HVV: Keine Bargeldzahlung mehr für Tickets im Bus ab 1.1.2024

  • Quelle: NDR


    Zwei Zitate aus obiger Quelle:

    Aus Fahrgastsicht gibt es den entscheidenden Vorteil, dass der Fahrgastwechsel schneller geht. Weil der Bus nicht mehr warten muss, bis jemand das Geld aus seiner Tasche gefingert hat.


    und


    Die Prepaid-Karte hält man im Bus an ein Lesegerät und tippt ein, welchen Fahrschein man will.


    Ob Letzteres dann wirklich schneller vonstattengeht als die Barzahlung, bleibt abzuwarten. :/

  • Die Prepaid-Karte hält man im Bus an ein Lesegerät und tippt ein, welchen Fahrschein man will.


    Ob Letzteres dann wirklich schneller vonstattengeht als die Barzahlung, bleibt abzuwarten. :/

    Ich verstehe das so, dass das Lesegerät vollautomatisch läuft. Der Busfahrer kann also schon weiterfahren, während der Fahrgast noch sein Ticket löst. Damit müssen alle anderen Gäste nicht auf das Raussuchen des Kleingeldes warten.

  • Ich habe jetzt zwar kein Paragraphen zur Hand. Aber ich denke, es widerspricht den Vorschriften wenn der Busfahrer losfahrt und es befindet sich noch jemand ohne festen Halt im vorderen Türeingangsbereich. Ich beziehe mich jetzt auf das Bild im NDR-Artikel. Vielleicht wird das Lesegerät ja auch an anderer Stelle im Bus platziert, wo man sich mit einer Hand festhalten kann und mit der anderen das Lesegerät bedient.

  • Warum muss das überhaupt noch beim Fahrer geschehen? Ein (kleiner) Fahrkartenautomat im Fahrgastraum für die Selbstbedienung durch den Fahrgast genügt doch völlig, gern mit einer einfachen, intuitiven Benutzerführung. Ohne Barzahlungsmöglichkeit genügen der NFC-Kontakt zu Karten sowie ein Drucker für Papierfahrkarten, fertig. Der Fahrer kann sich dann auf Auskünfte zur Fahrt beschränken und auf pünktliches, sicheres und bequemes Fahren konzentrieren.

  • Quelle: NDR


    Ob Letzteres dann wirklich schneller vonstattengeht als die Barzahlung, bleibt abzuwarten. :/

    Ich sehe da zwei wesentliche Probleme:

    Unabhängig davon, dass bargeldlose Zahlung wünschenswert ist, ist erstens Bargeld noch immer gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland. Wenn der HVV keine Bargeldannahme in Bussen mehr vorsieht, wären ausreichend andere Verkaufsmöglichkeiten einzurichten. Ich bezweifle aber, dass jetzt an allen Bushaltestellen Fahrkartenautomaten hingestellt werden.


    Zweitens wäre das Thema, dass man eine proprietäre Prepaidkarte braucht, die dann wieder nur im HVV funktioniert (und nicht bei anderen Unternehmen/Verbünden). Mal den Punkt Deutschland-Ticket beiseite würde das quasi bedeuten, dass ich im Geldbeutel mit 73 verschiedenen Prepaidkarten für Hamburg, Berlin, München, Karlsruhe, ... rumlaufen müsste, wenn die anderen Verbünde ebenfalls auf eine solche Idee kämen.


    Wenn ich schon sinnvoll den Betrieb beschleunigen will, dann baue ich doch bitte - wie schon von Bernemer geschrieben - entweder einen Automaten in den Bus (Nachteil: keine Einstiegskontrolle bei Betrieben möglich, die auf dieses veraltete System der Fahrgeldsicherung setzen) oder es gibt im Bus z. B. nur noch Einzelkarten ohne Umsteigeberechtigung und zum Bordpreis, um damit den Vorverkauf zu fördern.

  • Ich sehe da zwei wesentliche Probleme:

    Unabhängig davon, dass bargeldlose Zahlung wünschenswert ist, ist erstens Bargeld noch immer gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland. Wenn der HVV keine Bargeldannahme in Bussen mehr vorsieht, wären ausreichend andere Verkaufsmöglichkeiten einzurichten. Ich bezweifle aber, dass jetzt an allen Bushaltestellen Fahrkartenautomaten hingestellt werden.

    Bargeld bleibt damit Zahlungsmittel, es wird allerdings ein Tausch von Bargeld in Prepaidkarte vor Fahrtantritt notwendig. Ein Verkaufssystem für Prepaidkarten sollte sich über Kioske, Super- und Drogeriemärkte sicher schnell und kostengünstig realisieren lassen.


    Die Prepaidkarte dürfte damit im Bus aber auch nur der konkrete Bargeldersatz sein. Die Zahlung per Karte oder digital (Smartphone, Smartwatch etc.) dürfte ja genauso weiterhin funktionieren. Gerade Smartphonezahlung scheint mir aktuell sehr auf dem Vormarsch zu sein, siehe an einer Supermarktkasse deiner Wahl. Die Kunden geben klar die Richtung vor.


    Also: Wie wenige Kunden betrifft der (unmittelbare) Barzahlungswegfall überhaupt noch?

  • Am 1.06.2022 wurde das auch in Mainz eingeführt. Am Anfang großer Aufschrei, mittlerweile vollkommen normal und wirklich merkbar schneller. Dazu kommt die höhere Sicherheit für die Busfahrer.

    Wiesbaden hat es am 03.09.2023 ebenfalls eingeführt - sicherlich nach Gesprächen zwischen beiden Verkehrsunternehmen.

  • Also: Wie wenige Kunden betrifft der (unmittelbare) Barzahlungswegfall überhaupt noch?

    Bei der BVG habe ich dazu zahlen gefunden. Im Artikel "In Bussen der BVG kann ab sofort wieder mit Bargeld gezahlt werden" berichtet der RBB, die Einnahmen durch Ticketverkauf im Bus seien 2019 40 Mio Euro gewesen. Im "Geschäftsbericht 2019" der BVG werden die gesamten Einnahmen aus Fahrkartenverkäufen aller Art mit 765 Mio Euro beziffert. Damit sind 5,2% der Einnahmen in Bussen erwirtschaftet worden. Grob überschlagen sind das 35'000 Tickets pro Tag.

  • Ich habe jetzt zwar kein Paragraphen zur Hand. Aber ich denke, es widerspricht den Vorschriften wenn der Busfahrer losfahrt und es befindet sich noch jemand ohne festen Halt im vorderen Türeingangsbereich.

    Wenn die Vorschriften ohne wenn und aber eingehalten werden würden, dürfte auch kein Bus mit stehenden Fahrgästen schneller als 60 km/h fahren. Die Realität sind dann leider doch etwas anders aus.

  • Zweitens wäre das Thema, dass man eine proprietäre Prepaidkarte braucht, die dann wieder nur im HVV funktioniert

    Nun ja - vor ein paar Jahren war ich in Hamburg, und das einzig bargeldlose Zahlungsmittel an deren Automaten war die Geldkarte. Die quasi überall sonst schon so lange tot war, daß kaum noch eine Bank sie überhaupt ausgegeben hat.

    Man hatte also zu diesem Zeitpunkt schon keine Skrupel ein de facto nur (noch) im HVV funktionierendes Zahlungsmittel zu akzeptieren. (Gut, Bargeld ging damals auch noch. Aber Das habe ich damals schon nicht mehr mitgeführt...)

    Tja, jetzt machste dir extra die Arbeit, das hier unten zu lesen - und dann steht da nichts sinnvolles. Pech gehabt.

  • Die Prepaidkarte dürfte damit im Bus aber auch nur der konkrete Bargeldersatz sein. Die Zahlung per Karte oder digital (Smartphone, Smartwatch etc.) dürfte ja genauso weiterhin funktionieren.

    Man mag mich korrigieren, aber Internetrecherche ergab folgendes: Es gab in Hamburgs Bussen bisher nicht, und wird es auch ab 1.1.2024 nicht geben, eine Bezahlmöglichkeit per Karte/NFC. Das Papierticket gab es bisher nur im Barverkauf und wird es ab 1.1.2024 nur per Prepaid-Karte geben, nicht per Karten/NFC Zahlung.

  • Am 1.06.2022 wurde das auch in Mainz eingeführt. Am Anfang großer Aufschrei, mittlerweile vollkommen normal und wirklich merkbar schneller. Dazu kommt die höhere Sicherheit für die Busfahrer.

    Wiesbaden hat es am 03.09.2023 ebenfalls eingeführt - sicherlich nach Gesprächen zwischen beiden Verkehrsunternehmen.

    Zu Wiesbaden und Frankfurt: Der Ticketverkauf läuft doch nach wie vor so, dass der Fahrgast zum Busfahrer geht und sagt:

    "1 Ticket nach Kleinkleckersdorf, bitte."

    Je nachdem wie fit und gut geschult der Busfahrer ist, wird er in Sekundenschnelle die richtige Tarifnummer eingeben und das Ticket ausdrucken. Bezahlen per NFC, klar das geht schneller als Zahlung in bar. So weit so gut.


    Ich verstehe das Hamburger Modell aber so, dass der Fahrgast beim Einsteigen in den Bus - ohne Zutun des Busfahrers - mit dem Touchscreen des Verkaufsterminals in Dialog treten muss, um das Ticket zu kaufen.

    Jeder von uns hat sicher schon ältere Leute beobachtet, wie sie an Haltestellen-Ticketautomaten minutenlang herumwursteln, bis der Automat das Ticket auswirft. Zugegeben, das Hamburger Tarifsystem mag deutlich überschaubarer sein als jenes des RMV, aber ich habe trotzdem Zweifel ob dieses Prepaidmodell letztendlich einen Zeitvorteil bringt.

  • Man mag mich korrigieren, aber Internetrecherche ergab folgendes: Es gab in Hamburgs Bussen bisher nicht, und wird es auch ab 1.1.2024 nicht geben, eine Bezahlmöglichkeit per Karte/NFC. Das Papierticket gab es bisher nur im Barverkauf und wird es ab 1.1.2024 nur per Prepaid-Karte geben, nicht per Karten/NFC Zahlung.

    Pardon, damit bezog ich mich auf die Bezahlmöglichkeiten in Frankfurt. Mir war nicht bewusst, dass wir hierzulande in der Hinsicht "Vorreiter" sind, ich hatte mit dem Gegenteil gerechnet. Mit den Bezahlmöglichkeiten hierzulande an der Buskasse per NFC (also alle damit nutzbaren Karten, Devices und Wearables) könnte die Problematik des Wegfalls der unmittelbaren Barzahlung erheblich geringer ausfallen als in HH.

  • Zitat

    Jeder von uns hat sicher schon ältere Leute beobachtet, wie sie ...


    Naja ... diese älteren Leute haben heute schon keine Hemmungen den nächsten Passanten am Automaten um Hilfe zu bitte, denn auch diese sind schon schwierig zu bedienen. Dann werden sie das im Bus auch schaffen. Zumal ich mal davon ausgehe, dass die Oberflächgen sich weitgehend gleichen werden.


    Ich finde es immer schwierig alles auf die älteren zu schieben. Es gibt viele Großstädte auf dieser Welt, die das auch schon machen. Auch die haben ältere Leute. Vielleicht hilft es auch beim "jung bleiben", wenn man auch immer wieder durch Fortschritt gefordert wird.

  • Unabhängig davon, dass bargeldlose Zahlung wünschenswert ist, ist erstens Bargeld noch immer gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland. Wenn der HVV keine Bargeldannahme in Bussen mehr vorsieht, wären ausreichend andere Verkaufsmöglichkeiten einzurichten. Ich bezweifle aber, dass jetzt an allen Bushaltestellen Fahrkartenautomaten hingestellt werden.


    Genau so ist es. Euro- und Cent-Münzen sind allerdings nur beschränkt gesetzliche Zahlungsmittel, niemand ist verpflichtet, in einem Zahlungsvorgang mehr als 50 Münzen anzunehmen, deshalb beschränkt, bei Euro-Banknoten gibt es keine Beschränkung.

    Im Übrigen ist zu unterscheiden: im Rahmen der zivilrechtlichen Privatautonomie kann die Annahme von Bargeld (Scheine und Münzen oder nur Münzen) vertraglich abbedungen werden, z.B. auch in AGB. Etwas anderes gilt auf jeden Fall im öffentlichen Bereich. Aber auch dort gibt es schon "Absetzbewegungen". Das BVerwG hat in einem Verfahren gegen den Hessischen Rundfunk zu dessen Beitragssatzung entschieden, dass der Ausschluss von Bargeldannahme rechtmäßig ist; allerdings hatte der EuGH auf Vorlage des BVerwG entschieden, dass die Beitragssatzung insofern gegen Unionsrecht verstösst, als sie Personen unverhältnis benachteiligt, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten können. Also muss der Ausschluss von Bargeldannahme eine Härteregelung bereithalten.


    Im Zuge einer der letzten PBefG-Novellen wurde auch die VO über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen geändert. Deren § 7 sieht vor, dass die besonderen Beförderungsbedingungen der Verkehrsunternehmen vorsehen können, dass das Verkehrsunternehmen nicht verpflichtet ist, an der Haltestelle oder im Fahrzeug einen Fahrausweiserwerb mit Bargeld zu ermöglichen, sofern auf andere Weise ein Fahrausweiserwerb angeboten wird. Das haben inzwischen fast alle Verkehrsverbünde übernommen. Inzwischen enthalten z.B. die Gemeinsamen Beförderungsbedingungen des RMV die Bestimmung, Verkehrsunternehmen seinen nicht verpflichtet, an der Haltestelle oder im Fahrzeug einen Fahrausweiserwerb mit Bargeld zu ermöglichen, sofern auf andere Weise ein Fahrausweiserwerb angeboten wird und sie diese Einschränkung auf den Webseiten des RMV oder der lokalen Nahverkehrsorganisationen bekannt gemacht haben.

  • Spiegel+ berichtet, dass der Start misslungen ist,- es stehen nicht ausreichend PrePaid Karten zur Verfügung.

    Und:


    (Spiegel+)

    Zitat

    Der Flop mit den kaum aufzutreibenden Prepaidkarten zeigt auch: Das Bargeld-Aus errichtet neue Barrieren für die, die mit am meisten auf den ÖPNV angewiesen sind: die älteren und behinderten Menschen, aber auch Kinder. Sie alle würden unter der Bargeld-Abschaffung leiden, lautet nun Kritik.

  • In anderen Berichten hieß es aber auch, dass der Run auf die Karten erst kurz vor Schluss eingesetzt haben soll.


    Die angebliche Barriere kann ich nicht nachvollziehen, bei Handy und Co funktioniert das Prepaidsystem anscheinend ganz gut.

  • Ich verstehe nicht weshalb die Medien ältere Menschen als zu blöd darstellen mit ihrer Bankkarte zu zahlen, das geht schon in eine diskriminierende Richtung. Ich habe genügend Leute mit über 80 in der Verwandschaft, die regelmäßig ihre Karte nutzen. Die Personen fänden es eher nervig ihre zwanzigste Karte ins Portemonnaie stecken und sich an ein weiteres Zahlungssystem gewöhnen zu müssen.


    Persönlich habe ich eher Probleme nach einigen Woche in Frankreich nach Deutschland zurückzukehren, in denen ich kaum etwas in bar zahlen musste, und dann hier wieder mein Bargeld mitschleppen muss, da es einige Verweigerer gibt - selbst Hoteliers.

  • Es ist ja nett, wenn einige alte bzw. behinderte Menschen digitale Zahlungsmittel nutzen. Aber nicht alle sind dazu in der Lage, und es gibt auch eine Menge grundsätzlicher Gründe zur Ablehnung. Insofern muss es neben den neumodischen Zahlungsmethoden immer auch eine Möglichkeit zur Barzahlung geben. Ich war gerade in Spanien, da hat die RENFE das hervorragend gelöst - an jedem Automaten hat der Kunde die Wahl zwischen Karte und Münz-Zahlung. Warum soll das hier nicht gehen?