Verhalten der "lieben" und "hochgeschätzten" Fahrgäste

  • Falls sich manche Leser dieses Forums schon immer mal fragten, wieso wir aktiven Eisenbahner oftmalen nicht wirklich gut auf die Fahrgäste zu sprechen sind, so empfehle ich diesen Link:


    Verhalten von "Fahrgästen" nach vorzeitigem Fahrtende in Dettingen


    Bitte erst lesen und dann verstehen, warum wir uns oftmalen so "negativ" äußern.


    Ich habe heute in den Radionachrichten davon gehört und deshalb jetzt mal hier im Netz gesucht.


    Schade, daß offenbar die Rädelsführer nicht gegriffen wurden... da würde eine ordentliche Latte zusammenkommen: Hausfriedensbruch, Nötigung, Eingriff in den Eisenbahnverkehr... aber nein, nicht doch, sowas darf ich ja nicht mal denken, "wir freuen uns schließlich über jeden Fahrgast", auch wenn der sich wie die Axt im Walde uns gegenüber benimmt :evil:


    Meine Reaktion als Unternehmen wäre: für die Rädelsführer Hausverbot (sollen sie doch ab sofort mit dem Auto fahren, auf SOLCHE Beförderungsfälle können wir gerne verzichten!), voller Regreß der Entschädigungsansprüche der Fahrgäste im ICE ("Fahrgastrechte") sowie In-Rechnung-Stellen der durch ihr Verhalten entstandenen Verspätungsminuten - ich glaube, wenn die mal eine Rechnung über 10.000 oder 20.000 Euro bekommen und bezahlen müssen, überlegen sie sich in Zukunft zweimal, ob sie einen ICE einfach mal so zum Anhalten zwingen wollen. Außerdem natürlich volle Zahlung der Lohnfortzahlung der betroffenen Personale, Übernahme der Taxikosten... ach ja, und natürlich Strafanzeige wegen oben erwähnter Punkte, der Staatsanwalt sollte sich für solches Verhalten doch auch interessieren, möchte man meinen.


    Aber neeeeeeeeiiiiiiiiiiiin, was wage ich mir denn auch nur zu denken :rolleyes: Sicher bekommen diese armen Menschen, denen da völlig unzumutbarerweise der RE zusammengebrochen ist (warum der weitergefahren ist - ohne Fahrgäste! - weiß ich nicht, es gibt aber durchaus Zugfahrten, die dürfen zwar fahren, aber aus Versicherungsgründen NUR OHNE FAHRGÄSTE, ich gehe stark davon aus, daß das hier der Fall war), nun auch noch jeder pro Person einen Packen Gutscheine im Wert von je 500 € in den Arsch geblasen + ein klebrig-zuckersüßes Entschuldigungsschreiben, in dem das Personal ja wieder als völlig unmöglich dargestellt wird, und natürlich haben Sie recht, und wir werden unser Personal entsprechend schulen, blah, blubb... ich kenne sowas leider zur Genüge, und das seit Jahrzehnten.


    Wer will, kann sich ja mal seine Gedanken dazu machen, was da heutzutage für Umgangsformen herrschen - und warum wir als Eisenbahner oftmalen eben nicht mehr gut auf unsere "Kundschaft" zu sprechen sind (auch wenn das teilweise verallgemeinernd wird).

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Kann bei einem solches Verhalten von Fahrgästen nur den Kopf schütteln.


    es gibt aber durchaus Zugfahrten, die dürfen zwar fahren, aber aus Versicherungsgründen NUR OHNE FAHRGÄSTE


    Und diese Art von Versicherungs- oder eher gesagt, Sicherheitsvorkehrungen scheinen Standard-Fahrgäste* leider nicht zu wissen oder zu kapieren.


    Wegen dem *, bei mir ist das z. B. so, dass ich mal eben nicht dem Zug erbost hinterher schimpfe, obwohl ich, euphoristisch gesagt ''raus geworfen'' wurde. Es gibt schließlich für alles einen Grund, in dem Fall war es ein Defekt am Zug. Und wenn da den Fahrgästen das Verständnis fehlt, sie sogar einen anderen Zug zum anhalten zwingen, dann fehlen mir da sonst weiter jegliche Worte.


    Auf der anderen Seite kann ich ein bisschen auch die Fahrgäste verstehen. Ich weiß nicht, in welcher Taktung die betroffene RE-Linie normalerweise fährt, aber wer wartet denn schon gerne ein, zwei Stunden auf dem nächsten regulären Zug?

  • ... (warum der weitergefahren ist - ohne Fahrgäste! - weiß ich nicht, es gibt aber durchaus Zugfahrten, die dürfen zwar fahren, aber aus Versicherungsgründen NUR OHNE FAHRGÄSTE, ich gehe stark davon aus, daß das hier der Fall war), ...


    Ich würde mal spekulieren, dass der nur noch bis Aschaffenburg zur Abstellung gefahren ist und evtl. in ein Einfahrgleis wo es keinen Bahnsteig gibt (und dann weiter direkt in die Abstellung). Dass da natürlich keine Fahrgäste mitfahren können ergibt sich von selbst.

    Viele Grüße, vöv2000

  • Der betroffene Zug war - laut anderen Foren - RE 4641.
    Ankunft in Dettingen wohl mit +35 um 16.48 Uhr.
    Nächster Zug wäre um 17:07 Uhr in die gleiche Richtung gefahren.
    Es wäre eigentlich alles halb so wild gewesen


    Ich will das Verhalten der Fahrgäste nicht entschuldigen. Aaaaber: Das ganze Chaos wäre wahrscheinlich mit einer einzigen erklärenden Durchsage vermeidbar gewesen. (Zug muss wegen eines technischen Defekts ohne Fahrgäste weiterfahren, in Kürze fährt ein...) Aber ach, ich vergaß: Die Fahrdienstleiterin gehört ja zu DB Netz und DB Netz ist ja für Durchsagen auf Bahnhöfen/Haltepunkten nicht zuständig. Also lässt man die Fahrgäste im unklaren, die sehen einen ohne sie abfahrenden Zug (damit für sie nicht defekt) - und sehen rot.

  • olieisenbahn:

    Zitat

    Ankunft in Dettingen wohl mit +35


    Vielleicht war er auch nicht defekt. Der Umlauf der Garnitur machte es vielleicht erforderlich ihn bereits in Dettingen enden zu lassen um eine weitere Verspätung des Kurses auf dem die Garnitur als nächstes eingesetzt wird zu verhindern.
    Hätte man den Fahrgästen gesagt, in 9 Minuten kommt der nächste RE, wäre alles halb so schlimm gewesen,- wie olieisenbahn schon schrieb.

  • Ich äußere mal einen völlig abwegigen Gedanken: Man hätte ja auch auf die Idee kommen können, an einem Fahrplanaushang zu schauen, wann der nächste Zug fährt. Da braucht man nicht mal das Internet.
    Ja, ich weiß, völlig verrückt. Ich weiß auch nicht, wie ich da gerade drauf gekommen bin...

  • Ich hatte mich heute schon in einem anderen Forum zu der Thematik geäußert.


    Nach einer Odysee, bei der die Bahn gestern gezeigt hat, was sie von Fahrgästen hält, kann ich vrestehen, wenn bei den Kunden die Nerven blank liegen. Sicher, es rechtfertigt keine Gewalt gegen die Mitarbeiter, und nicht alle sind so - aber gestern hat eine nette Schar von Personen mit DB-Uniform gezeigt, wie schön der Bahnbetrieb sein könnte, wenn es keine Fahrgäste gäbe.


    Eine Mitarbeiterin an der Information, die die Fahrgäste, die gerade erfahren haben, daß ihr ICE (der letzte des Tages) heute aufgrund einer Umleitung diesen Bahnhof nicht bedient, anblafft "fahren Sie halt mal in Richtung XXX, da wird schon noch was in Ihre Richtung fahren", auf die Frage, wann am nächsten Morgen alternativ der erste Zug fährt, stänkert "das können Sie auf dem Fahrplan sehen, ich gebe nur Auskunft für die nächste Verbindung", und den Wunsch, die Reservierung auf den anderen zu nehmenden Zug umzuschreiben beantwortet mit "Was wollen Sie? Es ist mitten in der Nacht! Da ist odch eh nix mehr los!"... Da kann ich auch Fahrgäste verstehen, denen die Hutschnur platzt.


    Tatrafan, ich kenne Dich denke ich gut genug, um zu wissen, daß Du nicht zu dieser Spezies gehörst, zumal Du ja auch nicht an der Information sitzt. Aber "Wie es in den Walr reinschallt" kann auch in der anderne Richtung funktionieren...

    Tja, jetzt machste dir extra die Arbeit, das hier unten zu lesen - und dann steht da nichts sinnvolles. Pech gehabt.

  • Ich äußere mal einen völlig abwegigen Gedanken: Man hätte ja auch auf die Idee kommen können, an einem Fahrplanaushang zu schauen, wann der nächste Zug fährt. Da braucht man nicht mal das Internet.
    Ja, ich weiß, völlig verrückt. Ich weiß auch nicht, wie ich da gerade drauf gekommen bin...


    Das frage ich mich auch. Da könnte man fast vermuten, das du selten due Bahn benutzt. Ich sehe diese Tabellen eher als unverbindlichen Hinweis an, das zu dieser Zeit eine Fahrtmöglichkeit bestehen könnte.

  • Ich habe jetzt nicht weiter recherchiert, aber was ist genau an folgendem Verhalten auszusetzen?

    Zitat

    dass sie sich an die Fahrdienstleiterin wandten. Offenbar fühlte sich die Frau so bedrängt, dass die sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als einen Notruf abzusetzen.

    Ist es so schlimm sich an die Fahrdienstleiterin zu wenden? Wenn die doch sowieso vor Ort ist? Das war früher an unzähligen Bahnstrecken völlig normal.


    Wieso sich die Dame von Fahrgästen so bedrängt fühlt, dass sie den Notruf braucht, steht leider nicht im Artikel.

    Zitat

    Der Lokführer war darüber so aufgebracht, dass er sich nervlich nicht in der Lage sah, die Fahrt fortzusetzen.

    Auch hier. Was haben die Fahrgäste dort eigentlich gemacht?


    Wenn eine Frau den Notruf braucht und ein Mann einen Psychiater muss doch etwas vorgefallen sein...

    Aaaaber: Das ganze Chaos wäre wahrscheinlich mit einer einzigen erklärenden Durchsage vermeidbar gewesen. (Zug muss wegen eines technischen Defekts ohne Fahrgäste weiterfahren, in Kürze fährt ein...)

    Denke ich auch. Wenn man ordentlich mit den Leuten umgeht, kann ich mir kaum vorstellen, dass dies in Tumulten ausarten könnte.

    Und diese Art von Versicherungs- oder eher gesagt, Sicherheitsvorkehrungen scheinen Standard-Fahrgäste* leider nicht zu wissen oder zu kapieren.

    Das dürfte für gewöhnliche Fahrgäste auch wirklich schwer zu verstehen sein. Für gewöhnlich ist eine Sache entweder sicher oder unsicher. Wenn das Fahrzeug nun für die Fahrgäste plötzlich unsicher geworden sein soll, für das Personal aber immer noch sicher genug zur Weiterfahrt ist, dann muss so etwas für jeden klar verständlich formuliert werden.


    Einfach die Leute vor die Tür zu setzen und dann ohne sie weiter zu fahren, spricht - meines Erachtens - für nicht viel Kommunikationskompetenz.

    Auf der anderen Seite kann ich ein bisschen auch die Fahrgäste verstehen. Ich weiß nicht, in welcher Taktung die betroffene RE-Linie normalerweise fährt, aber wer wartet denn schon gerne ein, zwei Stunden auf dem nächsten regulären Zug?

    Ich mag, mangels genauer Kenntnis, falsch liegen, aber ich denke auch, dass man die Situation einfach hätte aufklären können, wenn man sich einmal fünf Minuten Zeit für die Leute genommen hätte. So wie dem Artikel zu entnehmen ist, waren die Fahrgäste einfach nur verärgert über das plötzliche Ende der Fahrt. Und gerade die Fahrdienstleiterin hat doch normalerweise den besten Überblick über die nächsten Züge.

    Meine Reaktion als Unternehmen wäre: für die Rädelsführer Hausverbot (sollen sie doch ab sofort mit dem Auto fahren, auf SOLCHE Beförderungsfälle können wir gerne verzichten!), voller Regreß der Entschädigungsansprüche [...]

    Wenn das ein Unternehmen so machen würde, hätte es so viel Kritik und indirekte, negative Werbung am Hals, dass es Millionen hinterherwerfen könnte, um den Eindruck wieder halbwegs richtig zu stellen. Ein Auftreten wie die sprichwörtliche Axt im Walde wäre in der heutigen, vernetzten Zeit wirklich mehr als Unklug.

  • Wie meine Vorredner kann ich zur konkreten Situation keine Angaben machen. Wirklich genau geht es aus dem Artikel ja nicht hervor. (Bspw. hoffe ich nicht, dass jemand ins Stellwerk eingebrochen ist und die Fahrdienstleiterin bedrängt hat, ich denke es handelte sich um eine Mitarbeiterin von Station&Service.) Ich habe aber noch ein Beispiel für miese Kommunikation und Planung: Umleitung SE65 am 10.11.15.


    Ich kenne mich ein kleines bisschen mit Eisenbahn aus und habe viel Verständnis bei Störungen und ähnlichem. Viele Fahrgäste haben das leider nicht. Gerade deswegen muss auch in die andere Richtung Verständnis vorhanden sein.

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  • Das Main-Echo berichtet etwas detaillierter (und sachlicher) über den Vorfall in Dettingen.
    Insbesondere wird klar, dass es sich bei der Bahnmitarbeiterin um eine Fdl und nicht um eine Mitarbeiterin von St &S handelte. Und - ganz ehrlich - wenn ich von ca. 50 aufgebrachten Menschen bedrängt werden würden, dann würde mir ebenfalls Angst und Bange werden.

    Gruß, 420 281-8
    Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht ...

  • Danke für den Link! Da hatte ich den Bahnhof Dettingen wohl etwas überschätzt...


    Auch ich kann die Bahn-Mitarbeiter verstehen, so eine aufgebrachte Horde ist kein Kindergeburtstag. Insbesondere, wenn Personen einfach kreuz und quer über die Gleise laufen. Und doch glaube ich, ohne irgendwem eine Schuld zuweisen zu wollen oder können, dass das ganze mit guter Kommunikation vermeidbar gewesen wäre.

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  • Etwas blödsinnig ist die Begründung, warum der ICE die Fahrgäste nicht mitgenommen hat (Zitat: "Vermutlich ging es um die Tickets".) Da muss die Sprecherin einfach ihre Hausaufgaben machen, bevor sie mit solchen Kommentaren die öffentliche Stimmung negativ aufheizt (ja, auch DAS ist Kommunikation!).


    Warum der ICE die Türen nicht freigab: Weil Dettingen kein planmäßiger Halt war und der Tf nicht einfach so ohne Anordnung die Türen zum Fahrgastwechsel freigeben darf. Und warum braucht er eine Anordnung: Weil der Bahnsteig für den ICE zu kurz ist und sich jemand Gedanken machen muss (und das dann auch verantwortet), wie man die Türen sichert, die nicht am Bahnsteig stehen. Bleibt die Frage, ob das den Fahrgästen so vermittelt wurde und ob diese überhaupt ein Interesse an einer Erklärung hatten.


    Ich erlebe das auch immer wieder in anderen Situationen, dass es Kunden gibt die sich wie die Axt im Wald benehmen. Die sich z. B. beim Einkauf im Supermarkt so aufführen als gehöre ihnen der ganze Laden. Die haben erfahrungsgemäß kein Interesse an irgendeiner Erklärung (und sei sie noch so informativ, sachlich und freundlich) sondern wollen nur ihren Sturkopf durchsetzen.

    Viele Grüße, vöv2000

  • Ich hatte mir gestern Abend noch die Beiträge bei Drehscheibe und ICE-Treff durchgelesen und auch den Artikel aus dem Main-Echo gelesen. Dadurch konnte ich mir eine eigene Meinung bilden.


    Es ist mir auch aufgefallen, dass es die Mehrheit der Diskutierenden ähnlich sieht. Die Bahn kommt bei den Beiträgen wirklich nicht gut davon weg.

    Etwas blödsinnig ist die Begründung, warum der ICE die Fahrgäste nicht mitgenommen hat (Zitat: "Vermutlich ging es um die Tickets".)

    Richtig, das ist absolut bescheuert. Wenn man solche Begründungen den Fahrgästen zuwirft, dann darf man sich nicht wundern, wenn das auswartet.

    Insbesondere wird klar, dass es sich bei der Bahnmitarbeiterin um eine Fdl und nicht um eine Mitarbeiterin von St &S handelte. Und - ganz ehrlich - wenn ich von ca. 50 aufgebrachten Menschen bedrängt werden würden, dann würde mir ebenfalls Angst und Bange werden.

    Ich kenne die Situation vor Ort. Der Fahrdienstleiter sitzt praktisch unmittelbar dabei. Das ist ein kleiner Bahnhof, wenn der Fahrdienstleiter der einzige Mitarbeiter der Deutschen Bahn vor Ort ist, dann ist er es letztlich, der das Unternehmen vor Ort vertritt. Dem Fahrgast ist es herzlich egal, ob die Dame bei DB Netz, DB Regio oder DB Fernverkehr arbeitet - Bahn ist Bahn.


    Wenn ich vierzig oder fünfzig Leute vor mir stehen habe und alle eigentlich nur eine simple Auskunft haben wollen - nämlich wie sie von dort weiterkommen, dann kann ich doch nicht mir Argumenten kommen wie "ich bin dafür nicht zuständig".


    Jeder Fahrdienstleiter hat einen PC mit Internetanschluss, die Dame hat sicherlich auch ein Smartphone und vielleicht gibt es dort sogar noch gedruckte Fahrpläne. Früher mussten Fahrdienstleiter sogar noch Fahrkarten am Schalter verkaufen - ein bisschen Kundenservice sollte auch heute noch möglich sein.


    Und so wichtig ist die Tätigkeit auch wieder nicht. Das sage ich ganz klar. Wenn die Dame Verdauungsprobleme hätte und auf die Toilette müsste, könnte es auch mal sein, dass ein ICE fünf Minuten am Einfahrsignal steht und wartet. Die Dame hat ihren eigenen Willen über den von mehreren Dutzend anderen Mitbürgern gestellt - mit welchem Recht? Weil sie in dem Häuschen sitzt? Dann darf ich mich nicht wundern, wenn die anderen Leute aggressiv werden.


    In manchen Foren kam dann die Transportleitung ins Spiel, das ist auch völlig irrelevant, denn vor Ort ist kein Dispatcher sondern ein Fahrdienstleiter. Außerdem können die aus der Ferne so eine Situation überhaupt nicht aufklären.


    Ich weiß, dass in diesem Forum hier viele Verständnis für die, durchaus schwierige, Arbeit des Bahnpersonals haben. Aber mittlerweile haben wir hier im Forum schon über Zustände diskutiert, die so noch nicht einmal zu den Bundesbahnzeiten aufgetreten sind (rausgeschmissene Fahrgäste wie Kinder spätabends, von der Polizei geräumte Züge, Zugführer die meinen mündige Bürger maßregeln zu können usw.)


    Jeder einzelne Mitarbeiter der Bahn, auch die Fahrdienstleiterin in Hintertupfingen, muss sich darüber im Klaren sein, dass es sich um (zahlende) Kundschaft handelt, die - zurecht - auf die Erbringung einer Dienstleistung bestehen - davon hängt auch ein Teil des eigenen Verdiensts ab. Es handelt sich dabei doch um keinen Viehtransport! Und mündige Bürger werden auch nicht zu Leibeigenen bloß weil sie in einen Zug einsteigen.


    Bei aller Freude, die ich mit der Eisenbahn in Verbindung bringe, blindes Verständnis für so ein Verhalten habe ich noch nie gezeigt. Das trägt nur weiter zu dem, ohnehin schon schlechten, Ruf der Bahn in Deutschland bei. Das Unternehmen gilt Vielen als teuer, unpünktlich und unfreundlich. Wenn man so agiert, darf man sich aber auch wirklich nicht darüber wundern.

    Warum der ICE die Türen nicht freigab: Weil Dettingen kein planmäßiger Halt war und der Tf nicht einfach so ohne Anordnung die Türen zum Fahrgastwechsel freigeben darf.

    Der Mann hat mit den Lauten offenbar so ein lautstarkes Wortgefecht geführt, dass er nachher nicht mehr in der Lage war seine Tätigkeit weiter auszuführen. So ein Verhalten ist geschäftsschädigend und durch absolut nichts zu rechtfertigen. Wie reagiert jemand, der so blanke Nerven hat, erst wenn tatsächlich etwas Unvorhergesehenes passiert?!


    Das restliche Zugpersonal war aber offenbar genau so wenig in der Lage etwas zur Beruhigung der Situation beizutragen. Wo war der Zugführer? Wieso hat der seinen Triebfahrzeugführer nicht zur Ordnung gerufen? Der war offenbar seinerseits damit beschäftigt über falsche Tickets zu diskutieren - das ist doch absolut verrückt.


    Wir haben auf der einen Seite also etwa fünfzig Leute, die nur weiterkommen wollen, und eine Hand voll Mitarbeiter der Bahn, die allesamt genau das falsche getan haben. Anstelle sich zu fragen, wieso es dazu kommen sollte, diskutieren manche darüber Strafanzeigen erstatten zu wollen, weil ein paar Leute über die Gleise gelaufen sind... Das ist Deutschland.


    Nachdem die Polizei da war, konnte die Situation doch offenbar schnell beruhigt werden. Vermutlich hat die Polizei ganz einfach die Leute ernst genommen und ihnen zugehört. Hätte die Fahrdienstleiterin und das Zugpersonal das auch so gemacht, wäre es eventuell gar nicht so weit eskaliert.


    Aber anstelle einmal zu fragen, was die Leute eigentlich wollen und sich Gedanken darüber zu machen, wie man das erreichen könnte, wurden - mal wieder - irgendwelche Vorschriften zitiert, welche im Normalfall durchaus anwendbar sein mögen, aber absolut ungeeignet sind um eine Situation zu deeskalieren. Aus welcher Intention heraus verhalten sich die Mitarbeiter der Bahn so? Glauben die, dass sie noch Lob dafür bekämen, wenn sie negative Berichterstattung provozieren?


    Kurzum: Wenn der ICE sowieso schon stand, die Türen offen waren und die Leute genug Zeit hatten um lautstark zu diskutieren und auf die Polizei zu warten, hätte man auch einfach die Leute mitnehmen können und fertig. Der Zugverkehr hätte so schneller wieder normalisiert werden können - und es hätte vielleicht noch ein gutes Wort für die unbürokratische Weiterfahrt gegeben. Eine Weiterfahrt auf Sicht wäre doch problemlos möglich sobald die Leute von den Gleisen runter sind.


    Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen bei der Bahn hierbei ebenfalls Mängel im Verhalten der eigenen Leute sehen werden. Die Fahrgäste haben daher eher eine Entschuldigung anstelle einer Strafanzeige verdient.


    Hier einige Beispiele der ebenfalls kritischen Kommentare:

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    Das ließe sich noch beliebig weiter fortsetzen...

  • zip-drive, spekulier mal nicht so viel herum an Hand dem was Du an verschiedenen Stellen gelesen hast.


    (die ganzen Links zu Spekulation-Online werde ich mal nicht weiterverfolgen und lesen....dürfte dazu
    führen, daß ich mich über den Blödsinn der in Dettingen nicht Anwesenden [noch mehr] aufrege)


    Ich habe mir auch eine Meinung bilden können - und zwar die, daß ich keine habe, weil ich nicht vor Ort war.

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

    2 Mal editiert, zuletzt von Darkside ()

  • zip-drive:

    Zitat

    Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen bei der Bahn hierbei ebenfalls Mängel im Verhalten der eigenen Leute sehen werden.


    Ich hoffe, dass den beteiligten Mitarbeitern ein Kunden-Kommunikationstraining spendiert wird. Ich habe erst Heute wieder an einem solchen teilgenommen,- ohne aktuellen Anlaß.
    Seitdem frage ich mich wie kann es sein, dass die Bahn überhgaupt noch Kunden hat, bei dieser bescheidenen Kundenkommunikation die sich die Deutsche Bahn leistet!
    Als Bahnkunde muss man schon verdammt tapfer sein.

  • zip-drive, spekulier mal nicht so viel herum an Hand dem was Du an verschiedenen Stellen gelesen hast.

    Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich in keinerlei direkter wirtschaftlicher Beziehung zur Deutschen Bahn stehe. Es hat für mich persönlich weder Vorteile noch Nachteile ob dieses Unternehmen erfolgreich ist oder nicht. Den Mitarbeitern, die auf ihre Arbeitsplätze angewiesen sind, sollte es aber nicht egal sein.


    Selbst wenn man den aktuellen Vorfall außer Acht lässt, dann ist es für mich unzweifelhaft so, dass Auseinandersetzungen der Kundschaft mit der Bahn zunehmen. Schau nur mal hier im Forum nach, wie oft schon über Vorkommnisse bei der Bahn diskutiert wurde.


    Es ist - in meinen Augen - geradezu skandalös, wie es sein kann, dass ein Unternehmen, welches immer noch zu 100% dem deutschen Staat gehört, offenbar so wenig seine eigenen Angelegenheiten im Griff hat. Nur aus dem Gedächtnis konnte ich oben gleich mehrere solcher Vorkommnisse aufzählen.


    Mit Spekulation hat dies nichts zu tun. Ich nutze häufig den Fernverkehr der Bahn und habe schon allerhand Situationen erlebt, wo ich mich anschließend wirklich gefragt habe, ob das noch "normal" ist.


    Man erinnere sich nur an die monatelangen Streiks oder die wochenlangen Zustände in Mainz Hbf...

    (die ganzen Links zu Spekulation-Online werde ich mal nicht weiterverfolgen und lesen....dürfte dazu
    führen, daß ich mich über den Blödsinn der in Dettingen nicht Anwesenden [noch mehr] aufrege)

    Was regt dich denn so genau auf? Dass es etwa fünfzig Bürgern gereicht hat, wie man mit ihnen umgeht? Oder aber weil andere Unbeteiligten sich solidarisch verhalten? Wenn Solidarität jetzt schon "Blödsinn" ist, wo soll da der gesellschaftliche Zusammenhalt herkommen?


    Das ist doch schon einfache Mathematik: Wenn fünfzig verärgerte Leute einer anderern Person gegenüber stehen, dann dürfte die Problemursache nicht bei den fünfzig Leuten zu suchen sein.


    Ich würde mir so etwas auch nicht gefallen lassen - weder von einer Fahrdienstleiterin in Dettingen noch von einem Zugführer in Frankfurt. Ich habe auch schon einmal eine Zugbegleiterin im ICE mit deutlich gehobener Stimme in die Schranken gewiesen. Als Kunde, Bürger und Steuerzahler darf man doch wohl noch Achtung und Respekt einfordern. Damals schaffte man es noch nicht einmal mir den reservierten Sitzplatz zu verschaffen und selbst den Sitzplatz auf dem Fußboden wollte mir diese Person auch noch absprechen - ich habe aber für 100% Leistung bezahlt und nicht für 10%. Angeblich sei das ein Rettungsweg (der Zug war aber so voll, dass niemals jemand durch diesen Gang hätte gerettet werden können). Hätte ich aufs Wagendach bei Tempo 300 steigen sollen? Oder in die Gepäckablage kriechen? Wenn man dann nach mehreren freundlichen gemeinten Hinweisen immer noch nicht in Ruhe gelassen wird, ist halt irgendwann einmal die Geduld am Ende.


    Da sind doch nicht die Fahrgäste schuld - wenn das Personal auf Konfrontation aus ist (sei es wegen dem Fahrrad wie im anderen Beitrag) oder aufgrund irgendwelcher persönlicher Geltungsbedürfnisse, dann darf man sich nachher auch nicht wundern, wenn der Gegenüber auch Kenntnisse in der (gepflegten) Streitkultur besitzt.


    Es fehlt meiner Meinung nach vor Allem an Kommunikation. Und ich meine nicht nur die Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Kunden, sondern auch die Kommunikation zwischen Führung und Mitarbeiter. Wenn Mitarbeiter Missstände sich nicht getrauen kulant zu lösen, weil sie Angst vor möglichen beruflichen Konsequenzen haben müssen, dann sind die Vorgesetzten genauso mit verantwortlich, wenn kein respektvolles Miteinander mehr möglich ist.


    Führungsqualität fällt nicht vom Himmel. Genau so wie die Mitarbeiter geschult werden müssen, müssen auch deren Vorgesetzte geschult werden. Und vor Allem muss sichergestellt sein, dass stets das Interesse des Kunden im Mittelpunkt steht und nicht etwa irgendwelche Animositäten.


    Und sobald die Polizei gerufen wird, darf man sicher sein, dass das Vertrauen zwischen Kunde und Mitarbeiter mehr als geschädigt ist...

    Seitdem frage ich mich wie kann es sein, dass die Bahn überhgaupt noch Kunden hat, bei dieser bescheidenen Kundenkommunikation die sich die Deutsche Bahn leistet!
    Als Bahnkunde muss man schon verdammt tapfer sein.

    Das ist auch meine Sorge. Dauerhafter Erfolg stellt sich so nicht ein.



    Ganz subjektiv kann ich nur sagen, dass anonyme Internetfirmen (wie Amazon) es schaffen einen besseren Kundenservice per E-Mail zu bieten als die Mitarbeiter der Bahn im persönlichen Dialog. Beispiel: Wieso soll der Kunde einen Zettel ausfüllen wie viel Verspätung ein Zug hatte? Das muss das Unternehmen doch selbst am besten wissen.


    Man kann in vielen deutschen Großstädten abends ankommen (beispielsweise um 23:00 Uhr in Darmstadt Hbf). Dort ist absolut niemand (mehr) da, der auch nur irgendwie weiterhelfen könnte.


    Es ist wirklich bedauerlich, dass es mit dem Börsengang der Bahn AG noch nicht geklappt hat. Die Hauptversammlungen wären eine wunderbare Gelegenheit um vom Vorstand Rechenschaft über die Missstände einzufordern.


  • Man kann in vielen deutschen Großstädten abends ankommen (beispielsweise um 23:00 Uhr in Darmstadt Hbf). Dort ist absolut niemand (mehr) da, der auch nur irgendwie weiterhelfen könnte.


    Da habe ich ein schönes Gegenbeispiel:
    Habe mal aus Frankfurt kommend eine Tasche im IC vergessen. Bin ca. um 22 Uhr angekommen, jedenfalls war kein Servicemitarbeiter mehr da. Irgendwie ist aber ein Tf im Feierabend auf mich aufmerksam geworden. Der hat dann über sein Diensthandy veranlasst, dass die Tasche in HD dem Bahnhofspersonal übergeben wurde, wo ich sie dann am nächsten Tag abholen konnte. Wurde sogar noch von der Zub des IC angerufen, als alles geklärt war.


    Noch ist also Hopfen und Malz nicht verloren, siehe auch Eisenbahner mit Herz.

    Einmal editiert, zuletzt von speedy96 ()

  • Noch ist also Hopfen und Malz nicht verloren, siehe auch Eisenbahner mit Herz.

    Natürlich. Es gibt auch heute noch Eisenbahner die ihre Tätigkeit als Berufung verstehen und mit Freude bei der Sache dabei sind. Dies dürfte sogar die Mehrheit sein, ansonsten wäre das Bahnfahren ja nur noch frustrierend.


    Letzten Monat habe ich beispielsweise auch mitbekommen, wie ein Triebfahrzeugführer einem Kind ganz stolz seinen Arbeitsplatz gezeigt hat (das verstößt zwar sicherlich auch wieder gegen irgendeine Vorschrift), aber alle waren nachher glücklich.


    Und unzählige Male habe ich natürlich auch schon gesehen wie die Zugbegleiter beim Ein- und Aussteigen behilflich waren, von unterwegs bemüht waren die Anschlüsse zu sichern usw.


    Schlimm ist an sich nur, dass die einzelnen Problemfälle, die leider vorrangig in Erinnerung bleiben, die ganzen anderen in Misskredit bringen, obwohl die dafür gar nichts können. Das ist leider auch ein Stück weit Egoismus.