Streiks Tarifrunde 2023 [ursprünglich: Warnstreik am 17.02.2023]

  • Spannend. Seit einigen Tagen hört und liest man seitens diverser GDL Verantwortlicher und Mitglieder auf einmal immer wieder die Aussage "dann muss man eben Lokführer und FDL wieder verbeamten". Ich hoffe nicht dass dies nicht das eigentliche langfristige (versteckte) Ziel der GDL ist. Das wird nicht klappen. SPNV und SGV sind viel zu stark liberalisiert... Und Fluglotsen z.B. erledigen eine echte hoheitliche Tätigkeit und sind auch nicht verbeamtet. Womit klar ist, wieweit FDL von einer Verbeamtung entfernt sind, wenn es die Fluglotsen schon nicht sind.

    Da vertauschst du ein bisschen was. Fluglotsen waren mal Beamte, wollten aber soviel Geld verdienen wie ihre Kollegen im Ausland auch (Deutschland hatte schon damals seinen Insassen die Gehälter im Vergleich zu anderen Industriestaaten gedrückt), konnten aber natürlich nicht streiken. Sie machten deshalb einen Bummelstreik. Am Ende hat es sich im Lauf der Jahre gelohnt, Beamtenverhältnis war irgendwann weg, satte Gehälter wurden dank einer starken Gewerkschaft GdF gewährt und wenn Fluglotsen in Frührente gehen, sind sie ggf. Mehrfachmillionäre. Ein Fdl, der heute anfängt, schlittert, wenn er bis 67 überhaupt schafft und nicht vorher untauglich wird oder tot im Turm/Großraumbüro umfällt, haarscharf an der Altersarmut vorbei. Gut, dass die GDL jetzt auch einen Teil der Fdl im Stall hat, um dem Bahnmanagement bei Bedarf einheizen zu können.

    Da ist ne Strecke schnell komplett dicht, entfaltet heute aber mittlerweile nicht mehr die Wirkung wie früher, weil die Regierung und auch das Bahnmanagement eh nur noch gänzlich ungeniert leben.

    Deshalb gibt es ja auch die Transnet/EVG. Die hatte die Fdl unter sich und damit das Bahnmanagement die Kontrolle über sie, trotz Nichtbeamtenverhältnis und mauer Gehälter und Arbeitsbedingungen. Da man unbedingt auch die Lokführer noch unter seine Fittiche bringen wollte, hatte man sich das TEG als Angriff zusammen mit der Bundesregierung ausgebrütet. Mit der Öffnung der GDL ging der Schuss erstmal nach hinten los. Aber das ist ja nix Neues von Bahnmanagement und Bundesregierung - was die anpacken, geht in rote Zahlen über oder in Scherben.

    Nächster Versuch wird wohl sein, die GDL-Führung zu unterwandern, damit sie irgendwann so wie die EVG wird.

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagit_Gelb ()

  • Da es darum geht, den Arbeitgeber und nicht den Endkunden zu bestreiken, wären die von mir bereits genannten (und anderswo praktizierten) "Garantiezüge" sinnvoll.

    Das sollte auf jeden Fall auch im ver.di-Streik im Nahverkehr gelten. Frankfurt ganz ohne Stadt- und Straßenbahn wird spassig.

  • Hauptsächlich betroffen seien die Städte Kassel, Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach, teilte Verdi Hessen am Montag mit. Zum Streik aufgerufen seien die Fahrerinnen und Fahrer von Bussen, sofern diese öffentlich betrieben werden, außerdem von U-Bahnen und Straßenbahnen.

    Was ist mit den Straßenbahnen in Darmstadt? Nach welchen Tarifvertrag wird das Fahrpersonal bei der HEAG mobilo bezahlt? (HEAG Busse sind ja meine ich LHO-Tarif und der Vertrag läuft ja noch bis 31.03.24.)

  • Zitat

    Ja, wie in einem Gesellschaftsspiel: Erst setzten die roten Züge aus, dann die Türkiesen (svb) oder Gelben, ....

    Das klingt erst mal witzig und war sicherlich auch so gemeint, aber das trifft es leider - es "nervt". Im Gegensatz zum Individualverkehr greifen diese roten, türkisen und gelben Rädchen ineinander und wenn GDL und verdi durch sind kommt EVG ... Mit dem Auto fährt man im Zweifel um einen gesperrten Tunnel herum. Und wenn ein Straßenbau-Unternehmen bestreikt wird, hat das keine Auswirkung auf die Autofahrer. Anders nun mal leider beim ÖP(N/F)V.


    Der grundsätzliche Trend nach mehr Streiks lässt sich auch in Statistiken ablesen z.B. der betroffenen Betriebe von Streiks:
    https://de.statista.com/statis…-betriebe-in-deutschland/


    Was haben wir uns mal in der Vergangenheit über einige südlicher gelegene Länder "amüsiert", weil diese andauernd streiken. Wir sind jetzt auch an diesem Punkt. Und die Frage muss gestattet sein, ob es wirklich jede "Sparten"-Gewerkschaft braucht oder ob es nicht sinnvoller sein könnte wieder mit größeren Gewerkschaften an einem einheitlichen Tarifvertrag pro Bereich.

  • Und die Frage muss gestattet sein, ob es wirklich jede "Sparten"-Gewerkschaft braucht oder ob es nicht sinnvoller sein könnte wieder mit größeren Gewerkschaften an einem einheitlichen Tarifvertrag pro Bereich.

    Die sog. Koalitionsfreiheit ist ein Grundrecht. Spartengewerkschaften sind verfassungsrechtlich geschützt. Und Spartengewerkschaften haben sich überall dort gebildet, wo die größeren Gewerkschaften einen schlechten Job gemacht haben. Auf IG Metall und IG BCE trifft diese Kritik eher nicht zu. Auf Ver.di und Co definitiv. Die Frage ist nicht ob sondern wann sich die nächste Spartengewerkschaft gründet. Mein Topfavorit sind die Pflegeberufe.

  • Das klingt erst mal witzig und war sicherlich auch so gemeint, aber das trifft es leider - es "nervt". Im Gegensatz zum Individualverkehr greifen diese roten, türkisen und gelben Rädchen ineinander und wenn GDL und verdi durch sind kommt EVG ... Mit dem Auto fährt man im Zweifel um einen gesperrten Tunnel herum. Und wenn ein Straßenbau-Unternehmen bestreikt wird, hat das keine Auswirkung auf die Autofahrer. Anders nun mal leider beim ÖP(N/F)V.


    Der grundsätzliche Trend nach mehr Streiks lässt sich auch in Statistiken ablesen z.B. der betroffenen Betriebe von Streiks:
    https://de.statista.com/statis…-betriebe-in-deutschland/


    Was haben wir uns mal in der Vergangenheit über einige südlicher gelegene Länder "amüsiert", weil diese andauernd streiken. Wir sind jetzt auch an diesem Punkt. Und die Frage muss gestattet sein, ob es wirklich jede "Sparten"-Gewerkschaft braucht oder ob es nicht sinnvoller sein könnte wieder mit größeren Gewerkschaften an einem einheitlichen Tarifvertrag pro Bereich.

    Die Statistik allein ist aber nicht aussagekräftig, sondern müsste in Bezug zur Entwicklung der Anzahl der Betriebe in diesem Zeitraum gesetzt werden. Des Weiteren ist die Definition Betrieb sich anzuschauen. Betrieb ist ungleich Unternehmen. Daher ist daraus auch nicht abzulesen, dass es zu mehr Streiks gekommen ist. Schaut man sich die großen Tarifauseinandersetzungen der 70ziger, 80ziger oder 90ziger Stichwort: Öffentlicher Dienst, Stahlindustrie und Metallindustrie (Steinkühlerpause/35h Stundenwoche) an, dann sind das heute Mini Streiks.


    Was sich verändert hat, ist das die Streiks mehr in unser alltägliches Leben eingedrungen sind, da Streiks bei der Bahn oder im Luftverkehr früher die Ausnahme waren.

    Meine Hypothese ist, dass die Anzahl der betroffenen Betriebe zwar zugenommen hat, die Anzahl der zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer allerdings gesunken ist. Hintergrund: Die Unternehmen wurden in den letzten Jahren immer kleinteiliger, wo früher ein Unternhemen war existieren heute 10 Unternehmen mit entsprechend vielen Betrieben. Beispiele sind Siemens/Höchst/Bahnsektor.

  • Ich möchte auch betonen, dass die Arbeitgeber an der Situation nicht ganz unschuldig sind. Neben den Spartengewerkschaften, sind sie es die durch immer neue Gründungen versuchen Tarifverträge zu drücken und zu umgehen. Was zur Folge hat, dass die Gewerkschaften dann wiederum neuverhandeln.
    Bestes Beispiel ist Lufthansa, die durch immer neue Fluggesellschaften versucht die Kosten und vor allem die Lohnkosten zu drücken und nun aus einem Wirrwarr aus unterschiedlichen Tarifverträgen besteht, das kaum einer noch beherrschen kann.

    Oder der TV-N in Hessen, der als Manteltarifvertrag besteht, die Entgelterhöhung aber am TVÖD gekoppelt ist, sodass wir innerhalb von einem Jahr zwei mal Warnstreiks im kommunalen ÖPNV haben. Das liegt nicht nur an den Gewerkschaften und Arbeitnehmern sondern auch an den Arbeitgebern.

    Hinzu kommen noch die ganzen Bundesrahmenverträge, die mittlerweile notwendig werden, um überhaupt vergleichbare Abschlüsse zu generieren.

  • Das klingt erst mal witzig und war sicherlich auch so gemeint, aber das trifft es leider - es "nervt".

    Eher sarkastisch, frei nach "Fahrgast ärgere dich nicht".



    Auffällige ist in der Tat, das in vielen, vor allem Dienstleistungs-, Bereichen der Punkt Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle spielt. Da müssen die Arbeitgeber sich etwas einfallen lassen, anstatt den Arbeitnehmer nur als Kostenfaktor zu sehen.

    Personalmangel bekämpft man nicht, wenn nur die Planstellen erhöht werden. Was hilft es einer Kita, wenn sie statt fünf offenen Stellen nun acht haben darf, bei Null Bewerber auf diese Stellen?

  • Zitat

    Und Spartengewerkschaften haben sich überall dort gebildet, wo die größeren Gewerkschaften einen schlechten Job gemacht haben.

    Oder wo sich auch einzelne Berufsgruppen einen überdurchschnittlichen Vorteil gegenüber anderen ausgerechnet haben und aus einem Solidarprinzip damit ausgeschieden sind.


    Zitat

    Ich möchte auch betonen, dass die Arbeitgeber an der Situation nicht ganz unschuldig sind. Neben den Spartengewerkschaften, sind sie es die durch immer neue Gründungen versuchen Tarifverträge zu drücken und zu umgehen. Was zur Folge hat, dass die Gewerkschaften dann wiederum neuverhandeln.

    Das ist ein wenig "Henne-Ei" Problem. Haben sich Spartengewerkschaften gegründet, weil die Arbeitgeber in die Trick-Kiste gegriffen haben oder umgekehrt. Ich vermute man wird dazu genau zwei Meinungen hören, jenachdem wen man befragt.


    Condor

    Genau - und was nutzt es, neue höhere Tarifverträge zu verhandeln mit viel Streik, wenn nach x Jahren die Leistungen neu ausgeschrieben werden und am Ende nur über Lohnkosten zu gewinnen ist.

  • Genau - und was nutzt es, neue höhere Tarifverträge zu verhandeln mit viel Streik, wenn nach x Jahren die Leistungen neu ausgeschrieben werden und am Ende nur über Lohnkosten zu gewinnen ist.

    Und genau deshalb hat die GDL mit der Durchsetzung des Bundes-Rahmen-Lokomotivführertarifvertrags (BuRa-LfTV) 2010/2011 den Ausschreibungswettbewerb über die Lohnkosten erfolgreich beendet. Denn wir vom Betriebspersonal haben bekanntlich nie um Ausschreiberei und Lohndumping gebeten, also warum sollen wir dann freiwillig nach Ausschreibung und Betreiberwechsel zur Niedergruutschenheimer Billigheimer Gurkenbahn wechseln und dieselbe oder gar mehr Arbeit für weniger Geld machen - wir denken ja gar nicht daran. Und mit erwähntem Tarifvertrag, der ebenfalls über Streiks erkämpft werden mußte, wurde dem Wettbewerb über Lohnkosten ein für allemal ein Riegel vorgeschoben. Der ganze Prozeß ging über einige Jahre, aber mit Gewinnen über Lohnkosten ist im Eisenbahnsektor in Deutschland definitiv Schluß. Ich darf diese Übersichtsseite empfehlen: https://www.gdl.de/ueber-uns/geschichte/ , richtig interessant wird es ab 2002.


    Mußte u.a. die Firma vlexx lernen, die dachte, als neues Unternehmen mit Billigheimer-Konditionen antreten zu können, entsprechend praktisch gar kein Personal fand und zu ihrer Betriebsaufnahme und in den folgenden Monaten (Mehrzahl!) mit dieser Lohnpolitik mörderisch auf die Schnauze geflogen ist, auf gut Deutsch gesagt. Hier im Forum auch noch nachzulesen und "konserviert". Inzwischen gelten marktübliche Tarifverträge auch bei vlexx, das ist also "Schnee von gestern", aber war ein eindrucksvolles Beispiel, daß Wettbewerb über Lohnkosten definitiv nicht mehr funktioniert.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Hallo.


    Kurze Frage: Warum fahren die Linien U4, U6 und U7 morgen streikbedingt erst um ca. 6:00 nach dem gültigen Fahrplan (Quelle: DFI an der Konstablerwache)?


    Eigentlich sollte der Streik mit Beginn der Frühschicht beendet sein. So steht es auch in den Verbindungsauskünften von DB und RMVgo.


    Meldung der VGF


    Grüße ins Forum

    Helmut

    You'll Never Ride Alone.

    Einmal editiert, zuletzt von Helmut ()

  • Eigentlich sollte der Streik mit Beginn der Frühschicht beendet sein. So steht es auch in den Verbindungsauskünften von DB und RMVgo.


    Der Streikaufruf geht bis zum "Ende der Spätschicht/Nachtschicht".
    Möglicherweise streiken im Stadtbahnbereich Mitarbeitende der Nachtschicht (würde zumindest zu der Angabe "bis 06:00 Uhr" passen).

  • Wobei der Tarifvertrag - was die Tagesschau dezent verschweigt - auch die Klausel enthält, dass er nur gilt, wenn mit der DB ein vergleichbarer Abschluss erzielt wird.

    Damit weiß man ja auch um die enorme Wichtigkeit für die GDL, was den jetzig zu verhandelnden DB-Abschluss betrifft und was passieren wird, wenn das DB-Management sich nicht kompromissbereit zeigt. Mit der EM im Land hat die GDL auch einen einmaligen Matchball, falls der AG wieder mal falsch und auf Zeit spielen sollte. Dann wird inklusive Juni nicht mehr viel auf den Schienen rollen. Und was rollt, platzt aus allen Nähten.

    Passend dazu bereitet die Ampel gerade im Hintergrund Einschänkungen des Streikrechts vor, natürlich nur allgemein gemünzt, wird auch, wie das TEG schon, nur die DB AG dann anwenden. Die Bundesregierung will auf Gedeih und Verderb halt weiter am Bahnpersonal sparen, damit sie das Steuergeld anderswo eimerweise verbuddeln, versenken und verschenken kann. Die GDL stört da nur.