Masterplan Schiene oder: Greenwashing für Fortgeschrittene

  • Hallo zusammen,

    dieses Zitat aus dem Thread zum Fernbahntunnel hat mich nachdenklich gemacht:

    Niemand, der derzeit oder absehbar Macht hat, plant eine Verkehrswende "Auto auf die Bahn". "Verbrenner auf Elektro" heißt der Plan. Und für den findest Du noch nicht Mal eine Mehrheit (ARD Deutschlandtrend, 57% gegen einen Umstieg von Verbrenner auf Elektro).


    Wenn wir vom Auto auf die Bahn wollen, dann wird das nicht mit einem einzigen Bahnhof in Frankfurt funktionieren. Dann reden wir nicht von 50% Wachstum sondern von 500%. Mehrere Bahnhöfe, verbunden über einen schnellen Ring, anders halte ich das für nicht machbar. Und auf die A5 legen wir Gleise.

    Das erklärte Ziel von Andy Scheuers "Schienenpakt" oder "Masterplan Schiene" ist es, bis 2030 die Fahrgastzahlen der Bahn zu verdoppeln. Hört sich ja sehr gut an. Wenn man es aber mal in Relation setzt, sieht das so aus:

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    Die zugrunde liegenden Zahlen stammen aus der offiziellen BMVI Statistik "Verkehr in Zahlen 2020/2021" (Seite 215). Die Zahlen für 2030 sind selbst berechnet und setzen voraus, dass a) wie versprochen doppelt so viele Menschen die Bahn nutzen, b) der Gesamtverkehr konstant bleibt und c) alle zusätzlichen Bahnfahrenden vom Auto kommen, keine vom Luftverkehr oder Bussen. Ob a) erreicht werden kann ist zweifelhaft. Die Bedingung b) ist natürlich völlig unrealistisch. Der Gesamtverkehr wird steigen. Der Anteil der Bahn wird damit in Wirklichkeit noch geringer sein. c) wurde nur zum vereinfachten rechnen angenommen. Tatsächlich soll es ja weniger Inlandsflüge geben und Fluggäste werden auf die Bahn umsteigen. Womit der Autoverkehr wahrscheinlich absolut zunehmen dürfte.


    Fazit: Wir haben auch weiterhin einen Bundesautominister. Der gesamte Schienenpakt oder Masterplan oder was auch immer ist eine reine Image-Kampagne, ein Green-Washing, auf das die meisten Menschen und auch Medien hereinfallen. Jedenfalls wird das Scheuer'sche Ziel in den Abendnachrichten nicht in Frage gestellt. Wollte man motorisierten Individualverkehr tatsächlich signifikant verringern, müssten größere Maßnahmen getroffen werden, kein zweigleisiger Fernbahntunnel. Da hat JeLuF absolut recht.


    Damit wünsche ich allen ein schönes Wochenende und belastbare Nerven für den Wahlkampf.

  • JeLuF hat absolut Recht. Die Subventionen gehen weiterhin in das Auto. Das E-Auto wird massiv gefördert. 1,33 Mrd. Euro Elektroautos Prämien wurden dieses Jahr schon bis Ende Juni ausbezahlt und kürzlich wurde beschlossen diese Subvention bis Ende 2025 zu verlängern. Bis zu 9000 Euro für ein neues E-Auto oder Hybrid. Da immer mehr E-Autos verkauft werden, werden hier zig Milliarden Euros jedes Jahr indirekt an die Automobilindustrie ausgezahlt werden. Ende offen.

    https://www.spiegel.de/wirtsch…00d-aee1-62cb18fbf338-amp

    2 Mal editiert, zuletzt von Chris26 ()

  • Letzten Endes wird keine eine Maßnahme für irgendwas ausreichen: weder ein Fernbahntunnel in Frankfurt, noch eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bei der Bahn (auch wenn das natürlich keine "Maßnahme" im engeren Sinne ist), noch ein S-Bahn-Ring um Frankfurt. Statt dessen müssen viele, viele Maßnahmen miteinander ineinander greifen, um klimapolitische Fortschritte zu machen.


    Nun liegt es mir sehr fern, einen veruntreuenden, lügenden, aufschneiderischen Bundesminister der CSU zu verteidigen, aber eines muss man doch festhalten: die Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 ist ein sehr großes Ziel, das in jedem Fall Teil der Lösungsstrategie sein sollte. Und wer weiß: mit geeigneten flankierenden Maßnahmen einer hypothetischen nächsten Bundesregierung zusammen (etwa Wegfall von Subventionen, höhere CO2-Bepreisung, größere Freiheiten für Kommunen bei der Einrichtung von Tempo30/Fahrradstraßen/etc – hey, ich kann doch wohl noch träumen!) könnte dieses Programm eine Dynamik entwickeln, die die Hoffnungen und Prognosen sogar übertrifft. So, wie auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Dynamik entfaltet hat, durch die die Ausbauziele jahrelang immer übertroffen wurden – bis es dann mutwillig ab etwa 2011 zerstört wurde.

  • Dezentralisierung der Arbeitsplätze damit die Pendelwege kürzer werden bzw es keine eindeutige Lastrichtung

    gibt.


    Mal eine krasse Rechnung:

    LKW Fahrer aus Belarus fährt für eine deutsche Spedition. Ist 12 Wochen hier und fährt wieder zurück.

    Legt man das mal um: Minsk - Frankfurt 1620 km einfach / und 5 Tage Woche -> seine Pendeldistanz

    entspricht täglich einfach 27 km - also grob das was Pendler WI/MZ/DA/HU/FB - F fahren!

    In god (an invention by mankind) we trust - on earth we don't


    Sincerly yours, NSA
    powered by US government

  • Da wurde nicht mutwillig zerstört. Der "Altmaier-Knick" 2011 bei der Solarenergie wurde mit Vorsatz herbeigeführt. Und wegen des großen Erfolges 2018 mit der Windkraft wiederholt.

    https://www.youtube.com/watch?v=yduqBkbroL4


    Solange diese Republik von lobbyhörigen "Ja und Amen"-Sagern geführt wird, wird sich daran auch nix ändern. Und unser williges Wahlvolk wird auch im September wieder im Glauben daran zu den 5% zu gehören ihr Kreuzchen bei den gleichen Verbrechern und Versagern machen wie seit Jahrzehnten. Oder glaubt hier auch nur eine Sekunde jemand ernsthaft, daß nur unsere werte Analena Dreck am Stecken hat? Gegen die CDU und CSU sind die Grünen gradezu lächerlich harmlos. Bei denen wurde es bisher bloß interessanterweise noch nicht in das Licht der Medienöffentlichkeit gezehrt...

    https://mediathekviewweb.de/#q…0anstalt%20%2Bpolitsatire


    Die Anstalt halt leider keine Reichweite in der breiten Bevölkerung - sind ja eh nur rote Spinner in dem Laden. Pikanterweise ist die Version der Erstaustrahlung dieser speziellen Folge aus der Mediathek des ZDFs verschwunden - man findet nur noch die Wiederholung auf 3sat.

    "Der Mensch, der so ehrbar im Einzelnen, aber so miserabel im Ganzen ist."
    Johann Wolfgang von Goethe

    Einmal editiert, zuletzt von sethaphopes ()

  • Da wurde nicht mutwillig zerstört. Der "Altmaier-Knick" 2011 bei der Solarenergie wurde mit Vorsatz herbeigeführt.

    "Mit Vorsatz eine Zerstörung herbeiführen" ist eine andere Formulierung von "mutwillig zerstören". Wir sind uns da in der Sache einig.

  • "Mit Vorsatz eine Zerstörung herbeiführen" ist eine andere Formulierung von "mutwillig zerstören". Wir sind uns da in der Sache einig.

    Hast recht. Das kommt davon wenn man versucht im Halbschlaf politisches von sich zugeben...

    Was ist pikant?

    https://www.zdf.de/comedy/die-…t-vom-4-mai-2021-100.html

    Erstausgabe, verfügbar bis 04.05.2023

    Taucht hier nicht auf

    https://mediathekviewweb.de/#q…f%20%3E25%20die%20anstalt


    Dann hat das ZDF wohl die API geändert oder irgendwas anderes ist bei der Kommunikation schiefgegangen. Allerdings wurden schon Anstalten nach Beschwerden von Politikern und Pressevertretern (namentlich der Joffe) gelöscht - der Teil ist zumindest belegt. Anfang Juni hab ich die Folge auch genau so gefunden und angesehen, daher bin ich erstmal von Wiederholungstätern ausgegangen...

    "Der Mensch, der so ehrbar im Einzelnen, aber so miserabel im Ganzen ist."
    Johann Wolfgang von Goethe

    Einmal editiert, zuletzt von sethaphopes ()

  • Die zugrunde liegenden Zahlen stammen aus der offiziellen BMVI Statistik "Verkehr in Zahlen 2020/2021" (Seite 215). Die Zahlen für 2030 sind selbst berechnet und setzen voraus, dass a) wie versprochen doppelt so viele Menschen die Bahn nutzen, b) der Gesamtverkehr konstant bleibt und c) alle zusätzlichen Bahnfahrenden vom Auto kommen, keine vom Luftverkehr oder Bussen. Ob a) erreicht werden kann ist zweifelhaft. Die Bedingung b) ist natürlich völlig unrealistisch. Der Gesamtverkehr wird steigen. Der Anteil der Bahn wird damit in Wirklichkeit noch geringer sein. c) wurde nur zum vereinfachten rechnen angenommen. Tatsächlich soll es ja weniger Inlandsflüge geben und Fluggäste werden auf die Bahn umsteigen. Womit der Autoverkehr wahrscheinlich absolut zunehmen dürfte.


    Aber was willst Du tun? Die Infrastruktur zu schaffen für eine Verdoppelung des Bahnverkehrs ist schon ambitioniert. Wie baeuchle schon schrieb, es müssen mehrere Maßnahmen zusammenkommen. Und dazu gehört zu allererst, dass das fatalistische "Der Gesamtverkehr wird steigen" nicht eintreten darf. Was den Berufsverkehr anbelangt, erwarte ich, dass wir nach Corona nicht auf dieselben Pendlerzahlen kommen wie vorher, durch mehr Homeoffice, und das muss unterstützt werden. Bei Fernreisen müssen wir uns einschränken - auch bei Ferngütertransporten (mehr regionale Produktion). Das kann z.B. durch entsprechende Steuern gelenkt werden. Ansonsten kann neben den von baeuchle genannten Maßnahmen noch zur Verkehrsentlastung beitragen:

    1. Verlagerung vom Auto auf den Bus. Wenn man mit entsprechenden Anfangsanreizen eine kritische Schwelle überwindet, kann es ein attraktives Expressbusnetz geben, das die Leute kleinräumig abholt, gerade auch in Orten ohne oder mit abseits liegendem Bahnanschluss (Erlensee, Hochheim, ...) und umsteigefrei in die Zentren bringt.
    2. Mehr Fahrgemeinschaften. Irgendwo im Ausland habe ich gesehen, dass eine Fahrspur nur für Fahrzeuge mit mehr als einer Person reserviert war. Hier fahren neben Fahrgemeinschaften natürlich auch Busse, und das sollen sie auch.

    Glaubst Du einem Wörterbuch, in dem man Müll nicht trennen kann, wohl aber gu-te Freun-de?

  • .......auch bei Ferngütertransporten (mehr regionale Produktion).

    Machen einen Großteil deser Transporte nicht die Züge aus, die vom Hafen Genua zum Hafen Rotterdam rattern?
    Dies st doch nur eine Folge der Globalisierung, dass eben die Produktion in den fernen Osten verlagert wurde.
    Ich fürchte, dies wird noch zunehmen, wenn hier eine CO2 neutrale Produktion von der Industrie gefordert wird.
    Die geht dann dorthin, wo diese Forderung nicht besteht.
    Dies wäre so eine Frage, die ich den Spizenkandidaten GRÜNE, SPD und CDU gerne stellen würde, wie sie dies zu verhindern gedenken.


    Mehr Fahrgemeinschaften. Irgendwo im Ausland habe ich gesehen, dass eine Fahrspur nur für Fahrzeuge mit mehr als einer Person reserviert war.

    In USA gibt es die "Car Pool Lanes".

  • Ich fürchte, dies wird noch zunehmen, wenn hier eine CO2 neutrale Produktion von der Industrie gefordert wird.
    Die geht dann dorthin, wo diese Forderung nicht besteht.

    Sinnvoll lässt sich die CO₂-Abgabe nur implementieren, wenn sie auch beim Import erhoben wird. Für jede Warenklasse müsste man einen Energieanteil am Warenwert bestimmen und diesen dann mit dem Energiemix des Herkunftslandes gewichten. Ausgenommen werden Staaten, die eine vergleichbare CO₂-Abgabe implementiert haben.


    Mehr Fahrgemeinschaften wird es ohne massiven Druck nicht geben. Früher, als es in fast allen Berufen feste Arbeitszeiten gab, ließen sich Fahrgemeinschaften gut organisieren. Mit Gleitzeit ist das sehr schwierig.


    Das Problem ist, dass wir über Jahrzehnte hinweg das Pendeln massiv gefördert haben, so dass viele Leute weit von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen - und gerne noch außerhalb des S-Bahn-Bereichs, weil das die Wohnkosten noch mal um gut 20% senkt. Das belohnen wir dann mit der Pendlerpauschale.


    Gleichermaßen könnte man argumentieren, dass die Leute, die nah am Arbeitsplatz wohnen, die Mehrkosten für die Wohnung von der Steuern absetzen können sollten. Ich wohne nicht freiwillig in Frankfurt, ich bin nur wegen der Arbeit hier. Das Problem an dem Ansatz ist, dass wir schon jetzt zu wenig Wohnungen in Frankfurt haben und es eigentlich keines weiteren Anreizes bedarf, in die Städte zu ziehen.


    Conclusio: Die Pendlerpauschale muss weg. Da traut sich aber keiner dran, weil man dann von den armen Pendlern gelyncht wird.

  • Man könnte von der Schweiz bzw. vin Basel lernen: Pendlerpauschale bleibt, aber nur bis zur Höhe der OEV-Kosten., von mir aus auch 1. Klasse gegen Nachweis deren Nutzung.


    Ähnlich dann auch bei Geschäftsreisen.


    Und parallel dann Umwelt- und Klima-Zuschläge für Erdöl-Produkte.😁


    Das mit Geschäftsreisen und Fernost-Produkten könnte sich nach den jetzigen Erfahrungen mit Corona und Kieferproblemen auch abschwächen.

  • Mehr Fahrgemeinschaften wird es ohne massiven Druck nicht geben. Früher, als es in fast allen Berufen feste Arbeitszeiten gab, ließen sich Fahrgemeinschaften gut organisieren. Mit Gleitzeit ist das sehr schwierig.

    Ist es nicht eher umgekehrt? Früher mussten zwei Nachbarn, die in unterschiedlichen Unternehmen mit jeweils unterschiedlichen festen Arbeitszeiten arbeiteten (oder auch gleichen Arbeitszeiten, aber sagen wir, einem 10 minütigen Fußweg für immer den Kollegen, der nicht fährt) getrennt fahren. Heute können sie wegen der Gleitzeit zusammen fahren.

  • Der eine ist "Lerche", der andere "Eule"

    Der oder die eine fährt nach der Arbeit zum Sport, der oder die andere ein Kind von der Kita abholen.


    Und schnell arbeitet Mensch auch abends länger, weil kurz vor Feierabend noch Arbeit reinkommt. Oder es gibt unendlich viele private Termine, Arzt, Handwerker oder auch Freizeit. Das macht trotz Gleitzeit das Leben deutlich komplizierter und ist auch nur mit Gleitzeit machbar.

    Und die berühmte Oma oder Lebenspartner/in ist auch immer seltener zur Hand oder hat selbst Termine.

    Die beste Fahrgemeinschaft bleibt ein dicht getakteter OEV. Und die fahren auch am besten mit den Elektro-Autos, ganz großen sogar.😀


    Spaß beiseite: Auch mit der viel zitierten E-Mobilitaet dürfte es nicht so gut klappen, wenn 40 Mio. E-Autos + diverse E-Bikes genutzt werden. Oder wollt Ihr etwa wieder Atomstrom??? Mit den E- Autos bei Bus und Bahn geht es wiederum noch klar.

  • Ähnlich dann auch bei Geschäftsreisen.

    Dazu fällt mir das Firmenwagen Gewese ein. Dies wird doch auch in irgend einer Weise steuerlich subvensioniert?

    Unter dem Strich ist es wohl günstiger wie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die Firmenwagen berechtigt sind, eine Bahncard 100 zu geben und ihnen für die erste und letzte Meile Wohnort - Bahnhof - Bahnhof - Kunde einen Mietwagen zu bezahlen.
    Denn so manch Kunde befindet sich "etwas außerhalb", und nicht jeder wohnt in einem Ort mit Fernbahnhalt, daher wird ein kompletter Verzicht auf ein KFZ nicht ganz möglich sein.

  • Spaß beiseite: Auch mit der viel zitierten E-Mobilitaet dürfte es nicht so gut klappen, wenn 40 Mio. E-Autos + diverse E-Bikes genutzt werden. Oder wollt Ihr etwa wieder Atomstrom??? Mit den E- Autos bei Bus und Bahn geht es wiederum noch klar.

    Due weißt: Wer will findet Möglichkeiten, wer nicht will, findet Gründe.


    Davon abgesehen: Ein Pedelec hat einen Stromverbrauch von <1kWh auf 100km. Und eine Umrüstung aller PKW auf E-Autos würde - nachdem die 10-12 Jahre für diese Umrüstung um sind - einen Mehrverbrauch von 20-25% an Strom bedeuten. Das ist machbar. Wir müssen nur ernsthaft loslegen mit dem EE-Ausbau. Dann ist auch genug Strom da, um 90% der Bahn-Dieselstrecken per Akku-Oberleitungs-Hybrid zu fahren.