Tarifkonflikte bei EVU

  • Ich lasse mal wieder was hier: ein Interview von ZEIT Online mit Claus Weselsky. 9:13 lang insgesamt, lohnt sich aber, finde ich.



    (hab den Link auch nur aus den Eisenbahner-Telegram-Gruppen, in denen ich bin; hab es mir direkt über Telegram angeschaut, also nicht erst nachgeprüft, wem der Kanal gehören könnte etc.)


    Verbot zur Durchsetzung von Tarifforderungen, wie auch immer ein solches aussehen mag: das macht den Beruf ja gleich wieder unattraktiver, wenn Neueinsteiger direkt wissen: Tarifforderungen lassen sich künftig überhaupt nicht mehr durchsetzen, die Schlipser brauchen bloß lange genug stur bleiben und immer nur "nö" sagen, irgendwann darf dann nicht mehr gestreikt und MUSS das "Angebot" der Schlipsetage akzeptiert werden - darauf würde es ja hinauslaufen. Dann würden wohl nur noch 1,x% bei 48 Monaten Laufzeit in jeder Runde "angeboten", weil die Arbeitgeber wissen: sie müssen nur lange genug Betonklotz spielen und Streiks bis zum Zeitpunkt X aussitzen, dann darf die Gewerkschaft nichts mehr machen, und sie haben gewonnen. - Mit solchen Perspektiven soll dem Fachkräftemangel begegnet werden? Ich glaube nicht, daß damit viele Bewerber für die dringend benötigten Schichtdienstberufe gewonnen werden können... eher im Gegenteil. - Und auch ich wäre dann wohl einer davon, die sagen: gut, bei aller Liebe, hat sich erledigt, ich bin dann mal weg und such mir nochmal was komplett anderes, mag die Züge fahren, wer will, aber nicht mehr ich.

    Hinweis: Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, spiegeln meine Beiträge nur meine persönliche Meinung. Diese muß nicht zwangsläufig der meines Arbeitgebers, irgendwelcher Institutionen oder von sonstwem entsprechen, sie muß auch nicht unbedingt jedem gefallen, ich lasse sie mir aber auch nicht verbieten oder madig machen und werde mich im Normalfall auch nicht dafür, daß ich eben eine eigene Sicht der Dinge habe, entschuldigen.

  • Das ist der Punkt. Dauerhaft Zugausfälle durch fehlendes Personal, sei es bei EVU oder InfraGO, sind auf Dauer auch nicht förderlich. Brauchen ja nur mal nach Frankfurt zu sehen: Sonderfahplan Frankfurt, Fahrplanausdünnung DB wegen geplanten Stellwerksstörungen; dazu das ganze noch spontan.


    Eigentlich sollte die DB (und Andere) mal ehrlich veröffentlichen, wie / ob es gelingt, den Personalbedarf zu decken.

  • Ich habe nicht Verbot von der Durchsetzung von Tarifforderungen erwähnt. Die Praktiken gehören besser geregelt. Insbesondere bei kritischen der Allgemeinheit zu Gute kommenden Unternehmen muss hier etwas passieren. Ich denke hier eher in Richtung eines Branchen-Tarifvertrages. Es gibt Zeitfenster, an denen gestreikt werden darf. Im Zweifel auch ohne definiertes Ende. Aber zu Arbeits"kampf"-Maßnahmen bedarf es auch einen vorher erkennbaren Willen einer Einigung.


    Zitat

    Das ist der Punkt. Dauerhaft Zugausfälle durch fehlendes Personal, sei es bei EVU oder InfraGO, sind auf Dauer auch nicht förderlich. Brauchen ja nur mal nach Frankfurt zu sehen: Sonderfahplan Frankfurt, Fahrplanausdünnung DB wegen geplanten Stellwerksstörungen; dazu das ganze noch spontan.


    Eigentlich sollte die DB (und Andere) mal ehrlich veröffentlichen, wie / ob es gelingt, den Personalbedarf zu decken.

    Das dürfte das größere Problem sein - es gelingt nicht mehr des "Jobs an sich" wegens. Sondern anscheinend nur noch über das Geld und die Motivation und Moral dahinter sieht man regelmäßig an allen Ecken und Kanten. Wir sind genau genommen zu verwöhnt geworden.

  • Union für Austausch der Verhandlungspartner

    Stand: 10.03.2024 11:34 Uhr


    CDU und CSU halten den Tarifstreit unterdessen unter der Beteiligung von Bahnvorstand Martin Seiler und GDL-Chef Weselsky für nicht mehr lösbar. Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) forderte deshalb, die Verhandlungspartner beider Seiten auszutauschen. "Die Herren Seiler und Weselsky haben sich dermaßen verhakt, dass sie den Weg frei machen müssen für neue Verhandlungsführer im Tarifstreit", sagte Lange der Bild am Sonntag. "Hier tragen zwei Streithähne offenbar auch eine persönliche Fehde aus und die Bahn-Kunden müssen es ausbaden."

  • Bahn drängt auf Verhandlungen - ohne neues Angebot

    Stand: 10.03.2024 17:20 Uhr


    Die Bahn hat die GDL für morgen erneut zu Verhandlungen eingeladen. Auf die Forderung der Gewerkschaft, schriftlich ein neues Angebot vorzulegen, ging der Konzern nicht ein. Die GDL hatte dafür eine Frist bis 18 Uhr gesetzt.

    Einmal editiert, zuletzt von B80C ()

  • Der FV soll möglicherweise komplett eingestellt werden, ist den Medien zu entnehmen.
    Bin gespannt, ob die DB diesmal vor das Arbeitsgericht zieht. Die Situation ist durch die Kurzfristigkeit eine andere.

    Von der Politik erwarte ich nichts, die Ampel ist sozusagen ausser Betrieb.

  • Der FV soll möglicherweise komplett eingestellt werden, ist den Medien zu entnehmen.
    Bin gespannt, ob die DB diesmal vor das Arbeitsgericht zieht. Die Situation ist durch die Kurzfristigkeit eine andere.

    Von der Politik erwarte ich nichts, die Ampel ist sozusagen ausser Betrieb.

    Jeder seriöse Politiker wird Dir bestätigen, dass der Politik die Hände gebunden sind, da das Streikrecht ein unantastbares Grundrecht im Grundgesetz ist. Opposition ist Mist und die Opposition neigt gerne mal zu unausgegorenen Vorschlägen. Wenn selbst CDU/CSU "nur" einen Austausch der Verhandlungsführer bei DB und GDL vorschlagen, statt billigen Populismus (Einschränkung des Streikrechts), zeigt das doch wie stark verbrieft das Streikrecht in unserer Verfassung ist.

  • Die GDL wehrt sich gegen Behauptungen, sie wolle ihre Maximalforderungen durchsetzen, indem sie ihre ursprünglichen Forderungen den aktuellen Forderungen gegenüberstellt:


    Angehängt ist dieses PDF, das eine Tabelle enthält:


    Forderungen GDLEinigungsvorschlag der GDL und Abschluss mit 28 UnternehmenAngebot der DB vom 19. Januar 2024
    555 Euro Entgelterhöhung (rückwirkend)420 Euro Entgelterhöhung (die ersten sechs Monate ohne Entgelterhöhung)331 Euro Entgelterhöhung (die ersten neun Monate ohne Entgelterhöhung)
    Zulagenerhöhung 25 ProzentZulagenerhöhung zehn ProzentZulagenerhöhung acht Prozent
    Einführung der 35-StundenWoche mit Lohnausgleich und Wahlrecht für alle Eisenbahner die Schichtarbeit leistenSchrittweise Einführung der 35- Stunden-Woche mit Lohnausgleich bis 2028 und Wahlrecht für alle Eisenbahner die Schichtarbeit leistenAbsenkung auf die 37-StundenWoche ohne Lohnausgleich im Jahr 2026 und nur für „Fahrpersonale“, aber nur wenn es für den Arbeitgeber umsetzbar ist
    Fünf-Tage-Woche, ein Ruhetag hat stets mindestens 48 Stunden zu umfassenGrundsätzliche Fünf-TageWoche, nach einer Arbeitsphase von 120 Stunden hat ein Ruhetag mit Mindestdauer von 48 Stunden zu liegenWeiterhin Sechs-Tage-Woche möglich, keine Verbesserung bzw. Verschlechterung der Ruhetagsregelungen
    Tarifverträge für alle BerufsgruppenTarifverträge für alle BerufsgruppenKeine Tarifverträge für DB InfraGO
    Laufzeit von 12 MonatenLaufzeit von 24 MonatenLaufzeit von 32 Monaten
    Wegfall bestehender tarifvertraglicher Regelungen zum Nachteil der GDL-Mitglieder
  • Inzwischen hat die DB den Vorschlag der beiden Vermittler bekanntlich bestätigt, leider war Herr W. nicht in der Lage diesen richtig zu verstehen. Da muss auch der Vergleich angepasst werden. Auch die GDL versucht hier zu täuschen.

  • Da muss auch der Vergleich angepasst werden.

    Möglicherweise kann man auch seine Einseitigkeitsbrille absetzen und beiden Seiten genau auf die Finger schauen, was sie tun, wie sie kommunizieren und wie ehrlich sie dabei sind. Und der Vergleich zwischen linker und mittlerer Spalte zeigt deutlich, dass die GDL eben nicht „auf ihren Maximalforderungen” besteht, wie F.-Fighter, B80C, barnyk und Hajü hier der DB nachgeplappert haben. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die GDL jetzt nicht nachträglich viel höhere Forderungen behauptet als sie ursprünglich hatte (was ich nicht für plausibel halte); da der Start des aktuellen Tarifkonfliktes gefühlt am 7.12.1835 liegt, kann ich da grade nicht nachlesen.

  • Ich plappere nicht der DB nach, sondern lese die Pressemeldungen der GDL. Und da ist nirgends eine Verhandlungsbereitschaft zu der 35h Woche erkennbar. Bei einem Ist von 39 Stunden und einer Forderung von 35h ist eine Einigung bei 37 jetzt nicht ein so unerwartbares Verhandlungsergebnis.

    Bei allen anderen Punkten liegen die Positionen nicht so weit auseinander, dass man nicht zu einer Lösung kommen könnte, wenn man denn mal verhandeln würde.

    Was mir gerade bei der Einigung mit den anderen 28 Gesellschaften auffällt: Absenkung auf 35h bis 2028 aber nur eine Laufzeit von 24 Monaten? Je nachdem, ob man nun ab Abschluss oder ab Auslaufen des letzten TV rechnet, endet er also in 2025 oder 2026. Ob in dem dann neu zu schließenden TV die Regelung zur 35h Woche bestand hat, ist doch eh völlig offen. Eigentlich hat die GDL damit doch nur ein "wir fordern für den nächsten TV" in den aktuellen TV mit aufnehmen lassen.

  • Ich plappere nicht der DB nach, sondern lese die Pressemeldungen der GDL.

    Stimmt, du redest nur von „einer Maximalforderung“, ebenso B80C. Der Plural kam erst ab Beitrag #57 rein. Dennoch ist auch hier eine Bewegung da, von sofortiger Einführung hin zu einer schrittweisen Einführung. Man kann gerne argumentieren, dass das eine zu kleine Bewegung ist, aber so zu tun, als wäre es gar keine Bewegung, ist unrichtig.

    Bei allen anderen Punkten liegen die Positionen nicht so weit auseinander, dass man nicht zu einer Lösung kommen könnte, wenn man denn mal verhandeln würde.

    Du tust so, als sei gar nicht verhandelt worden. Wie kommst du darauf? Es wurde einen ganzen Monat lang verhandelt, ohne dass man dabei zu einer Lösung gekommen wäre.

    Eigentlich hat die GDL damit doch nur ein "wir fordern für den nächsten TV" in den aktuellen TV mit aufnehmen lassen.

    Da stimme ich dir teilweise zu, aber reell wird es wohl sehr unwahrscheinlich sein, dass die EVU da zurückgehen könnten. Wenn ein Argument der Arbeitgeberseite ist, dass man das nicht von jetzt auf gleich umsetzen kann – und diesem Argument bin ich sehr offen – dann muss eine solche Regelung langfristig geplant werden. Beim Auslaufen des aktuellen Tarifvertrages muss die Arbeitgeberseite Vorbereitungen für diese Umstellung getroffen haben. Stellte sie sich 2026 hin und behauptete, sie könne das nicht umsetzen, weil wie soll das denn innerhalb von zwei Jahren funktionieren!, dann wird das sehr wahrscheinlich die Tarifverhandlungen von vorneherein sehr stark belasten. Es wäre dann sehr schwierig für die Arbeitnehmerseite, Vertrauen in irgendwelche Zusagen zu haben, und es würde auch in der öffentlichen Wahrnehmung eine Rolle spielen.

  • Hallo.


    Laut tagesschau-App erwägt die DB nun ein gerichtliches Vorgehen gegen die GDL.


    Im festgefahrenen Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL will die Bahn nun gegen den neuen Streik der GDL klagen. Die Gewerkschaft hatte für kommende Nacht zum sechsten Ausstand im laufenden Tarifkonflikt aufgerufen.


    Zur Meldung


    Grüße ins Forum

    Helmut


    You'll Never Ride Alone.

  • Stellte sie sich 2026 hin und behauptete, sie könne das nicht umsetzen, weil wie soll das denn innerhalb von zwei Jahren funktionieren!

    Eine kurzfristige Umsetzung ist wohl für alle Seiten klar nicht umsetzbar. Mehrpersonal muss ja auf jeden Fall gewonnen und ausgebildet werden. Aber dann muss man halt den TV mit einer Laufzeit vereinbaren, die seine Umsetzung abdeckt. Sprich bis mindestens Mitte 2028. Aber dann könnte man ja auch länger nicht streiken.

    Einmal editiert, zuletzt von F.-Fighter ()

  • Möglicherweise kann man auch seine Einseitigkeitsbrille absetzen und beiden Seiten genau auf die Finger schauen, was sie tun, wie sie kommunizieren und wie ehrlich sie dabei sind. Und der Vergleich zwischen linker und mittlerer Spalte zeigt deutlich, dass die GDL eben nicht „auf ihren Maximalforderungen” besteht, wie F.-Fighter, B80C, barnyk und Hajü hier der DB nachgeplappert haben. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die GDL jetzt nicht nachträglich viel höhere Forderungen behauptet als sie ursprünglich hatte (was ich nicht für plausibel halte); da der Start des aktuellen Tarifkonfliktes gefühlt am 7.12.1835 liegt, kann ich da grade nicht nachlesen.

    Du vergleichst aber die Forderungen der GDL mit dem letzten Angebot der DB - und nicht mit dem Vorschlag der von beiden Seiten eingesetzten "Schlichter". Und der Vergleich mit dem Vorschlag der "Schlichter" wäre nicht nur der interessantere, sondern auch der zielführendere Vergleich. Und dazu habe ich noch keine Übersicht im Netz gefunden...

  • Eine kurzfristige Umsetzung ist wohl für alle Seiten klar nicht umsetzbar. Mehrpersonal muss ja auf jeden Fall gewonnen und ausgebildet werden. Aber dann muss man halt den TV mit einer Laufzeit vereinbaren, die seine Umsetzung abdeckt. Sprich bis mindestens Mitte 2028. Aber dann könnte man ja auch länger nicht streiken.

    Die Laufzeit dürfte sich auf die Gehaltstabellen beziehen. Die Arbeitszeiten werden Bestandteil des Manteltarifs sein.

    Nach dem Ende der Laufzeit werden die Gehaltstabellen gekündigt, aber nicht der Manteltarifvertrag.

    So ist es jedenfalls im öffentlichen Dienst.

    Langfristige Sachen kann man nicht über die Laufzeit der Gehaltshöhe regeln. Das wäre für beide Seiten grob fahrlässig.


    Ich gehe dabei sogar von einer Allgemeingültigkeit aus, ist aber tatsächlich nicht groß bekannt. Meist denken viele Leute, dass der gesamte Tarif gekündigt wird, wenn „nur“ über das Gehalt verhandelt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Umlaufnummer ()

  • Du vergleichst aber die Forderungen der GDL mit dem letzten Angebot der DB

    Ich vergleiche die tatsächliche Maximalforderung der GDL mit der tatsächlichen aktuellen Forderung und stelle fest, dass beide nicht identisch sind – nicht mal bei der Frage der 35-Stunden-Woche.


    Die Behauptung bzw die Lesart der GDL ist, dass die DB eben kein Angebot auf Grundlage des Moderatorenvorschlags vorgelegt habe, sondern höchstens „auf der Basis des Vorschlags weiterverhandeln“ will. Die GDL verlangt ein schriftliches Angebot der Bahn statt blumige Worte über den Vorschlag.


    Und nur falls schon wieder vor irgendwelchen Mündern Schaum auftritt (nein, natürlich meine ich nicht DEINEN Mund, liebe* Leser*in): ich verstehe diese Position nicht und will sie nicht erklären oder gar entschuldigen. Ich war aber auch noch nie Partei in einer Tarifverhandlung (die mehr als ein Gehalt betroffen hätte). Aber daraus folgt keinesfalls, dass man die Argumente einer der beiden Seiten einfach ignorieren sollte. Insbesondere halte ich die Aussage „die DB hat doch nach dem 19. Januar ein neues Sachangebot [also nicht: Gesprächsangebot] vorgelegt“ für mindestens umstritten.