Tarifkonflikte bei EVU

  • Damit wir nicht weiterhin im Frankfurter Unterforum und noch dazu in einem Thread ursprünglich über Februar 2023 über Bundesweite Streiks und Tarifkonflikte reden müssen, verschiebe ich das mal nach hier:


    Vertrauensbrüche und Unbeweglichkeit haben die Verhandlungen zwischen DB und GdL anscheinend platzen lassen:

    Bei der Deutschen Bahn drohen erneut Streiks. Die vor einigen Wochen wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL sind nach Angaben des Konzerns gescheitert. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer habe die Verhandlungen abgebrochen, teilte die Bahn mit. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet.

    Über diese Berichte bei der Bild-Zeitung ist die GdL wohl sehr sauer:

    Einmal editiert, zuletzt von baeuchle ()

  • Der neue Thread ist gut, der Anlass nicht.


    Das soll nicht unterschlagen werden:

    GDL bleibt bei Kernforderung unnachgiebig

    Gescheitert seien die Gespräche auch dieses Mal an der Kernforderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter, so die Bahn. "Die GDL beharrte bis zuletzt dogmatisch auf der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich."

  • Das soll nicht unterschlagen werden:

    Stimmt. Die tagesschau übernimmt halt die PM der Bahn quasi 1:1, die den Brunnen des öffentlichen Diskurs schon mal präemptiv vergiftet. Wohlgemerkt, das Folgende schreibt die DB zu einem Zeitpunkt, an dem noch Stillschweigen vereinbart war, und zu dem die GDL daher wohl noch keine eigene PM verfasst hat:

    Trotz Moderation beharrt GDL dogmatisch auf der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich • Seiler: „Wir haben uns bei Entgelt und Arbeitszeit massiv bewegt. Mehr lassen Demografie und Fachkräftemangel nicht zu, sonst bleiben Züge stehen.“ • De Maizière und Günther moderierten

    Trotz weitreichender Zugeständnisse der Deutschen Bahn (DB) und trotz des Einsatzes von zwei erfahrenen Moderatoren hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) die vertraulichen Tarifverhandlungen mit der Bahn heute frühzeitig platzen lassen. Eigentlich sollte noch bis Sonntag verhandelt werden. Die GDL beharrte bis zuletzt dogmatisch auf der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Moderatoren Dr. Thomas de Maizière und Daniel Günther hatten Kompromissvorschläge auch zur wöchentlichen Arbeitszeit gemacht.

    „Wir waren bereit, Schritte bei der Arbeitszeitverkürzung zu gehen, die weit über unser letztes Angebot hinausgehen“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. „Es ist unfassbar, dass die Lokführergewerkschaft trotzdem vom Tisch aufsteht und damit für die Kunden weitere Streiks drohen. In den letzten vier Wochen hat sich die Lokführergewerkschaft keinen einzigen Millimeter bewegt. Ohne Kompromisse kann es in einem Konflikt aber keine Lösung geben. Wir sind an die absolute Grenze dessen gegangen, was finanziell und personell möglich ist. Mehr lassen Demografie und Fachkräftemangel nicht zu, sonst bleiben Züge stehen.“

    Allein in den kommenden zehn Jahren werden über 60 Prozent der Belegschaft die DB alters- und fluktuationsbedingt verlassen. Über ein Drittel des Zugpersonals in GDL-Betrieben ist 55 Jahre und älter. Die DB stellt deswegen seit Jahren auf absolutem Rekordniveau ein und bildet so viel aus wie nie. Aber der Arbeitsmarkt ist historisch eng, jeder neue Lokführer muss mühsam gefunden und aufwendig ausgebildet werden.

    Auch beim Entgelt hat die DB große Zugeständnisse gemacht und war bereit, eine Entgelterhöhung mit Festbeträgen zu vereinbaren, die in der Höhe mit den Abschlüssen von EVG und öffentlichem Dienst vergleichbar sind. Dazu wäre eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von insgesamt 2.850 Euro gekommen.

    Die vertraulichen Verhandlungen fanden in Berlin statt. Sie wurden von Dr. Thomas de Maizière und Daniel Günther moderiert. De Maizière (CDU), ehemaliger Innen- und Verteidigungsminister, wurde von der DB benannt und war bereits 2023 als Schlichter in Tarifverhandlungen zwischen DB und EVG tätig. Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, wurde von der GDL benannt und fungierte bereits 2021 als Vermittler in Tarifverhandlungen zwischen DB und GDL. Die DB bewertet nun die aktuelle Situation und prüft die nächsten Schritte.

  • Die GDL hat auf die von DB veröffentlichte Presseinformation reagiert. Bis Montag gibt vereinbarungsgemäß keine Statement.

    Bis auf die Terminierung der PM am Ende (und das war Absicht) hatte ich die gleiche PM auch schon zitiert. Da steht halt aber insbesondere „wir äußern uns jetzt noch nicht,“ das meinte ich vorhin.

    Wie es auch immer bei den Verhandlungen war, eines sollte klar sein: Ohne Kompromisse auf beiden Seiten wird es nicht gehen.

    Stimmt. Und wir kennen jetzt, weil die DB hinterrücks gegen die Abmachungen an die Presse gegangen ist, nur eine Seite, die natürlich von sich behauptet, Kompromisse angeboten zu haben und keine Kompromisse von der anderen Seite entgegengebracht bekommen zu haben.


    Die Kritik an der Verhandlungsstrategie der GDL mag berechtigt sein, das ändert nichts daran, dass die Kommunikation der DB unehrlich ist und Vertrauen zerstört – wer weiß, was die DB noch alles getan hat, das Vertrauen in Verhandlungen zerstört.

  • Bis auf die Terminierung der PM am Ende (und das war Absicht) hatte ich die gleiche PM auch schon zitiert. Da steht halt aber insbesondere „wir äußern uns jetzt noch nicht,“ das meinte ich vorhin.

    Ah Sorry, da habe ich nicht richtig aufgepasst und auf die Quelle geachtet. Hab meinen Beitrag deshalb wieder kassiert.

    Gruß Tommy

  • Allerdings legt die GDL auch keine Beweise dafür vor, dass seitens der DB etwas an die Bild durchgestochen wurde. Aufgeführt sind "Tagungsort und beteiligte Dritte", beides könnte die Bild durchaus auch auf anderem Weg erfahren haben. Dafür reicht es ja, einem der bekannten Teilnehmer zu folgen. Das Paparazzi so etwas tun, ist ja spätestens seit einem Vorfall in einem Pariser Autotunnel kein Geheimnis mehr.

    Es war auch vereinbart, bis Sonntag zu verhandeln. Ob mit dem Abbruch der Verhandlungen auch die Schweigepflicht erloschen ist, darüber kann man diskutieren. Persönlich finde ich ja. Zumal die Argumentation der GDL auch unlogisch ist. Sie begründet den Abbruch der Verhandlungen mit dem Vertragsbruch der DB durch das durchstechen der Informationen. Wenn der Vertrag also von ihr also als gescheitert angesehen wird, wieso soll dann die im selben Vertrag festgehaltene Schweigepflicht noch gelten? Oder anders herum betrachtet, wieso hebt das Durchstechen der Information nur die Pflicht zur Verhandlung auf, aber nicht die Schweigepflicht?

    Wie so oft in den Tarifkonflikten zwischen DB und GDL weiß man also mal wieder gar nichts gesichertes, sondern bekommt nur taktische Schuldzuweisungen vorgelegt. Vielleicht brauchen wir ja keine Einschränkung des Streikrechtes, sondern eine "Veröffentlichung" der Verhandlungen in Sektoren von gesellschaftlicher Bedeutung (Verkehrssektor, Gesundheitswesen, öffentliche Verwaltung). Wenn wie bei politischen Versammlungen bei den Verhandlungen immer auch die Presse zugegen wäre, würden viele der Spielchen nicht mehr funktionieren

    Edit: Hat jemand den kritisierten Bild-Artikel gefunden? Suche bei der Bild nach "GDL" liefert nur einen Bericht über den Abbruch und davor etwas vom 27.01.

    2 Mal editiert, zuletzt von F.-Fighter ()

  • [Die GDL] begründet den Abbruch der Verhandlungen mit dem Vertragsbruch der DB durch das durchstechen der Informationen. Wenn der Vertrag also von ihr also als gescheitert angesehen wird, wieso soll dann die im selben Vertrag festgehaltene Schweigepflicht noch gelten? Oder anders herum betrachtet, wieso hebt das Durchstechen der Information nur die Pflicht zur Verhandlung auf, aber nicht die Schweigepflicht?

    Nee, die Argumentation der GDL ist, dass das Durchstechen der Informationen vor Abbruch der Verhandlungen gewesen sei – bzw die GDL bestätigt aktuell nicht mal, dass die Verhandlungen abgebrochen seien!


    Hier stimme ich dir zu:

    Allerdings legt die GDL auch keine Beweise dafür vor, dass seitens der DB etwas an die Bild durchgestochen wurde.

    Hier kann man nur spekulieren, wie glaubwürdig es ist, dass so etwas passieren könnte bzw dass die GDL das unabsichtlich oder wissentlich falsch behaupten würde.


    Noch zwei Dinge: ich vermeide, wenn es irgendwie geht, dem Axel-Springer-Verlag irgendwelche Einnahmen zu generieren, insofern: ich kenne den Bild-Artikel auch nicht. Ich weiß nur, dass die Tagesschau behauptet, „Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet“. (Übrigens hat die Tagesschau die Überschrift verändert gegenüber dem, was ich eingangs zitiert hatte und macht nun mit „GDL bricht laut Bahn die Tarifverhandlungen ab“ auf.)


    Zweitens: ich halte es für sehr sinnvoll, dass Tarifverhandlungen – wie auch Koalitionsverhandlungen zwischen Parteien – in vertraulichem Rahmen ablaufen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es hilfreich wäre, wenn die Bild-Zeitung (oder auch andere Medien) jeden Morgen berichten, welchen Gesichtsausdruck Weselsky hatte, zu dem Zeitpunkt, als Sellner Vorschlag A machte und was das wohl bedeutet und wieso das heißt dass die GDL ja gar nicht will und warum das wiederum bedeutet, dass die Forderungen überzogen sind und und und.

  • Damit wir nicht weiterhin im Frankfurter Unterforum und noch dazu in einem Thread ursprünglich über Februar 2023 über Bundesweite Streiks und Tarifkonflikte reden müssen, verschiebe ich das mal nach hier:

    Vielleicht braucht es bald ein allgemeines ÖV-Streikforum.


    Es es droht fast absoluter Stillstand durch die Tarifkonflike bei der DB, im kommunalen ÖV sowie erwartbar ab Ostern über den LHO-Tarifvertrag. Bald heißt es dann "rien ne vas plus"...


    HLB, VIAS und andere private EVUs fahren noch. Aber das nützt z.B. in Frankfurt nix, wenn vom Hbf nicht weiterkommt*.


    *außer Fuß, Rad, Pferd, Roller, Kettcar, Taxi, Carsharing...

    Einmal editiert, zuletzt von B80C () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • ich halte es für sehr sinnvoll, dass Tarifverhandlungen – wie auch Koalitionsverhandlungen zwischen Parteien – in vertraulichem Rahmen ablaufen.

    Zustimmung. Vertraulich im Sinne von es gelangt nichts nach außen.


    Vertrauensvoll scheint es aber seit Beginn der Tarifrunde nicht zu zugehen. Das liegt sicher an den handelnden Personen auf beiden Seiten und die Kommunikation darüber, auch von beiden Seiten. Wahrscheinlich wäre es die beste Lösung, wenn beide Seiten neues Verhandlungspersonal* bennen würde. Aber das verlangt schon eine große Reflektionsfähigkeit und Größe der handelnden Personen und das Eingeständnis, das man selbst in diesem Kontext nicht die geeignete Person ist, den Konflikt zu lösen. Daher wird das wohl nicht passieren.


    (*Für die DB könnte der Verkehrsminister in die Verhandlungen gehen. Dann macht er mal was Sinnvolles.)

  • Im alten Thread und so im Hörensagen war immer die Rede davon, dass die 35h-Woche bei den "Dritteisenbahnen" nur dann komme, wenn die DB auch einen entsprechenden Abschluss mit der GDL zulässt. Hierzu in einer Diskussion angesprochen konnte ich aber keine verbindliche Quelle, außer zwei Beiträge hier im Forum finden (Hier, und hier) - hat da jemand was "stichhaltigeres"?


    Merci!

  • Hatte es auch so gehört, dass Transdev & Co eine Klausel im Tarifvertrag haben, d. h. eine 35 Stundenwoche nur kommt, wenn im GDL TV mit der DB auch eine 35 Stundenwoche verankert wird. Also geht es für die GDL jetzt um alles oder nichts. Ich erwarte am Montag bei der PK nichts anderes, als eine Info hinsichtlich unbefristeten Streiks (Herrn Weselsky traue ich das definitiv zu).

  • Hatte es auch so gehört, dass Transdev & Co eine Klausel im Tarifvertrag haben, d. h. eine 35 Stundenwoche nur kommt, wenn im GDL TV mit der DB auch eine 35 Stundenwoche verankert wird.

    Was die GDL selbst ja auch so bestätigt ... das mit der Nachverhandlungsklausel

  • Im alten Thread und so im Hörensagen war immer die Rede davon, dass die 35h-Woche bei den "Dritteisenbahnen" nur dann komme, wenn die DB auch einen entsprechenden Abschluss mit der GDL zulässt. Hierzu in einer Diskussion angesprochen konnte ich aber keine verbindliche Quelle, außer zwei Beiträge hier im Forum finden (Hier, und hier) - hat da jemand was "stichhaltigeres"?


    Merci!

    Hier gibts einen Bericht vom SWR dazu, der entscheidende Satz steht ziemlich in der Mitte.

    Zitat

    In beiden Fällen ist aber eine Klausel eingebaut, wonach es bei anderen Bahnunternehmen ähnliche Regelungen geben muss, andernfalls können die Unternehmen entsprechend nachverhandeln.

  • Verständlich allemal aus Sicht der EVU, die bei einem inhaltlich deutlich abweichenden Abschluß beim Marktführer (und das ist der DB-Konzern ja immer noch) zu Recht fragen würden, warum bei ihnen die 35-h-Woche und bei der DB nur die, sagen wir mal, 36,5-h-Woche eingeführt werden sollen. Berechtigt würden da Wettbewerbsverzerrungen als Argument kommen - kann ich soweit alles verstehen.


    Klar sein muß aber auch ALLEN: wir als Schichtarbeiter, egal bei welchem EVU, lassen uns nicht unsere bereits erkämpften Tarifverträge solcherart wieder "wegnehmen". Wenn das DB-Management also in der wichtigen Arbeitszeitfrage wirklich stur bleiben sollte und dann die anderen EVU die Tarifpakete ebenfalls wieder aufschnüren, dann bedeutet das: neue Streiks. Und wenn es nach mir ginge, unbefristet, damit es richtig "knallt". So lange, bis sich die Politik einschaltet, den ganzen sturen und abgehobenen DB-Vorstand mit einem Tritt aus den Towern jagt (denn wer war gleich nochmal Eigentümer und damit Arbeitgeber des DB-Konzerns...?) und durch Führungskräfte ersetzt, die tatsächlich verstehen und wissen, was sie da überhaupt tun, und mit denen dann auch die erforderlichen Einigungen möglich sind. - Umgedreht, "das Streikrecht per Gesetz einschränken oder verbieten", wird das nicht funktionieren. Wir haben in Deutschland immer noch freie Arztwahl, und ein urplötzlicher Krankenstand von vielleicht 50 oder auch 75% hat dieselben Wirkungen... mehr brauche ich dazu wohl nicht zu sagen. Und auch irgendwelche Polizeikräfte können uns wohl kaum zum Arbeiten zwingen: wenn wir nicht fahren WOLLEN, fahren wir nicht, da können "Ordnungskräfte" drohen und "Verfahren eröffnen", soviel sie wollen, davon fährt der Zug immer noch nicht. - Ja, ich weiß, ich klinge gerade wieder ziemlich arschig und auf Krawall gebürstet, aber man versetze sich vielleicht mal in unsere Lage, in die des Transportpersonals und der anderen Schichtbediensteten. Im eigenen EVU alles wieder futsch und zurück auf Anfang, weil die DB-Schlipsfuzzis denken, sie müßten ihre Größe und Wichtigkeit mit purer Sturheit beweisen? Nein, da machen wir nicht mit. - Und wenn ich dann heute im Hetzblatt mit den vier Buchstaben schon wieder lese, daß irgendwelche CDU-Fatzken schon wieder fabulieren, daß die Lokführer ja nicht über Ostern die Fahrgäste "in Geiselhaft" (Zitat!) nehmen können, kommt mir schon wieder der Kaffee hoch - immer wieder die "Geiselhaft", und das von Politniks, die vermutlich ihr Lebtag lang noch nie im Schichtbetrieb gearbeitet haben. Trägt sicher sehr zur Beruhigung der Fronten bei, ja, schon klar... vielleicht wird da klar, daß wir einigermaßen angefressen sind, vorsichtig gesagt.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Im eigenen EVU alles wieder futsch und zurück auf Anfang, weil die DB-Schlipsfuzzis denken, sie müßten ihre Größe und Wichtigkeit mit purer Sturheit beweisen?

    Naja oder halt die anderen EVU haben das reingenommen, weil sie am Ende nicht dafür grade stehen müssen und weil sie wissen, dass es der Bahn mehr weh tun würde als ihnen selbst, oder dass die Bahn das sowieso blockieren würde?


    Möglicherweise sind die Chefs der anderen Bahnen genauso schlimm wie die Chefs der DB, und haben nur den Luxus, nicht ganz so sehr im Fokus der Öffentlichkeit mit der GDL verhandelt zu haben? Vielleicht sind sogar manche von denen keine CDU-Fatzken und damit aus einer anderen Partei als Weselsky.

  • Je länger ich drüber nachdenke, desto mehr ärgere ich mich über die Tarifabschlüsse bei den kleinen EVU – von beiden Seiten! Wenn das Verhalten eines Arbeitgebers davon abhängig sein sollte, was andere Arbeitgeber machen, sollte ein gemeinsamer Tarif verabschiedet werden, so wie es in anderen Branchen auch üblich ist. Verlierer ist hier einzig die DB und, tatsächlich, die Kund*innen.


    Das mag kontrovers klingen. Die kleinen Tarifabschlüsse wurden relativ schnell ausgehandelt, und der zentrale Streitpunkt eben auf die DB ausgelagert. Bei der die GDL dann also umso mehr kämpfen muss, weil sie ja irgendwie auch für Bedienstete der anderen EVU streitet. Die kleinen EVU reiben sich die Hände: mehr Frust in der Bevölkerung über die DB. Während die DB bestreikt wird, freuen sich alle Pendler*innen, die auf Strecken fahren, bei denen die DB die letzte Ausschreibung nicht gewonnen hat. Und die GDL ihrerseits wird es leichter finden, einen Streik gegen die DB aufrecht zu erhalten, wenn währenddessen nicht alle Nahverkehrslinien beeinträchtigt sind.


    Und die meisten von Tatrafan 's Kolleg*innen werden wissen, dass sie zwar durchaus von der Arbeit fern bleiben können, dadurch aber ihre Kündigung riskieren. Dafür muss das Streikrecht nicht mal eingeschränkt werden: Solidaritätsstreiks sind davon auch heute schon nicht gedeckt. Klar kann man Ärzt*innen finden, die plötzlich ganz viele Tfs als neue Patient*innen aufnehmen und arbeitsunfähig schreiben, aber je mehr das machen, um so größer ist die Gefahr, die Approbation zu verlieren und möglicherweise wegen geschäftsmäßigem Betrug belangt zu werden. (Und für Tfs, die das in Anspruch nehmen, schwebt die Gefahr des Betrugsvorwurfs eben auch im Raum.) Das wird klappen, solange es nur wenige machen. Dann verfehlt es aber auch die Wirkung.


    Kurzum: die kleinen EVU lagern den Konflikt zur DB aus und ziehen daraus einen Vorteil gegenüber der DB, die GDL sorgt dafür, dass bei einem Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche nicht alles still steht und somit die öffentliche Meinung nicht komplett gegen sie ist.


    Und dennoch ist das Verhalten der DB im Tarifkonflikt mindestens kritikwürdig.

  • Die Meistbegünstigtenklausel gibt es sogar zwischen TV-L und TVöD im öffentlichen Dienst in den jeweiligen Manteltarifverträgen. Tatsächlich ausgespielt wurde es meines Wissens nach noch nie.

    Jedenfalls ist die große Ähnlichkeit nicht zu leugnen.


    Ob es diese Klausel öfters irgendwo gibt, kann ich nicht sagen. Habe mich damit bisher nicht weiter beschäftigt, obwohl ich das sehr spannend finde. Im Sinne von kompliziert, unkalkulierbar und risikobehaftet.