sich mir auch nicht. Müsste man nicht erstmal eine Lösung dafür finden, die Überstunden runter zu bekommen? Sonst sind die 35h doch eine Nullnummer bzw. durch Ausbezahlen eine Möglichkeit mehr Geld zu bekommen, der Wunsch der GDL ist aber ja mehr Freizeit.
Eigenwillig finde ich die Interpretation der GDL, dass eine Absenkung von 38 auf 36 Stunden "kein Schritt in Richtung 35h sind". Das bestätigt den Eindruck, dass es der GDL gar nicht um Verhandlungen sondern das Durchsetzen einer Maximalforderung geht. Auch frage ich mich, warum jetzt von einer 35h Woche für Schichtarbeiter die Rede ist. Ist mir dies nur in der Vergangenheit nicht aufgefallen? Wäre ich GDL-Mitglied aber nicht im Schichtdienst tätig, käme ich mir leicht verschaukelt vor. (Genau wie bei dem EVG-Abschluss, der für die höheren Tarifgruppen deutlich schlechter ist, als für die Unteren.)
Dafür ist plötzlich keine Rede mehr von einer 4-Tage-Woche sondern einer 5-Tage-Woche im Schichtdienst. -
[Die Frankfurter Rundschau] steht ja nicht im Verdacht, parteiisch […] zu sein
Steile These. Auch ist es kein „Artikel“, sondern ein Interview, was die Frage nach der Qualität der Zeitung irrelevant macht.
Ich stimme der Einschätzung von F.-Fighter zur Darstellung des Konflikts größtenteils zu – insbesondere die Gedanken zur Arbeitszeit:
Müsste man nicht erstmal eine Lösung dafür finden, die Überstunden runter zu bekommen? Sonst sind die 35h doch eine Nullnummer bzw. durch Ausbezahlen eine Möglichkeit mehr Geld zu bekommen, der Wunsch der GDL ist aber ja mehr Freizeit.
Eigenwillig finde ich die Interpretation der GDL, dass eine Absenkung von 38 auf 36 Stunden "kein Schritt in Richtung 35h sind"
Allerdings finde ich auch viel kritikwürdiges an dem Interview. Der ökologische Vorteil der Bahn zerbröselt zwar wörtlich genommen „jenseits Tempo 200“, aber halt auch nur weil Tempo 400 auch jenseits der 200 liegt. Dass Schnellfahrstrecken Platz für mehr Nah- und Güterverkehr schaffen, wird, wieder mal, übersehen.
Auch der Verweis auf die zwanzig anderen Tarifverträge, die „Weselsky„ ratzfatz und ohne große Öffentlichkeit“ abgeschlossen habe, ist mindestens unehrlich, wenn wir 16 Beiträge über diesem hier lesen mussten, dass mindestens Teile der Belegschaft die Einigung keineswegs als ausgemacht anerkennen, falls dieser letzte Konflikt nicht in ihrem Sinne entschieden wird.
Das Lohnniveau in anderen Ländern ist anders. No shit. 100 (in Worten: Einhundert) Lokführer arbeiten also in der Schweiz. Holte man diese zurück, könnte man eine Arbeitszeitsenkung von, was? 3 Minuten in der Woche? durchsetzen?
Es gibt noch mehr kritikwürdiges im Artikel, aber das hat nicht unbedingt mit dem Streik zu tun.
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Was ich tatsächlich bedenklicher finde bei der ganzen Sache, ist dass die tagesschau mal wieder nicht auf die Originalquellen verweist und nur nebulös wiedergibt, was ungefähr gesagt wurde – bzw mittlerweile nach einem Update dann doch noch:
"(...) mal wieder nicht" ist polemisch und dem Inhalt nicht dienlich. Denn nachdem du so pauschal um dich geschlagen hast, habe ich mal die erweiterte Recherche angeworfen.
Klar, auch ich habe im Artikel von tagesschau.de einen Link auf die Quelle der beiden Moderatoren vermisst. Zwar wird zitiert, aber die Quelle scheint nicht einsehbar. Von Quellenschutz dürfte zudem wohl kaum die Rede sein.
Beim RND wurde ich bei fast gleichem Wortlaut dann auf einen Nebensatz aufmerksam:
ZitatWeitere Stellungnahmen seien nicht vorgesehen, heißt es in einer E-Mail der Kieler Staatskanzlei, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Ah, eine E-Mail.
Moment mal, von der Kieler Staaatskanzlei?Okay, Daniel Günther ist Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, aber darf er dann zum Bedienen des Presseverteilers Ressourcen der Staatskanzlei nutzen? Seine Moderationsaufgabe ist ja nicht mit seinem politischen Amt verbunden.
Dieser Nebenkriegsschauplatz muss an anderer Stelle abgefrühstückt werden.
Bei der Recherche nach Veröffentlichungen dieser Staatskanzlei fand ich auf deren Seite: Nichts zu dem Stichwort.
Wir müssen also der Presse vertrauen. Das ist grundsätzlich kein Problem für mich; ich frage mich aber, warum aus dem "zweiseitigen Papier, das der Mail angehängt ist" nur zitiert wird statt es transparent vollumfänglich zu veröffentlichen.
Auch frage ich mich, warum jetzt von einer 35h Woche für Schichtarbeiter die Rede ist. Ist mir dies nur in der Vergangenheit nicht aufgefallen? Wäre ich GDL-Mitglied aber nicht im Schichtdienst tätig, käme ich mir leicht verschaukelt vor. (Genau wie bei dem EVG-Abschluss, der für die höheren Tarifgruppen deutlich schlechter ist, als für die Unteren.)
Hierzu muss ich auf den tagesschau-Artikel verweisen. Zunächst heißt es dort:
ZitatDie Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) besteht darauf, dass die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden abgesenkt wird - bei vollem Lohnausgleich.
Zwei Absätze weiter:
ZitatDemnach sah der Vorschlag vor, die Wochenarbeitszeit für das Zugpersonal im Schichtdienst und die Beschäftigten in Werkstätten in zwei Stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich zu senken.
Sofern in den Werkstätten ebenfalls Schicht gearbeitet wird, ist das nicht widersprüchlich. Betrifft das alle Beschäftigten in Werkstätten? Die Anmerkung von F.-Fighter ist und bleibt also nach wie vor offen und iinteressant.
Quelle RND: https://www.rnd.de/wirtschaft/…XP7VCV5IH7IVCNAVD6ZU.html
abgerufen am 05.03.2024 um 10:30 Uhr -
"(...) mal wieder nicht" ist polemisch und dem Inhalt nicht dienlich. Denn nachdem du so pauschal um dich geschlagen hast, habe ich mal die erweiterte Recherche angeworfen.
Was genau ist dein Problem mit meiner Aussage? Die tagesschau verlinkte am Freitag nicht auf die PM der DB, sondern gab nur wieder, was darin steht. Die tagesschau verlinkte am Montag nicht auf die PM der GDL, sondern gab nur wieder, was drin steht. Die tageschau nacherzählt am Dienstag, was die beiden Schlichter gesagt haben, gibt aber keine Möglichkeit, diese Nacherzählung anhand der Originalquelle zu überprüfen.
Das ist nicht pauschal, auch wenn ich durchaus der Meinung bin, dass man das Pauschalisieren kann: die meisten Journalist*innen im Land haben noch nicht kapiert, dass man bei Texten im Internet auch Links auf Ziele außerhalb des eigenen Angebots setzen kann. Sie sehen sich in großen Teilen weiterhin als Gatekeeper der Informationsverteilung.
Das war jetzt pauschal, trotz meiner Einschränkung auf „die meisten“ und „große Teile“.
Dass es insbesondere die tagesschau in insbesondere dieser Frage konsequent nicht schafft, externe Quellen direkt zugänglich zu machen, ist keine pauschale Aussage und schon gar kein pauschaler Schlag.
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Die GDL will nur die Schichtarbeiter bei der Eisenbahn vertreten - so wie Vereinigung Cocpit nur Piloten.
Wieso sollen sich dann die die nicht im Schichtdienst sind verschaukelt vorkommen?!
Quer durch die grossen Unternehmen hört man Jahr für Jahr Verdienststeigerungen [in %] die über
dem liegen was bei Tarifabschlüssen an Erhöhung rausspringt.
Begründet wird das damit dass die viel leisten - aber was leisten die denn Jahr für Jahr an mehr als
im jahr vorweg? Produktionssteigerung im Managment von 10+% jährlich...?!?
Heraushauen von immer dickeren Dividenden für die Aktionäre? (bringt nur dem der Geld über
hat um sich Aktien zu kaufen etwas - und darauf gibts nur 25% Kapitalertragssteuer statt des
Einkommenssteuersatzes)
Durch Egoismus weniger wird die Einkommensspreizung zwischen oben und unten [Divisionsfaktor - nicht
absoulute Zahlen] immer grösser. Streiks sind die soziale Kontrolle die da was gegensetzen.
Wann ist das letzte Mal das Arbeitslosengeld um 10+% gestiegen?
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Dieser Egoismus im Unternehmen, dass eine Gewerkschaft die Belegschaft intern gegeneinander aufwiegelt, ist ein der Hauptgründe, warum ich die GDL, Cockpit, UFO etc. nicht mag. Aber dank Tarifeinheitsgesetz vertritt die GDL ja genau nicht mehr nur die Schichtarbeiter, sondern alle Tarifkräfte eines Unternehmens bei dem der GDL-Vertrag zur Anwendung kommt. Und sie wirbt ja auch bei anderen Beschäftigten inzwischen intensiv um Mitglieder.
Aber auch ohne das Tarifeinheitsgesetz halte ich die Einstellung dieser Spartengewerkschaften für falsch und kurzsichtig. Ein Tf oder FDL hat eine hohe Streikkraft, ist aber alleine auch nicht in der Lage eine Bahn zu betreiben. Die Mitarbeiter in der Wartung, im Fahrkartenverkauf, -kontrolle, Buchhaltung, IT etc. sind für die langfristige Funktion der Bahn genauso wichtig. Sonst haben die Tf schnell keine funktionierenden Gleise mehr auf denen sie fahren können, bekommen kein Gehalt mehr ausgezahlt etc. Nur kann der Arbeitgeber Streiks in diesen Bereichen etwas länger kaschieren. Genau darum erwarte ich von einer Gewerkschaft, dass sie die Interessen aller Tarifkräfte eines Unternehmens vertritt.
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Quer durch die grossen Unternehmen hört man Jahr für Jahr Verdienststeigerungen [in %] die über
dem liegen was bei Tarifabschlüssen an Erhöhung rausspringt.
auch Unterhalb vom oberen management? Wo?
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Was genau de Maizière und Günther nun aber geschrieben haben, kann ich dennoch nicht finden.
Steht doch in der Erstmeldung:
Stand: 05.03.2024 20:45 Uhr
Demnach sah der Vorschlag vor, die Wochenarbeitszeit für das Zugpersonal im Schichtdienst und die Beschäftigten in Werkstätten in zwei Stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich zu senken. Die erste Stunde sollte zum 1. Januar 2026 wegfallen, die zweite zum 1. Januar 2028.
Und wird hier nochmal bestätigt:
Stand: 06.03.2024 13:56 Uhr
Wie nah das Vermittlungsangebot den Forderungen der Gewerkschaft kam, geht aus einem Schreiben der beiden Moderatoren hervor, das sie veröffentlichten. Demnach sah der Vorschlag vor, die Wochenarbeitszeit für das Zugpersonal im Schichtdienst und die Beschäftigten in Werkstätten in zwei Stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich zu senken. Die erste Stunde sollte zum 1. Januar 2026 wegfallen, die zweite zum 1. Januar 2028. Günther war für die vereinbarte Kompromisssuche von der GDL als Moderator ernannt worden, de Maizière von Seiten der Bahn.
Und hier für alle, die öffentlich-rechtlichen Medien nicht glauben:
06.03.2024, 07:56 Uhr
Im inzwischen veröffentlichten Papier der Moderatoren ist allerdings von einer Absenkung der Arbeitszeit auf 36 Stunden die Rede.
Sowie hier:
06.03.2024, 17.24 Uhr
Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU) hatten der GDL als Moderatoren bei den wochenlangen Verhandlungen zwischen den beiden Tarifparteien einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Dieser sah eine Senkung der Wochenarbeitszeit in zwei Schritten auf 36 Stunden bis 2028 bei vollem Lohnausgleich vor.
Die Bahn hatte den Vorschlag angenommen. Die GDL lehnte ab. Die Gespräche scheiterten deshalb vergangene Woche, und die Gewerkschaft rief zum nächsten Streik auf.
Fazit: Die GDL scheint in Sachen Arbeitszeit unbedingt ihre Maximalforderung durchsetzen zu wollen. Kompromissbereitschaft gleich null. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.
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Steht doch in der Erstmeldung:
Nein, da steht eine Nacherzählung dessen, es die beiden geschrieben haben. Und es bleiben Fragen offen. Zum Beispiel behauptet die DB, diesen Vorschlag übernommen zu haben. Die GDL behauptet, das Angebot der Arbeitszeitreduzierung gälte nur unter der Bedingung, dass die DB genügend Personal einstellt (also eine Bedingung, deren Eintritt die andere Vertragspartei aktiv verhindern kann). Beides schließt sich nicht aus, aber es bestätigt sich auch nicht gegenseitig. Hier wäre es sehr hilfreich, zu wissen, ob das Konzept der Schlichter diese Bedingung denn auch beinhaltet hat.
Und das geht aus keinen der von mir bisher gesehen Artikel vor. Vielleicht steht es auch in dem Papier der beiden gar nicht drin. Aber das kann ich eben nicht wissen, weil die Journalist*innen mir nur ihre eigene Nacherzählung verfügbar machen.